Kampfpanzer LEOPARD 2 und Schützenpanzer ULAN © Doppeladler.com

Modernisierungspaket für LEOPARD 2 und ULAN geschnürt

by Doppeladler

Am 23. Februar 2023 kündigte das Verteidigungsministerium ein 560 Mio. EUR schweres Modernisierungsprogramm für insgesamt 170 Panzerfahrzeuge an. Im Vordergrund steht dabei die Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft und die Beseitigung von Obsoleszenzen. Damit soll der Betrieb „bis weit in das nächste Jahrzehnt“ sichergestellt werden.

Die Planungen haben bereits vor dem russischen Angriff auf die Ukraine begonnen. Die zugrundeliegenden Verträge wurden nach dem Beschluss des Aufbauplans Bundesheer 2032 im Dezember 2022 abgeschlossen – nun wurden erste Details des Modernisierungsprogramms vorgestellt.

Konkret geht es um ein Update für 58 Kampfpanzer LEOPARD 2A4 durch den Hauptvertragspartner Krauss-Maffei Wegmann (KMW) aus Deutschland, dem ursprünglichen Hersteller. 112 Schützenpanzer ULAN sollen durch den Hersteller GDELS Steyr (General Dynamics European Land Systems – früher Steyr Spezialfahrzeuge) aus Wien modernisiert werden.
Mangels detaillierter Informationen muss im Folgenden Beitrag noch viel spekuliert werden.

Österreichischer LEOPARD 2A4 des Siegerteams der Strong Europe Tank Challenge (SETC) 2017 © US Army
Österreichischer LEOPARD 2A4 des Siegerteams der Strong Europe Tank Challenge (SETC) 2017 © US Army

Kampfpanzer LEOPARD 2A4

Das vertraglich fixiere Update-Programm umfasst 58 Kampfpanzer Leopard 2A4. Bei der Modernisierung der Kampfpanzer steht die Beseitigung von Obsoleszenzen (Austausch von Baugruppen, die nicht mehr serviciert werden können zur Wiederherstellung der Versorgungssicherheit) sowie die Digitalisierung im Vordergrund.

Die Kampfpanzer des Bundesheeres stammen aus dem 3. Los der LEOPARD-Produktion aus den Jahren 1983 bis 1985 – Technik der 70er und frühen 80er Jahre. Nachdem die Kampfpanzer 1996 gebraucht von den Niederlanden gekauft wurden, wurde nicht mehr investiert. Es ist auch dem schlechten Zustand der Flotte geschuldet, dass man nicht auf eine Neubeschaffung warten konnte sondern früher erste modernisierte Fahrzeuge zulaufen müssen. Laut Verteidigungsministerium wären Neufahrzeuge erst ab 2030 verfügbar wodurch eine mehrjährige Lücke ohne einem einsatzbereitem Panzer entstehen würde.

Bei einem Auftragsvolumen von rund 191 Mio. EUR (3,3 Mio. EUR pro Fahrzeug) sind keine Wunder möglich: Die Turmhydraulik wird durch eine zeitgemäße elektrische Turm- und Waffennachführanlage ersetzt. Alle Bedienelemente und Datenübertragungen werden digitalisiert. Eine offene Datenringleitung (Controller-Area-Network (CAN)-Bus) bildet das Rückgrat. Kippschalter und Knöpfe werden gegen moderne bildschirmgestützte Systeme getauscht. Die Digitalisierung ist erst der Anfang und soll in Zukunft zur immer stärkeren Vernetzung zwischen den Panzern und mit anderen Systemen führen. Sie soll nach den Vorstellungen der Panzertruppe zur Integration von Drohnen (inkl. bodengestützten Drohnen) zur Aufklärung und Feuerleitung innerhalb der Panzerkompanie führen.
Kommandant, Richtschütze und Fahrer bekommen neue Optiken. Durch das Überspringen einiger System-Generationen steigt die Nachtkampffähigkeit erheblich. Der Fahrer erhält zusätzlich ein Navigationssystem und eine Rückfahrkamera. Über das Fahrersichtsystem Spectus II (Rheinmetall) laufen Gespräche. Für den Kommandanten steht künftig ein unabhängig arbeitendes Kommandantenperiskop PERI R17 A3 mit Wärmebildgerät ATTICA zur Verfügung.

Vertragspartner KMW greift für das Update auf bewährte Bauteile aus dem Konzernregal zurück. „Das Innenleben wird jenem eines LEOPARD 2A7 entsprechen,“ meint das Verteidigungsministerium.

Die Komponenten des Schweizer Pz 87 Leo WE Werterhaltungsprogrammes © armasuisse
Die Komponenten des Schweizer Pz 87 Leo WE Werterhaltungsprogrammes geben gute Übersicht darüber, was beim LEOPARD geplant ist – auch wenn es für einzelne Komponenten mittlerweile modernere Varianten gibt © armasuisse

Vorerst wird nicht in den Panzerschutz, Minenschutz, in eine Waffenstation am Turmdach oder in aktive Schutzsysteme (APS) investiert. Triebwerke, Getriebe usw. werden wohl nur überholt. Mehr Schutz heißt immer auch mehr Gewicht und dieses erfordert wiederum umfangreiche Investitionen in Antrieb und Fahrwerk. Auch die weniger leistungsfähige 120 mm Panzerkanone Rh 120 L/44 bleibt, welche aber durch den gegenüber der L/55 Kanone kürzeren Lauf in Waldgebieten, im bebauten Gebiet, beim Queren von Furten etc. durchaus auch Vorteile hat. Die Steigerung des Schutzniveaus und der Waffenwirkung ist laut Verteidigungsministerium Gegenstand weiterer Verhandlungen für weitere Modernisierungsschritte (Kurier). Konkret verhandelt wird über die Einrüstung der Panzerkanone Rh 120 L/44A1 – und zwar mit dessen Hersteller Rheinmetall. Diese Option ist im Vertrag mit KMW nicht enthalten. Die Verwendung moderner Munitionstypen wird vermutlich angestrebt (DM63A1 KE, DM11 HE).

Das KMW Modernisierungspaket beinhaltet auch Ausrüstung und Werkzeuge sowie die Ausbildung an den neuen Systemen.

Das gesamte Konzept folgt der Philosophie des LEOPARD 2 AUT (Austrian Upgraded Tank), welcher im Jahr 2021 konzipiert wurde. Das Ergebnis nennt sich heeresintern derzeit LEOPARD 2A4 NV (für Nutzungsverlängerung) und wird sich äußerlich kaum vom aktuellen LEOPARD 2A4 unterscheiden. Es ergibt sich keine A5, A6 oder A7 Bezeichnung.
Ähnlich ist man in der Schweiz mit dem LEOPARD 2 Werterhaltungsprogramm vorgegangen (Pz 87 Leo WE) – allerdings schon vor über 10 Jahren!

Im Bezug auf das eiserne Dreieck „Schutz / Mobilität / Wirkung“ kommt ein Fokus auf die Mobilität heraus – ein im Vergleich mit anderen westlichen Kampfpanzern bzw. Leopard-Versionen leichtes und bewegliches Fahrzeug.

Die ersten LEOPARDEN sollen im September 2023 den KMW übergeben werden. Die Durchlaufzeit für ein Fahrzeug beträgt 30 Monate! Sämtliche Maßnahmen sollen laut Ministerium bis 2029 abgeschlossen sein.

Investiert wird beim PzB14 auch in moderne Simulationsmittel für die einzelnen Funktionen der Kampfpanzer-Besatzung bis hin zu Simulatoren für die Panzerzug-Ebene. In der Hessenkaserne, dem Panzerhort, wird die Infrastruktur erneuert. Darüber hinaus wird im Zuge der Einführung des Tarnanzuges eine neue flammhemmende Bekleidung eingeführt.

Übrigens: Derzeit baut KMW etwa 50 neue LEOPARD 2A7 Kampfpanzer pro Jahr. 60 bis 70 LEOPARDEN werden jährlich aufgerüstet – hier reiht sich nun das Bundesheer ein. 50 weitere Leoparden kommen zu größeren Instandsetzungen zurück zum Hersteller.

Bergung unter Panzerschutz ist mit dem WISENT 2 von FFG möglich © Norwegische Streitkräfte
Bergung unter Panzerschutz ist mit dem WISENT 2 von FFG möglich © Norwegische Streitkräfte

Unterstützungsfahrzeuge auf LEOPARD 2 Plattform

Am 23.02.2023 wurde auch der Plan bestätigt, Unterstützungsfahrzeuge auf LEOPARD 2 Plattform einzuführen. Die Fahrzeuge sind im ausverhandelten Paket allerdings nicht enthalten. Fahrzeugtypen und -anzahl ist Gegenstand von Gesprächen. Etwa 10 bis 20 Fahrzeuge sind eine erwartbare Größenordnung. Der Bergepanzer 3 BÜFFEL (ARV) und der Pionierpanzer 3 KODIAK (AEV) kämen in Frage. Die ideale Lösung für das kleine Bundesheer wäre allerdings der WISENT 2 der FFG Flensburger Fahrzeugbau GmbH. Das multifunktionale Unterstützungsfahrzeug kann innerhalb von 5 Stunden von einem Bergepanzer (ARV) zu einem Pionierpanzer (AEV) umgebaut werden. Der WISENT 2 kann auch zur Minenräumung (MC) und als Brückenleger (BL) konfiguriert werden. So kann auch bei geringer Stückzahl nach Bedarf optimiert werden. Die derzeit verwendeten zehn Bergepanzer M88 werden durch die neuen Fahrzeuge ersetzt, neue Bergepanzer haben daher bei den Unterstützungsfahrzeugen Priorität.

Das Bundesheer zählte bisher 56 LEOPARD 2 zum Bestand (48 beim PzB14 + 8 beim HLogZ Wels) – jetzt geht es um 58 Kampfpanzer und zusätzliche Unterstützungsfahrzeuge. Garagenfunde? Kratzt man alles zusammen, dann gibt es noch 3 Fahrschulpanzer ohne Turm, der LEOPARD des HGM und jener vor dem Kommando der 4. Panzerbrigade. Generalmajor Hofbauer erklärte in einem Vortrag am 01.03.2023, dass die genaue Zahl der künftig verfügbaren LEOPARDEN noch davon abhängig ist, wie viele Kampfpanzer erfolgreich vom HLogZ Wels für das Update vorbereitet werden können.
Für den Umbau von Kampfpanzern zu Unterstützungsfahrzeugen werden zwar weniger Teile und keine Türme benötigt, dennoch rächt sich nun der Verkauf der übrigen Flotte. Unter Umständen kauft man nun sogar die gleichen Panzer um einen höheren Preis zurück.

Schützenpanzer ULAN (ASCOD)

Auch beim ULAN bleiben die ganz großen Sprünge aus, denn Schwerpunkt ist auch hier die Beseitigung von Obsoleszenzen. Ab 2002 wurden 112 ULAN beim Bundesheer eingeführt. Sie sind beim Panzergrenadierbataillon 13 in Ried/Innkreis und beim Panzergrenadierbataillon 35 in Großmittel in Verwendung.

Schützenpanzer ULAN im Barracuda-Tarnkleid © Doppeladler.com
Schützenpanzer ULAN im Barracuda-Tarnkleid © Doppeladler.com

Beim ULAN werden die Optiken für den Kommandanten, Richtschützen und Fahrer modernisiert. Links vorne am Turm wird eine neue Hauptzielvorrichtung installiert, wobei die bestehende Vorrichtung erhalten bleibt. Der Fahrer erhält ein weitgehend digitalisiertes Instrumentenbrett und ein Sichtsystem inkl. Wärmebildgerät. Ein Winkelspiegel wird durch einen Klappwinkelspiegel ersetzt, um die Sicht auf den Bildschirm freizugeben
Die elektrische Anlage wird saniert und elektronische Komponenten für den Turmantrieb getauscht. Es erfolgt der Einbau von Front- und Rückkameras. Es erfolgt auch der Austausch von Laufwerkskomponenten. Scheinwerfer und Heckleuchten werden durch LED-Leuchten ersetz. Größere Heckstaukästen sorgen für zusätzlichen Stauraum. Alle Schützenpanzer werden mit Aufnahmen für Krankenträgen ausgestattet. Die bereits angelaufene Einrüstung einer Kampfraum-Heizung und Kühlungsanlage und das Barracuda-Tarnsystem werden im Zuge des Auftrags auf die gesamte Flotte ausgedehnt.
Die Ulan erhalten den vom Pandur EVO und Husar bekannten Grünton in RAL6031.
Die Arbeiten basieren auf den Ergebnissen einer Obsoleszenz-Studie, welche von GDELS Steyr und Projektpartnern sowie dem Bundesheer durchgeführt wurde. Das Update wurde am 19.12.2022 vertraglich mit GDELS Steyr vereinbart.

Das erste Fahrzeug befindet sich unmittelbar vor Übergabe an GDELS Steyr. Bis 2029 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Der Aufwand beträgt rund 370 Mio. Euro – d.h. 3,3 Mio. EUR pro Fahrzeug.

Der ULAN war bei seiner Einführung einer der modernsten Schützenpanzer weltweit, doch in den letzten zwei Jahrzehnten beschleunigte sich die Entwicklung rasant. Auch nach dem Update wird weiterhin ein Panzerabwehr-Flugkörper fehlen und die Verwendung von Airburst-Munition (gegen gedeckte Ziele, Drohnen) ist nicht möglich. Ein aktives Schutzsystem, wie z.B. Iron Fist, ist nicht vorgesehen. All das hätte man nur durch den vollständigen Ersatz des SP-30 Turms einrüsten können (siehe Update der CV9035NL der Niederlande). Nach heutigen Maßstäben bietet der ULAN auch ein geringes Schutzniveau (insbes. fehlender Minenschutz). Dieser Schutz lässt sich konstruktionsbedingt nur schwer verbessern. GDELS Steyr hat all diese Entwicklungen keineswegs verschlafen und bietet zeitgemäße Weiterentwicklungen des ASCOD Schützenpanzers an.
Nicht erwähnt wurde, ob wie beim Leopard Unterstützungsfahrzeuge wie Berge- oder Pionierpanzer und im Speziellen auch Kommando- und Sanitätsfahrzeuge eingeführt werden sollen.

Schlusswort

Zusammengefasst wird durch das vorgestellte Modernisierungspaket die Flotte der LEOPARD 2A4 Kampfpanzer und ULAN Schützenpanzer wieder einsatzbereit und die Versorgungssicherheit hergestellt. Fähigkeitszuwächse ergeben sich durch den Einbau zeitgemäßer Optiken und die Digitalisierung. Positiv ist auch, dass jeweils die gesamte Flotte vom Update profitiert und auf einen einheitlichen Rüststand gebracht wird. Wie befürchtet sind ein Jahr nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine erhebliche Investitionssummen und viel Geduld erforderlich. Angesichts der vielen anderen Bereiche, in denen der Bundesheer Aufbauplan 2032 investieren muss, musste auf einiges verzichtet werden, worauf andere europäische Armeen beim Wiederaufbau ihrer mechanisierten Kräfte Wert legen. Seitens des Verteidigungsministeriums werden weitere Modernisierungsschritte in Aussicht gestellt.

Weiterführende Links:

Titelbild: Kampfpanzer LEOPARD 2 und Schützenpanzer ULAN © Doppeladler.com

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