Leonardo Helicopters AW169M / UH-169B © Esercito Italiano

Leonardo Helicopters AW169M im Portrait

by Doppeladler

Der Leonardo Helicopters AW169M wird als Nachfolger der ALOUETTE III beim Bundesheer eingeführt. Aus diesem Anlass stellen wir hier den Typ in einem Portrait vor. Über die Einführung und Verwendung des Hubschraubers beim Bundesheer informieren wir im Beitrag Leonardo AW169M für das Bundesheer.

TYPENBESCHREIBUNG

Der AW169M ist die neu entwickelte Militärversion des zivilen AW169, welcher großteils als Rettungshubschrauber, im Polizei- und Offshore-Bereich gekauft wird. Beim AW169M handelt sich um einen leichten bis mittleren Mehrzweckhubschrauber in der 4,6 Tonnen Klasse. Angetrieben wird der Hubschrauber von zwei Pratt & Whitney Canada PW210A Triebwerken. Diese können aus Sicherheitsgründen auch 33 min lang trockenlaufen. Eine Besonderheit ist, dass das linke Triebwerk vom Rotor entkoppelt und am Boden zur Energieversorgung herangezogen werden kann (APU Modus). Ein 5-Blatt Rotor mit Drehschwingungsdämpfern aus Elastomerwerkstoff sorgt für Auftrieb bei geringen Vibrationen. Bereits in der Zivilversion wurde auf „hohe Absturzsicherheit“ von Rumpf, Treibstofftanks und den Sitzen geachtet.

Der Hubschrauber ist für den Instrumentenflug geeignet (VFR/IFR), Nacht- und Allwetter-tauglich. Er kann auch von nur einem Besatzungsmitglied geflogen werden. Das Cockpit von Rockwell-Collins ist um drei große AMLCD Touch-Screens angeordnet und Nachtsichtbrillen-kompatibel.

Der Innenraum des AW169M ist der bislang größte seiner Klasse, frei von Hindernissen und kann daher leicht adaptiert werden. In der Kabine können bis zu 10 Passagiere oder 2 Krankentragen plus ein bis zu 4-köpfiges Ärzteteam befördert werden. Diese Maximalzahlen werden im Normalbetrieb jedoch selten ausgenutzt. Der Zugang erfolgt über zwei großzügige Schiebetüren, die sich 1,6 m weit öffnen.

Die Hubschrauber des Bundesheeres und der italienischen Heeresflieger werden voraussichtlich mit Kufenlandegestell ausgestattet. Hier der Prototyp I-AWCM des AW169 mit Kufen © Simone PrevidiAW169 bei einer Windenbergung im Gebirge © LeonardoMockup eines AW169M mit Bewaffnung und Selbstschutz © InternetCockpit von Rockwell-Collins einer zivilen AW169 © LeonardoDer größte Innenraum seiner Klasse und ein Gepäckabteil © LeonardoAusstattungsvariante für AW169 Rettungshubschrauber © Leonardo

Der AW169M ist wahlweise mit Räderfahrwerk oder Kufenlandegestell erhältlich und kann mit umfangreicher Zusatz- und Missionsausstattung ausgerüstet werden. Zum Schutz der Besatzung können ein ballistischer Schutz für das Cockpit und die Kabine, schusssichere Tanks und eine elektronische Selbstschutzanlage eingerüstet werden.

Erhältlich ist auch ein Full Ice Protection System (FIPS), wodurch der AW169 zum weltweit ersten Helikopter unter fünf Tonnen mit integrierter Enteisungsanlage wird. Mit diesem System sollten drei AW169 für die Schweizer Flugrettung REGA ausgestattet werden und deren Allwettertauglichkeit im Hochgebirge deutlich verbessern. Allerdings führte das hohe Gewicht des Systems dazu, dass die vertraglich geforderte Leistung nicht erreicht und die REGA-Bestellung storniert wurde.

TECHNISCHE DATEN

Leermasse: ca. 2.800 kg (ohne Zusatzausstattung)
Maximales Abfluggewicht: 4.600 kg / Option auf 4.800 kg; in Diskussion 5.100 kg
Nutzlast: 1.800 kg / Option auf 2.000 kg
Abmessungen bei laufendem Rotor: Länge ü.a.: 14,65 m (Rumpflänge: 12,19 m) / Breite ü.a.: 4,50 m
Innenraum: L: 2,77 m / B: 2,05 m / H: 1,32 m / Zusätzlicher Gepäckraum: 1,4 m³
Triebwerke: 2 x Pratt & Whitney PW210A mit je 826 kW bzw. 1124 PS; volldigitaler 2-Kanal Triebwerksregler FADEC (Full Authority Digital Electronic Control)
Rotoren: Hauptrotor: 5-Blatt-Rotor; Durchmesser: 12,12 m / Heckrotordurchmesser 2,40 m
Geschwindigkeit: maximale Reisegeschwindigkeit: 268 km/h / Höchstgeschwindigkeit: 306 km/h
Reichweite: 820 km / max. Einsatzdauer: 4 h 20 min
Dienstgipfelhöhe: 4.500 m (hovering in ground effect HIGE: über 4.400 m / hovering out of ground effect HOGE: über 3.350 m)
Besatzung: 2 + 8 bis 10 Passagiere oder max. 2 Tragen + 4 Personen oder 1 Trage + max. 5 Personen
Ausstattung: 4-Achsen Autopilot mit „Hover-Automatik“

Der AW169M im Vergleich © Doppeladler.com
Der AW169M im Vergleich © Doppeladler.com

ENTWICKLUNG

Der Erstflug am 10. Mai 2012 © Leonardo
Der Erstflug am 10. Mai 2012 © Leonardo

Die Zivilversion AW169 wurde am 19. Juli 2010 auf der 47. Farnborough International Airshow von AgustaWestland (heute Leonardo Helicopters) der Öffentlichkeit vorgestellt.
Einem Familiengedanken folgend wurde eine hohe technische Übereinstimmung mit den größeren Modellen AW139 und AW189 angestrebt. Am 10. Mai 2012 erfolgte der Erstflug des Prototypen im Werk Cascina Costa beim Flughafen Mailand-Malpensa nordwestlich von Mailand. Am 15. Juli 2015 erfolgte die Typenzulassung durch die European Aviation Safety Agency (EASA). Noch im September 2015 erfolgte die Auslieferung des ersten Hubschraubers. Im November 2019 waren bereits 90 Maschinen ausgeliefert. 300 Bestellungen von 80 Kunden aus 30 Ländern lagen bis zu diesem Zeitpunkt vor.

Eine Militärversion war bereits früh vorgesehen: Mit dem AW169 AAS bewarb sich Leonardo um die OH-58 Kiowa Nachfolge bei der US Army. Das Armed Aerial Scout (AAS) Programm wurde allerdings 2013 eingestellt. Die eigentliche Militärversion AW169M erhielt die militärische Zulassung im September 2019. Erstkunde für die AW169M / UH-169A war die Guardia di Finanza, die italienische Finanzpolizei, welche die erste Maschine am 12. November 2019 erhielt. Weitere 21 Exemplare sollen bis 2024 ausgeliefert werden.

Der Erfolg der Militärversion am Heimatmarkt steht bereits fest, denn am 10. September 2019 wurde die Version AW169MA (Multiruolo Avanzato, Multirole Advanced) im Light Utility Helicopter (LUH) Programm ausgewählt, die leichten und mittleren Hubschrauber der italienischen Heeresflieger (A109, AB205, AB206, AB212 und AB412) zu ersetzen. Die vorgesehene Nutzung umfasst Verbindungs- und Transportaufgaben, Such- und Rettungseinsätze und bewaffnete Aufklärung. Die Hubschrauber werden mit Kufen ausgestattet. Zwei Maschinen für die Ausbildung und die ersten 15 AW169MA wurden bereits bestellt. Am 10. Juli 2020 wurde die erste Schulungsmaschine (mit Räderfahrwerk) mit der Bezeichnung UH-169B an die Esercito Italiano ausgeliefert. An das LUH Programm hängt sich Österreich nun an.

Übergabe des ersten AW169M (UH-169B) an die Esercito Italiano © LeonardoAW169M / UH-169A der Guardia di Finanza © Doppeladler.comKonzeptgrafik für einen bewaffneten AW169M © Leonardo

LEONARDO S.p.A.

Der italienische Luft-, Raumfahrt und Rüstungskonzern Leonardo S.p.A. ist in Österreich bisher noch nicht einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Leonardo (früher Finmeccanica) vereint mittlerweile den Hubschrauberkonzern AgustaWestland, das Flugzeugbauunternehmen Alenia Aermacchi, das Rüstungs- und Elektronikunternehmen Selex ES sowie die Rüstungsunternehmen Oto Melara und Whitehead Alenia Sistemi Subacquei unter einem Dach. Leonardo ist ein weltweit führender Hubschrauber-Produzent und baut am Eurofighter Typhoon und der Lockheed Martin F-35 mit. Leonardo ist der Hersteller der RAT 31DL Radargeräte der Goldhaube sowie der beim Bundesheer verwendeten Hubschrauber Agusta Bell AB-212 (außerdem: AB-206A Jet Ranger, AB-204).

Video_ AW169 bei einer Windenbergung
AW169M © Esercito Italiano

Weiter zum Beitrag über die Einführung des AW169M beim Bundesheer.

Weiterführende Links:

Titelbild: Leonardo Helicopters AW169M / UH-169B © Esercito Italiano

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