Vor 35 Jahren: Wien, am 1.8.1976. Einsturz der Reichsbrücke
Erinnerungen und bislang unveröffentlichte Fotos von Robert Tögel d.Ä.
Der 1. August des Jahres 1976 war ein besonderer Unglückstag. Nicht nur der Einsturz der Reichsbrücke, sondern auch der schwere Rennunfall von Niki Lauda fand an diesem Tag statt.*
Ich kam an diesem Morgen – nach einer Nachtfahrt – vom Urlaub zurück und konnte so meine Fotos des Tages, ohne Absperrungen und Menschenauflauf machen. Glücklicherweise war der Einsturz früh am Sonntagmorgen um etwa 5 Uhr. Nur vier Fahrzeuge mit fünf Personen waren auf der Brücke, ein Toter war zu beklagen.
Die Brücke wurde 1937 eröffnet und überstand als einzige von Wien bis Linz den 2. Weltkrieg, bis sie 1976 unvorhersehbar einstürzte.
Alle Fotos © Robert Tögel d.Ä. / Doppeladler.com
ASSISTENZEINSATZ DES BUNDESHEERES
Schutz und Hilfe, wo andere nicht mehr können. Nach dem Einsturz der Reichsbrücke wird das Bundesheer zur Assistenzleistung angefordert. Dabei waren durch Pionierkräfte drei Aufgaben zu erfüllen:
- das Freimachen der Schifffahrtsrinne durch Sprengung der Brückenreste. Immerhin ist die Donau ja eine internationale Wasserstraße, die nun in Wien gesperrt war.
- der Bau einer Behelfsbrücke mit D-Brückengerät, über die auch die Straßenbahn fahren konnte
- Unterstützung ziviler Experten bei der Untersuchung der Einsturzursache
Das Wiener Militärkommando war schon ab 06:30 Uhr vorausschauend alarmiert worden und konnte für den nun folgenden Assistenzeinsatz auf Pioniere aus ganz Österreich zurückgreifen, die nun rasch in die Hauptstadt verlegt wurden. In Zusammenarbeit mit zivilen Unternehmen gelingt es in Rekordzeit, eine Ersatzbrücke zu planen und zu errichten. Nach nur fünf Wochen war die erste Ausbaustufe für die Straßenbahn – vor der U-Bahn U1 das Haupttransportmittel über die Donau – fertig. Nach etwa 4 Monaten konnte die Brücke auch für den Individualverkehr freigegeben werden. Es entstand eine Brücke aus den Elementen des D-Brückengeräts des Bundesheeres in doppelter Ausführung mit insgesamt 372 Laufmetern. Das Brückengerät mit Dreiecksträgern war von der Firma Krupp v.a. für die Katastrophenhilfe beschafft worden.
5 Jahre lang sollte die Pionierbrücke ihren Dienst leisten. Die heutige Reichsbrücke wurde am 8. November 1980 von Bundespräsident Kirchschläger eröffnet. Erst ab Juni 1982 wird die Behelfsbrücke durch die Pioniere wieder abgebaut.
Im Rahmen des Assistenzeinsatzes wurden vom Bundesheer 130.312 Mannstunden geleistet.
Das gleiche D-Brückengerät kam übrigens erneut bei der Hochwasserkatastrophe 2002 in Niederösterreich und bei ähnlichen Katatstrophen zum Einsatz. Die Ersatz-Reichsbrücke war aber bislang die längste und technisch anspruchsvollste Konstruktion.
Alle Fotos © Bundesheer
Der als „Donaubus“ bekannt gewordene Gelenkbus konnte übrigens im Gegensatz zur Reichsbrücke repariert werden und wurde weitere 15 Jahre lang im Straßenverkehr eingesetzt. Heute ist er im Wiener Straßenbahnmuseum zu besichtigen.
*) Niki Lauda und die Formel I: 1975 Weltmeister, 1976 Unfall, 1977 Weltmeister, 1984 Weltmeister
Titelbild: Die alte Reichsbrücke in Wien. Im Vordergrund: Drei Kanonenboote der sowjetischen Donau-Flottillie auf Wien-Besuch © Doppeladler.com