Beitrag von Erich Strobl.
AMADEUS ist der Name einer von Österreich ausgerichteten Übungsserie mit internationaler Beteiligung. Die erste AMADEUS fand 1997 statt. Kennzeichen aller AMADEUS-Übungen ist ein jeweils aktuelles Szenario. Ursprünglich waren das das Durchsetzen einer No Fly –Zone, die Versorgung Eingeschlossener mit Hilfsgütern oder der Schutz grenznaher Großveranstaltungen. Basierend auf den politischen Ereignissen im vergangenen Jahr in einigen Mittelmeeranrainerstaaten und den Erfahrungen mit den Evakuierungsflügen des österreichischen Bundesheeres mit der C-130 in diese Region wurde für AMADEUS 2012 ein entsprechendes Krisenszenario mit notwendiger rascher Evakuierung eingeschlossener Staats- und EU-Bürger gewählt.
Übungsleiter Brig. Karl Gruber dazu: „Wir rechnen damit, dass man in den nächsten Jahren für solche Einsätze gerüstet sein muss. Wenn wir uns die aktuelle Situation rund um Europa so ansehen, wäre vielleicht Syrien so ein Raum, wo ein Szenario eintreten könnte, dass wir unsere eigenen UN-Soldaten dort heraus holen müssen, die dort vielleicht abgeschnitten sind und von den Golan-Höhen nicht mehr weg kommen. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist relativ hoch, in jedem Fall aber höher als für eine Panzerschlacht oder so was Ähnliches. Wir konzentrieren uns jetzt auf die Vorhaben, wo die größte Wahrscheinlichkeit besteht, dass das in den nächsten Jahren eine Aufgabe für das Bundesheer werden könnten.“
Den Erfahrungen (z.B. die multinationale Task Force Mercury im Kosovo) der letzten Jahre und aktuellen Entwicklungen (Verkleinerung nationaler Streitkräfte; Spezialisierung auf bestimmte Fähigkeiten) folgend geht man davon aus, dass derartige Operationen zukünftig verstärkt zusammen mit Partnerstreitkräften durchführt werden, dass also Teile der Landstreitkräfte, Spezialeinsatzkräfte oder der Teile der Fliegerkräfte im internationalen Verband operieren oder dass Österreich die Führung einer derartigen Operation überantwortet bekommt.
Fiktive Ausgangslage ist ein bürgerkriegsähnlicher Konflikt mehrere hundert Kilometer von Österreich entfernt. Drehscheibe der Militäroperationen ist eine Forward Operation Base (FOB) in Reichweite des Krisenherdes, die auf Grund ihrer Nähe zum Einsatzgebiet durch Fliegerabwehr zu schützen ist. In der Übungs-Realität liegt das Zentrum der Krise am Truppenübungsplatz Allentsteig und der Fliegerhorst Langenlebarn dient als FOB.
In der ersten Übungsphase gilt es, den Raum zu beherrschen, eine No Fly – Zone durchsetzen und die zu evakuierenden Personen aufzuspüren. In der Folge werden die Personen zusammen geführt und von einer in Besitz genommenen Landezone mit Helikoptern auf die FOB gebracht. Von hier aus werden sie mit der C-130 ausgeflogen.
Spezialaufgaben wie Geiselbefreiungen aus Fahrzeugkonvois und Gebäuden, Anlandungen von Luftlandetruppen samt Ausrüstung, Lastenabwürfe, die Abwehr von Luftangriffen auf die FOB und Ähnliches mehr werden eingespielt, um die Spezialeinsatzkräfte auf mögliche Situationen vorzubereiten. Teile der Übung auf dem Tüpl werden im scharfen Schuss absolviert.
Ein Übungsschwerpunkt ist das Zusammenwirken großer Hubschrauber-Verbände aus mehreren Nationen bei Tag und bei Nacht. Zum Schutz aller Beteiligten laufen derartige Spezialeinsätze heute vorwiegend in der Nacht ab und müssen entsprechend geübt werden. Dem entsprechend wurden Teile der Übung auch zu nachtschlafener Zeit, etwa vor Anbruch der Morgendämmerung um 03:00 Uhr Früh durchgespielt. Österreichs OH-58 Kiowa, Alouette III und S-70 Black Hawk sind nachtflugtauglich, ihre Besatzungen NVG-trainiert (NVG – Night Vision Googles – Nachtsichtbrillen). Mit dem aktuell laufenden Mid Life Update (MLU) für die Agusta Bell AB-212 werden auch diese für Nachteinsätze umgerüstet.
Mit 2.300 SoldatInnen, 30 davon von der deutschen Bundeswehr, war ADMAEUS 12 die größte Übung des österreichischen Bundesheeres in diesem Jahr. Österreich brachte 55 Luftfahrzeuge, davon 12 Jets, 11 Propellerflugzeuge und 32 Hubschrauber zum Einsatz. Deutschland setzte zwei Bell UH-1D des Transporthubschrauberregiments THRgt 30 aus Niederstetten ab Langenlebarn und zwei Eurofighter des Jagdgeschwaders JG 74 ein. Letztere flogen von Neuburg aus ihre CAPs (Combat Air Patrols) im österreichischen Luftraum und führten auch Landezwänge durch. Verglichen mit früheren AMADEUS-Übungen nehmen sich diese Zahlen bescheiden aus und sind auf Sparzwänge zurückzuführen, von denen auch die Armeen jenseits der österreichischen Grenzen empfindlich betroffen sind. So hatte die Schweizer Luftwaffe ihre ebenfalls knapperen Budgetmittel für dieses Jahr bereits für eine andere Übungsteilnahme im Ausland verplant, stellte aber zumindest eine F/A-18, die einer die No-Fly-Zone überwachenden Eurofighter-Rotte als target diente und am Fliegerhorst Zeltweg zur Landung gezwungen wurde.
Die deutschen und schweizer Jets stellten zusammen mit den österreichischen Eurofighter Typhoon, Saab 105OE und PC-7 abwechselnd sowohl multinationalen Jagdflugzeuge zum Durchsetzen der No Fly –Zone als auch gegnerische Flugzeuge mit Verletzungen der Flugverbotszone und Angriffen auf die FOB dar. Die Teilnahme österreichischer EF an Operationen im Ausland ist derzeit nicht geplant.
PS.: In der Woche nach der AMADEUS 2012 übte das Jagdkommando – ebenfalls um 03:00 Uhr Früh – mit acht Hubschraubern einen ähnlichen Einsatz in einem aufgelassenen Einkaufszentrum nahe Leobersdorf (NÖ).
GALERIE
Das Team von DOPPELADLER.COM bedankt sich bei Erich Strobl für diese spannende Reportage von der Übung!
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