Österreichischer Black Hawk bei der Übung JAWTEX 2014 © Luftwaffe

JAWTEX 2014

by Doppeladler

Österreichischer Black Hawk bei der Übung JAWTEX 2014 © LuftwaffeÖsterreichischer Black Hawk bei der Übung JAWTEX 2014 © Luftwaffe

Bei der Übung JAWTEX 2014 („Joint Air Warfare Tactical Exercise“) handelte es sich um die Schwerpunktübung der Deutschen Bundeswehr im Jahr 2014. Das Manöver fand von 12. bis 23. Mai 2014 im gesamten Norden und Nord-Osten Deutschlands statt. Insgesamt nahmen rund 4.200 Soldaten mit etwa 100 Luftfahrzeugen aus elf Nationen teil – darunter die Neutralen Finnland, Österreich und Schweiz. Die Deutsche Luftwaffe stellte mit 1.300 Übungsteilnehmern das größte Kontingent.

Übungsschwerpunkte waren das Zusammenwirken von Luftstreitkräften mit Heeres- und Marineverbänden (Air-Surface-Integration) und die streitkräftegemeinsame Feuerunterstützung. Im Gegensatz zur bisherigen ELITE-Übungsreihe der Bundeswehr wird bei JAWTEX nahezu das gesamte Aufgabenspektrum von Luftstreitkräften geübt: Luftangriff und -verteidigung, Lufttransport, Luftlandungen und Evakuierungsoperationen.

Das Österreichische Bundesheer nahm seit 2004 regelmäßig bei der Übungsreihe ELITE teil. Die Beteiligung bot der vor allem der Fliegerabwehrtruppe ein perfektes Umfeld, um den elektronischen Kampf (EloKa) zwischen bodengebundenen Luftraumüberwachungs- und Fliegerabwehrsystemen sowie Helikoptern und Flugzeugen zu trainieren. Radar vs. Täuschsysteme, Kommunikationssysteme vs. Stör- und Abhörsysteme. Für das Bundesheer boten die ELITE-Übungen seltene Gelegenheiten, im Fachbereich EloKa nicht völlig den Anschluss zu verpassen. Auch die JAWTEX 2014 setzte in diesem Bereich Schwerpunkte und daher wurde die Zusammenarbeit fortgesetzt.

Das österreichische Kontingent  (AUTCON – Austrian Contingent) bestand aus 60 Soldaten und einem Helicopter Detachment (HELDET) – bestehend aus zwei Sikorsky S-70A-42 Black Hawk. Neben den Hubschrauberbesetzungen und –technikern bestand das Kontingent aus einem Kontingentskommando unter Oberstleutnant Gebhard Leitner, einem Auswerteteam, Spezialisten für Elektronische Kampfführung sowie aus Beobachtern für die Bereiche Flugbetrieb, Fliegerabwehr und Radarleitdienst.

WARN- UND SELBSTSCHUTZANLAGEN

In Kooperation mit Hubschrauberkräften aus Deutschland, Slowenien und der Schweiz wurde von den österreichischen Piloten der taktische Lufttransport geübt, wobei die Missionen durch eingespielte Bedrohungen erschwert wurden. Der Fokus für das Bundesheer lag dabei auf den Abwehrmaßnahmen der Hubschrauber gegen bodengestützte infrarotgelenkte Fliegerabwehrsysteme. Zum Einsatz kamen die vollautomatischen elektronischen Warn- und Selbstschutzanlagen der österreichischen Black Hawks, die Gefahren erkennen und entsprechende Täuschkörper auszustoßen können. Selbstverständlich war auch das Fliegen der richtigen Ausweichmanöver Teil der Übung.

Wie bereits bei der EURAD13 kam das Bedrohungssimulationssystem „Mallina“ zum Einsatz. Der „UV LED Mallina Missile Warning Stimulator“ kann den Sensoren der Hubschrauber ein tragbares IR-gelenktes Fliegerabwehrsystem vortäuschen und löst damit Gegenmaßnahmen aus.

Zur Auswertung der Übungsflüge war ein technisches und taktisches Analyseteam des österreichischen Kontingentes Teil des AUTCON. Ihre Aufgabe war es, Bewertungen und Rückschlüsse zur künftigen Verbesserung eigener Verfahren und Abläufe zu generieren. Dazu erfolgte eine Computer- und GPS-gestützte Aufzeichnung und Dokumentation aller erforderlichen Daten. Es wurden sowohl die Maßnahmen durch die „Angreifer“ am Boden als auch die durch die Fliegerbesatzungen gesetzten Gegenmaßnahmen analysiert.

Eine Weiterentwicklung des Bundesheeres auf diesem Gebiet ist auch nötig, denn der Einsatz der Selbstschutzsysteme darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass in diesem Bereich großer Nachholbedarf besteht. Die mittlerweile 14 Jahre alten Systeme sind ohne Bedrohungsbibliotheken (z.B. elektronische Fingerabdrücke von Feuerleitradar) und auf die jeweilige Bedrohung ausgerichtete Täuschkörper beschränkt einsatztauglich. Angesichts der zunehmenden Verbreitung von tragbaren Boden-Luft (Lenk-)Waffen ist das ein blinder Fleck, den man sich nicht leisten sollte.

IN VERBINDUNG BLEIBEN

Spezialisten für elektronische Kampfführung (EloKa) der Landstreitkräfte testeten u.a. die Truppenfunkgeräte vom Typ CONRAD unter EloKa-Bedingungen. Die Nachrichteninhalte werden von diesem System durch verschiedene technische Maßnahmen wie Frequenzsprungverfahren und Verschlüsselung geschützt. Wie gut das funktioniert und wie anfällig die Systeme gegen Störversuche sind, lässt sich im Rahmen der JAWTEX evaluieren.

Zur Kommunikation zwischen dem EloKa Team und dem 100 Kilometer entfernten Kontingentskommando kam das Einkanal-Satellitenkommunikationssystem BGAN700 zum Einsatz. Mit diesem kleinen und handlichen Gerät können einsatzrelevante Daten und Informationen auch über größere Entfernungen übermittelt werden.

Zusätzlich wurde auf die bereits bewährte Satellitenverbindung für die Sprach- und Datenkommunikation mit Österreich gesetzt. Sämtliche Verbindungen vom Telefon über Datenverarbeitung bis zur Flugdatenverwaltung werden hierbei über eine Mehrkanal-Satellitenverbindung sichergestellt.

IMPRESSIONEN

JAWTEX 2014 Patch © LuftwaffeZwei Tornado Recce Lite des Taktischen Luftwaffengeschwader 51 stehen auf dem Taxi-Way während ein Tornado IDS des Taktischen Luftwaffengeschwader 33 landet © LuftwaffeDie beiden S-70A-42 Black Hawk des Bundesheeres im Anflug auf den Flugplatz Holzdorf © BundeswehrFinnische F-18 Hornets in Jagel © LuftwaffeTürkische F-16 Jets in Wittmund © LuftwaffeDas österreichische HELDET © Kern ReiniFranzösische Fliegerabwehr im Einsatz © Armée de l'airArchivbild: Black Hawk beim Täuschkörperausstoß © BundesheerArchivbild: UV LED Mallina Missile Warning Stimulator bei der EURAD13 © BundesheerBlack Hawk bei der JAWTEX 2014 - im Hintergrund leiten Hubschrauber Gegenmaßnahmen ein © BundesheerTornados beim Start © C. Rehder / haz.deV.l.: Kontingentskommandant Oberstleutnant Leitner, Leiter Teilstab Luft Brigadier Gruber, Oberst Krispler bei der JAWTEX © BundesheerSchweizer Cougar und Deutscher CH-53 © LuftwaffeLuftbetankung von Panavia Tornado und Eurofighter Typhoon © Luftwaffe

JAWTEX AUCH IN ZUKUNFT?

Komplexe Übungen wie die JAWTEX 2014 sind nur mehr multinational möglich. Das Heer kann dabei enorm von den Erfahrungen anderer Streitkräfte profitieren. Da die Liste jener Bereiche, die das Bundesheer selbst nicht abdecken kann, immer länger wird, sind auch – eigentlich: gerade – in Zeiten knapper Budgets Teilnahmen an solch komplexen Übungen erforderlich.
Von den Erkenntnissen aus einer Übung wie der JAWTEX profitieren nicht nur die Teilnehmer vor Ort, sie fließen auch in die Ausbildung, in Vorschriften und in die Flugverfahren des Bundesheeres ein.

Der Leiter des Teilstabes Luft der Streitkräfte, Brigadier Karl Gruber, fasste zusammen: „Die Luftwaffe hat sich mit der Übung ‚JAWTEX‘ ein sehr ambitioniertes Ziel gesetzt. Derzeit bietet keine andere Übung in Europa einen vergleichbaren Rahmen, um im dicht beflogenen kontinentalen Luftraum ‚Air Operations‘ zu üben. Die österreichischen Luftstreitkräfte hoffen, auch in Zukunft dabei sein zu können. Der Besuch hat wertvolle Anregungen für eine künftige Teilnahme unserer Experten auf allen Ebenen gebracht.“

Die JAWTEX 2014 war das größte Manöver in Deutschland seit der Wiedervereinigung und stellte den Auftakt zu einer neuen Übungsreihe dar. Alle zwei Jahre ist eine Neuauflage der JAWTEX geplant. Die Übung wurde monatelang vorbereitet, daher war die von den Medien festgestellte Ähnlichkeit des Szenarios mit dem aktuellen Ukraine-Konflikt reiner Zufall. Während die Übungsteilnahme der Schweiz aus diesem Grund auf heftige Kritik stieß, war die JAWTEX in Österreich überhaupt kein Thema. Im Jahr 2016 geht es in die nächste Runde. Hoffentlich wieder mit einem AUTCON.

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