DER LETZTE MACHT DAS LICHT AUS

by Doppeladler

Das im Februar 2012 präsentierte Sparpaket, das Österreich aus der Schuldenkrise führen soll, macht auch nicht vom Bundesheer halt. Zusammen mit dem Sparpaket 2010 entsteht nun ein Spardruck, der dem Heer engültig den Boden unter den Füßen wegreißen kann.

HORRORBUDGET 2008

Bereits im Jahr 2008 läuteten die Alarmglocken: Wie in unserem Artikel „Finanzkrise auch beim Bundesheer“ dargestellt, erreichte das Heeresbudget damals einen historischen Tiefstand: 2,04 Mrd. Euro bzw. 1,79 Mrd. Euro nach Abzug der Eurofighter-Raten, die ursprünglich sonderfinanziert werden sollten. Generalstab und Offiziersgesellschaft stellten einstimmig fest, dass das Heer seine von der Politik vorgegebenen Aufgaben im In- und Ausland nicht mehr erfüllen kann. Man fürchtete die Zahlungsunfähigkeit. Generalstabchef Entacher forderte damals ein Plus von 200 Mio. Euro über die nächsten fünf Jahre, um wenigstens den laufenden Betrieb zu abzusichern. Doch es kam ganz anders.

SPARPAKET 2010

Nach weiteren Sparbudgets wurde dem Bundesheer im Jahr 2010 angesichts der von der US Immobilienkrise losgetretenen weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise ein bislang beispielloses Sparpaket verordnet. Bis 2014 sollten 530 Mio. Euro eingespart werden. Angesichts des bereits im internationalen Vergleich besonders niedrigen Heeresbudget eine gewaltige Vorgabe, die eine dramatische Neuausrichtung des Bundesheeres verlangt hätte. Diese Neuausrichtung ist nicht erfolgt. Statt der Anpassung der Heeresaufgaben wird seither im großen Stil und ohne zugrundliegende Strategie Gerät verkauft, verschrottet, stillgelegt und der laufende Betrieb heruntergefahren. Gleichzeitig wurde das Heer in den Tschad und den Libanon geschickt. Truppenkörper oder Kasernenstandorte werden aber nicht im gleichen Ausmaß aufgelöst.

SPARPAKET 2012

Nicht einmal zwei Jahre später der nächste Schlag. Das Bundesheer ist vom Sparpaket 2012, dass Österreich bis 2016 durch Einsparungen in der Höhe von insgesamt 26,457 Milliarden Euro aus der Schuldenkrise führen soll, in mehrfacher Hinsicht betroffen:

Die beabsichtigten Sparmaßnahmen bei den Beamten treffen auch das Bundesheer, denn ein großer Teil der Heeresbediensteten sind naturgemäß Beamte. Zur Nulllohnrunde 2013 und der nur moderaten Gehaltserhöhung 2014 kommt für viele Bediensteten der Verlust der Abgeltung der 41. Wochenstunde für uniformiertes Personal der Streitkräfte. Je nach Gehaltsstufe bedeutet die Gehaltskürzung für die Bediensteten einen Verlust zwischen 300 und 1.163 Euro im Jahr, wie aus Berechnungen der Gewerkschaft hervorgeht. Damit sind Österreichs Soldaten unter den großen Verlieren des Sparpakets.
Durch den Aufnahmestopp für Beamte im Bundesheer, kommt es zu einer Verschärfung der Überalterung bei der Truppe. Nur 350 Zeitsoldaten (befristete Verträge),  200 Unteroffiziere und 50 Offiziere können pro Jahr aufgenommen werden. Ausnahmen für Unteroffiziere und Offiziere waren nicht nur nötig, um den Betrieb aufrecht zu erhalten, sondern auch weil der Nachwuchs in eignenen Akademien herangezogen wird und die Absolventen plözlich vor geschlossenen Toren gestanden wären.

In Summe sollen jedoch bis 2016 insgesamt 2.100 Posten wegrationalisiert werden. Die Zentralstelle soll um 15 Prozent verkleinert werden. Minister Darabos setzt dabei auf natürliche Abgänge durch Pensionierungen und den Wechsel von Heeresbediensteten in andere Ressorts (die so den Aufnahmestopp umgehen könnten?).

Weitere Sparmaßnahmen: Durch die Kürzung der Ermessenausgaben des Verteidigungsministeriums werden etwa 26 Mio. Euro pro Jahr fehlen. Diese Maßnahme wird vor allem Bauvorhaben, Sanierungen von desolaten Gebäuden und die Instandhaltung treffen.
Die Umwandlung der Heeresspitäler in Sanitätseinrichtungen soll 2013 7,6 Mio. und ab 2014 15,3 Mio. Euro jährlich bringen. Die Zusammenlegungen des Heeresgeschichtlichen Museums im Wiener Arsenal mit dem Staatsarchiv und die Integration der Heeresbild- und Filmstelle (HBF) in den Bundespressedienst sind mit rund 2 Mio. Euro unbedeutende Einsparungen. Weitere Einsparungen sind im IT-Bereich vorgesehen – zwischen 6 Mio. im Jahr 2013 und fast 14 Mio. Euro im Jahr 2016. Die geplante Übernahme des Entminungsdienstes vom Innenministerium schlägt sich im Verteidigungsbudget pro Jahr mit zusätzlichen 318.000 Euro zu Buche. In den Jahren 2015 und 2016 sind ohne weitere Erläuterungen jeweils 36 Mio. Euro Einsparungen im Flächenmanagement budgetiert. Eine dieser Maßnahmen ist die Übertragung der Heeresforstverwaltung für den Truppenübungsplatz Allentsteig an die Bundesforste. Kritiker befürchten unter anderem, dass dann die wirtschaftliche Nutzung des Übungsgebietes  zunimmt und Übungen behindert werden.

Laut den Vorgaben der Bundesregierung sind im Rahmen dieses Sparpakets in Summe 617 Mio. Euro einzusparen. Wie in den anderen Kapiteln des Sparpakets auch, sind die Vorgaben für das Verteidigungsministerium noch sehr unkonkret und mit Fantasiezahlen ausgepreist.

Addiert man die Einsparvorgaben beider Sparpakete, so könnten im Heeresressort in den Jahren 2011 bis 2016 unglaubliche 1.147 Mio. Euro eingespart werden müssen! Das entspricht weit mehr als die Hälfte eines ganzen Jahresbudgets!

2011 2012 2013 2014 2015 2016 Summe
Sparpaket 2010 80 130 151 169 530
Sparpaket 2012 47 106 124 170 170 617
Summe 80 177 257 293 170 170 1.147

In Millionen Euro.

Angesichts dieser neuerlichen Sparvorgaben hagelt es Kritik von allem Seiten: Gewerkschaften, Offiziers- und Unteroffiziersgesellschaften, FPÖ und BZÖ laufen gegen die Kürzungen Sturm. Selbst der ÖVP-Wehrsprecher Klikovits, dessen Partei die Sparpakete mit beschlossen hatte, schießt sich neuerlich auf Verteidigungsminister Darabos ein. Der Minister fühlt sich durch die neuen Sparvorgaben hingegen motiviert („Der Druck ist auch gesund“ – s.u.) und stellt außerdem klar, dass die etwa 30 Mio. Euro teuren Pilotprojekte für ein Berufsheer trotzdem umgesetzt werden. Auch die Zeitsoldaten, die für die Aufstellung der Pilotverbände benötigt werden, würden seiner Ansicht nach nicht unter den Aufnahmestopp fallen.

Design to Budget. Das ist nun das Motto der Heeresplaner. Laut Entacher kämpft das Heer derzeit nicht (nur) gegen Lawinen, Hochwässer und Unruhestifter im Ausland, sondern vor allem darum, die Personalkosten unter 70% (!) des Budgets zu halten. Angesichts des Spardrucks ist klar, dass das Bundesheer ein radikal neues Anforderungsprofil benötigt. Auch die Landeshauptleute sind gefordert, nun endlich an einer deutlichen Verschlankung der Organisation bzw. Standortstruktur mitzuwirken. Deutliche Einschnitte bei der Teilnahme an Friedensmissionen und beim Katastrophenschutz im Inland sind wahrscheinlich. Von Landesverteidigung spricht ohnehin niemand mehr ernsthaft.

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