Bunkermuseum am Wurzenpass / Kärnten © Doppeladler.com

BUNKERMUSEUM AM WURZENPASS

by Doppeladler

Am Wurzenpass an der Grenze zwischen Slowenien und Kärnten gibt es ein in Österreich einmaliges Freilichtmuseum – das Bunkermuseum. Am Gelände des heutigen Museums entstand ab 1963 unter strenger Geheimhaltung die größte Feste Anlage (FAn) des Bundesheeres. Bis ins Jahr 2002 hinein wurde die Bunkeranlage betrieben, um den Wurzenpass jederzeit abriegeln zu können.

Als mit Ende des Kalten Krieges und nach der Stabilisierung Sloweniens die Festen Anlagen ihre Bedeutung verloren, erwarb Mag. Andreas Scherer, ehemaliger Kommandant der hier stationierten Sperrkompanie WURZEN/73 (SpKpW/73), das Grundstück und wandelte das ehemalige Staatsgeheimnis in ein öffentlich zugängliches Freilichtmuseum um. Stück für Stück wurden die originalen Bunkeranlagen um zusätzliche Schaustücke ergänzt, sodass heute am Wurzenpass ein umfassendes Bild der Zeit der Raumverteidigung vermittelt werden kann. Beim geduckten Gang durch das Stellungssystem kann man ein wenig noch die Kälte des Kalten Kriegs spüren.

Zu sehen sind die Typen der in ganz Österreich verbunkerten Panzertürme – es handelt sich um die US-amerikanischen Typen M-24 Chaffee und M-47 Patton, um britische Charioteer – und Centurion – Türme und auch um die Panzertürme sowjetischer T-34 Panzer. In einer eigens errichteten Schaubefestigungsanlage werden die verwendeten Schartenwaffen präsentiert – vom 12,7 mm MG, über die 2 cm Fliegerabwehrkanone 65/68, die 4 cm FlAK/Maschinenkanone 55/57, die 7,62 cm Panzerabwehrkanone 42, die 10,5 cm leichte Feldhaubitze 18/40 bis hin zur weit reichenden 15,5 cm schwere Feldkanone M2 ‚Long Tom‘. Ein T-34 wurde, wie mehrfach vom Bundesheer vorexerziert, sogar komplett in einen Bunker eingemauert.

DIE FESTE ANLAGE

Das Raumverteidigungskonzept, nach dessen hauptverantwortlichen General Emil Spannocchi auch manchmal „Spannocchi-Doktrin“ genannt, teilte das Land in Sicherungszonen und Schlüsselzonen. Nur in den Schlüsselzonen war hartnäckiger Widerstand gegen einen Durchmarsch von Ost oder West vorgesehen. Zum besseren Schutz dieser Zonen wurden Feste Anlagen (FAn) errichtet.

Die Sperranlage am Wurzenpass wurde ab dem Jahr 1963 unter strenger Geheimhaltung errichtet und bis 1995 ausgebaut bzw. umgebaut. Selbst vielen Einheimischen war die Existenz des 11.400 m² großen Areals nicht bekannt. Die Anlage sollte verhindern, dass Truppen des Warschauer Paktes über den Wurzen ungehindert in Österreich eindringen und ev. gleich weiter nach Italien marschieren können. Auf der engen Passstraße, mitten durch unwegsames Gelände, wäre die numerische Überlegenheit des Gegners relativiert worden – eine Art Österreich-Version des Thermopylen-Passes.

Zur Sperre des Wurzenpasses hätte man sich jedoch nicht auf die beiden verbunkerten Centurion – Panzertürme und die Sperrjäger alleine verlassen. Die Geschütze wirken auf eine jener Stellen der Passstraße, die im Ernstfall mit Panzersperren wie Stecksperren und Panzerigel blockiert worden wäre. Auch die Sprengung großer Teile der Straße war vorgesehen, wodurch der Wurzenpass über einen langen Zeitraum unpassierbar gewesen wäre.

Zweimal war die Feste Anlage am Wurzenpass in Alarmbereitschaft – 1968 während des sowjetischen Einmarsches in die Tschechoslowakei (Niederschlagung Prager Frühling) und natürlich auch während des Slowenischen Unabhängigkeitskriegs 1991, während dessen die Anlage in den Sicherungseinsatz eingebunden war.
Glücklicherweise musste die Feste Anlage ihre Feuertaufe nie bestehen. Man darf aber davon ausgehen, dass das Bunkersystem am Wurzenpass aufgrund des umgebenden Terrains zu den effektivsten Anlagen zählte, die das Bundesheer betrieben hatte.

GALERIE

Eingangsbereich des Bunkermuseums © Doppeladler.comZugang in den originalen Bunker W5 - eine Führungs- und Schutzanlage © Doppeladler.comKommando Bunker W5 - bis 1986 Kompaniegefechtsstand © Doppeladler.comLatrine © Doppeladler.comLicht am Ende des Tunnels (eingedeckte Verbindungsgräben) © Doppeladler.comBesonders aufwändig verbunkerter Panzerturm Charioteer mit 8,34 cm Panzerkanone L/70 M.2 © Doppeladler.comEin Boot am Wurzenpass? Es handelt sich um ein Patrouillenboot des Sperr-Regiments Donau - die Raumverteidigung machte auch vor Flüssen nicht halt © Doppeladler.comIm Ernstfall wäre die Passstraße über den Wurzenpass mit Stecksperren (links) und Panzerigel (rechts) blockiert worden. Teile der Straße wurden auch zur Sprengung vorbereitet © Doppeladler.comDie Stecksperre wird tief in ihr Fundament gesteckt, hält auch die schwersten Kampfpanzer ab und ist schwer zu räumen © Doppeladler.comBetonierter Zugang zum oberen Stellungssystem © Doppeladler.comBunker W4 - Führungs- und Kampfanlage mit verbunkerter Zugs-Beobachtungsstelle © Doppeladler.comBunker W4 - Aufgangsschacht zur Oberfläche © Doppeladler.comAn der Oberfläche ist kaum mehr als eine Schachtabdeckung zu erkennen © Doppeladler.comDie Schaubefestigungsanlage ist nicht original, aber ein absoluter Höhepunkt. In diesem 2008 errichteten Bauwerk wurden alle Schartenwaffen eingebaut, die beim Bundesheer in Verwendung waren © Doppeladler.comDas Bundesheer machte auch von Restbeständen aus Wehrmachtszeiten nicht halt: ortsfest verbunkerte 10,5 cm leichte Feldhaubitze 18/40 von Rheinmetall in Turmlafette © Doppeladler.comDie 10,5 cm leichte Feldhaubitze 18/40 von Rheinmetall gab es auch auf einer Schartenlafette © Doppeladler.comDen mittleren Kampfpanzer T-34 sowjetischer Bauart hat man wie hier zu sehen mit seiner 8,5 cm Kanone in einigen Fällen komplett in einen Bunker eingemauert © Doppeladler.comSchaubefestigungsanlage © Doppeladler.comOrtsfest eingebaute 4 cm FlAK/Maschinenkanone 55/57 der schwedischen Rüstungsschmiede Bofors © Doppeladler.comUm Infanterie und leicht gepanzerte Fahrzeuge an der Räumung von Sperren und der Annäherung an die Festen Anlagen zu hindern wurden auch 12,7 mm überschwere Maschinengewehre M2 Browning auf Steh-/Schartenlafetten verwendet © Doppeladler.comMächtigstes Geschütz war die 15,5 cm schwere Feldkanone M2 'Long Tom' auf Schartenlafette. Reichweite: bis über 23 km. Gleich 5 davon waren in Kärnten am Haberberg verbunkert © Doppeladler.comDas 15,5 cm Rohr der schweren Feldkanone M2 ‘Long Tom’ © Doppeladler.comVerbindungs- bzw. Kampfgräben © Doppeladler.comVerbindungs- bzw. Kampfgräben © Doppeladler.comJagdpanzer Kürassier A1 mit 10,5 cm Kanone. Während des Sicherungseinsatzes im Zuge der Slowenienkrise gingen Kürassiere am Wurzenpass in Stellung © Doppeladler.comJagdpanzer Kürassier A1 © Doppeladler.com2 cm Fliegerabwehrkanone 65/68 (Oerlikon Contraves GAI-B01) © Doppeladler.comPanzerigel - früher alltägliches Bild in grenznahen Gebieten, heute aus dem Straßenbild verschwunden © Doppeladler.comTunnelartig eingedeckte Verbindungsgräben © Doppeladler.comOrtsfest eingebauter Panzerturm Centurion mit 10,5 cm Kanone L7A1 des Bunkers W6 (Originalbestand). Dahinter die Holztarnhütte zum Überziehen © Doppeladler.comDas Heer kaufte Mitte der 1980er rund 300 veraltete britische Kampfpanzer Centurion aus den Niederlanden, nur um die Türme in den Schlüsselzonen eingraben zu können © Doppeladler.comOrtsfest eingebauter Panzerturm Centurion mit 10,5 cm Kanone L7A1 des Bunkers W6 (Originalbestand). Daneben die Holztarnhütte © Doppeladler.comMit Tarnhütte eingehauster Charioteer-Panzerturm. Das Rohr der 10,5 cm Panzerkanone M.68 ist von einem PVC Rohr geschützt © Doppeladler.com10,6 cm rückstoßfreie Panzerabwehrkanone M40 auf Radlafette © Doppeladler.com8,5 cm Panzerabwehrkanone 52 auf Radlafette © Doppeladler.comVormals ortsfest eingebauter Panzerturm des sowjetischen Kampfpanzers T-34 mit 8,5 cm Kanone - Bezeichnung Panzerabwehrkanone 44 © Doppeladler.comAuch die 9 cm Türme des Kampfpanzers M47 Patton wurden nach dem Ausscheiden der Wannen in Feste Anlagen eingebaut © Doppeladler.comOrtsfest eingebauter Panzerturm des M24 Chaffee mit 7,5 cm Panzerkanone M6 © Doppeladler.comScheinanlagen - Panzerturmattrappen gab es nach zunehmender Verbreitung von Wärmebildgeräten auch beheizt © Doppeladler.comBei dieser Schutzanlage handelt es sich um einen Fertigteil-Unterstand für eine Sperrjägergruppe der Firma Eternit © Doppeladler.comDas Innere des Fertigteil-Unterstands der Firma Eternit © Doppeladler.comPanzerstahlkuppel mit 12,7 mm überschwerem Maschinengewehr M2 Browning zur Flieger- und Infanterieabwehr © Doppeladler.comBlick aus dem Bunker W1 hinauf zur Panzerstahlkuppel mit 12,7 mm üsMG © Doppeladler.comBunker W2 - Schutzanlage für eine Sperrjäger-Gruppe. Ursprünglich eine Kampfanlage zur Panzerabwehr mit ortfest eingebauter Panzerabwehrkanone 42 © Doppeladler.comTeil des originalen Stellungssystems: betonierte Verbindungsgraben/Kampfgraben mit Kampfstellungen © Doppeladler.comBunker W7 - Schutzanlage. Unterstand für eine Sperrjäger-Gruppe (Originalbestand) © Doppeladler.comElektroinstallation in einem der Bunker © Doppeladler.comOrtsfest eingebauter Panzerturm Centurion mit 10,5 cm Kanone L7A1 - gut zu erkennen die Nebelwurfanlage und rechts die Halterung für den Schießscheinwerfer © Doppeladler.com

alle Fotos: © Doppeladler.com

Wir können einen Besuch des Bunkermuseums nur empfehlen! Vom beschilderten Parkplatz direkt an der Passstaße aus ist ein (sehr) kurzer Fußmarsch hinauf zum Museum erforderlich – wohl der Grund dafür, warum man tausend Mal über den Wurzenpass fahren hätte können, ohne die Anlage zu entdecken. Über Öffnungszeiten, Eintrittspreise etc. informiert die Website des Museums www.bunkermuseum.at.

VEREIN VESpa WURZEN

Der „Verein zur Erhaltung der Sperranlagen der Sperrkompanie WURZENPASS“ (VESpa WURZEN) wurde im Jänner 2000 gegründet. Zweck des Vereins ist es, zur Erhaltung der Anlagen der Landesbefestigung am Wurzenpass in Kärnten beizutragen, um sie als Museum öffentlich zugänglich erhalten zu können. Neue Mitglieder sind willkommen. Unten der Link.

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Kustartilleri eller Hamnförsvar? | krigsmakten 7. Juli 2018 - 09:21

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