Pandur EFWS in der Gablenzkaserne © theoderich
Ein großer Teil der Radpanzer Pandur A1 6×6 des Österreichischen Bundesheeres erhalten derzeit eine Kampfwertsteigerung. Kern der Arbeiten ist der Ersatz der manuellen MG-Lafette gegen eine elektronisch fernbedienbare Waffenstation (EFWS).
Der Pandur wurde Ende der 1970er /Anfang der 1980er Jahre auf Eigeninitiative von Steyr Spezialfahrzeuge entwickelt. Im Jahr 1996 beschaffte das Bundesheer 68 Fahrzeuge in der Variante Mannschaftstransportpanzer / UN (MTPz/UN). Diese Bezeichnung zeigt schon, dass der Pandur vor allem im Rahmen von UN-Einsätzen Verwendung finden sollte. Nach ersten Einsatzerfahrungen wurde die Flotte auf den Stand A1 aufgerüstet (MTPz/UN-A1). Im Jahr 2003 wurden zusätzlich drei Sanitätspanzer Pandur 6×6 eingeführt. Insgesamt betreibt das Bundesheer daher 71 Fahrzeuge.
Derzeit durchlaufen alle 68 Pandur MTPz/UN-A1 im Heereslogistikzentrum Graz (HLogZ Graz) eine „erweiterte Inspektion„. Dabei werden in 40 Fahrzeugen die manuelle MG-Lafette (Drehkranz) durch eine elektronisch fernbedienbare Waffenstation (EFWS) ersetzt. Ein erster Prototyp wurde bereits vom 8. bis 12. April 2013 in Allentsteig durch das Jägerbataillon 17 getestet.
Zum Einsatz kommt die „Overhead Remote Controlled Weapon Station – Medium“ (ORCWS-M) welche von der österreichischen Firma ESL Advanced Information Technology GmbH zugeliefert wird. Es ist die gleiche Waffenstation, die bereits im geschützten Mehrzwekfahrzeug Iveco LMV Verwendung findet. Die Station wird mit dem 12,7 mm Maschinengewehr M2 ausgerüstet, könnte jedoch mit entsprechenden Adaptern auch kleinkalibrigere Maschinengewehre oder eine 40 mm Granatmaschinenwaffe aufnehmen. In Fahrtrichtung rechts der Waffe befindet sich die Box mit den elektro-optischen Sensoren: eine TV-Kamera, ein Wärmebildgerät, ein Laserentfernungsmesser und ein Suchscheinwerfer. Sowohl Waffe als auch Sensorenbox sind in zwei Achsen stabilisiert und können damit auch während der Fahrt effektiv eingesetzt werden.
Die Vorteile der ORCWS-M gegenüber der manuellen Lafette sind:
- Der Bordschütze bleibt im geschützten Fahrzeug und muss sich nicht exponieren. Ohne geöffneter Dachluke bleibt auch für die anderen Insassen der Panzerschutz und der Schutz vor Umwelteinflüssen aufrecht.
- Die ORCWS-M ist stabilisiert und kann auch während der Fahrt Ziele wirkungsvoll bekämpfen.
- Das Feuerleitsystem unterstützt die automatische Zielverfolgung.
- Die Nachtsicht- / Nachtkampffähigkeit ist deutlich höher.
- Die elektro-optischen Sensoren befähigen den Pandur auch zur Aufklärung – vorbei sind die Zeiten als man eine Lafette der Panzerabwehrlenkwaffe 2000 am Fahrzeugdach stellte, um mit dessen Wärmebildgerät die Gegend abzusuchen.
- Der Kommandant erhält die gleichen Bilder wie der Schütze.
- Am Turm befindet sich auch die Mehrfachwurfanlage mit sechs 76 mm Abschussrohren für Nebelgranaten, Sprenggranaten oder Tränengas. Die Granaten können in alle Richtungen gezielt abgefeuert werden.
Nachteile der ORCWS-M gegenüber der manuellen Lafette sind:
- Das Nachladen (nach 300 Schuss) ist deutlich aufwändiger und exponiert den Schützen.
- Die Ausfallssicherheit ist beim manuellen Bedienen des MGs höher. Immerhin ist aber nach einem Defekt auch die manuelle Bedienung der Station möglich.
- Guter Rundum-Blick des Schützen in der Drehring-Lafette.
Waffe und Sensoren werden vom Schützen über einem kompakten Terminal von dessen Sitzplatz unmittelbar unter der Waffenstation bedient. Für das Richten hält er einen kleinen lenkradähnlichen Controller in Händen. Der rechts daneben sitzende Kommandant des Fahrzeugs sieht die gleichen Bilder auf seinem Enhanced Tactical Computer mit COMBAT NG. Damit können Zieldaten erfasst und sofort weitergegeben werden – z.B. an die Artillerie. Auch der Kommandant kann mittels Joystick die Waffenstation bedienen.
WEITERE ÄNDERUNGEN
Laut der Truppenzeitung „Der Panther“ des JgB17 (Ausgaben 1/2012 und 2/2012) werden im Zuge der erweiterten Inspektion an allen Radpanzern einige technische Änderungen vorgenommen, die die Standfestigkeit der Pandur-Flotte erhöhen. Darüber hinaus werden der Antirutschbelag am Bug und alle Lukendeckeldichtungen erneuert. Zur Erhöhung des Platzangebotes wird ein Heckkorb angebracht. Dieser ist mit einer Lafette für ein 7,62 mm Maschinengewehr und einem aufklappbaren Podest für den Schützen im Mannschaftsraum als zusätzliche Sicherungsmöglichkeit nach hinten ausgestattet. Alle Pandure erhalten auch ein neuartiges Tarnnetz. Das VHF Truppenfunksystem Conrad ist spätestens nach der erweiterten Inspektion in allen Fahrzeugen Standard.
ERSTE BILDER
Ein Pandur EFWS wurde am 20. September 2013 am Tag der Einsatzorganisationen in der Grazer Gablenzkaserne erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Unser Forums-Mitglied „theoderich“ war vor Ort und hat uns seine Bilder dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt. Es dürfte sich um das Erprobungsfahrzeug für die Waffenstation handeln. Fotos aus dem Innenraum waren untersagt.
Alle Fotos © theoderich