Assistenzeinsatz zur Flüchtlingshilfe © Bundesheer
Eine Woche läuft der sicherheitspolizeiliche Assistenzeinsatz des Österreichischen Bundesheeres nun bereits. Das Innenministerium kann auf bis zu 2.200 Mann für humanitäre Aufgaben und Grenzkontrollen zurückgreifen.
Am 14.09.2015 stellte das Innenministerium den Antrag auf einen Assistenzeinsatz (AssE) des Bundesheeres. Noch am selben Tag erfolgte der Beschluss im Ministerrat, bis zu 2.200 Soldatinnen und Soldaten zur Unterstützung der Polizei zusammenzuziehen. Der unmittelbare Bedarf an 640 Mann wurde aus den Kaderpräsenzeinheiten (KPE), d.h. jenen rasch verfügbaren Einheiten, die aus Berufssoldaten bestehen, abgedeckt.
Bereits am Morgen des 15.09.2015 trafen Vor- und Erkundungskommandos an den Brennpunkten in der Grenzregion im Burgenland ein, um mit der Polizei Vorort den Anlauf des Heereseinsatzes zu koordinieren.
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) bei der Pressekonferenz am 14.09.2015: „Schon früher haben derartige Einsätze gezeigt, dass unser Bundesheer in der Lage ist, eine wichtige Funktion in Krisensituationen wahrzunehmen. Der Schwerpunkt der Unterstützung wird bei der humanitären Hilfe im Inland liegen, aber auch im Bereich der Grenzkontrollen, dort wo es erforderlich ist.“
Bundeskanzler Faymann (rechts) und Vizekanzler Mitterlehner bei der Pressekonferenz am 14.09.2015 © Bundeskanzleramt
Laut Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) könnten im Bedarfsfall innerhalb von 72 Stunden bis zu 2.200 Soldaten bereitgestellt werden. Ob die volle Zahl zum Einsatz kommen wird, hängt von den Anforderungen des Innenministeriums ab. Die ersten 640 Soldaten waren bereits am Folgetag einsatzfähig:
- KPE-Soldaten des Jägerbataillons 25 aus Klagenfurt sowie des Panzergrenadierbataillons 35 aus Großmittel: Im Burgenland an bestimmten Grenzübergängen
- KPE-Soldaten des Jägerbataillons 17 aus Straß: In Oberösterreich bei den Inn-Übergängen und auf den Bahnhöfen Linz und Wels
- KPE-Soldaten des Jägerbataillons 25 aus Klagenfurt: In Salzburg im Bereich des Hauptbahnhofs
Ab 16.09.2015 standen auch eine Alouette III „Eule“ mit Infrarot-Kamera und Suchscheinwerfer sowie ein AB-212 und eine Pilatus PC-6 für Transport- und Überwachungsaufgaben bereit.
Am 18.09.2015 stehen bereits rd. 1.600 Soldaten im Einsatz. 993 Soldaten unterstützen die Polizei, 583 helfen bei Verpflegung und Transport. Dabei werden 202 Fahrzeuge und zwei Hubschrauber eingesetzt (Details hier).
ZWEI EINSATZBEREICHE
In zwei Bereichen leistet das Bundesheer Unterstützung für die Exekutive, aber auch für die Rettungsorganisationen und NGOs im Einsatz:
Das Heer übernimmt humanitäre Aufgaben, insbesondere die Bereitstellung von Verpflegung, Bekleidung und Unterkunft sowie den Transport der Flüchtlinge. Zu diesen Tätigkeiten werden Berufs- und Zeitsoldaten, aber auch Grundwehrdiener herangezogen.
Unterstützung der Exekutive durch punktuelle Grenzkontrollen. Hier sollen nur Berufs- und Zeitsoldaten zum Einsatz kommen. Zu ihren Aufgaben gehören auch Absicherungs- und Ordnungstätigkeiten. Patrouillen an der grünen Grenze, d.h. abseits von Grenzübergängen sind derzeit nicht vorgesehen, da sich die Flüchtlingsströme entlang der Transportrouten bewegen. Greifen Soldaten Flüchtlinge auf, so werden diese an die Polizei übergeben. Beim Bundesheer rechnet niemand damit, dass aufgrund des Einsatzes weniger Flüchtlinge kommen werden.
UNTERSTÜTZUNGSLEISTUNGEN LAUFEN WEITER
Neben dem Assistenzeinsatz laufen die schon bisher für das Innenministerium erbrachten „Unterstützungsleistungen“ weiter. Von Anfang August bis zum Anlauf des AssE waren 1.500 Soldaten im Einsatz, die bei Transport und Verpflegung der Flüchtlinge unterstützend tätig waren. Außerdem hat das Heer die Hauptverantwortung für die Koordinierung des Transportes der Flüchtlinge übernommen.
Die Kosten für Unterstützungsleistungen werden vom Bedarfsträger, in diesem Fall vom Innenministerium, getragen. Rechtliche Voraussetzung für eine solche Leistung ist, dass ein Mehrwert für die Ausbildung der Heeresangehörigen entstehen muss.
Ein Assistenzeinsatz hingegen ist Teil der gesetzlichen Aufgaben des Bundesheeres. Rechtliche Voraussetzung für einen AssE ist neben der Anforderung, dass die Aufgabe nur mehr mit Hilfe des Bundesheeres bewältigt werden kann. Zahlreiche Kritiker des Einsatzes bezweifeln das und sehen nur einen Unterstützungseinsatz. Es geht dabei nicht nur um juristische Haarspalterei, denn die Kosten für einen AssE müssen aus dem Heeresbudget beglichen werden. Das Verteidigungsressort „geht davon aus, dass der Mehraufwand gedeckt wird“, der durch den Einsatz an der Grenze entsteht. Im Finanzministerium weiß man davon allerdings nichts.
IMPRESSIONEN
NORMALBETRIEB UNDENKBAR
Der Regelbetrieb des Bundesheeres werde durch den Assistenzeinsatz nicht beeinträchtigt, versicherte Minister Klug. Der „gesamte Dienstbetrieb“ sei für derartige Einsätze ausgerichtet. Tatsächlich werden für den AssE nicht nur alle verfügbaren Kadersoldaten und Transportmittel (das Heer hat z.B. in Summe nur 21 Großraumbusse) zusammengezogen. Übungsvorhaben, wie die Übung SKYSHIELD 15 der Fliegerabwehr wurden bereits abgesagt, um Kapazitäten für den Assistenzeinsatz freizuhalten.
Da ein Ende der Flüchtlingswelle und damit des Einsatzes nicht in Sicht ist, bedeutet die Deckung des Personalbedarfs (Rotation der eingesetzten Truppe) eine enorme Belastung für das Bundesheer. Die Kaderpräsenzeinheiten sind neben Übungsvorhaben auch für die Rotation der Soldaten im Auslandseinsatz vorgesehen. Erste Stimmen verlangen den Einsatz der Miliz. Kommt jetzt noch eine Naturkatastrophe hinzu wird es kritisch.
Wie bereits angesprochen bereitet auch die Deckung des finanziellen Aufwandes aus dem zusammengestrichenen Heeresbudget Kopfzerbrechen. Aber vielleicht hat es ja einen Einsatz wie diesen gebraucht um der Politik vor Augen zu führen, dass ein Heer auch in Friedenszeiten ausreichend Ressourcen benötigt, um als strategische Reserve der Republik zur Verfügung zu stehen.
INFOMODUL BUNDESHEER.AT
Auf der Website des Bundesheeres wurde ein Infomodul zu den Einsätzen zur Flüchtlingshilfe eingerichtet. Dort finden sich aktuelle Nachrichten und umfangreiches Bildmaterial.
Das Modul erreichen sie hier: Informationsmodul Flüchtlingshilfe
Weiterführende Links:
- Pressemeldung Bundeskanzleramt vom 14.09.2015
- Faymann schickt Bundesheer an die Grenze, Wirtschaftsblatt vom 14.09.2015
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