Minenräumsystem leicht DOK-ING MV-4 © DOK-ING

WALL-E RÄUMT AUF

by Doppeladler

Minenräumsystem leicht DOK-ING MV-4 © DOK-INGEin DOK-ING MV-4 beim Räumen eines Minenfeldes © DOK-ING

„WALL-E“ war der kleine einsame Müllräumroboter, der im gleichnamigen Pixar/Disney Animationsfilm aus 2008 die verlassene Erde aufzuräumen hatte. Es ist daher ein passender Spitzname für einen kleinen Roboter zur Räumung von Minen.
Bei der Pioniertruppe des Österreichischen Bundesheeres wird derzeit ein solches System eingeführt. Es handelt sich dabei um vier fernbedienbare leichte Minenräumsysteme MV-4 des kroatischen Herstellers DOK-ING. Seit Mai 2014 werden die Bediener und Techniker am Truppenübungsplatz Allentsteig am neuen Gerät ausgebildet.

Beim „Minenräumsystem leicht“ handelt es sich um ein kleines vielseitiges Kettenfahrzeug, das zum Schutz seiner Bedienmannschaft ferngesteuert wird. Je nach Aufgabe kann das MV-4 in kürzester Zeit mit unterschiedlichen Werkzeugen ausgerüstet werden: Einem Roboterarm, der 500 kg schwere Lasten heben kann, einer Greif- und Schneidzange (2t Hubkraft), einem Räumschild, Staplerzinken (1,2t Hubkraft) oder dem sogenannten Minenflegel.

Der Minenflegel (Flail) ist eine Bodenfräse, die durch 34 rotierende Klöppel (900 U/min) Anti-Personen-Minen und andere Kampfmittel bis zu einer Bodentiefe von 32 cm mechanisch zerstört. Bis zu 2.000 m² pro Stunde können so geräumt werden. Gerät das MV-4 einmal an eine Panzermine hat das Fahrzeug dank seiner speziellen HARDOX Stahlpanzerung gute Überlebenschancen. Zudem sind defekte bzw. zerstörte Teile dank Modulbauweise leicht austauschbar.
Mit den übrigen Anbaugeräten lassen sich Gegenmaßnahmen gegen improvisierte Sprengfallen (Counter-IED; Improvised Explosive Devices) oder Blindgänger (UXO – Unexploded Ordnance) durchführen. Natürlich sind mit den vielseitigen Werkzeugen auch völlig andere Tätigkeiten durchführbar, wenn diese aus sicherer Entfernung durchgeführt werden sollen oder kein anderes Pioniergerät verfügbar ist.

Das MV-4 ist sehr kompakt und sehr beweglich. Dadurch lassen sich auch schwer zugängliche Bereiche und enge Gassen von Minen räumen. Das Gerät kann Gräben bis zu 0,5 m Breite sowie Hindernisse bis 0,3 m Höhe überwinden. Ein Räumeinsatz ist bei bis zu 35 Grad Neigung und bis zu 45 Grad Steigung möglich. Die Minenräumung ist auch im 0,45 m tiefen Wasser möglich. Durch sein Kettenfahrwerk sind Drehungen am Stand möglich.

Die Minenräumsysteme von DOK-ING haben international einen hervorragenden Ruf. In 15 Jahren Betrieb kam es zu keinem Minenunfall. Das MV-4 konnte seine Leistungsfähigkeit am Balkan und im Dienst der US Army in Afghanistan und im Irak beweisen (US Bezeichnung: M160 MV4 Flail Robot). Es liegen Berichte aus Afghanistan vor, nach denen Fußpatrouillen in besonders gefährdeten Gebieten von unmittelbar vorausfahrenden MV-4s begleitet wurden, um die Minengefahr für die Patrouille auszuschalten, als mobile Deckung zu dienen und darüber hinaus auch Teile der Ausrüstung zu tragen.
Auch die Streitkräfte Nicaraguas, des Irak, Schwedens und Sri-Lankas setzen auf das bewährte System.

Die kroatische Firma DOK-ING hat Niederlassungen in Slunj (etwa 50 km südlich von Zagreb), in den USA und in Südafrika. Das Unternehmen wurde 1991 gegründet, ist zu 100% in Privatbesitz und beschäftigt etwa 220 Mitarbeiter. DOK-ING ist nicht nur Hersteller von Minenräumsystemen sondern auch das größte private Minenräumunternehmen in Südosteuropa. Das Unternehmen hat bereits über 30 Mio. m² Fläche mechanisch von Minen befreit.

Über den Anschaffungswert der Systeme ist nichts genaueres bekannt. Laut dem Weißbuch 2012 war die Beschaffung von vier Stück leichten Minenräumfahrzeugen mit einem Gesamtwert von ca. 2,9 Mio. EUR vorgesehen.

IMPRESSIONEN

"Minenräumsystem leicht" bei der Ausbildung in Allentsteig © BundesheerMV-4 mit Roboterarm und Greif- /Schneidzange © Bundesheer"Minenräumsystem leicht" MV-4 mit Minenflegel © BundesheerDas "Minenräumsystem leicht" DOK-ING MV-4 © Bundesheer"Wall-E" in Afghanistan - ein MV-4 der US Army mit Minenroller. Camp Leatherneck, 2010 © Reuters / S. ZhumatovDOK-ING MV-4 bei einem Einsatz am Balkan © DOK-INGDieses MV-4 ist mit Minenflegel und Roboterarm ausgerüstet © DOK-INGFernsteuerung für das MV-4 © DOK-ING

TECHNISCHE DATEN

Bezeichnung: „Minenräumsystem leicht“ MV-4
Hersteller: DOK-ING d.o.o., Zagreb, Kroatien
Bedienung: 1 Person aus bis zu 1.500 m Entfernung
Abmessungen: Länge: 3,01 m (4,46 m mit Minenflegel) / Breite: 1,53 m / Höhe: 1,47 m / Bodenfreiheit: 0,26 m
Gewicht: 5,56 t (inkl. Treibstoffe, Betriebsmittel)
Triebwerk: Perkins 1106D-E66 TA; wassergekühlter 6-Zylinder Turbodiesel mit Direkteinspritzung / 148 kW (241 PS) bei 2.100 U/min / Drehmoment: 950 Nm bei 1.400 U/min
Getriebe: hydrostatisch; getrenntes Getriebe für Minenflegel / Schaltgetriebe: Stiebel 4362
Treibstoff: 70 Liter Diesel; Verbrauch: 15 – 25 Liter / Stunde
Geschwindigkeit: bis zu 5 km/h (Überstellfahrten)
Minenflegel: 34 Klöppel rotieren mit 0-900 U/min / Gewicht: 1,2 t / Breite: 2.015 mm / Minenräumbreite: 1.725 mm / effektive Räumtiefe: 32 cm (unter Geländeoberkante) / Minenräumgeschwindigkeit: 0,5-1,26 km/h / Minenräumkapazität: 944-2.184 m²/h
Schutz: HARDOX 400 Stahlpanzerung zum Schutz gegen explodierende Anti-Personen-Minen und Beschuss mit Kaliber 7,62 mm. Gute Schutzwirkung auch gegen Panzerminen. Laut Tests des Swedish EOD and Demining Centers (SWEDEC) sind Schäden durch Panzerminen nach etwa 1 Stunde behoben.
Transportfähigkeit: auf LKW-Ladefläche oder Anhänger, luftverlastbar (Innenlast / Außenlast an 4 Lasthaken), 20-Fuß Container

"Minenräumsystem leicht" MV-4 © DOK-ING

MV-4 WERKZEUGE

Folgende Anbauwerkzeuge sind derzeit für das „Minenräumsystem leicht“ verfügbar:

MV4 mit Minenflegel (Flail) - von Bundesheer beschafft © DOK-INGRoboterarm - von Bundesheer beschafft © DOK-INGGreif- und Schneidwerkzeug - von Bundesheer beschafft © DOK-INGGreif- und Schneidewerkzeug am MV-4 © DOK-INGStaplerzinken - von Bundesheer beschafft © DOK-INGRäumschild - von Bundesheer beschafft © DOK-INGMinenroller - nicht von Bundesheer beschafft © DOK-INGBodenfräse (Tiller) - nicht von Bundesheer beschafft © DOK-INGBaggerschaufel - nicht von Bundesheer beschafft © DOK-ING

MINENRÄUMSYSTEM MITTEL

Das Minenräumsystem leicht ist übrigens nicht der erste Roboter beim Bundesheer. Bereits seit längerer Zeit werden zur Kampfmittelbeseitigung die Entschärfungsroboter tEODor der Telerob GmbH (Cobham Unmanned Systems) eingesetzt. Noch nicht im Anrollen ist das schon länger geplante Minenräumsystem Mittel. Schon 2008 waren dafür 3,85 Mill. EUR im Heeresbudget vorgesehen. Im Weißbuch 2012 wurde die Beschaffungsabsicht unter „Ausblick“ erneuert. Das System soll laut Angaben des AWRT auf Räderbasis stehen und ein Gewicht von etwa 20 Tonnen aufweisen. Als Beschaffungs-Muster dient das HYDREMA 910MCV2 aus dänischer Produktion. Allerdings sind in jüngster Vergangenheit auch andere konkrete Beschaffungsvorhaben aufgrund der aktuellen Budgetsituation gestrichen worden. An die Beschaffung eines schweren Minenräumsystems, dass sich auch im Gefecht einsetzen lässt – etwa auf Leopard Fahrgestell – wird nicht gedacht.

Entminungsroboter "tEODor" der Kampfmittelbeseitiger des Bundesheeres © BundesheerMuster für ein "Minenräumsystem mittel": Hydrema 910MCV2 aus dänischer Produktion © HydremaEin schweres Minenräumsystem wäre etwa der Pionierpanzer 3 Kodiak mit Minenpflug © Rheinmetall Defence

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