Die European Advance 2015 – EURAD15 fand vom 02. bis 15. November 2015 in der Wachau statt. Bei der Übung handelte es sich um den Abschluss der nationalen Einsatzvorbereitung des österreichischen Beitrags zur EU Battlegroup 2016-2, ein voll ausgerüstetes Logistikbataillon und Spezialisten zur Missionsunterstützung.
Die EU Battlegroups (EUBG) sind die schnellen Krisenpräventions- und -reaktionskräfte der Europäischen Union. Nach Beschluss des EU Rates soll binnen 10 Tagen ein Einsatz in einem 6.000 km Umkreis von Brüssel möglich sein. Dazwischen müssen die nationalen Parlamente zustimmen. Nach EUBG 2011-1 und EUBG 2012-2 nimmt das Bundesheer in der 2. Hälfte des Jahres 2016 zum 3. Mal seine Verantwortung im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) in dieser Form wahr. Und auch wenn es bisher u.a. aufgrund der komplexen politischen Entscheidungsstruktur zu keinem Einsatz einer EUBG gekommen ist, sieht man beim Bundesheer eine steigende Einsatzwahrscheinlichkeit. Die Bedeutung zur Verbesserung der Interoperabilität zwischen den EU Nationen und zum Fähigkeitsaufbau ist unbestritten.
Die EUBG 2016-2 wird von Deutschland als Lead Nation geführt. Es beteiligen sich Truppen aus den Niederlanden, der Tschechischen Republik, Luxemburg, Kroatien und Irland. Österreich ist als Logistic Lead Nation für die Logistik und im Einsatzfall für die gesamte Versorgung der multinationalen Eingreiftruppe verantwortlich. Das muss im Einsatz auch autark von zivilen Strukturen und unter Bedrohung funktionieren. Dafür stellt Wien im Kern ein Combat Service Support Battalion (CSSBn) bereit.
Die Battlegroup und Österreichs Rolle darin entspricht ziemlich genau der EUBG 2012-2 mit dem Hauptunterschied, dass diesmal die Niederlande einen bedeutenden Teil der Truppe abdecken. Auch diesmal wird das CSSBn von der 3. Panzergrenadierbrigade formiert.
Mit der EURAD15 endet die nationale Phase der Einsatzvorbereitung, um das österreichische Kontingent auf die Beine zu stellen und die aus unterschiedlichen Einheiten stammenden Soldaten aufeinander einzuspielen. Geübt wurde die Zusammenarbeit bei einer Stabilisierungsoperation im Rahmen des Einsatzes einer EU-Battlegroup. Obwohl die internationale Kooperation diesmal noch nicht im Vordergrund stand, entsandte die Deutsche Bundeswehr ein 105 Mann starkes Kontingent (s.u.). Auch die Partnernationen Luxemburg (21 Soldaten) und Tschechien (6 Soldaten) beteiligten sich mit einigen Soldaten. Das Bundesheer nahm mit 1.048 Personen an der Übung teil.
Schwerpunkt der nächste Phase der Einsatzvorbereitung ist die multinationale Zusammenarbeit. Dazu wird es im 1. Halbjahr 2016 Übungen mit den Battlegroup-Partnern geben. Am 1. Juli 2016 beginnt dann die 6-monatige Bereitschaftsphase.
IMPRESSIONEN
Wir hatten Gelegenheit uns bei der EURAD15 in Mautern umzusehen. In der dortigen Raabkaserne wurde eine Main Operating Base (MOB) errichtet, von der aus die Verorgungsfahrten in Forward Operating Bases (FOB) durchzuführen waren. Die MOB wurde mit autarker Energie- und Wasserversorgung errichtet. Im Dunkelsteiner Wald lauterte der Gegner in Form von Rebellengruppen. Alle Fotos © DOPPELADLER.COM
DAS DEUTSCHE KONTINGENT
Das deutsche Kontingent brachte interessante Gerätschaften nach Matern: Das neue Flugabwehrwaffensystem MANTIS beweist, dass Rohrwaffen in der Fliegerabwehr nach wie vor aktuell sind. Mobile EloKa-Einheiten zur elektronischen Aufklärung und Störung sorgten unterwegs für den Schutz der eingesetzten Truppe.
FLUGABWEHRWAFFENSYSTEM MANTIS
MANTIS steht für „Modular, Automatic and Network capable Targeting and Interception System“. Es handelt sich um ein hoch modernes Nächstbereich-Schutzsystem für den Objektschutz, mit dem anfliegende Raketen, Artillerie- und Mörsergranaten bekämpft werden können (C-RAM – Counter-Rocket, Artillery and Mortar). Das System von Rheinmetall Air Defence wurde vor allem zum Schutz von Feldlagern bei der Deutschen Luftwaffe eingeführt und genau diese Rolle wurde auch bei der EURAD 15 geübt.
Ein MANTIS besteht grundsätzlich aus einer Bedien- und Feuerleitzentrale BFZ, zwei Sensoreinheiten SE und sechs unbemannten Geschützen. Die Erfassungsreichweite beträgt 20 km. Die Ziele werden auf 3 bis 5 km durch Feuerstöße aus je 2 Geschützen bekämpft. Die einläufigen Revolverkanonen vom Typ GDF-020 im Kaliber 35 mm fassen 252 Schuss in der Geschützkammer. Weitere 252 Schuss befinden sich in einer Vorratskammer darunter. Die Schussfolge beträgt etwa 1.000 Schuss/min. Bei jedem einzelnen Geschoß wird am Ende des Rohres die Mündungsgeschwindigkeit exakt gemessen; dann wird in Millisekunden über Induktionsspulen der optimale Zündzeitpunkt einprogrammiert. In jeder Patrone lauern 152 Subprojektile aus einer Wolframlegierung (Air Burst Munition – ABM), die am Ziel eine dichte „Wolke aus Projektilen“ erzeugen.
DIE ELOKA FÜCHSE
Elektronische Kampfführung (EloKa) ist die Anwendung von Elektronik für Führung, Aufklärung und Waffeneinsatz. In modernen Streitkräften ist es eine Selbstverständlichkeit, EloKa-Kapazitäten aufzubauen und ständig weiterzuentwickeln – sie sind sowohl in klassischen als auch in asymmetrischen Konfliktszenarien unverzichtbar. Während das Bundesheer hier wenig vorzuweisen hat kann die Deutsche Bundeswehr im Bereich EloKa auf einen umfassenden Erfahrungsschatz aufbauen. Glücklicher Weise besteht in diesem Bereich eine Kooperation mit Deutschland und im Rahmen der EUBG 2016-2 kann die Bundeswehr abdecken, was dem österreichischen Kontingent fehlt. An der EURAD 15 nahmen mobile Aufklärungs- und Störsysteme auf Basis des Transportpanzers TPz 1 Fuchs teil.
Der TPz 1 Fuchs – EloKa KWS RMB (EloKa Peiler) ist ein modularer ELINT-Sensor. Es handelt sich um ein Aufklärungssystem, dass über die Fähigkeiten der Signaldetektion, -analyse und -klassifizierung verfügt. Das System KWS RMB eignet sich zur Suche, Aufnahme und Analyse elektromagnetischer Ausstrahlungen. Es kann Standort und Bewegung von Signalquellen erfassen und die jeweiligen Waffensysteme zuordnen. Das Fahrzeug wiegt 16,5 t und hat 4 Mann Besatzung.
Beim TPz 1A8 Fuchs CG20+ handelt es sich um ein mobilen Störsender. Hauptfunktion ist der Konvoischutz durch die Unterbindung von Funksignalen – insbesondere die Verhinderung der Fernzündung von IEDs (RCIED) am Straßenrand.
Der TPz 1A8 ist die aktuelle Entwicklung auf dem bewährten Fuchs 1 Fahrgestell mit deutlich verbesserten Schutz gegen Minen und IED. An der EURAD nahm auch ein älterer Fuchs mit dem CG20+ System teil.
Der TPz 1 Fuchs EloKa HUMMEL VHF mit den Störsendern 33 und 0506 ist ein Störfahrzeug im VHF Bereich älterer Bauart.
EURAD UND ASSISTENZEINSATZ
Vor Ort wurde deutlich, wie sehr der derzeit laufende Flüchtlings-Assistenzeinsatz den regulären Übungsbetrieb einschließlich der Einsatzvorbereitung der Battlegroup beeinträchtigt. Derzeit stehen annähernd 400 Kadersoldaten der 3. Panzergrenadierbrigade im AssE. Aus dem Kreis dieser Berufssoldaten rekrutiert sich natürlich auch die Battlegroup.
Die Übung wurde drastisch zusammengestrichen: Statt 3.500 Soldaten nahmen nur mehr 1.180 Soldaten aus Österreich teil. 31 statt 150 gepanzerte Fahrzeuge. 7 statt 15 Luftfahrzeuge. 11 statt 21 Tage Übungsdauer. Zur Erinnerung: Die EURAD15 war keine Übung zum Fähigkeitserhalt oder -aufbau, sondern eine konkrete Einsatzvorbereitung für eine Truppe, die ab Juli 2016 in einen „scharfen“ Einsatz gehen könnte.
Weiterführende Links:
- Informationsmodul zur EURAD15 auf bundesheer.at
- EU-Battlegroup 2012-2 bereit; unsere Reportage vom 4. Juli 2012.
- Flugabwehrwaffensystem MANTIS auf bundeswehr.de und luftwaffe.de
- Modulares ELINT System KWS RMB