zwei österreichische Draken starten zu Luftkampfübungen über
der Nordsee.
© Bundesheer
Mit 22. Dezember 2005 endete die aktive Dienstzeit eines Klassikers der Luftfahrtgeschichte,
dessen Entwicklung sich bis in das Jahr 1949 zurückverfolgen lässt.
Österreich stellt als letzter Betreiberstaat den Flugbetrieb mit dem Saab
Draken ein - ziemlich genau 50 Jahre nach dem Erstflug des Prototypen.
der Doppel-Deta-Jäger Saab Draken zählt unbestritten zu den Klassikern
der militärischen Luftfahrt.
Hier Draken Nr. 19 der Österreichischen Luftstreitkräfte.
© Bundesheer
Der folgende Beitrag stellt zwei unterschiedliche Seiten des Draken vor: den
Draken als wichtigen Meilenstein des Flugzeugbaus und als das wohl umstrittenste
militärische Beschaffungsprojekt Österreichs.
die österreichischen Drachen.
eine Draken-Rotte startet von Graz-Thalerhof (5.3.2004).
Trotz seines schlechten Rufs erfüllte der Draken stets
die in ihm gesetzten
Erwartungen.
Obwohl er bereits Ende der 90er Jahre abgelöst werden sollte, fliegt er
immer noch.
Kaum ein anderes Flugzeug
erwies sich als ähnlich zuverlässig.
© Werner Horvath
[seine Bilder auf airliners.net]
1985 wurde der Kaufvertrag für 24 gebrauchte Saab J-35 Draken von der
Regierung Sinowatz (SPÖ/FPÖ) unterzeichnet.
Bei den Draken (schwedisch für 'Drachen') der Österreichischen Luftstreitkräfte
handelt es sich um gebrauchte Maschinen vom Typ
Saab J-35D, die zwischen 1963 und 1965 für die schwedische Luftwaffe produziert
wurden. Bei der Übergabe in den Jahren 1987 bis 1989 hatten die Zellen
jeweils etwa 1.550 bis 2.800 Flugstunden hinter sich - die ursprünglich
vorgesehene 10jährige Dienstzeit in Österreich wäre damit kein
Problem gewesen.
Im Zuge der vor der Übergabe durchgeführten Generalüberholung
von Saab und FFV Aerotech wurden die J-35D mit den vogelschlagsicheren Cockpitverglasungen
der moderneren Version J-35F ausgerüstet. Viele Avionik-Komponenten wurden
gegen modernere bzw. gegen kundenspezifische Bauteile ersetzt.
Die durch diese Umbauten neu entstandene Version des Draken wird als J-35Ö
(oder Oe) bezeichnet.
1992 erhielten die Maschinen bei Valmet in Finnland modernere ALR-45 Radarwarngeräte
und Störkörperanlagen (Chaff & Flare) der dänischen Luftwaffe.
Auch die Kommunikationssysteme wurden aufgerüstet. Seit damals werden die
österreichischen Draken als J-35Ö Mk.II bezeichnet.
2004 fand dann doch noch das Satelliten-zeitalter Einzug ins Draken-Cockpit
- die tragbare GPS Moving Map GPSMAP 295 von Garmin erleichtert seither die
Navigation.
© Garmin
der J-35Ö Mk.II Draken
Nr. 13 am Rollfeld.
© Bundesheer
Technischer Daten Saab J-35Ö Mk.II
Typ einsitziger, einstrahliger Abfangjäger der
2. Generation
Hersteller Saab AB, Linköping, Schweden (heute Saab Aerosystems)
Abmessungen Länge: 15,35 m / Spannweite: 9,40 m /
Höhe: 3,89 m / Flügelfläche: 49,2 m²
Leergewicht 7.265 kg
max. Startgewicht etwa 11.800 kg
Triebwerk 1x Volvo Flygmotor RM6C (Lizenzversion des Mk 60 aus der britischen
Rolls-Royce Avon Serie 300), Nachbrenner: EBK 66
Schub trocken: etwa 57kN (5.850kg)
Schub mit Nachbrenner: etwa 77kN (7.886kg)
Schub-/ Gewichtsverhältnis 0,73 / 0,81
Höchstgeschwindigkeit
Mach 2 in 11.000 m Höhe (ohne Außenlasten)
Mach 1,5 mit 2x 525 Liter Außentanks und 2x Sidewinder-Lenkwaffen
Mach 1,1 in Bodennähe.
Steigleistung etwa 200 m/s
Dienstgipfelhöhe über 20.000 m
Überführungsreichw. 2.840km
Aktionsradius 430 km (ohne Zusatztanks)
Tragflächenbelastung 180 kg/m²
Treibstoff
Intern: 2.764 Liter
Extern: 2x 525 Liter Zusatztanks (optional)
Verbrauch: 100 Liter/min (300 Liter mit Nachbrenner)
Pistenerfordernis Startstrecke: ca. 1.400 m
Landestrecke: ca. 1.700 m
(950m mit Bremsfallschirm)
Bewaffnung 2 x 30mm Aden M-55 Bordkanonen mit je 90 Schuss Munition. Feuerrate
1.200 oder 1.400 Schuss pro Minute.
ab 1992 eine bis zwei AIM9-P3/P4 Sidewinder Luft-Luft-Lenkwaffe(n)
Ausrüstung Saab S7A Feuerleitanlage, Ericsson PS-03 Radar, 2 Funkanlagen,
Saab FH-5 Autopilot, Saab 73SE-F Schleudersitz (funktioniert auch am Boden,
von 100km/h bis 1.100km/h), Marconi Head Up Display (HUD), ALR-45 Radarwarngeräte,
Täuschkörperanlagen (Chaff & Flare), 20kVA Hilfsgenerator, Bremsfallschirm,
Luftbremse aus 4 kleinen Bremsklappen.
seit 2004: Garmin GPSMAP 295 (tragbare GPS Moving Map)
Das äußere Delta kann für Transportzwecke abgenommen werden
Saab J-35Ö Draken
Details (wie z.B. Status und Seriennummern) zu den einzelnen Draken des Bundesheeres
finden Sie in unserem ...
Register der Militärluftfahrzeuge des
Bundesheeres.
Fliegerregiment 2 - Jahr 2004.
Stationierung:
Alle Draken dienten beim Überwachungs-geschwader. (Teil des Fliegerregiments
2)
1. Staffel, stationiert am Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg (Stmk.).
Die 2. Staffel war am Fliegerhorst Eduard Nittner in Graz-Thalerhof (Stmk.)
stationiert.
Im Juli 2004 wurden die Draken jedoch in Zeltweg zusammengezogen.
In Graz wurden die F-5E Tiger II stationiert.
Überwachungsgeschwader - Jahr 2004.
© airpower.at
die Ausbildung
Da Österreich keine Doppelsitzer beschaffte, sah der Kaufvertrag eine ständige
Schulungsmöglichkeit bei der Schwedischen Luftwaffe in Angelholm vor. Bereits
lange vor der Anlieferung der eigenen Draken wurden österreichische Piloten
in Schweden auf den zweisitzigen
J-35C Draken-Trainern und auf Einsitzern ausgebildet (dabei ereignete sich leider
ein tragischer Unfall, von dem wir auf der nächsten Seite berichten).
Saab Viggen.
© Christian Hauser
Als gegen Ende der 90er Jahre klar wurde, dass das 2-Generationen-Konzept (siehe
nächste Seite) nicht umgesetzt wird, wurde eine weitere Vereinbarung getroffen:
Um die Draken zu schonen und um die österreichischen Piloten an die nächste
Kampfflugzeuggeneration heranzuführen, konnten die Piloten in Lulea (Schweden)
einen Teil der jährlich notwendigen 120 bis 150 Flugstunden auch auf der
Saab JA-37 Jaktviggen (Bild) sammeln. Damit konnte nicht nur die Einsatzzeit
des Draken immer weiter hinausgestreckt werden, man erreichte auch einen wichtigen
Motivationsschub.
1997 fand der letzte Ausbildungslehrgang in Schweden statt. Die Flygvapnet stellte
danach die doppelsitzigen Draken endgültig außer Dienst. Seither
können keine neuen Piloten ausgebildet werden!
Ein Ansuchen an Finnland, dem letzten Betreiber von Doppelsitzern, vier bis
sechs Piloten auszubilden, wurde 1999 abgelehnt.
Draken-Flugsimulator in Schweden.
© Bundesheer
der Draken ist für heutige Verhältnisse schwer zu fliegen und fordert
vom Piloten höchste Konzentration.
An Erfahrung mangelt es den Heerespiloten nicht, konnte doch seit 1997 mangels
Doppelsitzern kein neuer Draken-Pilot mehr ausgebildet werden.
© Jörg Sandhofer
Gegengeschäfte.
Wie schon beim Ankauf der Saab 105 wurde die Drakenbeschaffung von Gegengeschäften
abhängig gemacht. Aufträge im Wert von 3,14 Mrd. Schilling, oder 130%
der Anschaffungskosten, mussten innerhalb von 10 Jahren an die österreichische
Wirtschaft gehen. Etwa 50% davon mussten der Kategorie "Hochtechnologie"
zugeordnet werden können.
Nach der Gesamtabrechnung jener Gegengeschäfte, die das Prinzip der Zusätzlichkeit
erfüllten (also über der normalen Geschäftsentwicklung der Unternehmen
lagen) wurde bekannt, dass tatsächlich 6,1 Mrd. Schilling an 70 heimische
Unternehmen geflossen waren. Diese Übererfüllung war auf Folgeaufträge
von zufriedenen Kunden zurückzuführen.
Die Draken-Gegengeschäfte gaben dem heimischen Hochtechnologie-
sektor wichtige Wachstumsimpulse und halfen bei der Entwicklung einer kleinen
aber feinen Luft- und Raumfahrtindustrie, die heute z.B. Teile für verschiedene
Airbus-Modelle und ESA-Raumfahrt-missionen zuliefert.
Sonderanstriche
der Ostarrichi- oder auch Milleniums-Draken zieht gerade sein Fahrwerk ein.
Die Bilder stammen von einer niederländischen Flugshow im Juni 2003.
© Sven De Bevere
Der berühmteste Drachen - der Ostarrichi-Draken. 1996 feierte nicht
nur Österreich sein 1.000jähriges Jubiläum, sondern auch das
Luftraumüberwachungsgeschwader sein 20jähriges Bestehen - zwei gute
Gründe für einen Sonderanstrich. Oberleutnant Michael Kirchner konnte
sich mit seinem Entwurf "Ostarrichi 996" durchsetzen. Der Schriftzug
entspricht jenem, der auf der ersten schriftlichen Erwähnung Österreichs
aus dem Jahr 996 zu sehen ist. Als "Leinwand" wurde der Draken Nr.
08 ausgewählt.
Der auf die Lackierung folgende technische Abnahmeflug fand am 18. Juni 1997
statt. Die öffentliche Präsentation des Flugzeugs fand am 21. Juni
1997 im Rahmen des Flugtages in Zeltweg statt. Seither nahm der Ostarrichi-Draken
an vielen Flugschauen im In- und Ausland teil.
die Schokoladenseite des Ostarrichi-Drachens. Der Nachbrenner ist aktiviert.
© Georg Mader
Dragon Knights - der Orden der Drachen-Ritter
© Bundesheer
Dragon Knights. Anlässlich der Außerdienst-
stellung des Drakens in Österreich wurde am 25. November 2005, bei der
offiziellen Verabschiedung des Draken, der Sonderanstrich "Dragon Knights"
präsentiert.
Auch dieses Design stammt von - mittlerweile Hauptmann - Michael Kirchner. Dragon
Knights nennt sich die Vereinigung ehemaliger Drakenpiloten aus Schweden, Dänemark,
Finnland und Österreich. Das Wappen des Ritterordens findet sich auf der
Unterseite der Maschine wieder. Es handelt sich übrigens um den Draken
Nr. 21.
auf der Heckflosse die Flaggen der ehemaligen Betreiberstaaten.
© Bundesheer