Sikorsky S-70A-42 Black Hawk bei der Night Hawk 2012 © forsvaret.dk

SOFEX LIVEEX „NIGHT HAWK“ 2012

by Doppeladler

Sikorsky S-70A-42 Black Hawk bei der Night Hawk 2012 © forsvaret.dkSikorsky S-70A-42 Black Hawk bei der Night Hawk 2012 © forsvaret.dk

Vom 27. September 2012 bis 13. Oktober 2012 fand in Dänemark die Übung NIGHT HAWK 2012 statt. Thema war die Zusammenarbeit zwischen Spezialeinsatzkräften und Luftstreitkräften im multinationalen Verbund (SOFEX – Special Operations Forces Exercise). Teile der Übung wurden auch im scharfen Schuss abgehalten (LIVEEX – Live Fire Exercise). Für DOPPELADLER.COM wurde der Schleier über der NIGHT HAWK etwas gelüftet. Das ermöglicht es uns, an dieser Stelle eine spannende Reportage von der Übung zu veröffentlichen. Eine Übung, in der unser Heer wieder einmal für so manche Überraschung sorgte.

Über 1.000 Soldatinnen und Soldaten – davon waren mehr als die Hälfte Angehörige von Spezialeinheiten – aus acht Nationen sowie rund 25 Luftfahrzeuge waren an der NIGHT HAWK 2012 beteiligt. Das Bundesheer war mit einer Special Operations Task Group (SOTG) des Jagdkommandos sowie mit sechs Hubschraubern im Einsatz. Zwei Sikorsky S-70A-42 Black Hawk der „mittleren Transporthubschrauberstaffel“ sowie vier Bell OH-58B Kiowa der „bewaffneten Mehrzweckhubschrauberstaffel“ wurden auf die Aalborg Air Base im Norden der dänischen Halbinsel verlegt. Die dicht mit Zelten und Containern besiedelten Teile des Stützpunkts wurden von den Dänen kurzerhand in „SOF CITY“ umbenannt. Das Übungsgebiet erstreckte sich über weite Teile Dänemarks.

REALITÄTSNAHE MISSIONEN

Die Übungsmissionen der Spezialeinsatzkräfte wurden auf Basis der Einsatzerfahrungen der jüngsten Vergangenheit zusammengestellt. Das Jagdkommando bekam reichlich Gelegenheit, seinen hervorragenden internationalen Ruf unter Beweis zu stellen.
Bei ihren Einsätzen wurden die Einsatzteams von einer multinationalen Special Operations Air Task Group (SOATG) aus der Luft unterstützt. Die SOATG war vor allem für Infiltration und Exfiltration der Zugriffsteams, Feuerunterstützung und Aufklärung zuständig.

Österreich bildete mit seinen Hubschraubern eine eigene Special Operation Air Task Unit (SOATU) innerhalb dieser Gruppe. Die Einheit trainierte nicht nur mit dem Jagdkommando, sondern auch mit Spezialeinheiten anderer Nationen. Umgekehrt griffen die heimischen Spezialeinsatzkräfte für ihre Operationen auch auf die Luftfahrzeuge der anderen Kontingente zurück – von den kleinen und wendigen AS550 Fennek und AW-109 LUH über EH-101 Merlin und CH-47 Chinook bis zur C-130J Hercules stand ein breit aufgestellter Fuhrpark zur Verfügung.

ANSPRUCHSVOLLE AUFGABEN

Die kleinen und wendigen OH-58 verfeinerten das Einsatzverfahren „Schnellanlandung“ in sehr beengten Landezonen. Bei diesem Verfahren setzt der Hubschrauber (mit ausgebauten Türen) nur für einen Augenblick auf und die in der Tür wartenden Zugriffsteams springen ab. Weiteres Übungsthema war natürlich die Feuerunterstützung aus der Luft (Close Combat Attack – CCA bzw. Close Air Support – CAS) mit der 7,62 mm M-134 Minigun des Kiowa. Dabei kam der Zusammenarbeit mit internationalen JTAC’s (Joint Terminal Attack Controller), die vom Boden aus die Luftangriffe koordinierten, besondere Bedeutung zu. Aufgrund der Rules of Engangement und der Nähe zur eigenen Truppe am Boden waren Kollateralschäden zu vermeiden, daher wurde oft einem Kiowa-Angriff gegenüber einem Luftschlag mit Jagdbombern der Vorzug gegeben.

Die S-70 Black Hawks waren für den Transport größerer Einsatzteams vorgesehen. Die Crews bekamen reichlich Gelegenheit, das FastRope-Verfahren zu trainieren, bei dem sich die Spezialeinsatzkräfte möglichst rasch aus dem schwebenden Hubschrauber abseilen.

Die multinationale Hubschraubertruppe wurde von dänischen F-16 MLU Jets mit FLIR- und IR-Laserzielpods ergänzt. Auch Drohnen und mit FLIR Sensoren ausgestattete Learjets wurden zur Überwachung eingesetzt. Für Luftlandeoperationen wurden auch C-130 Hercules eingesetzt.

BEI NACHT UND NEBEL

Nicht zufällig heißt die Übung NIGHT HAWK und findet im Herbst statt. Die geforderten Einsätze wurden fast vollständig im schwachen Licht von Nachtsicht- und Wärmebildgeräten durchgeführt. Die österreichischen Hubschrauberbesatzungen sind dafür mit modernen Nachtsichtbrillen (NVG – Night Vision Googles) vom Typ AN/AVS-9 ausgestattet. Zusätzliche Herausforderungen bestanden in der ständig wechselnden Wetterlage (Wolken, Regen und wolkenfreier Himmel), den tiefen Temperaturen (insbesondere beim Flug im OH-58 mit ausgebauten Türen) und auch im Flug in Meeresnähe bzw. über Wasser. Für letztere Einsätze sind die österreichischen Crews auch für den Fall einer Notwasserung gut ausgebildet. Die Ausrüstung der Piloten mit Trockenanzügen (DrySuits) entspricht den Sicherheitsbestimmungen.

In derartig anspruchsvollen Szenarien kommt einer genauen Flugvorbereitung (Fliegen mit NVG, im Verband, in Meeresnähe, unbekannte Landezonen, besondere Gefahr von Vogelschlag, etc.) eine hohe Bedeutung zu.

IMPRESSIONEN

EMBRAER KC-390 der brasilianischen Luftstreitkräfte © EmbraerSikorsky S-70A-42 Black Hawk des Bundesheeres über New YorkSikorsky S-70A-42 Black Hawk des Bundesheeres über New YorkSikorsky S-70A-42 Black Hawk des Bundesheeres über New York

© Copyrights: MzHSSt (bewaffnete Mehrzweckhubschrauberstaffel / Bundesheer) und FLVFOT (Flyvevåbnets Fototjeneste – Fotodienst der königlich dänischen Luftwaffe)

ZUSAMMENFASSUNG

Österreichs kleine Luftstreitkraft ist im Bereich der Special Operations Forces (SOF) Aviation, d.h. in der Zusammenarbeit mit Spezialeinsatzkräften, im europäischen Vergleich gut aufgestellt. In diesem Segment beweist insbesondere der ergraute Kiowa hohen Einsatzwert – unbewaffnet als SOF Taxi oder bewaffnet zur Feuerunterstützung galt der Hubschrauber bei der Übung als High Value Asset. Er wurde bei fast jeder Mission von den Spezialeinsatzkräften aller Teilnehmernationen angefordert. Für die Black Hawks war es die erste derartige Übung im Ausland. Im Inland konnte schon seit langer Zeit intensiv mit dem Jagdkommando trainiert werden – wie zuletzt etwa bei der AMADEUS 2012 und bei einer Übung im ehemaligen Outletcenter Leoville in Niederösterreich, die im Juni 2012 einige Anrainer in Angst und Schrecken versetze. Auch die mittlere Transporthubschrauberstaffel konnte daher in Dänemark ihren hohen Ausbildungsstand unter Beweis stellen.

Gerade Übungen wie die NIGHT HAWK, bei der komplexe Operationen unter schwierigen Umweltbedingungen durchgeführt werden, liefern wertvolle Impulse für unser Heer. Sie zeigen auch, dass bereits heute echte Profis zur Verfügung stehen, um selbst anspruchsvollste Missionen durchführen können. NIGHT HAWK 2012 war die 16. Ausgabe der Übungsserie und hoffentlich nicht die letzte mit österreichischer Beteiligung.

Danksagung: Wir bedanken uns herzlich bei Herrn Hptm Kappl, der uns mit Informationen und großartigen Bildern versorgt hat sowie beim Streitkräfteführungskommando / Abteilung Spezialeinsätze für deren Freigabe zur Erstellung dieser Reportage.
Zusätzliche Bilder und Informationen der dänischen Streitkräfte stammen aus frei verfügbaren Quellen im Internet.

Hinweis: Wir wurden ersucht von der Nennung von Details zu den einzelnen Teilnehmern und den geübten Einsatzszenarien Abstand zu nehmen und kommen diesem Wunsch selbstverständlich nach.

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