Zum ukrainischen Vorstoß auf Kursk:
'Rybar' meldet, das ein ukrainischer Vorstoß auf das Kirchdorf Snagost begonnen hat, was die Einschließung Korenewos ermöglichen würde. Die ukrainische Offensive halte weiter an und sei in keiner Richtung wirklich zum Stehen gebracht. Russische Verstärkungen träfen jedoch ein und würden bald die Wende bringen. (
Quelle) Z-Blogger Swjatoslaw Golikow geht aus der Froschperspektive noch weiter: "Übrigens, wenn einer denkt, dass der Feind seine Erfolge [nördlich von Sudscha] übertreibt, lautet die Antwort: Nein! Die Situation ist wirklich sehr schwierig. Und das ist nicht der einzige Bereich, in dem alles sehr schwierig ist." (
Quelle)
Mit dem Angriff Steiners wird das alles in Ordnung kommen …
Zum russischen Vorstoß auf Charkiw:
Die Ukrainer haben auf Brigadeebene einen Angriff auf die russischen Stellungen im Raum Charkiw gestartet und sind nach eigenen Angaben zwei Kilometer weit vorgerückt. Die Russen hätten 300 Gefallene zu beklagen. (
Quelle) Bemerkenswerterweise halten die Russen immer noch die vollständig umzingelte Maschinenfabrik PJSC Woltschansker Aggregatewerk. Das Gelände, das in der zweiten Juniwoche erobert wurde, ist nur 90.000 m² groß und seit dem 11.07. durch einen 250 m breiten ukrainischen Streifen von den eigenen Linien abgeschnitten. Allerdings eignen sich die massiven Industriebauten gut zur Verteidigung und sind auf zwei Seiten von der Woltscha umflossen (ca. 15 m breit, keine Ahnung wie tief).
Zu ukrainischen Angriffen auf die Krim:
Vor Port Kawkas in der Straße von Kertsch ist die Ro-Ro-Fähre "Conro Trader" von einem ukrainischen Seezielflugkörper getroffen worden und nach einem Brand gesunken. Das Schiff war offenbar mit Treibstoff oder brennbaren Chemikalien beladen. (
Quelle)
Die Versorgung der Krim per Schiff wird damit schwieriger. Zumindest für den ökonomischen Transport von Massegütern und voluminösen/ schweren Einzellasten (z.B. Baumaschinen, Panzer) geht den Russen langsam, aber sicher Transportkapazität aus.
Zur Lage der russischen Armee:
muck hat geschrieben: ↑Mi 7. Aug 2024, 04:39
Zur militärischen Lage Russlands, part deux:
Offenbar verschärft sich der Personalmangel der russischen Streitkräfte. Die Luftwaffe hat nun ein Regiment motorisierter Infanterie aufgestellt, das sich aus Flugzeugmechanikern, Vorfeldpersonal und sogar Piloten rekrutiert. (
Quelle)
Die britische Regierung meldet, dass das Regiment im Raum Kursk zum Einsatz komme. Ihm gehörten sogar die Bedienmannschaften von Frühwarnflugzeugen an. (
Quelle)
Wenn man schon AWACS-Crews als Infanterie einsetzt, bedeutet das nicht nur einen akuten Personalmangel, sondern auch, dass die ukrainischen Abschüsse mehrerer Berijew A-50 im Winter und Frühling die Einsatzbereitschaft dieser Teilflotte empfindlich reduziert haben müssen. Ganz offensichtlich hat man mehr einsatzbereite Besatzungen als Flugzeuge.
Zur Lage der russischen Armee, part deux:
Ein dänischer Staatsbürger, der sich 2022 freiwillig zur russischen Armee gemeldet hatte und in der Ukraine eingesetzt wurde, hat sich gerichtlich die Entlassung erstritten. Seinen Angaben nach sei ihm insbesondere versprochen worden, er könne wählen, wo er in der Ukraine eingesetzt werden wolle, und dies wurde ihm dann verweigert. Außerdem sei der Krieg viel heftiger gewesen, als man ihm geschildert habe. Während die erste Instanz noch gegen ihn urteilte, gab das Appellationsgericht seiner Klage mit der Begründung statt, er sei des Russischen nicht mächtig gewesen und habe deshalb nicht wissen können, was in seinem Vertrag stehe. Das Gericht ordnete seine Entlassung an. (
Quelle)
Dieses Urteil ist bemerkenswert. Nicht-russische Staatsbürger in russischen Diensten (v.a. Inder, Nepalesen und Sudaner), behaupten immer wieder, wenn sie in ukrainische Gefangenschaft geraten, dass sie geglaubt hätten, Arbeitsverträge für bloße Hilfsdienste (wie Bauarbeiten) zu unterschreiben. Sie hätten nicht gewusst, dass man sie an die Front schicken werde. Wenn andere dem Beispiel des Dänen folgen, könnte das die Truppenstärke der Russen weiter schwächen. Selbst wenn man sie nicht gehen lässt, dürfte ihre Kampfmoral leiden.
Zu Entwicklungen in Russland, die sich auf den Krieg auswirken können:
Auf Telegram und im russischen Fernsehen wird gerade auf regierungsnahen Kanälen massiv Stimmung gemacht gegen die im Volk beliebten Z-Blogger. "Der Hauptfeind ist gefunden!", verkündet etwa der nationalistische Kanal 'Unser Königreich' und behauptet: "Seit Tagen wird im Fernsehen über den gewaltigen Schaden berichtet, den "Milblogger" während der ukrainischen Invasion verursacht haben. Ein argloser Mensch könnte sogar denken, dass es die Blogger waren, die unsere Dörfer und Weiler angegriffen, besetzt und Zivilisten gemordet haben." Für den Autor ist klar: "Wenn die Blogger fallen, fällt Kiew. Wer das nicht versteht, ist ein Feind und ein Verräter." Behauptet wird auch, dass die Blogger "1,5 Mio. Uniformen aus den Lagern", Munition und sogar Drohnen gestohlen hätten, wovon kaum jemand etwas wisse. (
Quelle)
Fernsehen wie Regierung lenken ganz offensichtlich nur von ihrer eigenen Verantwortung ab. Denn zwar wurde der vernichtende HIMARS-Angriff bei Rylsk, wo gut 400 russische Soldaten auf einmal fielen, wirklich durch einen Verstoß gegen die Prämisse
Feind hört mit! ermöglicht; nur war es eben das Fernsehen, das die Truppenbewegungen in die Welt hinausposaunte, nicht die Blogger.
Der Z-Blogger 'Dostojewski-Club' (Politologe und Armeeangehöriger) spottet an die Adresse der Kritiker: "'So, lasst uns alle Blogger einsperren, und sofort werden wir gewinnen'. So verkünden es sinngemäß die föderalen Medien. [Igor Girkin alias] Strelkow aber sitzt im Gefängnis, er sagt und schreibt nichts. […] Na, siegen wir schon? Und wer kann den Kern dessen widerlegen, was Strelkow gesagt hat? Wann hat Strelkow von der Notwendigkeit gesprochen, in Belgorod und Kursk die Territorialverteidigung aufzubauen? Im Sommer 2022 etwa?!" (
Quelle)
Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte: Fallen die Milblogger, droht Russland die Niederlage in diesem Krieg.
Denn sie berichten nicht nur von der Front und dienen mit der Propaganda, die sie mehrheitlich betreiben, durchaus den Kriegsanstrengungen. Sie stellen auch die Kommunikation zwischen Einheiten und Verbänden sicher, verbreiten schneller als jeder offizielle Kanal Informationen über neue ukrainische Vorstöße, Waffen, Taktiken; sie versorgen die Freiwilligen mit einem insgesamt recht zutreffenden Bild davon, was sie an der Front erwartet, erklären ihnen, wie sie sich zu verhalten haben und welche Ausrüstung sie sich beschaffen sollten. Nicht zuletzt organisieren sie im quasi-industriellen Maßstab Material- und Lebensmittelspenden für die Frontverbände, darunter auch Drohnen und Schutzwesten. Sie kompensieren jedenfalls teilweise all die Schwächen, an denen die russische Armee leidet.
Zu Entwicklungen in Russland, die sich auf den Krieg auswirken können, part deux:
Verdrängt werden Bestenauslese und Kritikfähigkeit auch in der zivilen Verwaltung, wo Russland nun den Umbau des Staates von der Bundesrepublik zum zentralistisch-autoritären System weiter vorantreibt. Seit dem 08.08. haben die Gouverneure die Befugnis, gewählte Amtsträger aller Ebenen nach einmaliger Verwarnung abzusetzen, wenn diese nicht binnen eines Monats tun, was ihnen in der Verwarnung aufgetragen wurde. (
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Dazu muss man wissen, dass seit 2021 die russischen Gouverneure, die zwar weiterhin gewählt werden, vom Präsidenten jedoch ihrerseits verwarnt und widrigenfalls abgesetzt und ausgetauscht werden können. Das ist faktisch das Ende der Demokratie in Russland. Denn nicht nur können so unliebsame Volksvertreter aus jedem erdenklichen Grund entfernt werden. Es wird auch sichergestellt, dass sich andersdenkende Russen kaum mehr um öffentliche Ämter bewerben werden, es hat ja keinen Sinn. Wofür man vorher Schmutzkampagnen in den Medien, Schlägertypen und Fensterstürze brauchte, das kann jetzt hochoffiziell auf dem Dienstweg erfolgen: Wer sich nicht auf Linie bringen lässt, der fliegt.
Zur geopolitischen Lage:
Die Werchowna Rada hat das Römische Statut angenommen und die Ukraine der Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs unterworfen. Allerdings wurde ein Vorbehalt erklärt: Kiew wird keine Staatsangehörigen an den IStGH überstellen, wenn diese zwischen 2024 und 2031 eines Verbrechens gegen internationales Recht beschuldigt werden. (
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Sehr ambivalente Sache. Auf der PR-Ebene halte ich diesen prinzipiell richtigen Schritt in dieser Form für problematisch. Denn zwar sind solche Vorbehalte einerseits (leider) völlig normal; Deutschland bspw. hat in seiner Unterwerfungserklärung bestimmt, dass es keine Bundeswehrsoldaten für im Ausland begangene Taten ausliefern wird. Doch hat Russland sich dem IStGH überhaupt nicht unterworfen, und die Ukrainer sollten, wenn sie die Bestrafung russischer Entscheidungsträger durch internationale Gerichte fordern, sich selbst keine Vorzugsbehandlung einräumen. Ich wüsste auch nicht, warum das überhaupt nötig wäre. Die ukrainischen Streitkräfte achten das Völkerrecht ohnehin.