Krieg in der Ukraine

Wehrtechnik & Rüstung, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
muck
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Re: Krieg in der Ukraine

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Zum ukrainischen Vorstoß auf Kursk:

Gouverneur Smirnow hat auf Telegram bekanntgegeben, dass die Flüchtlinge aus der Oblast in die besetzte ukrainische Oblast Saporischschja umgesiedelt werden. (Quelle) Dieser ausgestreckte Mittelfinger an die Adresse der Ukrainer (anders kann man es nicht bezeichnen) verletzt Artikel 49 des Genfer Abkommens über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten, welcher die Umsiedlung der eigenen Zivilbevölkerung in besetzte Gebiete verbietet, und ist damit ein Kriegsverbrechen.

Zur Lage der russischen Armee:

Die Regierung Weißrusslands hat mit der Abgabe von Wehrmaterial der aktiven Truppe an die russische Armee begonnen. (Quelle) Dies weist klar auf eine jedenfalls bereichsweise Mangellage bei den Russen hin.

Zur Lage der Ukrainer:

Der amerikanische Senator Lindsey Graham hat Piloten in aller Welt mit einer Musterberechtigung für das Kampfflugzeug F-16, so sie "für die Freiheit kämpfen wollen", aufgefordert, sich in der Ukraine freiwillig zu melden. (Quelle) Mich wundert, dass man diesen Aufruf nicht früher gestartet hat. Es bestanden ja schon seit längerer Zeit Zweifel, ob sich überhaupt in so kurzer Zeit genügend ukrainische Piloten ausbilden lassen. Ich habe keine verlässlichen Informationen dazu gefunden, wie viele Piloten bereits ausgebildet wurden, glaube aber, dass es 5-10 sind.
theoderich hat geschrieben: Di 13. Aug 2024, 21:55 Seltsame Methoden: Die Russen hängen teils einfach Granaten mit Metallringen oder Klebeband an handelsübliche DJI-Drohnen.

https://vk.com/wall-133441491_971561
Das machen die Ukrainer freilich auch. Beide Seiten sind sehr erfinderisch, was den Drohnenkrieg angeht. Gestern sah ich in einem Video, wie eine Wasserstoffbrennstoffzelle aus einem Hybrid-Pkw als Abwurfsprengkörper gebraucht wird …
muck
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von muck »

Zum ukrainischen Vorstoß auf Kursk:

Die ukrainische Regierung behauptet nun, dass sich 74 Ansiedlungen unter ukrainischer Kontrolle befänden. (Quelle) Diese Angabe ist natürlich etwas irreführend. Es ist zu betonen, dass die Ukrainer nicht 74 politisch eigenständige Gemeinden kontrollieren, sondern 74 namentlich benannte Plätze. In dieser Gegend ist es z.B. so, dass viele Straßendörfer schon zu Sowjetzeiten zu politischen Gemeinden vereinigt wurden.

Zur geostrategischen Lage:

Die deutsche Bundesanwaltschaft hat Haftbefehl gegen einen ukrainischen Staatsbürger und Tauchlehrer in Polen erlassen, den sie verdächtigt, am Anschlag auf die Nord Stream 2-Pipeline beteiligt gewesen zu sein. Ihm und zwei ukrainischen Mittätern werden verfassungsfeindliche Sabotage und das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion vorgeworfen. Der Mann hat sich abgesetzt. (Quelle) Die 'Bild' behauptet, dass er zuvor gegenüber Medienvertretern seine Beteiligung bestritten habe. (Quelle)

Es wäre natürlich interessant zu wissen, ob es sich um Russo-Ukrainer handelte, denn die Staatsangehörigkeit der Verdächtigen lässt noch keine sicheren Rückschlüsse bezüglich ihrer möglichen Motive zu. Ich schätze aber, dass es sich um Nationalisten handelte. Dass die ukrainische Regierung hinter der Aktion steckte, halte ich für höchst unwahrscheinlich. Würde eine hypothetische Beteiligung offizieller Stellen ruchbar, wäre die Ukraine auf einen Schlag ihren zweitwichtigsten Unterstützer los und international desavouiert, und dies ohne Nutzen und Gewinn.
muck
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von muck »

Zum ukrainischen Vorstoß auf Kursk:

Die Ukrainer sind gestern weiter vorgerückt, der Raum zwischen der FLOT und der ukrainischen Grenze bemisst sich nun auf knapp 1.150 km². Das besetzte Gebiet wird unter Militärverwaltung gestellt, internationale Beobachter erhalten Zugang. Nach Angaben der ukrainischen Regierung steht es Zivilisten frei, das besetzte Gebiet in beide Richtungen zu verlassen. Wer bleibt, soll Zugang zu Lebensmitteln bekommen. (Quelle)

Der Leiter des Lagezentrums Ukraine im deutschen Bundesministerium der Verteidigung, Generalmajor Freuding, erläutert den operativen Plan und die Strategie der Kursk-Offensive. Freuding bewertet die Entscheidung zum Gegenschlag als aus militärischer Sicht positiv. (Quelle)

Zur Lage im Donbass:

Gestern sind die russischen Streitkräfte entlang der Hauptstraße von Nju-Jork etwa 1.200 m vorgerückt. Es entsteht ein kleinräumiger Kessel zwischen Nelipiwka (hier) und Piwinitschne (hier). Die Ukrainer werden ihn sicher aufgeben müssen. Das dürfte geordnet geschehen, sie sind durch Gewässer gedeckt, weist aber darauf hin, dass der russische Stoß auf Kostjantyniwka (hier) anhält.
theoderich
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von theoderich »

Kein neues Geld mehr für die Ukraine
Nach der aktuellen Haushaltsplanung der Ampelkoalition darf nur noch bereits bewilligte Militärhilfe an Kiew geliefert werden. Das hat Finanzminister Lindner nach F.A.S.-Informationen dem Verteidigungsministerium mitgeteilt.

Deutschland muss die Militärhilfe für die Ukraine einschränken. Nach der aktuellen Haushaltsplanung der Bundesregierung steht dafür ab sofort kein neues Geld zur Verfügung. Grund dafür sind Sparmaßnahmen von Kanzleramt und Finanzministerium. Bereits bewilligtes Material wird zwar meist noch geliefert, aber zusätzliche Anträge aus dem Verteidigungsministerium sollen auf Verlangen von Bundeskanzler Olaf Scholz nicht mehr bewilligt werden. Finanzminister Christian Lindner hat eine entsprechende Bitte am 5. August in einem Brief an Verteidigungsminister Boris Pistorius weitergegeben. Dies erfuhr die F.A.S. aus Dokumenten und E-Mails sowie nach Gesprächen in mehreren Häusern der Bundesregierung und im Parlament. Die Sperre ist schon wirksam. Für die Ukraine dürfte die Lage sich außerdem bald noch weiter verschärfen, weil die geplante militärische Unterstützung im nächsten Jahr nahezu halbiert werden und dann 2027 auf weniger als ein Zehntel der heutigen Summe zusammenschmelzen soll.

Aus Sicht des Finanzministeriums sehen die Dinge allerdings anders aus. Aus Lindners Brief vom 5. August, der der F.A.S. vorliegt, geht hervor, dass er durchaus keinen jähen Abbruch bei den Mitteln für die Ukraine erwartet. Allerdings soll das Geld künftig nicht mehr aus dem Bundeshaushalt kommen, sondern aus eingefrorenem russischen Zen­tralbankguthaben. Die Verbündeten der Ukraine nämlich haben nach Putins Großangriff etwa 300 Milliarden Dollar beschlagnahmt, und die G-7-Staaten haben auf ihrem Gipfel in Italien beschlossen, aus den Erträgen dieses Geldes einen 50-Milliarden-Dollar-Kredit für Kiew zu finanzieren. Lindner erwartet nun, dass die Ukraine mit diesem Geld „einen wesentlichen Teil ihres militärischen Bedarfs decken wird“.

Wann das russische Geld kommt, weiß keiner

Wenn das gelänge, wäre eine Zeit lang tatsächlich kein deutsches Geld mehr nötig. Der Beschluss der G-7-Staaten ist allerdings von der Verwirklichung weit entfernt und rechtlich umstritten. Internationale Verhandlungen sind im Gang, und in keinem der Häuser der Bundesregierung, mit denen die F.A.S. gesprochen hat, wusste jemand, wie viele Monate vergehen würden, bis das Geld am Ende fließt. Im Kanzleramt herrsche zwar großer Optimismus, in den Fachressorts aber ebenso große Skepsis.

Sebastian Schäfer, der Obmann der Grünen im Haushaltsausschuss des Bundestages, sagt, zur Nutzung russischer Vermögen liege „außer Ankündigungen des Finanzministers leider nichts Konkretes vor“, und Andreas Schwarz, der stellvertretende haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, stellt fest, man wisse nicht, wie schnell die Erträge aus russischem Vermögen kommen könnten „und ob das rechtlich überhaupt möglich ist“. Derzeit ist es also mehr als unsicher, ob russisches Geld künftig verwendet werden kann.

Aber es ist sicher, dass der Zahlungsstopp greift. Dessen Auswirkungen sind bereits jetzt zu spüren. Eine Quelle berichtet, weil die Sperre schon wirke, habe zum Beispiel unlängst ein verfügbares Flugabwehrsystem des Typs IRIS-T nicht finanziert werden können. Der Hersteller, Diehl Defence, habe unmittelbar nach dem verheerenden russischen Bombenangriff auf eine Kiewer Kinderklinik im Juli eine Einheit bieten können, weil ein anderer Kunde zugunsten der Ukraine auf die Lieferung verzichten wollte. Das Geld sei aber nicht bewilligt worden – gegen den Willen von Verteidigungsminister Boris Pistorius. Dessen Ministerium und die Firma Diehl wollten dazu nichts sagen.

Die Sperre hat nach Auskunft mehrerer Quellen zu einem „handfesten Streit“ in der Bundesregierung geführt. Das Kanzleramt will demnach Mittel zurückhalten, das Verteidigungsministerium, das Auswärtige Amt und das Wirtschaftsministerium sind damit nicht einverstanden. Über die Rolle des Finanzministeriums gibt es unterschiedliche Darstellungen. Manche sagen, es stehe aufseiten des Kanzlers, andere wenden ein, es weise nur pflichtgemäß darauf hin, dass es für neue Bestellungen kein Geld mehr gebe.

Der Stopp für jede neue Ukrainehilfe geht aus Lindners Brief vom 5. August hervor. Er ist an Pistorius und Außenministerin Annalena Baerbock adressiert. Darin heißt es, „neue Maßnahmen“ dürften nur eingegangen werden, wenn in den Haushaltsplänen für dieses und die kommenden Jahre „eine Finanzierung gesichert ist“. Weiter unten folgt der lapidare Satz: „Bitte stellen Sie sicher, dass die Obergrenzen eingehalten werden.“

„Der Topf ist leer“

Weil aber die Mittel für Ukrainehilfen (je nach Rechenweise 7,48 oder acht Milliarden Euro) für das laufende Jahr schon verplant sind und die geplante Höchstgrenze für 2025 (vier Milliarden) offenbar schon überbucht ist, heißt das: Nichts geht mehr. Für 2026 sind dann nur noch drei Milliarden vorgesehen, für 2027 und 2028 je eine halbe Milliarde. Ein Gesprächspartner in der Bundesregierung sagte deshalb, man habe den Punkt erreicht, wo Deutschland der Ukraine keine Zusagen mehr machen könne: „Ende der Veranstaltung. Der Topf ist leer.“

Damit würde eine Wahlkampfforderung von der AfD, der Wagenknecht-Partei und des sächsischen CDU-Vorsitzenden Michael Kretschmer erfüllt, die Unterstützung der Ukraine mit Waffen möglichst bald zu beenden. Im Haushaltsausschuss des Bundestages wird das bestätigt: Der Sozialdemokrat Schwarz sagt, im Augenblick würden für die Ukraine „keine neuen Bestellungen ausgelöst, weil diese nicht mehr finanziert sind“. Ingo Gädechens, Haushaltspolitiker der CDU, pflichtet bei: „Von heute auf morgen frieren Olaf Scholz und seine Ampel die finanzielle und damit militärische Unterstützung der Ukraine ein.“

Nur die Dinge, die schon liefen, könnten noch abgewickelt werden. Offenbar können deshalb schon in diesem Jahr notwendige zusätzliche Militärhilfen im Wert von knapp vier Milliarden Euro nicht geleistet werden, obwohl die Industrie liefern könnte. Das wird von mehreren Quellen in der Bundesregierung bestätigt. Für diese Summe wollte das Verteidigungsministerium eigentlich noch im laufenden Jahr Militärausrüstung für die Ukraine bestellen, aber Kanzleramt und Finanzministerium sind offenbar dagegen. Die Liste des Verteidigungsministeriums soll auch das Flugabwehrsystem enthalten, das Diehl angeboten hatte. Die größten weiteren Posten sind Artilleriemunition, Drohnen, Aufwendung für Instandhaltung und Ersatzteile für schon gelieferte deutsche Waffen, etwa Panzer und Haubitzen. Allerdings, heißt es, habe man einen kleinen Teil davon mittlerweile aus „Restmitteln“ finanzieren können.

Für die Jahre bis 2028 sind nach Auskunft eines Experten kaum neue Bestellungen möglich. Im Augenblick erhält die Ukraine zwar noch Lieferungen, aber nur wegen alter Verträge. Die schon vorliegenden Bestellungen müssten nach den Informationen der F.A.S. allerdings um etwa eine Milliarde verkleinert werden.

Was das heißt, beschreibt ein Fachmann in der Bundesregierung so: Man müsse sich nur vorstellen, dass Deutschland langfristig Munition, Flugabwehr oder andere militärische Güter für Kiew finanzieren wolle – zum Beispiel für 800 Millionen Euro, die im Jahr 2027 fällig wären. Das wäre nicht mehr möglich, weil für 2027 die Grenze bei 500 Millionen liege. Langfristige Verträge könnten deshalb überhaupt nicht mehr geschlossen werden. Die Unterstützung für die Ukraine drohe „unter die Räder zu kommen“.

Beobachtungen der F.A.S. im Kampfgebiet illustrieren, wie sich der ständige Mangel bei der Unterstützung aus Deutschland auswirkt. Manche der deutschen Geschütze an der Front haben so wenig Ersatzteile und Munition, dass sie nur drei bis vier Schuss am Tag abfeuern können. Die schnelle Schussfolge der Panzerhaubitze 2000, einer ihrer großen Vorteile, kann so nicht genutzt werden. Weil Spezialmunition fehlt, kann sie auch ihre große Reichweite nicht entfalten. Da außerdem zu wenig Ersatzteile da sind, werden immer wieder einzelne Exemplare der Haubitze oder des Kampfpanzers Leopard 1A5 ausgeschlachtet, um andere in Gang zu halten. Wenn dann ein Stück Großgerät auch auf diesem Weg nicht repariert werden kann, muss es zurück in den Westen. Das wiederum dauert. Ukrainische Soldaten berichten, dass Panzerhaubitzen, die Ende 2023 zur Reparatur geschickt wurden, bis heute nicht wieder da seien. Das wiederum führt dazu, dass trotz des Personalmangels der Ukrainer ganze Geschützbesatzungen immer wieder lange Pausen machen müssen.

Das Kanzleramt greift ein

Zum Streit in der Bundesregierung berichten mehrere Gesprächspartner, Pistorius habe für die von ihm erbetenen knapp vier Milliarden an zusätzlicher Ukrainehilfe für dieses Jahr eine detaillierte Wunschliste aufstellen lassen. Nach einer Intervention des Kanzleramtes habe er diese Liste aber gar nicht erst vorgelegt.

Das Verteidigungsministerium wollte das nicht kommentieren, und aus dem Finanzministerium hieß es, alle Entscheidungen zur Unterstützung der Ukraine würden „in engster Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt getroffen“.

Ein Sprecher des Kanzlers sagte, das Kanzleramt sei da „nicht stärker“ involviert gewesen. Für die Rolle seines Hauses gab er technische Erklärungen. Es sei darum gegangen, dass das Verteidigungsministerium „noch nicht alle Voraussetzungen“ gemeldet habe. Auf einer Datenbank sei noch nicht alles verbucht gewesen.

In Koalition und Opposition regt sich jetzt Kritik an diesem Stopp bei der Ukrainefinanzierung. Gädechens von der CDU-Fraktion sagt, Scholz und die Ampel führten „bei der Ukraine ein beispielloses Schauspiel der Scheinheiligkeit auf“. Einerseits verspreche der Kanzler immer wieder, „die Ukraine militärisch so zu unterstützen, wie es nötig ist“. Andererseits wolle er jetzt „der Friedenskanzler“ sein. Beides führe zu der jetzigen Situation.

Auch in der Ampel gibt es Kritik. Schäfer von den Grünen meint, die Halbierung der geplanten Ukrainehilfe von acht Milliarden für dieses Jahr auf vier Milliarden für nächstes Jahr werfe „viele Fragen auf“, und Schwarz von der SPD fürchtet schlimme außenpolitische Folgen. Der monatelange Ausfall der amerikanischen Gelder im letzten Winter und Frühjahr habe der Ukraine schon schwer geschadet. „Wenn jetzt Deutschland als zweitgrößter Geber Pause macht, ist das für die Ukraine schwierig.“ Putin könne aus dem deutschen Staatshaushalt „viel herauslesen“. Und wenn er sehe, dass für die Ukraine immer weniger Geld da sei, „dann wird seine Deutung sein: Deutschland zieht sich aus der Hilfe zurück.“ Seine Propagandisten würden dann sagen: „Der Westen kann nicht mehr, und irgendwann ist es zu Ende mit der Ukraine.“ Das erschwere „eine diplomatische Lösung des Konfliktes“. Wenn aber die Ukraine den Krieg verliere, könnten sich nach ukrainischen Schätzungen bis zu 15 Millionen Flüchtlinge auf den Weg machen. „Wie viele werden nach Deutschland kommen?“, fragt Schwarz. „Am Ende wird das passieren, was Putin seit Jahren anstrebt: Deutschland und Europa werden destabilisiert.“ Aus alledem folgert Schwarz, dass der Berliner Zahlungsstopp eine „Lücke“ für die Ukraine reißen könnte. Was in Berlin passiere, schwäche „die Durchhaltefähigkeit der ukrainischen Armee“.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ukr ... 24590.html


Norwegen bildet ukrainische Soldaten am "Leopard" 2A4 aus:

https://www.facebook.com/Norwegianarmy/ ... RBMzeHWo2l
muck
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von muck »

Scholz besitzt keine Strategiefähigkeit. Er behauptet, dass der Ukraine ja künftig Gelder aus eingefrorenem russischen Auslandsvermögen zur Verfügung stünden, doch hier entsteht ein echter Schaden, wie die Causa IRIS-T SLM beweist (Quelle). Und das politische Signal ist ebenfalls hochgradig schädlich, dass er aussendet. Deutschland signalisiert, dass es keine €50 Mio. zum Schutz von Zivilisten und zur Durchsetzung seiner vorgeblichen Ziele mehr aufbringen könne. Was natürlich blanker Unsinn ist. Da verzichten die Abgeordneten auf ihre Diätenerhöhungen und Deutschland bezahlt keine Kurse mehr, die ruandischen Beamten gendergerechte Sprache beibringen – zack, da sind €50 Mio.

– Trennung –

Zum ukrainischen Vorstoß auf Kursk:

Der ukrainische Kriegsberichterstatter Andrej Zaplienko meldet die Einnahme der Stadt Korenewo. (Quelle) Sollte sich dies als wahr erweisen, wäre der ukrainische Brückenkopf in Russland gesichert.

Die ukrainische Regierung behauptet, dass bereits 2.000 Russen in Kriegsgefangenschaft geraten seien. (Quelle) Das verfügbare Bildmaterial aus der Region (v.a. die russischen Wehrpflichtigen ergeben sich zugweise) lässt dies als durchaus möglich erscheinen. Vor einigen Tagen verlinkte ich die Behauptung eines Z-Bloggers, dass russische Kommandeure die Order ausgegeben hätten, keine Gefangenen zu machen. Das werden die sich hoffentlich inzwischen anders überlegt haben, angesichts dieser Zahlen.
theoderich
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von theoderich »

Deutschland setzt auf neue Geldquelle für Kiew
Ausnahmen bleiben möglich

Von einem Ende der Ukraine-Hilfen kann aus Sicht der Bundesregierung trotzdem keine Rede sein. Denn Waffen und Munition, die schon genehmigt sind, werden geliefert.

Das Finanzministerium betont, dass es auch in diesem Jahr noch Ausnahmen geben könnte. "Dazu müssen aber die zusätzlichen Bedarfe konkret gemeldet und nachvollziehbar sein, um allen haushaltsrechtlichen Regeln zu entsprechen und den Deutschen Bundestag auf dieser Basis um eine Genehmigung bitten zu können", schreibt das Ministerium auf Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios. Und weiter: "Dem Bundesministerium der Finanzen liegt hierfür aber bisher keine konkrete Bedarfsmeldung vor. Deshalb kann weder geprüft noch entschieden werden."
Auch wenn die Devise gilt, dass man künftig weniger Geld aus dem Bundeshaushalt für die Ukraine-Hilfen zur Verfügung stellen will, wies SPD-Haushaltspolitiker Dennis Rhode darauf hin: "Wir sind weiterhin der größte Unterstützer in Europa für die Ukraine. Wir sind auch bei der Militärhilfe der größte Unterstützer. Und das wollen und werden wir auch bleiben."

Vier Milliarden Euro hat die Bundesregierung bisher im Etat für 2025 vorgesehen. Ein Großteil der Mittel für die Ukraine-Hilfe soll künftig auf anderem Wege finanziert werden - und zwar mit Hilfe des eingefrorenen Vermögens der russischen Zentralbank.

Kredit über 50 Milliarden Dollar für Kiew

Kanzler Olaf Scholz hatte sich gemeinsam mit anderen Staats- und Regierungschefs darauf verständigt, einen Teil der Zinsen, die mit dem Vermögen erwirtschaftet werden, zugunsten der Ukraine zu nutzen. Kiew soll ein 50-Milliarden-Dollar-Kredit zur Verfügung gestellt werden: "Damit die Ukraine das beschaffen kann, was sie für ihre Verteidigung braucht, aber auch Fragen der humanitären Entwicklung voranbringen kann. Infrastruktur wieder entwickeln kann, die ja auch zerstört worden ist. Alles das ist dringend notwendig."

Der Kanzler ist zuversichtlich, dass der Kredit zustande kommt, trotz rechtlicher Bedenken und vieler offener Fragen mit Blick auf die Umsetzung. Im besten Fall, heißt es hinter den Kulissen, stehe der Kredit zum Ende des Jahres.
https://www.tagesschau.de/inland/innenp ... d-102.html


Das US Army War College hat vor ein paar Wochen eine sehr pessimistische Einschätzung der weiteren Unterstützung der Ukraine durch die EU-Mitgliedsstaaten veröffentlicht. Insbesondere weil die dazu nötige Rüstungsindustrie und die qualifizierten Arbeitskräfte in Europa nicht mehr vorhanden sind (Es fällt auch auf, dass das Gerede von "Kriegswirtschaft" durch die EU-Kommission seit dem Jahreswechsel verstummt ist.):

2024 Annual Estimate of the Strategic Security Environment
The Russia-Ukraine War

Regarding the Russia-Ukraine War, both encouraging and troubling indicators prevent knowing in what direction events will unfold. On the one hand, at the broadest level, Russia remains a pariah, at least among Western-oriented countries in Europe and beyond. At a more operational level, most analysts assess Russian Landpower has suffered a devastating blow over the last two years—most notably in terms of casualties among experienced, well-trained troops and junior leaders and in terms of equipment stocks. Meanwhile, in the economic and information domains, Europe has maintained and strengthened sanctions against Russia and pushed back against Moscow’s efforts to meddle in domestic European affairs through hybrid operations and election interference. Finally, Ukraine has managed to endure the long delay in US military assistance with little territorial loss while also approving a politically difficult mobilization of military manpower.

But several reasons for pessimism exist. Vladimir Putin’s reelection in early 2024, the assassination and suppression of opposition figures at home and abroad, and the enduring crackdown on political and civil rights in Russia indicate an increasingly personalist, highly centralized dictatorship is forming in Moscow. Academic research indicates such regimes are more insular, risk tolerant, and aggressive than others.

Economic Challenges

Despite Western efforts to isolate Russia economically, Moscow is skillfully leveraging serious gaps to benefit its military and maintain social stability. The Russian military is also showing some troubling signs of stronger resilience and faster-than-expected reconstitution, maintaining significant quantitative advantages over Ukraine. Russia remains aggressive in its efforts to employ sabotage, espionage, and disinformation to curtail Western support for Ukraine.

Europe’s wherewithal to maintain and build upon its strong support for Ukraine in humanitarian, financial, and military terms and Europe’s ability to compete more broadly with Russia as well as China remain unclear, given continued sluggish economic growth; persistent shortcomings in European defense-industrial capacity, policies, and regulations; and the uncertain implications of significant political change. In terms of economic strength, stagnation characterized the larger European economies through the end of 2023, and growth across the euro zone in 2024 is expected to be an anemic 0.5 percent. The only significant silver lining is inflation is likely to drop closer to 2 percent. Without an expanding economic pie, the funds devoted to defense and deterrence are unlikely to grow significantly. More NATO Allies than ever meet the 2 percent defense-investment pledge. At the same time, the 2 percent spending level’s inability to fulfill the Alliance’s plans while simultaneously assisting Ukraine is evident.

Even if the funding were available, Europe would remain hampered by defense-industrial policy choices made decades ago, resulting in a limited productive capacity, dependence on foreign sales, and a shrunken skilled labor force. The fact most Allies cannot direct defense-industry priorities during peacetime, and many cannot engage in long-term contracts that would incentivize industry to add productive capacity, compounds the funding problem.

European elections have also created another degree of uncertainty. June EU parliamentary elections saw the far right—typically friendly toward Moscow—make big gains. Although the EU parliament has little authority over defense and security matters, the political winds that aided the far right will influence governments and decisionmakers across the continent. One immediate impact was French President Emmanuel Macron’s call for snap elections in France. Although the far right did not come to power, they fared better than ever and have set the stage for a heated presidential contest in 2027. Until then, the upheaval in French politics will complicate Macron’s remaining years in office. Meanwhile, across the Channel, the Labour Party secured a resounding victory in the United Kingdom, ending 14 years of Tory rule. Although historical trends indicate this situation could mean a slightly higher British defense budget, the new government is expected to focus more heavily on domestic issues in an effort to strengthen a listless UK economy and raise living standards.
https://ssi.armywarcollege.edu/SSI-Medi ... vironment/


Die Reden des französischen Präsidenten Macron von einer "Économie de guerre" sind auch ohne Folgen geblieben. Die Budgetsteigerung des "Loi de programmation militaire" ist eine Inflationsanpassung, die aber keine Produktionssteigerung bei Lenkwaffen oder Artilleriemunition erlaubt. De facto gibt es dasselbe Problem wie in Deutschland - die Industrie erhöht die Produktionskapazitäten nicht, wenn es keine budgetäre Grundlage für langfristige Aufträge der eigenen Streitkräfte gibt:

Economie de guerre : deux ans après les promesses de Macron, la France toujours loin du compte (23. Juni 2024)
Juin 2022. Devant un parterre d’industriels de la défense réunis au nord de Paris, Emmanuel Macron décrète "l’entrée dans une économie de guerre" de la France, quatre mois après le début de l’invasion russe en Ukraine. En deux ans, l’idée a largement infusé. D’aucuns en font le nouvel état de fait des relations internationales. A Bruxelles, l’ancien patron d’Atos devenu commissaire au marché intérieur s’est autoproclamé commissaire à la défense. Drapé de ses nouveaux atours, Thierry Breton relaie auprès de qui veut l’entendre l’injonction du chef de l’exécutif tricolore.
Deux ans après la mobilisation sonnée par Emmanuel Macron, la France a-t-elle basculé en économie de guerre ? De consensus d’experts, la réponse est non. En dépit de l’intense communication orchestrée par l’exécutif, l’Hexagone reste loin d’un tel objectif.

"Entrer en économie de guerre supposerait des changements fondamentaux, avec le passage à une mobilisation d’une partie importante de l’économie au service des armées. L’industrie civile serait quant à elle intégrée dans une planification plus ou moins autoritaire pour l’effort de guerre", résume Renaud Bellais.

Selon le codirecteur de l’Observatoire de la défense de la fondation Jean Jaurès, "l’Etat s’est donné les moyens de réaliser des réquisitions dans le cadre de la loi de programmation militaire, mais il s’agit plus d’une transformation du cadre légal que d’une réalité opérationnelle". Et de convenir que l’usage de l’expression d’économie de guerre constitue "une forme d’abus de langage".

Un coup d’œil dans le rétroviseur de l’Histoire permet de mesurer les efforts auxquels la France devrait consentir si elle devait basculer en économie de guerre. Sur le plan financier, les ressources engagées au siècle dernier ont été colossales. Entre 1914 et 1918, le budget consacré à la défense a représenté 55 % du produit intérieur brut français (PIB), selon les calculs de Josselin Droff et Julien Malizard, membres du Groupe de recherche en économie théorique et appliquée, une unité du CNRS et de l’université de Bordeaux. Quand a éclaté la Seconde Guerre mondiale, cette part a bondi à 70 % du PIB.

A l’heure actuelle, seule l’Ukraine atteint, en toute logique, de tels niveaux de dépenses sur le Vieux Continent. L’an dernier, le pays a consacré pas loin de 40 % de son PIB à sa défense. S’ils restent plus élevés qu’au cours des décennies précédentes, les efforts de la France lui permettront simplement de remonter à 2 % de son PIB, conformément aux engagements pris dans le cadre de la Loi de programmation militaire. Loin des 3 % qu’elle dépensait au cours de la décennie des années 1980, en fin de guerre froide.

Mais l’économie de guerre telle qu’imaginée par Emmanuel Macron ne se lit pas à l’aune du passé, à en croire ses promoteurs. "C’est, avant tout, remettre les enjeux de production au cœur de la vie des entreprises de défense. C’est augmenter les cadences, réduire les délais de production, retrouver de la souveraineté", défend-on à l’Hôtel de Brienne. Reste que Sébastien Lecornu a dû reconnaître en mars qu’il "existait une économie de guerre à deux vitesses". La situation tiendrait aux difficultés rencontrées par les entreprises de défense – surtout les sociétés de petite et moyenne taille – en matière de financement, d’approvisionnement ou de recrutement…

Mais pas seulement. "La hausse du budget de la LPM tient à l’inflation ainsi qu’à l’augmentation structurelle des coûts des matériels dont le niveau d’équipement augmente, comme en matière d’électronique embarquée. En dehors du cas spécifique des missiles et de l’artillerie, la LPM prévoit en réalité assez peu de nouvelles commandes, voire pas du tout", constate Julien Malizard à la Chaire économie de défense de l’Institut des hautes études de défense nationale.

Pour le chercheur, la loi permet "d’améliorer le futur sans changer de braquet quantitativement sur la taille des forces armées françaises". Pas évident, pour des industriels dépendants de la commande étatique, de faire bondir leurs capacités dans un tel contexte, en conclut Léo Péria-Peigné, à l’Institut français des relations internationales. "Des achats de matériel militaire ont même été retardés. 300 blindés Jaguar étaient attendus en 2030 : il n’y en aura que 250 à cette date. Le reste arrivera en 2035. On déplore la frilosité de l’industrie, mais elle ne dispose pas de la garantie que ses investissements lui seront utiles. Si les commandes de l’Etat ou l’export ne suivent pas, ils en seront pour leurs frais", considère ce spécialiste de questions d’industrie de défense.

Il y a un an, les lignes de production du fabricant de blindés Arquus – qui assemblent les fameux Jaguar, mais aussi les modèles de Griffon – tournaient ainsi au minimum de leurs capacités, en dépit du souhait affiché de son dirigeant de participer à l’effort collectif. Aujourd’hui, le champion tricolore est sur le point d’entrer dans le giron du conglomérat belge John Cockerill. Une opération de consolidation dans une industrie de défense européenne qui reste extrêmement fragmentée. Or, "les efforts vers la massification de la production ne peuvent être pensés qu’à une échelle interalliée, avec l’Otan ou à l’échelle de l’UE sans les Etats-Unis.

La question qui me semble fondamentale réside dans la capacité à mettre en place une forme de coalition capable de faire de la masse quand le besoin s’en fera sentir", met en avant Julien Malizard. Reste à voir la façon dont le sujet sera appréhendé par les nouvelles forces en présence à l’échelle française et européenne, au moment où la contrainte budgétaire se fait plus pressante. Le concept d’économie de guerre cher à Emmanuel Macron risque bien d’en sortir chahuté."
https://www.lexpress.fr/economie/econom ... RL2SF3KEE/


Und die EU hat eine wertlose "Strategie" produziert, die für eine Pressekonferenz gereicht hat - aber für mehr nicht:
theoderich hat geschrieben: Di 5. Mär 2024, 19:34Brüssel hat kaum Geld, aber viele Worte für Europas Aufrüstung
muck
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von muck »

theoderich hat geschrieben: So 18. Aug 2024, 07:28 Das US Army War College hat vor ein paar Wochen eine sehr pessimistische Einschätzung der weiteren Unterstützung der Ukraine durch die EU-Mitgliedsstaaten veröffentlicht. […] Even if the funding were available, Europe would remain hampered by defense-industrial policy choices made decades ago, resulting in a limited productive capacity, dependence on foreign sales, and a shrunken skilled labor force.
Die Einschätzung überrascht mich. So zeigt der gewaltige Aufwuchs in der Munitionsproduktion von Rheinmetall, was möglich wäre. (Ist die Firma nicht sogar drauf und dran, den gesamten US-Output im Bereich 155 mm zu überholen, oder habe ich das falsch in Erinnerung?) Es ist meines Erachtens vor allem eine Frage der Koordinierung auf multinationaler Ebene (die fraktionierte Natur der europäischen Rüstungsindustrie und nationale Eitelkeiten wirken sich kontraproduktiv aus). Außerdem muss die in vielen Staaten überbordende Bürokratie angegangen werden.

Meiner Auffassung nach ist das Problem weder einen finanzielles noch strukturelles, sondern ein politisches.
theoderich
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von theoderich »

Ziemlich viel chinesische Technik auf der «АРМИЯ-2024»:

https://vk.com/wall-133441491_971616

muck hat geschrieben: So 18. Aug 2024, 09:19Ist die Firma nicht sogar drauf und dran, den gesamten US-Output im Bereich 155 mm zu überholen, oder habe ich das falsch in Erinnerung?
US Army and industry partners mobilize to boost US artillery production (8. Februar 2024)
This initiative, undertaken by the Joint Program Executive Office Armaments and Ammunitions (JPEO A&A), aims to produce 100,000 155mm artillery projectiles per month by 2025.
https://www.army.mil/article/273152/us_ ... production


Hauptversammlung 2024

https://ir.rheinmetall.com/de/investor- ... rsammlung/
  • Um den gestiegenen deutschen Bedarf an Artilleriemunition zu decken und um auf diesem Feld nationale Versorgungssicherheit herzustellen, investieren wir nun in ein neues Werk für Artilleriemunition, Sprengstoff und Raketenartillerie in Unterlüß. Der Spatenstich für dieses neue „Werk Niedersachsen“ fand im Februar dieses Jahres im Beisein des Bundeskanzlers und der Regierungschefin von Dänemark statt. Künftig sollen jährlich 200.000 Schuss Artilleriemunition und 1.900 Tonnen RDX-Sprengstoff hergestellt werden wie auch bis zu 3.000 Raketenmotoren und Gefechtsköpfe für geplante deutsche und europäische Raketenartillerie-Projekte.
    Rheinmetall investiert derzeit weltweit in den Ausbau seiner Produktionskapazitäten. Bereits 2025 werden wir eine jährliche Kapazität von bis zu 700.000 Schuss im Kaliber 155mm-Artilleriegranaten erreichen. Hinzu kommen noch die geplanten neuen Produktionsstandorte in Deutschland, in der Ukraine und wie jüngst vereinbart in Litauen. Nach derzeitigem Planungsstand werden wir bis 2027 in der Lage sein, bis zu 1,1 Millionen Schuss 155mm-Artilleriemunition pro Jahr zu liefern. In der Ukraine hat Rheinmetall im Februar 2024 ein entsprechendes MoU zur Gründung eines Joint Ventures unterzeichnet.
    https://ir.rheinmetall.com/media/docume ... ichung.pdf
Zuletzt geändert von theoderich am Di 20. Aug 2024, 06:44, insgesamt 1-mal geändert.
muck
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von muck »

Zum ukrainischen Vorstoß auf Kursk:

Der ukrainische Geländegewinn beträgt auf Perpetuas Lagekarte nun 1.239 km².

Die ukrainische Regierung hat sich erstmals zu ihren operativen und strategischen Zielen geäußert. Präsident Selenskyj bezeichnete die Operation auf Telegram als präventive Maßnahme gegen weitere russische Aggressionen. Man wolle dem "Aggressor Kopfzerbrechen bereiten". Explizit zielt die Operation auf die weltweite Meinung, v.a. im Westen: "Das ganze naive, illusorische Konzept der sogenannten roten Linien gegenüber Russland, das die Einschätzungen des Krieges bei einigen Partnern dominierte, ist dieser Tage irgendwo vor Sudscha zusammengebrochen. Die Welt sieht, dass in diesem Krieg alles nur vom Mut abhängt – unserem Mut, dem Mut unserer Partner. Von mutigen Entscheidungen für die Ukraine, von mutiger Unterstützung der Ukraine und mutigen Schritten – und nicht nur unseren Schritten. Es ist wichtig, dass die Partner in dieser Entschlossenheit mit uns übereinstimmen, dann wird es in Russland keinen anderen Schritt mehr geben als einen gerechten Frieden." (Quelle)

In der Sache muss ich dieser Einschätzung zustimmen. Die "roten Linien" Russlands, bei denen nicht selten westliche Regierungen als Stichwortgeber fungierten, indem sie orakelten, was passieren könne, wenn man dieses und jenes tue, haben sich als Bluff erwiesen. Die Kehrseite der Medaille: Selenskyj hat mit seiner Wortwahl selbst die Deutung eines möglichen Scheiterns vorgegeben. Scheitert die Ukraine im Raum Kursk, dürfte das empfindliche Auswirkungen auf die Unterstützung durch andere Staaten haben.

Das 'Redaktionsnetzwerk Deutschland' hat die Situation vor ihrem politischen Hintergrund analysiert und schließt: Putin hat keine guten Optionen, da die Lage kurzfristig nicht in den Griff zu bekommen sei, ohne unerfahrene Wehrpflichtige einzusetzen oder die ukrainische Front zu schwächen. Er sei in seiner Eigenschaft als Oberbefehlshaber als Militärstratege blamiert, aber auch als Geheimdienstler, da der Angriff nicht vorhergesehen wurde; sein Bild als gütiger Kümmerer leide in den westlichen Regionen Russlands; außerdem schreite die Verzwergung gegenüber China voran. Erstmals schreibe die Ukraine das Drehbuch, nicht Russland. Der russische Sozialvertrag (Sicherheit und Wohlstand gegen Gehorsam) leide. Dass Putin dies durchaus als Bedrohung wahrnehme, zeigt sich nach Meinung des Autors darin, dass er sich von dem Geschehen distanziert, es kaum kommentiert, und Gouverneur Smirnow als Schuldiger hingestellt wird. Der Artikel ist überaus lesenswert, wobei natürlich betont werden muss, dass es sich beim RND um ein regierungsnahes Unternehmen handelt. (Link)
muck hat geschrieben: Fr 16. Aug 2024, 05:42 Zur Lage im Donbass:

Gestern sind die russischen Streitkräfte entlang der Hauptstraße von Nju-Jork etwa 1.200 m vorgerückt. Es entsteht ein kleinräumiger Kessel zwischen Nelipiwka (hier) und Piwinitschne (hier). Die Ukrainer werden ihn sicher aufgeben müssen. Das dürfte geordnet geschehen, sie sind durch Gewässer gedeckt, weist aber darauf hin, dass der russische Stoß auf Kostjantyniwka (hier) anhält.
Der Kessel wurde inzwischen geräumt. Der russische Geländegewinn beträgt hier einige km². Der russische Vorstoß auf Nju-Jork hält weiter an.
muck
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Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von muck »

Zum ukrainischen Vorstoß auf Kursk:

Der ukrainische Oberkommandierende Syrskyj hat erstmals die Öffentlichkeit umfassend gebrieft. Die Karte ist von einem Slide abfotografiert und zeigt die Lage vor zwei Tagen aus ukrainischer Sicht. Die Qualität ist nicht besonders gut, deswegen habe ich Sudscha und Korenewo als Anhaltspunkte eingezeichnet. Die blauen Rechtecke zeigen natürlich ukrainische Einheiten, die roten Rauten russische.

Bild

Man muss hinzufügen: Diese Karte enthält mit Sicherheit veraltete oder bewusst irreführende Informationen. Die Ukrainer wären schwerlich so blöde, die Standorte ihrer Einheiten und Verbände derart offenzulegen.

Laut der 'Neuen Zürcher Zeitung' umfasst der ukrainische Vorstoß etwa 10.000 Soldaten, davon 6.000 in Russland in Kämpfe verwickelt. Die Russen hätten in dem Gebiet nur 5.000 Soldaten. Noch seien keine Kräfte von der Front aus der Ukraine abgezogen worden, doch seien Truppen durch die Offensive gebunden, die in die Ukraine hätten verlegt werden sollen. (Quelle)

Dem widerspricht nun aber der Milblogger 'Romanow Light'. Er meldet einen ukrainischen Vorstoß auf das besetzte Saporischschja, dem zugute komme, dass von dort Truppen zur Verteidigung von Kursk abgezogen worden seien. Die Ukrainer nützten jetzt einfach ihre Gelegenheit. Er schließt mit den Worten: "Gerassimow, pennst du etwa?" (Quelle)

Zum russischen Vorstoß im Donbass:

Anders sieht es nordwestlich von Donetsk aus. Das russische Verteidigungsministerium behauptet, dass Nju Jork erobert worden sei. (Quelle) Von ukrainischer Seite liegt kein Kommentar vor. Perpetuas Lagekarte vermerkt das Stadtgebiet als russisch kontrolliert bzw. umkämpft.

Zur militärischen Gesamtlage der Ukraine:

In seiner Präsentation äußerte sich Syrskyj auch zur Bedrohung der Ukraine durch russische Luftangriffe und zeigte eine entsprechende Statistik, die Abfangerfolge seit Jahresbeginn und die verursachten Schäden auflistet. Ich habe sie nachstehend übersetzt bzw. zusammengefasst.

Bild

Die obere der beiden Tabellen schlüsselt die Angriffe nach Datum auf. Interessanter ist die untere. Sie nennt in der ersten Spalte die russische, nordkoreanische oder iranische Bezeichnung des Waffensystems, dahinter folgt die Zahl der insgesamt auf die Ukraine abgefeuerten Waffen dieses Typs, dann die der Abfangerfolge. In der letzten Spalte steht aufgeschlüsselt, wie viele militärische und zivile Objekte jeweils von der Waffenwirkung betroffen waren. Rosa hervorgehobene Waffen bezeichnete Syrskyj im Vortrag als besonders gefährlich bzw. schwierig abzufangen.

Zur Verdeutlichung habe ich die Abfangquote auf ganze Zahlen abgerundet ergänzt, da sie interessanterweise nicht immer mit der Einstufung als besonders schwierig abzufangen übereinstimmt. Das weist meines Erachtens deutlich darauf hin, dass hier der Abfangerfolg ausblieb, weil keine Flugabwehrsysteme oder -munition zur Verfügung standen.

Marschflugkörper, subsonisch
  • Ch-101/555—1.846 geortet, 1.441 abgefangen; 276 zivile Ziele, 129 militärische Ziele (Abfangquote 78%)
  • 3M14 Kaliber—804 geortet, 443 abgefangen; 137 zivile Ziele, 314 militärische Ziele (Abfangquote 55%)
  • 9M727/8/9 Iskander-K—202 geortet, 76 abgefangen; 97 zivile Ziele, 29 militärische Ziele (Abfangquote 37%)
Marschflugkörper, supersonisch
  • 3M55 Onyx²—211 geortet, 12 abgefangen; 161 zivile Ziele, 38 militärische Ziele (Abfangquote 5%)
  • Ch-22/32² ¹—362 geortet, 2 abgefangen; 271 zivile Ziele, 89 militärische Ziele (Abfangquote <1%)
Marschflugkörper, hypersonisch
  • 3M22 Zirkon² ¹—6 geortet, 2 abgefangen; 4 zivile Ziele, 0 militärische Ziele (Abfangquote 33%)
  • Ch-47M2 Kinschal—111 geortet, 28 abgefangen; 68 zivile Ziele, 15 militärische Ziele (Abfangquote 25%)
Ballistische Raketen
  • 9M723 Iskander-M¹ und Hwasong-11Ga*—1.300 geortet, 56 abgefangen; 980 zivile Ziele, 262 militärische Ziele (Abfangquote 4%)
  • 9K79 Totschka-U¹—68 geortet, 6 abgefangen; 40 zivile Ziele, 22 militärische Ziele (Abfangquote 8%)
  • S-300P/S-400³ ¹—3.008 geortet, 19 abgefangen; 2.176 zivile Ziele, 813 militärische Ziele (Abfangquote <1%)
Luft-Boden-Raketen kurzer und mittlerer Reichweite
  • Ch-35²—15 geortet, 1 abgefangen; 5 zivile Ziele, 9 militärische Ziele (Abfangquote 6%)
  • Ch-25/29/31/48/59/59¹—1.547 geortet, 343 abgefangen; 944 zivile Ziele, 259 militärische Ziele (Abfangquote 22%)
  • nicht identifiziert—57 geortet, 0 abgefangen; 38 zivile Ziele, 19 militärische Ziele (Abfangquote 0%)
Kamikaze-Drohnen
  • Shahed 131/6—13.315 geortet, 8.836 abgefangen; 1.004 zivile Ziele, 3.469 militärische Ziele (Abfangquote 66%)
  • andere—682 geortet, 436 abgefangen; 18 zivile Ziele, 228 militärische (Abfangquote 63%)
¹) als Schwierig abzufangen eingestuft
²) Seezielflugkörper, gegen See- und Landziele abgefeuert
³) Flugabwehrrakete, gegen Landziele abgefeuert

Die Zahlen verdeutlichen, dass die Ukraine weiterhin Flugabwehrwaffen und -munition dringend benötigt. Außerdem zeigt sich eine massive Diskrepanz zwischen der Zahl der angegriffenen militärischen und der zivilen Ziele. Für ein absichtliches Terrorbombardement spricht auch, dass Waffen mit hoher Marschgeschwindigkeit und geringer Vorwarnzeit überwiegend auf zivile Ziele abgefeuert werden.

Nicht zuletzt zeigt sich, dass Drohnen nach wie vor nicht die größte Sorge sind. Zu bedenken ist hier vor allem, dass ein System wie Shahed 136 einen Gefechtskopf von 40 bis 60 kg trägt und leicht abzufangen ist, während bspw. der Kaliber-Flugkörper einen Gefechtskopf von 500 kg hat.

Zu Entwicklungen in Russland, die sich auf den Krieg auswirken können:

Die 'NZZ' analysiert in einem Artikel die russische Wirtschaftslage. Die Zeitung urteilt: "Der neue Glaube an die fortgesetzte Resilienz der russischen Wirtschaft ist so verfehlt wie die ursprüngliche Erwartung eines kurzfristigen Einbruchs." Schon die Umstellung auf Kriegswirtschaft habe einen abrupten Absturz verhindert, doch spreche einiges für einen langfristigen Abwärtstrend, denn: "In der kurzen Frist wird die Wirtschaftsleistung durch die Nachfrageseite bestimmt, in der langen Frist durch die Angebotsseite." Kurzfristig wachse die russische Wirtschaft jetzt, da mehr Geld in die Industrie fließt. Das Wachstum beruht aber nicht auf Konsumgütern und Wohlstand, sondern auf Waffen und Munition.

Die Zeitung betont: "Die aggregierte Wirtschaftsleistung taugt in Kriegszeiten eben nur begrenzt als Wohlstandsindikator." Denn: "Die Verdreifachung der Militärausgaben und der höhere Aufwand für interne Unterdrückung verdrängen öffentliche Ausgaben, die für den Erhalt des Produktionspotenzials unabdingbar wären. Kombiniert man die Zahlen der jüngsten russischen Staatsbudgets mit Inflationsdaten, ergibt sich ein klares Bild: Die Mittel für Bildung, Gesundheit, Infrastrukturentwicklung und dergleichen sind real deutlich am Sinken. Auf diese Weise erodieren die Kriegslasten das Produktionspotenzial der russischen Wirtschaft." (Quelle)
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