"Eule-Süd" - Sud-Aviation SA 316B Alouette III (3E-LC)
mit FLIR (Forward Looking InfraRed) auf der rechten und Nightsun Scheinwerfer
auf der linken Rumpfseite.
Seit September 1990 überwachen österreichische Soldaten Österreichs
Ostgrenze gegen illegale Grenzübertritte. Seit September 1997, also genau
seit zehn Jahren, werden sie dabei aus der Luft unterstützt. Die Überwachung
der betroffenen Grenzabschnitte ist primär Aufgabe der Polizei, das Militär
unterstützt die Aktivitäten der Exekutive an der Grenze in Form von
Assistenzeinsätzen. Die regelmäßigen Beobachtungsflüge
mit Hubschraubern in der Nacht wurden am
1. September 1997 aufgenommen.
Nach dem Fall des Eisernen Vorhanges sah sich Österreich innerhalb kürzester
Zeit mit einer ständig größer werdenden Zahl illegaler Grenzübertritte
konfrontiert. Um die zu geringen Kapazitäten von Gendarmerie und Polizei
bei der Grenzüberwachung auszugleichen forderte das Bundesministerium für
Inneres (BMI) Unterstützung in Form von Assistenzleistung durch das Bundesheer
an.
3E-KP startet zum nächtlichen Patrouillenflug.
Mit der Ratifizierung des Schengener Durchführungsübereinkommens (Schengen
II) am 01.12.1997 übernahm Österreich die Verantwortung, die 1.250
Kilometer Schengen-Außengrenze zu den Staaten Tschechien, Slowakei, Ungarn
und Slowenien sowohl am Boden als auch aus der Luft effizient zu überwachen.
Da dem BMI die dafür notwendigen materiellen Ressourcen und finanziellen
Mittel nicht ausreichend zur Verfügung standen wurde das österreichische
Bundesheer mit der Durchführung des Projekts in Assistenz für das
BMI beauftragt. Mit Ausschlag gebend für diese Entscheidung dürfte
aber auch der tragische Absturz eines Innenministeriums-Helikopters während
eines nächtlichen Probeflugs im Frühjahr 1997 - die vier Besatzungsmitglieder
kamen dabei ums Leben - gewesen sein.
Am 1. September 1997 wurde ein Probebetrieb der Luftunterstützung für
die Grenzraumüberwachung (GRÜ) aufgenommen, seit 1. Dezember 1997
läuft der Vollbetrieb.
September 1997 - Zu Beginn des Assistenzeinsatzes waren die Hubschrauber noch
ohne Suchscheinwerfer unterwegs.
Heereshubschrauber an der Grenze
Die Alouette III des Hubschraubergeschwaders aus Aigen/Ennstal sind für
die Grenzraumüberwachungseinsätze mit FLIR AAQ-22 Safire (u.l.) und
Nightsun SX-16 (u.r.) ausgerüstet. Die Hubschrauber verfügen zudem
über Tageslicht-TV, Videorecorder, Radarhöhenmesser, GPS gekoppelt
mit Moving Map System sowie Polizeifunk. Die Cockpits sind NVG-kompatibel. Die
Piloten fliegen seit längerem mit Nachtsichtbrillen (Night Vision Goggles
- NVGs).
Pilot und Copilot einer Alouette III mit AN/AVS-9 Nachtsichtbrillen.
Die 60er Jahre Cockpits der Alouette III wurden modifiziert, damit die Anzeigen
trotz Brille lesbar bleiben.
© Luxbauer/HS-Geschwader
Eule-Süd. Die Alouette operieren vom Stützpunkt Süd im burgenländischen Punitz aus und decken mit ihren Flügen die Staatsgrenze von Kittsee im Dreiländereck Slowakei-Österreich-Ungarn bis zur Sobot in Kärnten ab. Geflogen wird einmal bei Tageslicht und einmal in der Nacht. Dazu kommen ad hoc - Einsätze, die die Polizei nach Einschätzung der Lage an der Grenze oder in grenznahen Bereichen zusätzlich anfordert. Die Koordination der Grenzüberwachungsflüge liegt bei den Einsatzabteilungen der Landespolizeikommandos, der Einsatzabteilung des BMI in Wien sowie der Operationszentrale des Teilstabes Luft beim Streitkräfteführungskommando in Salzburg. Die Polizei analysiert die Lage und legt dann die Einsatzpläne, Routen und Zeiten fest. Die Einsatzabteilungen fordern auch die Einsätze des Bundesheeres an. Der Teilstab Luft ordnet schließlich die Überwachungsflüge nach den Vorgaben aus dem BMI an. Die Alouette III der Eule Süd überwachen aber nicht nur die Grenze, die Maschinen werden dazwischen auch immer wieder zu Assistenzleistungen bei der Suche nach Vermissten oder verdächtigen Personen angefordert. In Punitz sind ständig zwei Alouette III stationiert.
"Eule-Nord" - Bell OH-58B Kiowa (3C-OL) mit Nightsun Scheinwerfer
(vorne) und FLIR (hinten).
Eule-Nord. Die 3. Staffel des FlR1 in Langenlebarn ist mit ihren OH-58 für
die Überwachung des so genannten Abschnittes Nord, das ist die Grenze zur
Republik Tschechien von Hohenau im nördlichen Niederösterreich bis
nach Oberösterreich zuständig. Nacht für Nacht startet zumindest
ein Mal ein Kiowa vom Stützpunkt Nord auf dem Truppenübungsplatz Allensteig
und fliegt in den zu überwachenden Grenzraum. Auf dem Stützpunkt Nord
sind zwei für die GRÜ ausgerüstete OH-58 stationiert. Die Einsatzflüge
erfolgen unter anderem mit verdeckten Seitenfenstern, um die Maschinen vom Boden
aus "unsichtbar" zu machen. Auch die OH-58 werden mit NVGs geflogen.
Nächtliche Überwachungsflüge
3E-LC als Eule. Gut zu erkennen ist der Arbeitsplatz des FLIR-Operators.
Die Besatzung der "fliegenden Augen" des Bundesheeres besteht aus
3 Mann. Pilot und Co-Pilot sind mit der Durchführung des Fluges gemäß
Flugplanung ausgelastet. Der dritte Platz ist einem Beamten des BMI, dem FLIR
- Operator, vorbehalten. Dieser bedient die Steuerung des Beobachtungsgerätes,
führt die eigentliche Observierung des Geländes durch und erledigt
die polizeitaktische Arbeit zum Heranführen der am Boden operierenden Polizei-
oder Bundesheereinheiten an die verdächtigen Zielpersonen.
Der Arbeitsplatz des FLIR-Operators in einem
OH-58. Dem Alouette III Operator steht die gleiche Ausrüstung zur Verfügung.
Auf einem zweiten Monitor werden die Daten des Moving Map Systems zur Verfügung
gestellt. Bilder und geografische Daten werden über Polizeifunk an zwei
mobile und eine fixe Einsatzzentrale weitergegeben. Diese koordinieren dann
die Einsätze der Bodenkräfte zur Verfolgung und Festsetzung der illegalen
Grenzgänger. Der Hubschrauber hat dabei sowohl aufklärende Funktion
als auch Führungsfunktion für die Einsatzkräfte am Boden.
Ein Überwachungsflug wird grob in 3 Phasen unterteilt, den Hinflug in das Einsatzgebiet, die eigentliche Überwachung sowie den Rückflug zum Stützpunkt. In der Überwachungsphase fliegen die Hubschrauber "operating black", d. h. ohne Lichterführung und "still", d.h. nur mit passivem Flugfunk. Die Einsatzhöhe liegt je nach Verfahren zwischen 300 und 1.200 Meter über Grund.
Die eigentliche Überwachung aus der Luft erfolgt in unterschiedlichen
Verfahren, die entlang der Staatsgrenze oder im grenznahen Raum durchgeführt
werden. Bei der Flächenüberwachung werden bestimmte Bereiche in Grenznähe
observiert. Bei der Streckenüberwachung wird eine Kette von Wegpunkten
abgeflogen. Das FLIR arbeitet im Autoscan-Modus und sucht einen bestimmten Bereich
entlang der Strecke ab. Es reagiert auf Temperaturunterschiede von 0,33°.
Bei der Abstandsüberwachung werden Gebiete jenseits der Grenze beobachtet.
Ziel ist, Annäherungen an die Grenze schon frühzeitig zu erkennen
und diese an die Behörden im Nachbarstaat weiter zu melden.
Blick durch das FLIR einer Polizei-Libelle bei einem Einsatz zur Grenzraumüber-
wachung . © Polizei
FLIR-Libellen der Polizei
Aerospatiale AS-355F-2 Ecureuil 2 mit der Kennung OE-BXU mit FLIR und Nightsun Scheinwerfer.
Die Polizei betreibt derzeit zwei FLIR-Libellen. Ein Helikopter ist mit einem
FLIR der Type Leo-II-A5 ausgerüstet, die zweite Maschine mit einem Leo-II-A1
(neu UltraFORCE II). Beide Libellen haben zudem eine SX-16 Nightsun unten am
Rumpf sowie Moving Map und GPS.
Eine Maschine ist in Wien stationiert, der zweite FLIR-Hubschrauber steht
in Salzburg. Die Wiener Maschine wird auch für Grenzüberwachungsflüge
eingesetzt. Das BMI ist dabei für den zwischen Kittsee und Hohenau an der
March befindlichen Grenzabschnitt zuständig. Geflogen wird sowohl unter
Tag als auch in der Nacht. Nacht-Einsatzflüge dauern etwa 2 Stunden. Geflogen
wird unter Nachtsichtflugbedingungen ohne NVG sowie mit eingeschalteter Außenbeleuchtung
und aktivem Flugfunk. Die Maschinen verfügen über kein Bodenabstandsradar.
Die Grenzüberwachung ist nur eine Einsatzform der Flugpolizei. Zum Aufgabenspektrum
gehören Such- und Rettungsflüge, Feuerlöscheinsätze, Exekutive-Einsätze
bei Großveranstaltungen und Demonstrationen, Flüge zur Verkehrsüberwachung
sowie Einsätze für andere Behörden. Für die Grenzüberwachung
fallen pro Jahr zwischen 1.500 und 1.800 Flugstunden an. Insgesamt fliegen die
Hubschrauber des BMI etwa 6.000 Flugstunden im Jahresschnitt.
Am 27.09.2007 gab das Innenministerium bekannt, dass 8 Eurocopter EC-135 für
die Flugpolizei angeschaft werden. Vier davon werden speziell für den Nachtflug
mit Infrarot-Suchgeräten (FLIR) ausgestattet. In Österreich kennt
man den EC-135 von der Flugrettung des ÖAMTC.
© Doppeladler.com
Gute Zusammenarbeit
Die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Bundesheer wird von beiden Seiten als
gut bezeichnet. Das gilt nicht nur für die Grenzüberwachung und ist
aber anderwärtig immer wieder erkennbar. So wird bei Katastrophen wie zuletzt
dem Bruch des Marchdamms bei Dürnkrut, wo die FLIR-Libelle die undichten
Stellen im Damm aufgespürt und das Bundesheer diese abgedichtet hat, oder
bei der Waldbrandbekämpfung aus der Luft eng zusammengearbeitet. Das Bundesheer
hält für das Polizei-Einsatzkommando Cobra in Wiener Neustadt ständig
einen Transporthubschrauber AB-212 bereit. Laut Mag. Senn, dem Leiter der Flugpolizei,
ist es durchaus möglich, dass künftig auch noch in anderen Bereichen
wie etwa der Wartung enger zusammen gearbeitet wird. Die gute Zusammenarbeit
ergibt sich auch daraus, dass die Anforderungsprofile bei Polizei und Bundesheer
unterschiedlich sind. Etwa 95% der polizeilichen Anforderungen können mit
relativ kleinen Maschinen abgedeckt werden, für deren Ankauf und Betrieb
dem BMI auch die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen. Der Betrieb von
mehr oder größeren Hubschraubern ist aus dem BMI-Budget nicht finanzierbar.
Da greift die Polizei auf die Ressourcen des Militärs zurück und nützt
diese Synergien. Rechtliche Basis dafür ist der §2 des Wehrgesetzes,
wo unter anderem der Begriff Assistenzleistung definiert ist.
Lösen Drohnen die Hubschrauber ab?
Camcopter S-100
© Schiebel Ende September 2006 testete das BMI zusammen mit der Fa. Schiebel
die Möglichkeit, für die Grenzraumüberwachung aus der Luft Drohnen
einzusetzen. Der Camcopter S-100 absolvierte mit einer temporären Erprobungsbewilligung
der ACC innerhalb von zehn Tagen dreizehn Nachtflüge entlang der Grenze
zur Slowakei zwischen Kittsee und Hohenau. Anhand von vorprogrammierten Wegpunkten
auf GPS-Basis von der automatischen Flugnavigation gesteuert wurde ein 70 Kilometer
lange Grenzüberwachungsabschnitt abgeflogen. Die "Piloten" sowie
der FLIR-Operator des drei Meter langen und 200 kg schweren Flugroboters saßen
dabei in ihrem Stützpunkt am Braunsberg bei Hainburg.
Ob der Camcopter die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen konnte und möglicherweise
einmal im Dienste des BMI fliegen wird, ist bislang nicht entschieden. Für
die Verantwortlichen der Flugpolizei scheinen Drohnen derzeit sowohl für
die Grenzüberwachung als auch für den Einsatz über Stadtgebiet
nur bedingt geeignet.
September 2006 - Camcopter S-100 am Braunsberg bei Hainburg. © Schiebel
Der Assistenzeinsatz an der Grenze - eine Bilanz
Seit Beginn des Assistenzeinsatzes an der Grenze bis Ende Juli 2007 wurden
rund 90,500 illegale Grenzgänger von Soldaten des Bundesheeres aufgegriffen
und an die Behörden übergeben. Dazu kommt eine große Zahl an
Abweisungen. Bei einer Abweisung wird eine Annäherung an die Staatsgrenze
erkannt. Die Behörden des Nachbarlandes werden darüber informiert
und verhindern so den illegalen Übertritt. Wie viele Personen durch die
Präsenz der Soldaten davon abgehalten wurden, einen illegalen Grenzübertritt
zu versuchen, kann nur geschätzt werden. Die Behörden gehen davon
aus, dass 80 von 100 potentiellen Grenzgängern abgeschreckt werden. Auch
nach der voraussichtlich 2008 erfolgenden Verschiebung der Schengen-Außengrenze
in Richtung Osten sollen die Grenzüberwachung und damit auch die Überwachungsflüge
für eine Übergangsfrist von ein bis zwei Jahren beibehalten werden.
Das burgenländische Punitz - das Nest der "Eulen Süd". Alle Fotos: © Erich Strobl