Soldat der MFOR, der Multinational Force
Die "INVITEX PACEMAKER 07" war die größte Übung
des Bundesheeres im Jahr 2007. Vom 19.11. bis 7.12.2007 übten rund 3.500
Österreicher sowie etwa 600 Soldaten aus Deutschland, Belgien, Frankreich,
Slowenien und Serbien einen friedensunterstützenden Einsatz einschließlich
der Trennung von Konfliktparteien. Insgesamt kamen etwa 1.000 Räderfahrzeuge,
33 Panzer- und 25 Luftfahrzeuge zum Einsatz.
Am 5. Dezember 2007 hatte Doppeladler.com die Gelegenheit, die Übung einen
Tag lang zu begleiten - zumindest einen der zahlreichen Übungsschauplätze
an jenem Tag, denn das weitläufige Übungsgelände auf dem Truppenübungsplatz
Allentsteig wurde diesmal voll ausgenützt.
alle Fotos: © Doppeladler.com
Der Übung lag ein komplexes, bis ins kleinste Detail durchdachtes Szenario
zugrunde: Der letzte offene militärische Konflikt zwischen Alphaland und
Bravoland ging eben erst zu Ende, könnte jedoch durch jüngste militärische
Übergriffe und die vorherrschenden ethnischen Spannungen in der Region
jederzeit wieder voll entflammen. Die Terrororganisation "Black Wing"
versucht die Spannungen für ihre Zwecke zu nutzen.
Die EU hatte sich daraufhin entschlossen internationale Militärkräfte
in Brigadestärke, die MFOR, in die demilitarisierte Zone (DMZ) - dem Truppenübungsplatz
Allentsteig - zu entsenden, um dort die Konfliktparteien zu trennen und wieder
für Ruhe und Ordnung zu sorgen.
Der Anmarsch der MFOR erfolgte über Kärnten, der Steiermark und dem
südlichen Niederösterreich über den, ebenfalls von den Konflikten
der Region destabilisierten, Drittstaat Weakland.
Der weitläufige Truppenübungsplatz Allentsteig im niederösterreichischen
Waldviertel mausert sich zu einem der beliebtesten Übungsgelände in
Europa. Hier eines der mittlerweile fix errichteten Trainingscamps.
Checkpoints sind über das gesamte Areal verteilt.
Nicht alle sind von der Anwesenheit der MFOR begeistert. Unter anderen versucht
die Terrororganisation "Black Wing" Stimmung zu machen.
Diese Flugzettel geben einen Eindruck von der Realitätsnähe der Übung.
Auch ein Teil der regulären Streitkräfte von Bravoland möchte
die MFOR wieder aus der demilitarisierten Zone haben - die MFOR muss die ständigen
Drohgebärden ernst nehmen.
"Crowd and Riot Control" - Vorführung am 05.12.2007
Nach der Verhaftung eines in Bravoland als Held verehrten Kriegsverbrechers
richtet sich der Zorn seiner Anhänger gegen die MFOR. Für die Terrororganisation
"Black Wing" war es daher ein leichtes, eine Gedenkfeier in Poppendorf
in einen wütenden Protestmarsch zu verwandeln.
Die MFOR unter der Führung der 7. Jägerbrigade beschließt die
Entsendung deutscher Panzergrenadiere zur Beobachtung der Lage. Schließlich
befindet sich in Poppendorf unter anderem ein wichtiger Stützpunkt der
örtlichen Polizei, dessen Kooperationsbereitschaft mit der MFOR den radikaleren
Teilen der Bevölkerung von Bravoland missfällt. Darüber hinaus
ist der inhaftierte Kriegsverbrecher mit dem Bürgermeister von Poppendorf
verwandt.
Zwei Schützenpanzer Marder der Panzergrenadierbrigade 37 der Deutschen
Bundeswehr - Teil der MFOR.
Die beiden Fahrzeuge erhalten den Auftrag, die Situation in Poppendorf zu beobachten,
wo heute den in den jüngsten Gefechten mit Alphaland gefallenen Bravoländern
gedacht werden soll. Das "Showing of Force" soll vor Ausschreitungen
abschrecken.
In Poppendorf angekommen, können die Soldaten beobachten, wie sich die
Situation Minute für Minute zuspitzt.
Denn die versammelten Bravoländer, die eben noch eine friedliche Gedenkfeier
abhielten, fordern immer lautstärker die Freilassung ihres verhafteten
Volkshelden.
Der Kommandant vor Ort beschließt, vorsorglich eine CRC Einheit anzufordern
(CRC - "Crowd and Riot Control").
Der Kommandant schätze die Lage richtig ein, denn schon wenig später
bewegt sich ein Protestmarsch auf das Ortszentrum von Poppendorf zu.
Die Roleplayer, zum überwiegenden Teil Angehörige des Artillerieregiments
1, sind gewissenhaft vorbereitet und haben nicht nur die Übungsabläufe,
sondern auch Anti-MFOR Schlacht-
gesänge einstudiert.
Das österreichische CRC-Einheit ist unterwegs - zwei Züge werden mit
Schützenpanzern Ulan nach Poppendorf gebracht.
Insgesamt etwa
60 Mann machen sich einsatzbereit.
Auf zum Sammelplatz!
Die beiden CRC-Züge warten die weitere Entwicklung auf der anderen Seite
des Dorfes ab.
Die Demonstranten beginnen zu randalieren - der CRC Einsatz steht unmittelbar
bevor.
Exerziermäßig marschiert die MFOR auf und riegelt den Ortskern ab.
Die Helmvisiere werden geschlossen und die Schilder angehoben - bis hier her
und nicht weiter!
Die Zugs-
kommandanten prüfen die Einsatzbereitschaft der menschlichen Mauer.
Lautstark fordern die Bravoländer die Freilassung ihres Helden.
"Bravolander, this is MFOR!" - ein deutsches Tactical PsyOps Team
nimmt seine Arbeit auf und versucht die Demonstranten zu beruhigen. Sie erinnern
auch daran, dass die MFOR auch zu ihrem eigenen Schutz hier im Land stationiert
wurde.
Schnell wird klar, dass die Menge bereits zu aufgebracht ist, um sich durch
Worte besänftigen zu lassen.
Dem PsyOps-Team bleibt nichts anderes übrig, als die Demonstranten vor
den Konsequenzen zu warnen, falls sie sich der Sperre weiter nähern.
Der Kommandant der österreichischen CRC Einheit lässt die Soldaten
zusammen-
rücken und die Schlagstöcke zu ziehen.
Ein Zusammenprallen ist unvermeidbar.
Die Soldaten der MFOR sind zahlenmäßig deutlich unterlegen und fordern
unverzüglich Verstärkung an.
Durch einzelne Rädelsführer angehetzt, versuchen die Bravoländer
die Absperrung zu durchbrechen. Die Soldaten drängen die Menschenmenge
mit ihren Schilden zurück - vorerst.
Die Bravoländer ändern ihre Taktik, lassen sich zurückfallen
und bewerfen die MFOR mit allem, was sie finden können - die Übungsleitung
hat dafür mit Wasser gefüllte Plastikflaschen vorgesehen.
Gegen anfliegende Wurfkörper oder Pfeile gibt es ein bewährtes Verteidigungskonzept.
Der erste Angriff konnte abgewehrt werden - doch die Demonstranten denken nicht
daran aufzugeben. Im Gegenteil - die offene Konfrontation mit der MFOR erhitzte
die Gemüter der Bravoländer weiter.
In der Ferne sind Rotorengeräusche zu hören ...
Die Verstärkung trifft ein!
Vier Black Hawks und acht AB-212 fliegen eine belgische CRC-Einheit in Kompaniestärke
ein - etwa 150 Mann.
Die Schneeschmelze der letzten Tage hat den Acker in eine Schlammgrube verwandelt
- der Ausstieg in CRC-Ausrüstung ist kräfteraubend.
Die Luftlandung wird durch zwei OH-58B Kiowa aus der Luft gedeckt. Einige der
Soldaten haben zur Sicherung auch ihre Sturmgewehre mitgebracht.
Agusta Bell AB-212
Sikorsky S-70A-42
Während die Soldaten der ersten Welle zum Sammelplatz eilen trifft die
zweite Welle ein.
Auch ein Hundeführer der österreichischen Militärpolizei und
ein Sanitätselement werden eingeflogen.
Am Sammelplatz werden ABC Schutzmasken angelegt. Im Hintergrund rollt ein Pandur
Radpanzer des österreichischen Kontingents zur Verstärkung an.
Streng nach belgischer Dienstvorschrift: Ein Scharfschützentrupp geht in
Stellung. Zieht jemand in der Menge eine Waffe, dann muss er einschreiten.
Die Belgier in CRC-Ausrüstung sind nur mit Schlagstöcken bewaffnet.
Die wütende Menge setzt erneut zum Sturm auf die Verteidigungslinie an
- gelingt es erneut, die aufgebrachte Menge zu stoppen?
Auch die Besatzungen der deutschen Schützenpanzer nehmen die Entwicklung
mit Besorgnis - müssen nun erste Warnschüsse abgefeuert werden?
Doch die Belgier sind bereits im Anmarsch!
In enger Formation und im Gleichschritt geht es zur vordersten Linie, um die
Österreicher abzulösen.
Mit den frischen Kräften ändert die MFOR ihre Vorgehensweise: passive
CRC - reine Blockademaßnahmen - konnten nicht zur Beruhigung der Lage
führen. Nun werden aktive CRC-Maßnahmen ergriffen - die gewaltsame
Auflösung der Demonstration.
Die Österreicher weichen über die Flanken zurück. Ihre Ausrüstung
ist eher für passive CRC geeignet. Zudem tragen die Österreicher keine
ABC Schutzmasken und lassen daher - sollte es erforderlich werden - einen Einsatz
von Tränengas nicht zu.
Die neue Formation ist eingenommen.
Taktische Zeichen an den Helmen.
Die belgische Kompanie drängt die Menge zurück. Die ersten Bravoländer
ergreifen die Flucht.
Hinter der vorrückenden Linie machen sich der Hundeführer und ein
"Greiferteam" der Feldjäger, wie die Militärpolizei bei
der Bundeswehr genannt wird, bereit.
Ihre Aufgabe ist es, einzelne Personen, die durch die Formation brechen, möglichst
rasch zu festzu-
nehmen.
Geschickt hat sich ein Bravoländer durch die belgische Linie durchgekämpft, wird jedoch sofort vom Hund attackiert und umgerissen.
(der Roleplayer ist natürlich gut geschützt)
Das Greiferteam stürzt sich auf den am Boden liegenden Schurken und transportiert
ihn rasch aus dem Gefahrenbereich.
Der Scharfschützen-
trupp mit seiner "Leibwache" - schließlich soll nur im äußersten
Notfall von der Schusswaffe gebrauch gemacht werden.
Die belgischen Soldaten konnten einen der Rädelsführer in der Menge
ausfindig machen.
Unerschrocken werfen sich die Feldjäger in die "Schlacht", isolieren
den Verdächtigen und schleppen ihn hinter die Linien.
Unter dem Einsatz von Tränengas wird nun auch der harte Kern der Aufrührer
vertrieben.
Die zweite Verteidigungslinie bzw. die Reserve hinter den vorrückenden
Einheiten.
Ein Sanitätstrupp ist selbstverständlich immer in Bereitschaft und
geht mit einigem Sicherheitsabstand hinterher.
Die MFOR kann die Ausschreitungen unblutig beenden. Zurück bleibt ein mit
Plastikflaschen übersätes "Schlachtfeld".
Die belgische Kompanie tritt den geordneten Rückzug nach Poppendorf an.
Der Pandur deckt den Rückzug und beobachtet die Lage weiter.
Die beiden CRC-Züge aus Österreich wurden glücklicherweise nicht
mehr benötigt.
alle Fotos: © Doppeladler.com
Auch wenn sich nach den Vorfällen des heutigen Tages die Lage in Poppendorf
wieder beruhigt hat kann die MFOR noch nicht wieder durchatmen. Die gewaltsam
aufgelöste Demonstration führte zu Übergriffen der regulären
Streitkräften von Bravoland ...
Nach drei intensiven Übungswochen ging die Übung "INVITEX PACEMAKER
07" am 6. Dezember 2007 offiziell zu Ende. Die Teilnehmer zeigten sich
durchwegs mit den Ergebnissen zufrieden. Die Kaderpräsenz-
einheiten des Bundesheeres - allen voran die Task Force 18 des Jägerbataillons
18 - konnten Ihr Können und ihre Einsatzbereitschaft für internationale
Peace Support Operations eindrucksvoll unter Beweis stellen. Es wird nicht die
letzte multinationale Großübung in Allentsteig gewesen sein.
Doppeladler.com bedankt sich bei allen Beteiligten für die Möglichkeit, die Übung "INVITEX PACEMAKER 07" einen Tag lang begleiten zu dürfen.