Mo., 3.7.2023 | 22.00 Uhr
https://tvthek.orf.at/profile/ZIB-2/1211/ZIB-2/14184850Armin Wolf: „Guten Abend, herzlich Willkommen zur ZIB 2.
Über Europa soll eine gemeinsamer Schutzschirm gegen Raketenangriffe entstehen. Was kann der? Und darf sich das neutrale Österreich daran beteiligen?
[Überschrift „Luft-Kampf“; BM Tanner, Botschafterin Kennedy und LR Amon beim Abschreiten der Front am Fliegerhorst Hinterstoisser, während des Festakts zur Partnerschaft mit der Vermont National Guard] Luft-Kampf. Die Verteidigungsministerin will am Freitag ein erstes Abkommen für ,Sky Shield‘ [Gemälde mit Logo „FPÖ Die soziale Heimatpartei“] unterzeichnen. Die FPÖ sieht einen massiven Neutralitätsbruch. [Bgdr Promberger im Studio] Live im Studio ist dazu der Kommandant der Luftstreitkräfte, Gerfried Promberger.
[…]
[Hintergrundfoto: BK Scholz bei seiner Rede an der Karls-Universität in Prag am 29. August 2022] Es war im letzten August, ein halbes Jahr nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, als der deutsche Kanzler Olaf Scholz erstmals ein gemeinsames europäisches Luftverteidigungssystem vorgeschlagen hat. [Hintergrundbild: Deutsche „Patriot“-Werfer] Es soll Europa gegen Angriffe mit Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen schützen, etwa mit dem Abwehrsystem ,Patriot‘, das viele Länder, wie Deutschland, schon haben.
[Hintergrundbild: Europakarte mit hellorange markierten Teilnehmerstaaten an ESSI; hellorange schraffiert markiert: Schweden; dunkelorange markiert: Österreich] Mittlerweile beteiligen sich 17 Länder am Projekt ,Sky Shield‘ – also ,Himmelsschild. 16 davon sind NATO-Staaten; Schweden ist dabei NATO-Mitglied zu werden. Aber große EU- und NATO-Länder wie Frankreich, Italien oder Polen sind bisher nicht dabei. [Hintergrundfoto: BM Tanner bei ihrer Ansprache anlässlich der Pressekonferenz zum „Aufbauplan Bundesheer 2032“ am 6. Oktober 2022] Dafür will sich Österreich an ,Sky Shield‘ beteiligen. Diesen Freitag soll ÖVP-Verteidigungsministerin Tanner eine Absichtserklärung unterschreiben. Für die Neutralität kein Problem, sagt Tanner – was die FPÖ völlig anders sieht.“
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[Tal, im Hintergrund eine Gebirgskette und dichte Bewölkung] Der Himmel über Österreich: [Greifvögel über einem bewaldeten Hügel] Zum Glück droht von dort keine Gefahr. Würde Österreich, wie die Ukraine, [Start einer Fliegerabwehrlenkwaffe] großflächig aus der Luft angegriffen, wäre es praktisch wehrlos: [Zwei Eurofighter im Flug bei der Annäherung an eine C-130K] Die Luftraumverteidigung wird, wie das Bundesheer insgesamt, seit langem vernachlässigt. Von drei Fliegerabwehrregimentern ist nur mehr eines übrig. [Offiziere in der LRÜZ der EZ/B in St. Johann] Noch gut ist Österreich bei der Überwachung des Luftraums aufgestellt [Radarstation Kolomansberg kurz nach Installation der neuen Radarantenne]. Dafür sorgen drei stationäre Radarstationen, die sogenannten „Goldhauben“, [Drehende Radarantenne des RAC-3D] und eine mobile Radarstation.
[Radarbediener in der EZ/B] Identifizieren diese eine Bedrohung aus der Luft, kann Österreich allerdings fast nichts dagegen machen, [US-Soldaten und ein österreichischer Pilot vor einer F-35A in Zeltweg] denn Österreichs Abwehrwaffen entsprechen dem Stand der 70er- und 80er-Jahre [Überflug von zwei Eurofightern und zwei F-35A über Zeltweg], sagen GesprächspartnerInnen aus dem Bundesheer, die nicht zitiert werden wollen.
[Blick aus der Abflughalle des Flughafens Wien-Schwechat auf das Rollfeld] Die Ausstattung würde zwar reichen, um einzelne Objekte, wie den Wiener Flughafen oder die ,Airpower‘-Flugshow [„Frecce Tricolori“ bei einer Kunstflugvorführung in Zeltweg] in Zeltweg zu sichern – gegen großflächige Angriffe [Überblick über das Veranstaltungsgelände der ,Airpower‘ mit tausenden Besuchern und Flugzeugen] wäre damit aber nichts auszurichten.
[Radarbediener in der EZ/B] Die Bundesregierung will deshalb einen Schutzschirm über Österreich spannen [BK Nehammer im Interview mit Diana Weidlinger] und sich am europäischen Verteidigungsprojekt ,Sky Shield‘ beteiligen.
Karl Nehammer (Bundeskanzler, ÖVP): „Die Sicherheitsstrategie ist veraltet. Wir haben wieder gesehen, dass ein Krieg am europäischen Kontinent möglich ist. […] Und es geht jetzt darum, dass die Neutralität, die Österreich hat, auch glaubhaft in der Wehrhaftigkeit ist. Und ,Sky Shield‘ ist ein gutes Instrument, die Wehrhaftigkeit der österreichischen Neutralität auch zu dokumentieren.“
[Radarantenne eines 9K33 Osa] 17 Länder in Europa sind momentan Teil der [Radarbediener im 9K33 Osa] Initiative. Sie wollen gemeinsam Waffensysteme [Werfer des Systems IRIS-T SLM bei Vorbeifahrt – PR-Video Diehl Defense] zur Luftabwehr beschaffen und einander mit Systemen und Munition unterstützen.
Ulrike Franke (Militärexpertin): „Eigentlich soll dieses System, ja, mehr oder minder alle Gefahren aus der Luft abwehren können. Also das geht von dem Nah- und Nächstbereich – also nehmen wir mal Drohnen, Helikopter, je nachdem auch Flugzeuge, Raketen, dann in Richtung Marschflugkörper – dann letztendlich eben in den weiten Bereich – ballistische Raketen, Interkontinentalraketen.“
[Ulrike Franke im Skype-Interview mit dem ORF] Für die Militärexpertin ist die europäische Initiative vor allem ein politisches Signal.
FRANKE: „Um die Abschreckung zu stärken. Um das … den, den … den Gegner – in dem Fall zumindest aktuell wahrscheinlich eben Russland – auch so ein bisschen das Druckmittel zu nehmen, weil man eben sagt: Na ja, also mindestens Hochwertziele haben wir eben geschützt und ihr könnt nicht, ja, mit Angriffen aus der Luft oder angedrohten Angriffen aus der Luft so viel Druck machen und uns erpressen.“
[AbgzNR Douglas Hoyos-Trautmannsdorff im Volksgarten vor dem Bundeskanzleramt] Unterstützung für die Pläne der Bundesregierung kommt heute von den NEOS. Die [AbgzNR Philip Kucher im Interview vor dem Parlament] SPÖ kritisiert die fehlende Einbindung des Parlaments. Klar dagegen ist [AbgzNR Christian Hafenecker im Interview vor dem Freiheitlichen Parlamentsklub in der Reichsratsstraße 7] die FPÖ – sie sieht die Neutralität in Gefahr.
Christian Hafenecker (Generalsekretär, FPÖ): „Die österreichische Neutralität wird wieder einmal ein Stück mehr ausgehöhlt. So wie’s immer wieder passiert. ,Sky Shield‘ ist auch ein Verteidigungsbündnis – analog zur NATO. Wir könnten hier jederzeit in Beistandspflichten hineingeraten – und natürlich auch zum militärischen Ziel werden!“
[Dr. Ralph Janik am Ballhausplatz] Eine Befürchtung, die der Völkerrechtsexperte nicht teilt.
Ralph Janik: „Die Zusammenarbeit, der Austausch von Daten und die Anschaffung von Systemen, die miteinander zusammen werken können, ist als solches neutralitätsrechtlich noch kein Problem. Neutralitätsrechtlich wird es dann ein Problem, wenn wir im Bereich des Militärbündnisses sind. Da ist das Paradebeispiel, das man in jedem Lehrbuch findet, natürlich die NATO. Aber davon sind wir weit entfernt.“
[BM Tanner und Botschafterin Kennedy beim Abschreiten der Front in Zeltweg] Am Freitag will Österreich die Absichtserklärung zum „Sky Shield“-Beitritt [Hissen der österreichischen Flagge beim Festakt in Zeltweg] unterzeichnen. Frühestens 2025 soll der Schutzschild dann in Betrieb gehen.
Bericht: D. Weidlinger / H. Jungreuthmayer
Mitarbeit: M. Biegler / J. Ruprecht
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WOLF: „Und wir hätten das natürlich gerne mit Verteidigungsministerin Tanner besprochen. Sie hat ein Studiogespräch leider abgelehnt. Wie übrigens alle Einladungen ins ZIB2-Studio in den letzten drei Jahren.
Live bei mir ist jetzt aber Brigadier Gerfried Promberger, der Kommandant der österreichischen Luftstreitkräfte. Guten Abend, vielen Dank für’s Kommen!“
Gerfried Promberger (Kommandant der österreichischen Luftstreitkräfte): „Guten Abend!“
WOLF: „Herr Brigadier, dass ein europäischer Schutzschirm sinnvoller ist als ein regionaler, das ist einleuchtend. Aber was ganz konkret erwartet sich das Bundesheer von einer Teilnahme an ,Sky Shield‘?“
PROMBERGER: „Danke, Herr Wolf, für die Einladung in’s ZIB2-Studio. Als Kommandant der Luftstreitkräfte hab‘ ich einen klaren Auftrag: Das ist die Wahrung der Lufthoheit über dem österreichischen Staatsgebiet, Schutz der Bevölkerung und Aufrechterhaltung der Souveränität der Republik Österreich. Und das kann ich mit den derzeitigen Mitteln nicht. Und genau das soll diese neue ,European Sky Shield Initiative‘ ermöglichen.“
WOLF: „Was würde die, ganz konkret, für Österreich leisten?“
PROMBERGER: „Einerseits ist es ein Zusammenschluss von mehreren Nationen. Im Prinzip ist es ein Beschaffungsvorgang, ein einheitlicher, ein europäischer Ansatz, wo wir versuchen, marktverfügbare und vor allem technisch ausgereifte Produkte entsprechend zu erwerben – vor allem zu wesentlich kostengünstigeren Konditionen. Wir könnten uns auch als Einzelnation hinten anstellen, dann würden wir das wahrscheinlich irgendwann einmal auch bekommen – nur, wir brauchen’s relativ zeitnah.“
WOLF: „Aber was würde dann Österreich ganz konkret beitragen zu diesem System?“
PROMBERGER: „Wir haben bereits, schon seit vielen vielen Jahren machen wir einen Radaraustausch – wir nennen das ,Air Situation Data Exchange‘ – beispielsweise mit Deutschland schon seit 2006 oder auch mit der Schweiz seit 2007. Also das … wir leisten einen Beitrag. Wir haben ein sehr sehr leistungsfähiges Luftraumbeobachtungs- und Führungssystem ,Goldhaube‘, mit dem wir beispielsweise bis südlich Berlin oder weit über das Dreieck Tuzla-Sarajevo-Srebrenica sehen, aber auch sehr sehr weit Richtung Osten. Und genauso diese Daten können gemeinsam verarbeitet werden.“
WOLF: „Gut, aber das System das haben wir ja schon, da müssten wir jetzt nix einkaufen … Also wenn Sie jetzt sagen, das ist quasi so eine Art Einkaufsgenossenschaft. Das Bundesheer investiert ja an sich schon in den nächsten Jahren zwei Milliarden Euro in seine Luftabwehr – ganz unabhängig von ,Sky Shield‘. [PROMBERGER: „Genau.“] Das wurde ja alles schon bekannt gegeben. Das sind aber keine Systeme gegen weiter reichende Raketen [PROMBERGER: „Ja.“] dabei, wie zum Beispiel diese ,Patriots‘ oder noch weiter reichende, wie diese israelischen ,Arrow 3‘, die Deutschland jetzt kauft.
Wird Österreich dann auch solche Systeme kaufen?“
PROMBERGER: „Also wir haben derzeit die Situation, dass wir sehr veraltetes Gerät haben: Eine leichte Fliegerabwehrlenkwaffe kurz … kürzester Reichweite, bis 5 – 6 Kilometer. Oder eine zivile … oder eine Zwillings-Fliegerabwehrkanone. Das ist, wie g’sagt, Technologie der 70er-Jahre. Wir trachten danach – und da gibt’s ein Mehrschicht-System, um eben den Schutz eines Schutzobjekts oder einer kritischen Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Also, sprich: Kurze Reichweite sprechen wir von 15 Kilometer, mittlere Reichweite bis 50 Kilometer und größere Weite über 50 Kilometer.
Natürlich wär‘ ein Schutz von kritischer Infrastruktur über 50 Kilometer wünschenswert.“
WOLF: „Das heißt, das kaufen wir dann auch! Ein solches Raketenabwehrsystem.“
PROMBERGER: „Wir werden einfach gemeinsam prüfen, mit den europäischen Staaten, welches Format oder welches Produkt für uns passend ist. Und genau dies … diese Planungen sind ja angestoßen. Und dann werd‘ ma uns kommend … ganz konkret entscheiden, was zu Österreich passt.“
WOLF: „Jetzt sagt die Verteidigungsministerin und der Kanzler, dass das mit der Neutralität kein Problem ist. Aber bei der Gründung von ,Sky Shield‘ im Oktober - im NATO-Hauptquartier war das – da hieß es ausdrücklich – ich zitiere: ,Diese Initiative wird die Integrierte Luft- und Raketenabwehr der NATO stärken‘.
Warum sollte das neutrale Österreich die Luftabwehr der NATO stärken? Und wie passt die Teilnahme an so einer NATO-Initiative mit der Neutralität zusammen?“
PROMBERGER: „Die Frage der Neutralität hat die Politik bereits beantwortet. Für mich als Offizier gilt das Primat der Politik. Und an dem halt‘ ich mich.“
WOLF: „Na ja, die Frage der Neutralität kann ja nicht die Politik beantworten, die beantwortet ja schon das Völkerrecht irgendwie. Ich nehme an, Sie kennen sich da auch aus. Und ich fürcht‘ so leicht kann ich Sie da jetzt nicht rauslassen, Herr Brigadier.“
PROMBERGER: „Wir sind selbstä … Im Prinzip geht’s ja viel viel weiter: Es geht um … um eine verteidigungspolitische Zeitenwende, die vom Kanzler und von der Bundesregierung angestoßen wurde. Einerseits manifestiert durch ein höheres Verteidigungsbudget, aber andererseits auch klarer Wille, eine wehrhafte Demokratie zu vertreten. Das heißt, die Neutra… wir müssen auch die Neutralität schützen! Das heißt, zuerst wie ich eingangs erwähnt habe, ich habe einen klaren Auftrag: Wahrung der Lufthoheit, Schutz der österreichischen Bevölkerung. Dazu brauch‘ ich eben die Mittel. Und eine … ein Marschflugkörper oder eine größere Drohne – wir sprechen da von Drohnen von 5 bis … 5 bis 6 Tonnen! – die macht auch vor einem neutralen Luftraum nicht halt. Daher müssen wir selber entsprechend die Assets haben und dann auch selbständig die Entscheidungen treffen.“
WOLF: „Aber das ist ja klar. Nur: Wenn das das einzige Ziel wär‘, dann könnten wir einfach der NATO beitreten und das wär‘ überhaupt das Sicherste! [PROMBERGER nickt] Gut, das geht mit der Neutralität nicht. Aber jetzt ist das eine NATO-Initiative – das ist keine EU-Initiative! Sind lauter NATO-Staaten dabei – und Schweden, das NATO-Mitglied wird! Es sind auch zwei NATO-Mitglieder dabei, die nicht in der EU sind – nämlich Großbritannien und Norwegen. Und auf der NATO-Website heißt es – kann man dort nachlesen: ,Diese Initiative erlaubt es den teilnehmenden Nationen, ein gemeinsames Luft- und Raketenabwehrsystem zu entwickeln.‘
Wie kann ein gemeinsames Abwehrsystem kein Verteidigungsbündnis sein?“
PROMBERGER: „Der Austausch von Informationen ist eine Sache. Der Einsatz von Wirkmitteln eine andere. Also ich brauch‘ ja einerseits Radaranlagen! Das kann man … diese Informationen kann man teilen.“
WOLF: „Ja, die haben wir ja schon!“
PROMBERGER: „Zum Teil! Also [WOLF: „Aber …“] noch nicht alles. Aber …“
WOLF: „… um die geht’s ja nicht primär. Es geht ja primär um Raketenabwehrsysteme.“
PROMBERGER: „Genau. Ich brauche Raketenabwehrsysteme, entsprechende Kanonen … Ich kann auch Laser einsetzen. Nur: Wir handeln in Österreich hoheitlich. Das heißt, diese Entscheidung treffen nur wir und sonst niemand anders.“
WOLF: „Aber wir beteiligen uns am Aufbau eines gemeinsamen Abwehrsystems. Warum ist das kein Verteidigungsbündnis?“
PROMBERGER: „Weil … weil wir nach wie vor ein souveräner, neutraler Staat sind. [WOLF: „Ja, das sind die anderen auch. Das …“] Und das bleiben wir auch.“
WOLF: „… sind die anderen NATO-Mitglieder auch!“
PROMBERGER: „Ja. Aber sie sind nicht neutral. Sondern wir bleiben neutral. Und das hat auch die Frau Bundesminister mehrfach schon festgestellt: Wir sind neutral, wir bleiben neutral. Und es darf uns aber nicht gleichgültig sein, was in der Ukraine passiert.“
WOLF: „Die Schweizer Verteidigungsministerin sagt, die Schweiz bräuchte, um ,Sky Shield‘ beizutreten, im Konfliktfall eine Ausstiegsklausel. Die Schweiz ist auch neutral. Braucht Österreich auch eine Ausstiegsklausel?“
PROMBERGER: „Ich bin Kommandant der österreichischen Luftstreitkräfte. Ich kann nicht für die Schweiz sprechen. Wir … durch diese Initiative, durch diesen Letter of Intent, haben wir Zugang zu Planungsdokumenten und in weiterer Folge werden wir dann diese Planungen finalisieren.“
WOLF: „Es gibt Überlegungen, dass das Oberkommando für dieses System im NATO-Hauptquartier liegen soll. Das wär‘ aber für ein neutrales Land nicht möglich, oder?“
PROMBERGER: „Das wär‘ für uns auch nicht akzeptabel, sondern die Entscheidung, ob eine Lenkwaffe über Österreich abgefeuert wird und auf ein Ziel gelenkt wird, das treffen nach wie vor wir.“
WOLF: „Aber jetzt … ganz praktisch: Wenn eine Mittelstreckenrakete aus Russland oder aus dem Iran auf Wien abgeschossen würde [PROMBERGER: „Mhm.“] Da kann man die ja nicht erst in Österreich abschießen – 50 Kilometer in Kürze vor Wien. Wie würde das denn ganz konkret funktionieren?“
PROMBERGER: „Schauen Sie, Herr Wolf: Wir haben mehrere Beispiele … Letztes Jahr im März hat eine verirrte Drohne – auch eine sehr große Drohne von mehreren Tonnen – den Weg bis nach Zagreb, nach Kroatien, gefunden. Hätte es ,Sky Shield‘ damals schon gegeben, wär’s nicht passiert.
Faktum ist: Das hat’s damals nicht gegeben. Und man darf nicht außer Acht lassen: Wir sind derzeit eigentlich ziemlich ungeschützt, was das anbelangt. Und da sprechen wir nicht nur von Wien, sondern von allen Landeshauptstädten oder größeren Events. Das heißt, wir brauchen hier eine selbständige Handlungsoption.“
WOLF: „Das versteh‘ ich, aber meine Frage war: Wie würde das ganz konkret funktionieren? Wenn eine Mittelstreckenrakete aus Russland auf Wien abgeschossen würde. Wie würde ,Sky Shield‘ dann funktionieren?“
PROMBERGER: „Indem wir, wie’s … wie man’s auch jetzt schon machen, Radardaten austauschen. Also das mit dem Air Situation Data Exchange. Und ob dann dieses System – wer auch immer das da abschießt … sobald dabei die österreichische Lufthoheit gefährdet ist oder verletzt wird, dann ist es unsere Aufgabe, das zu tun. Das machen dann wir.“
WOLF: „Aber ginge das noch? Also, wenn die Rakete schon auf österreichischem [PROMBERGER: „Ja.“] Gebiet wäre, könnte man sie noch abschießen?“
PROMBERGER: „Ja.“
WOLF: „O.K. Jetzt haben Sie vorher gesagt wir brauchen das, weil Sie sind für die Lufthoheit zuständig, aber Sie können die nicht sicherstellen. Das ist ja ein bisserl ein dramatischer Satz, weil: Jetzt gibt’s ja ,Sky Shield‘ noch nicht. Aber ich entnehme Ihrem Satz, unsere Lufthoheit ist nicht sicher. Jetzt, wenn das möglich ist mit der gemeinsamen Luftabwehr – warum müssen wir dann eigentlich unsere Luftraumüberwachung mit diesen teuren Eurofightern, die die halbe Zeit nicht einsatzbereit sind und die uns seit zwanzig Jahren ärgern. Warum müssen wir das dann eigentlich alleine organisieren? Dann wär’s doch viel sinnvoller, wir würden das auch mit anderen Ländern gemeinsam machen – so wie das neutrale Irland seinen Luftraum von Großbritannien überwachen lässt.“
PROMBERGER: „Herr Wolf, Sie haben bereits sich … die Antwort haben Sie bereits mir serviert. Als souveräner Staat müssen wir das selbständig wahrnehmen. Das tun wir auch mit der aktiven Luftraumüberwachung [WOLF: „Aber Irland ist auch ein souveräner Staat!“] mittels des Eurofighter. Ja, wie Irl… [WOLF: „Und ist neutral!“] Wie Irland das regelt ist eine Sache! Wir in Österreich, als souveräner Staat, als Republik Österreich, machen das auf diese Art und Weise. Und ich glaub‘ das ist der richtige Weg.“
WOLF: „Ja, wir machen’s auf diese Weise – aber müssen wir’s auf diese Weise machen oder könnten wir eine ähnliche Zusammenarbeit wie bei der Raketenabwehr – also die Luftraumabwehr – auch bei der Luftraumüberwachung machen.“
PROMBERGER: „Die Lufthoheit hört ja nicht zwei Meter über dem Boden auf. Und daher ist es auch unsere Aufgabe, die Luftsicherheit auch entsprechend durchzusetzen und im Endeffekt das Ziel ist immer: Schutz der österreichischen Bevölkerung. Und das hängt auch, wie g’sagt, abhängig vom Bedrohungsszenario! Und das hat sich seit letztem Jahr dramatisch geändert.“
WOLF: „Jetzt hab‘ ich’s aber immer noch nicht verstanden. Das tut mir leid. Vielleicht bin ich auch zu begriffsstutzig, aber: Wenn wir Raketen gemeinsam mit anderen Ländern abschießen können und das gemeinsam organisieren können. Warum können wir dann die viel harmlosere Luftraumüberwachung – wir steigen auf und schauen wer da rumfliegt – nicht gemeinsam mit anderen Ländern organisieren?“
PROMBERGER: „Das … auch das haben wir schon längst geregelt. Da gibt’s ein Luftsicherheitsabkommen gegen Bedrohungen aus der Luft, gegen nichtmilitärische Ziele. Die haben wir bereits mit der Schweiz abgeschlossen [WOLF: „Nichtmilitärische.“]. Nichtmilitärische Ziele. Es kann ja auch ein Zivilluftfahrzeug, wie’ma wissen bei 9/11, kann als terroristische Waffe eingesetzt werden.
Wir haben auch dieses Abkommen, die Frau Bundesministerin, bereits letztes Jahr unterzeichnet mit Deutschland. Und so geht’s in weiterer weiter. Also wir sind jedenfalls hier in Finalisierung mit der Tschechischen Republik und mit Italien. Und wir bringen das auf eine gemeinsame bilaterale Ebene jeweils.“
WOLF: „Gut. Momentan ist es nichtmilitärisch.
Jetzt hat man ja lang nicht gewusst, was man mit den Eurofightern tun soll. Also, Sie sind ja für die verantwortlich. Die wollte man auch zum Teil schon verkaufen. Jetzt behalten wir sie. [PROMBERGER: „Mhm.“] Sie werden relativ teuer nachgerüstet. Und im Februar hat die Verteidigungsministerin auch gesagt, Österreich kauft möglicherweise noch weitere Eurofighter. Wird das passieren?“
PROMBERGER: „Das ist derzeit ein Prüfungsvorgang. Diese … ein Midlife-Upgrade, das ist ein normaler Vorgang bei Rüstungsgütern. Das wird auch derzeit gerade bearbeitet. Wird dann Frau Bundesministerin final zur Entscheidung vorgelegt. Da geht’s beispielsweise um moderne Software oder um Radarlenkwaffen, die entsprechend notwendig sind.“
WOLF: „Ja, das ist ja schon bekannt. Aber die Frage war: Kaufen wir noch weitere Eurofighter?“
PROMBERGER: „Das ist derzeit Prüfungsgegenstand.“
WOLF: „Bis wann wird das entschieden?“
PROMBERGER: „Ich gehe davon aus, dass das noch heuer entschieden wird.“
WOLF: „Und jedenfalls werden noch andere Flieger gekauft, als Nachfolger für die Saab-105 [PROMBERGER nickt], die ja schon vor Jahren ausgemustert wurden. Und da sollte die Typenentscheidung bis zur Jahresmitte fallen. Die Jahresmitte war letzte Woche. Ist die Entscheidung gefallen?“
PROMBERGER: „Ist mir momentan nicht bekannt. Mein Zeithorizont war bis Jahresende, wo das entschieden werden sollte. Es steht ja nicht nur der Advanced Jet Trainer als Nachfolger für die Saab-105, an, sondern auch der Ersatz der ,Hercules‘, das Transportflugzeuge, oder Ersatz der Augusta Bell 212, der Transportflotte. Auch hier sind Entscheidungen notwendig und die sollen alle bis Ende des Jahres getroffen werden.“
WOLF: „Herr Brigadier, vielen Dank für Ihren Besuch im Studio.“
Demnächst Windmessungen auf Lehmberg
https://salzburg.orf.at/stories/3214343/Bis zu 15 Windräder seien auf dem Lehmberg jedenfalls möglich, sagt Grundbesitzer Max Mayr Melnhof. Sollte sich der rund 1.000 Meter hohe Lehmberg als guter Windstandort bestätigen, möchte die Salzburg AG zusammen mit der Wien Energie und Grundeigentümer Mayr Melnhof sowie unter Einbindung der Region konkretere Planungen starten.
Windräder auf dem Lehmberg zwischen Thalgau und Neumarkt am Wallersee könnten so viel Strom wie etwa drei Salzach-Kraftwerke produzieren. Ein gewichtiges Wort mitzureden hat aber auch das Bundesheer, das bereits mögliche Störungen der Radarstation auf dem benachbarten Kolomannsberg untersuchen hat lassen – das Ergebnis ist noch nicht bekannt.