Mit diesem Beitrag möchte ich erreichen, dass die Leistungen der k.u.k. Kriegsmarine und ihrer Luftfahrtruppe - in einer Zeit, wo das Flugzeug im Frühstadium seiner Entwicklung war - ins rechte Licht gerückt werden:
Denn: Es gab bereits vor und im
1. Weltkrieg eine k.u.k. Marine-Luftwaffe.
Die Kapitel und Fortsetzungen dieses Beitrages erscheinen auch in der Zeitschrift
des Heeressportvereines-Modellbau
HSV-MODELLBAU-INFO
In den Anfängen stellte man sich vor, Flugzeuge als Aufklärer und
zur Schussbeobachtung der schweren Schiffseinheiten einzusetzen.
Erst viel später gab es "echte" Kampfaufträge für die
Piloten, wie z.B. die Abwehr feindlicher Flugzeuge, Luftschiffe und später
auch U-Boote, das Suchen und Vernichten von Minenfeldern auf See, die Bekämpfung
der Infrastruktur in Italien sowie die Unterstützung der Isonzo-Armee aus
der Luft.
Besondere Erfolge der k.u.k. Marineflieger waren der erste Abschuss eines Luftschiffes
der Alliierten (- der zweite eines Luftschiffes überhaupt) und die erste
Versenkung eines U-Bootes aus der Luft. Zu beiden Ereignissen finden Sie Artikel
auf diesen Seiten.
Korvettenkapitän Müller von Thomamühl - bekannt durch viele Erfindungen
(Luftkissenboot, Lichtsperre, usw.) - erprobte sogar erstmals Torpedoabwürfe
mit See-Flugzeugen.
Die "Männer in den fliegenden Kisten" waren durchwegs Angehörige
der Marine - meist sogar Seeoffiziere, die also mit Navigation und Ansprache
von Schiffen vertraut waren.
Star der Seeflieger war LSchLt. Gottfried von Banfield, der vor allem von Triest
aus seine Abwehrflüge gegen den übermächtigen Gegner unternahm
- und das mit Flugbooten(!), die durch ihre Wendigkeit und Geschwindigkeit den
feindlichen Flugzeugen meist unterlegen waren.
Bei Kriegsende hatte er etwa 20 Luftsiege. Davon allerdings nur 9 bestätigte,
mit denen er an der 15. Stelle in der Rangliste der k.u.k. Fliegerasse war.
In Wirklichkeit war seine Erfolgszahl viel höher, weil viele angeschossene
feindlichen Flugzeuge im eigenen Hinterland bzw. auf See niedergehen konnten
und daher nicht als Abschuss galten.
Links die Büste von The Modeller. © The Modeller
Zur Einleitung folgen nun Informationen über die Entwicklungsgeschichte
der neuen Waffe. Alle Ortsbezeichnungen in der damaligen Sprache.
die Flugzeuge am Beginn.
1903 gelang den Gebrüdern Wright der erste Motorflug.
Ab dem Jahr 1911 standen der Kriegsmarine (KM) die ersten Flugzeuge zur Verfügung:
Alles Landflugzeuge, die den späteren Anforderungen allerdings überhaupt
nicht entsprachen.
Die ersten Seeflugzeuge der KM konstruierten noch unerfahrene, heimische Erzeuger.
der Marineapparat 1
Die Seeflugzeuge der ersten Stunde: Nr. 8, 10, 11, 12 (alle Donnet Leveque)
und
Nr. 9 (Curtiss).
Auch ausländische Muster standen in Verwendung, bzw. wurden "Paten"
für die eigenen Entwicklungen: z.B. Curtiss-Farman, Donnet-Leveque.
1913 sind die ersten bei Lohner (Wien) gebauten Flugboote in Dienst gestellt
worden. Die ersten Piloten erhielten ihre Ausbildung im Ausland oder an der
Wiener Neustädter Schule der Heeresflieger.
erste kriegsmäßige Einsätze der neuen Marineluftwaffe.
Im April und Mai 1913 fanden die ersten Einsätze von drei k.u.k. Flugbooten
im Rahmen der internationalen Blockade vor dem neu gegründeten Staat Albanien
statt. Die Blockade sollte die Serben zum Rückzug zwingen.
Unsere Marineflieger flogen Aufklärung und Schussbeobachtung - ganz nach
dem ursprünglichen Einsatzmuster.
1913 gab es auch den ersten Nachtflug und Versuche zum Einbau von Funkgeräten.
die "E"-Flugboote von Lohner
Die Konstrukteurgemeinschaft zwischen Igo Etrich, Josef Mickl und Karl Paulal
- entwickelte nach den Erfahrungen mit den Donnet-Leveque-Flugbooten die E-Flugboote,
die bei Lohner in einer Serie von 28 Stück gebaut wurden.
Erstflug 10. November 1913. Im Jänner 1914 war die erste Serie von fünf
Maschinen fertiggestellt.
Die Abbildung zeigt E17.
Das "E" stand für Igo Etrich, einem Konstrukteur aus dem Team.
Ende November wurde in das Flugboot E17 das erste MG eingebaut - bis dahin waren
die Besatzungen mit Karabiner und Pistole unterwegs. Es war also das erste wirkliche
"Kampfflugboot" (Bild oben).
die "L"-Flugboote von Lohner.
Lohner-Flugboot L61
Schon während des Baus der "E"-Flugboot-Serie bei Lohner wurde
von den Konstrukteuren ein neues Flugboot entworfen, dessen erste Serie im November
1914 in Auftrag gegeben wurde.
Ab 1915 standen die neuen L-Flugboote zur Verfügung, die sehr erfolgreich
werden sollten. Und zwar so erfolgreich, das die italienische Fabrik Macchi
eine Serie von 150 Stück nach einem erbeuteten Muster nachbaute.
Wieder einmal ein Beispiel für die ewige materielle Überlegenheit
des Kriegsgegners Italien, der taugliche Geräte in kürzester Zeit
und in großen Stückzahlen produzieren konnte.
Lohner-Flugboot L40
Großflugboote.
Im Jahr 1916 wurde ein Auftrag für Großflugboote erteilt, die Platz
für eine 3-köpfige Besatzung und ein erweitertes Waffenpotential bieten
sollten. Diese bewährten sich aber im ersten Anlauf nicht. Die Flugmotoren
waren einfach zu dieser Zeit noch zu schwach.
Großflugboot G6
1916: von der Luftherrschaft zur Defensive.
Bis zum Jahr 1916 hatten unsere Flugboote die absolute Luftherrschaft über die Adria errungen. Danach wurden sie immer mehr in die Defensive gedrängt. Man versuchte daher neue Wege mit den Schwimmerflugzeugen Friedrichshafen FF33H (April 1916) und Hansa-Brandenburg NW (August 1916) aus Deutschland zu gehen.
Nachdem durch die Kriegslage bereits eine ausreichende Lieferung nicht mehr
gewährleistet war, wurde diese Linie abgebrochen und die Hoffnung in Neuentwicklungen
bei heimischen Flugbooten gesetzt:
1916/17 - die "K-Flugboote".
In den Jahren 1916/17 baute man 82 Flugboote des Typs "K", wovon
im Oktober 1918 noch 29 Flugboote dieses Typs vorhanden waren.
Die K-Boote hatten eine verhältnismäßig hohe Geschwindigkeit
von 130 bis 140 km/h, wodurch sie auch als Jagdflugzeuge verwendet werden konnten.
Bewaffnung und Besatzung richtete sich nach dem Einsatz: Aufklärung wurde
mit 3 Mann und zwei MGs geflogen - bei Bombenflügen wurden 2 Mann und über
200kg Bomben mitgenommen.
Flugboot K199
Landgestützte Jagdflugzeuge für die Marine-Luftwaffe.
Der Bedarf an "echten" Jagdflugzeugen stieg rapid an: Schneller und
höher einfliegende Bombenflugzeuge griffen auch den Haupthafen Pola immer
wieder an. Deshalb trat man mit der Deutschen Heeresverwaltung über den
Ankauf von sechs Fokker E III in Verhandlungen ein. 6 Stück trafen im August
1916 in Pola (Alturafeld) ein und erhielten teilweise statt den originalen,
motorgesteuerten MG 08 heimische Schwarzlose-MG mit Motorsteuerung und Gurtzuführung.
Skizze einer Fokker E III
Jäger im "Boot".
Der berühmte Marinepilot Banfield flog von Oktober 1916 bis Mitte 1918
u.a. seinen "blauen Vogel" - das Lohner-Jagdflugboot A11 mit 2 MG
s und einer Geschwindigkeit bis 180 km/h.
Kurt Heinkel - der Chefkonstrukteur der Hansa Brandenburg-Werke - entwarf ein
Abwehrflugboot CC - von dem die erste Serie von 12 Stück ab Oktober 1916
in Pola eintraf. Eine weitere Serie von 24 Stück trafen bis Mai 1917 ein.
Hansa-Brandenburg
Abwehrflugboot CC
Abwehrflugboot A16
neue Phönix-Jäger für die Marine
Phönix DI
Zur Abwehr der hochfliegenden italienischen Bomber wurden Ende 1917 20 Stück
Phönix
D I (Marineversion 200 PS-Hiero, 2 x 8 mm Schwarzlose) angeschafft. Von der
weiter entwickelten Phönix DII waren weitere 50 Stück bestellt - von
denen bis Kriegsende noch etwa 20 Stück ausgeliefert wurden.
Vom Muster Phönix DIII war nur mehr der Prototyp vor Kriegsende fertig.
Nach Kriegsende konnte das Muster - und später produzierte Flugzeuge des
Typs - an Schweden verkauft werden.
Skizze der Phönix DI
das letzte Aufgebot: Deutsche Muster in österreichischen Diensten.
W29 Hansa-Brandeburg/C-Typ
Nach dem deutschen Muster W29 Hansa-Brandeburg/C-Typ - einem ebenfalls von
Prof. Heinkel entwickelten Seejäger mit zwei Schwimmern - wurden noch eine
Staffel von 24 Stück bei der UFAG als Lizenzbau bestellt.
3 Maschinen wurden bis Kriegsende gebaut und erprobt - alle 25 Motoren lagen
bereit.
Torpedoflugzeug HB GW 23
Mit einem 2-motorigen deutschen Torpedoflugzeug HB GW 23. wurden gemeinsam
mit der Torpedofabrik Whitehead und unter dem Kommando von Thomamühl Versuche
gestartet. Angeblich war auch zwei weitere deutsche Flugzeug-Modelle im Einsatz.
Albatros W4
Als Aufklärungsflugzeuge wurden in Deutschland 8 Albatros W4 und 4 Rumpler
6B2 gekauft, die in Pola Juli 1918 eintrafen.
Sie flogen bis Kriegsende - vermutlich zumeist noch in der alten deutschen Bemalung.
Das nahende Kriegsende war durch chronischem Materialmangel vor allem bei Motoren
geprägt.
Viele Projekte wurden nicht mehr durchgeführt - viele Bestellungen nicht
mehr ausgeliefert
Piloten und technisches Personal
1914 bis 1918.
zwei Marinefliegerbüsten von The Modeller.
224 Mann standen nach Kriegsbeginn - Ende 1914 - in Dienst. Bereits Ende 1915 waren 1.113 Mann und am 1.8.1917 2.142 Mann im Einsatz. Im letzten Kriegsjahr - am 1.7.1918 - standen 2.428 Mann auf den Dienstlisten.
65 Mann gerieten in Gefangenschaft - acht davon gelang die Flucht. 510 Offiziere und Mannschaften - jeder dritte Pilot - verloren im Flugdienst ihr Leben.
die Flugeinrichtungen rund um Pola, dem Hauptkriegshafen.
Hauptkriegshafen Pola und Umgebung.
1910 begannen am Alturafeld bei Pola erste Versuche mit dem Mickl-Flugzeug -
vorerst als Radflugzeug gebaut. Die Versuche wurden mit Schwimmern als "Marineapparat
1" (natürlich im Wasser!) fortgesetzt.
Die Fokker E III waren später auch bei Altura stationiert.
Die Bucht des Hauptkriegshafens Pola. Gut zu sehen die Insel St. Catarina.
Im Februar 1912 begann der Betrieb auf der Seeflugstation St. Catarina auf
der gleichnamigen Insel im Kriegshafen Pola.
1914 wurde die Insel durch Aufschüttungen erweitert und im Juni 1915 die
hölzernen Hangars durch eiserne ersetzt. Im August 1918 wurde eine Brücke
nach Monumenti errichtet, sodass die Werftarbeiter darüber bei Bombenangriffen
flüchten konnten.
Etwa ein Jahr später wurde die Seeflug-Schulstation auf der Insel Cosada
in Betrieb genommen. Bis dahin wurden die Seeflieger auf den Flugschulen der
k.u.k. Fliegertruppe ausgebildet.
Im September 1916 kam die Abwehrflug-station in Valbandon dazu. Ab September
1917 waren Phönix-Land-Jagdflugzeuge DI dort stationiert - sie sollten
Hafen und Stadt Pola vor den zunehmenden Angriffen der Italiener schützen.
Im August 1918 wurden die neuen Phönix-Jagdeinsitzer DII auch dort eingesetzt.
St. Catarina im Jahr 1918
Die Seeflugstation St. Catarina heute. © Grestenberger
die Seeflugstationen und Flugstützpunkte 1911 bis 1918.
Seeflugstationen (SFSt) - mit fixen Hangars und Flugwerkstätten.
Flugstützpunkte (FSP) -
für Treibstoffergänzung, kleine Reparaturen und als Zufluchtsort bei
Schlechtwetter.
Ort in Betrieb ab Verwendung
St.Catarina Ende 1911 Erste SFSt*)
Insel Cosada Ende 1912 Schulfugstation (Flugschule
d. Marine)
Sebenico Juni 1914 Seeflugstation
Kumbor Ende 1914 Seeflugstation
Trapana Feber 1915 Flugstützpunkt
Vallegrand Feber 1915 Flugstützpunkt
Lagosta Mai 1915 Flugstützpunkt
Ivanko Mai 1915 Flugstützpunkt
Triest Juni 1915 Flugstützpunkt
Puntisella Feber 1916 Seeflugstation
Keszthely/
Plattensee Oktober 1915 Seeflugstation zur Fabrikabnahme
Durazzo März 1916 Flugstützpunkt
Rogosniza Juni 1916 Flugstützpunkt
Curzola Juni 1916 Flugstützpunkt
Lussin August 1916 Flugstützpunkt
Fiume August 1916 Flugstützpunkt
Parenzo September 1916 Flugstützpunkt
Gravosa August 1917 Flugstützpunkt
Sette Castelli November 1917 Flugstützpunkt
Zara November 1917 Flugstützpunkt
Odessa Mai 1918 Seeflugstation
Cervera August 1918 Seeflugstation