Phoenix hat geschrieben: ↑Fr 20. Okt 2023, 10:18
Die Aussage mit Level 4-5 stammt von einem Evo Kommandanten selbst (habe ich auch bekommen). Es leitet sich ab aus 20mm AP aus 500m rundum. Das ist / soll der reale Schutz des Fahrzeugs mit der gewählten Zusatzpanzerung sein die wir haben. Die Klassifizierung mit Level 3 soll das Basisfahrzeug sein.
Das ergibt alles keinen Sinn. Die Aussage, dass der Pandur EVO ballistischen Schutz stammt aus einen von GDELS bezahlten Fachbeitrag (Advertorial)
bei der Europäischen Sicherheit und Technik. Dort steht wortwörtlich:
"
Das Fahrzeug ist inklusive des Minenschutzes und der Zusatzpanzerung von Rheinmetall Protection Systems – Schutzklasse gemäß STANAG 4569 Level 3 ballistisch [...]".
Würde der Pandur EVO besagten Schutz ohne Zusatzpanzerung erreichen, wäre er schlichtweg
eine Fehlkonstruktion. Laut IBD Deisenroth - der Firma, die die Zusatzpanzerung für den Pandur EVO entworfen hat und von Rheinmetall aufgekauft wurde - braucht es 20 mm Panzerstahl für Schutz nach STANAG 4569 Level 3 (siehe z.B.
dieses Foto eines Messeexponates). Typischerweise haben moderne Radfahrzeuge wie Fuchs, Piranha, LAV/Stryker aber auch Patria Sisu/AMV und die diversen BTR-Modelle eine Blechdicke von unter 13 mm; der Trend geht zu dünneren Stahlblechen, weil man eben mittels adaptierter Zusatzpanzerung (wie beim Pandur EVO) deutlich gewichtseffizienteren Schutz erreichen kann.
Wie der Pandur EVO dann bei 4-5 Tonnen weniger Gewicht als moderne Konkurrenzmodelle wie Fuchs Evolution (mit Panzerung vom gleichen Hersteller!) und Patria CAVS einen höheren Panzerschutz erreichen soll, kann auch niemand erklären...
Natürlich kann es sein, dass ein Evo-Kommandant irgendwas von Schutz gegen 20-mm-AP-Munition erzählt - eine solche Schutzforderung macht allerdings null Sinn (niemand nutzt solche Munition) und widerspricht den offiziellen Angaben des Herstellers. Zudem wären das auch geschützte Informationen, die nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben werden dürften. Wahrscheinlich hat hier jemand AP-Munition und 20-mm-FSPs verwechselt, die laut NATO AEP-55 STANAG 4569 für die Simulation von Artilleriesplittern verwendet und
bei allen Schutzklassen nach STANAG 4569 (mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten/aus unterschiedlichen Entfernungen)
gestoppt werden müssen.
Phoenix hat geschrieben: ↑Fr 20. Okt 2023, 10:33
Im Vergleich ULAN / Pandur Evo ist ja grundsätzlich nicht ganz verkehrt. Der Ulan hat ja als Zusatzpanzerung das Vorgängerprodukt des Pandur Evo (Mexas vs. AMAP). Natürlich spielt hier auch die Dicke des Materials mit aber bei so einem Generationssprung würde ich ein vergleichbares Schutzniveau nicht ausschließen. Und für die Leute die das Gerät echt kaufen bekommen auch sicher ganz andere Daten / Unterlagen um hier zu entscheiden. Und da beide Fahrzeuge mit Add-On Panzerung arbeiten ist hier nach Kundenwunsch ja sehr viel möglich. Und ja - nicht jeder Kommandant erzählt / glaubt immer die Wahrheit, aber es war zumindest in meinem Fall auch jemand vom ARWT dabei und der entsprechende Kommandant war (gemäß eigener Aussage) direkt in die Entwicklung / Weiterentwicklung eingebunden.
MEXAS und AMAP sind nur Markennamen; die haben an sich nichts zu bedeuten und weisen nicht auf eine unterschiedliche Konstruktion hin. Wenn man sich nur mal
die aktuelle Broschüre von Rheinmetall ansieht, wird man feststellen, dass dort Fahrzeuge wie der Leopard C2, das LAV III, die kampfwertgesteigerten M113/M557 von Kanada und Norwegen, der SPz Ulan (!) und weitere Fahrzeuge aufgelistet werden, die "eigentlich" MEXAS nutzen; als diese Panzerfahrzeuge entworfen bzw. aufgepanzert wurden, gab es die AMAP-Marke noch gar nicht.
IBD hatte schon zwei Nachfolgermarken (!) genutzt:
IBD ProTech und
IBD NanoTech. Zeitweise unterschied die Firma auch zwischen
AMAP und
AMAP 4th Generation. Rheinmetall hat nur die Marke AMAP genutzt und die neuen Marken - nach Übernahme von IBD - aufgegeben.
Ich glaube, hier stellen sich einige Leute falsch vorstellen, wie Panzerung entwickeltund genutzt wird. Erst spezifiziert die beschaffende Behörde den gewünschten Panzerschutz im Pflichten-/Lastenheft bzw. den taktisch-technischen Forderungen (TTF). Die Hersteller entwickeln bzw. passen dann eine Panzerlösung basierend auf diesen Forderungen an das Fahrzeugdesign an. Es gibt nicht den Fall, dass man eine Panzerlösung "auf Halde" hat oder etwas "von der Stange" nehmen kann, da jedes Fahrzeug (allein aufgrund der Oberfläche) Anpassungen benötigt.
Dabei kann der geforderte Schutzlevel nicht um mehrere Leistungsklassen übertroffen werden, weil soetwas keinen Sinn machen würde. Man würde eher die Materialstärke (und damit auch Kosten sowie das Gewicht der Panzerungslösung) reduzieren, um die Chancen zu erhöhen, den Vertrag zu gewinnen. Auch wenn "AMAP" bzw. die beim Pandur EVO genutzte Panzerung moderner als die Panzerung des Ulans ist, bedeutet das nicht, dass dort unbedingt effizientere Materialen zum Einsatz kommen - letzten Endes sind Preis und Gewicht die Faktoren, die entscheiden wie die Panzerung ausgeführt wird.
theoderich hat geschrieben: ↑Sa 21. Okt 2023, 01:32
Es könnte eine "abgespeckte" Version von
AMAP-B in der Konfiguration "Medium Armor" sein (Schutz gegen: Splitter, Munition von Kleinwaffen, Munition von schweren Maschinengewehren, KE-Munition bis zu 30 mm, Panzerabwehrlenkwaffen).
Die Konfiguration "Light Armor" schützt gegen Splitter, Munition von Kleinwaffen, Munition von schweren Maschinengewehren und KE-Munition bis zu 14,5 mm. Das entspricht bereits STANAG 4569 Level 4! Diese Panzerung findet aber auf gepanzerten Lkw wie der Fahrerkabine für den
Iveco M170.33 WM oder am Iveco LMV Verwendung. Die Angaben sind bereits 15 Jahre alt - da hat es bestimmt deutliche Verbesserungen in der Schutzwirkung gegeben (Roll-out des Pandur EVO: 2018!).
Nein. Es gibt nicht "
eine Medium Armor Version" und "
eine Light Armor Version" von AMAP-B, es handelt sich nur um eine Auflistung von möglichen Anwendungen und erreichbaren Schutzklassen für leichte Panzerfahrzeuge (light armor), mittlere Panzerfahrzeuge (medium armor) und schwere Panzerfahrzeuge (heavy armor).
Mögliche Anwendungen und erreichbare Schutzklassen bedeutet dabei, dass nicht jedes leichte Panzerfahrzeug (wie z.B der Husar/LMV und der LKW Iveco M170.33 WM) gegen 14,5-mm-MGs geschützt sind, sondern, dass es möglich wäre ein solches Fahrzeug mit entsprechender Panzerung zu versehen. Gerade der Iveco LMV wurde mit verschiedenen AMAP-Panzerungslösungen an verschiedene Nutzerstaaten verkauft und hat jeweils auf den Nutzer angepassten Panzerschutz.
Auch der in der alten Broschüre gezeigte Freccia-Schützenpanzer ist nicht gegen 30-mm-Munition und Panzerabwehrhandwaffen ("Anti-Tank-Missiles") geschützt, aber andere Fahrzeuge mit AMAP-Zusatzpanzerung sind das schon. Dabei ergibt sich die genaut Konstruktion der Zusatzpanzerungsmodule aus den Schutzforderungen; z.B. nutzt der Freccia eine Keramikpanzerung, der Strf 9040C jedoch eine Beulblechpanzerung ohne Keramikanteil.
Neuere Panzerung bedeutet in der Regel, dass man den gewünschten Schutz bei geringeren Kosten oder geringerem Gewicht erreicht - wird kein höherer Schutz gefordert (wie z.B. beim Pandur EVO, es gibt keinen Grund warum jemand für ein solches Fahrzeug Schutz gegen RPGs oder Mittelkalibermunition fordern sollte), wird auch keine Panzerungslösung für ein solchen Schutz entworfen.
Die Dicke der Zusatzpanzerungsmodule sagt eigentlich schon alles aus, was man wissen muss...