https://www.nachrichten.at/politik/land ... 83,4002558OÖNachrichten: Die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos haben nun offiziell begonnen. Was erwarten Sie sich von einer neuen Regierung für das Bundesheer?
Dieter Muhr: Einen pragmatischen Ansatz in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, mit dem man die aktuellen Bedrohungen klar zur Kenntnis nimmt – und daraus als logische Konsequenz eine Kontinuität beim Aufbauprogramm für das Bundesheer.
Die budgetäre Lage ist angespannt, Sparmaßnahmen stehen im Raum. Haben Sie Angst, dass davon auch wieder wie in der Vergangenheit das Militär betroffen sein könnte?
Das Bundesheer ist ohnehin immer sparsam, einfach schon deshalb, weil wir per Gesetz zum zweckmäßigen und zielgerichteten Einsatz unserer Mittel verpflichtet sind. Aber wenn Sie hier eine Reduktion der zugesagten Mittel ansprechen, dann glaube ich nicht, dass es dazu kommen wird. Es gibt eine solide Mehrheit im Parlament, die hinter den Ausbauplänen für das Heer steht. Da sich die geopolitische Sicherheitslage nicht verbessert hat, gehe ich davon aus, dass das auch so bleibt. Zudem ist auch das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung entscheidend. Man sieht das auch beim Vertrauensindex, wo das Bundesheer als Institution stark steigende Werte hat. Das bekommen wir auch als Vorschuss dafür, dass wir ausreichend militärische Stärke haben, um unser Land zu verteidigen. Ich erwarte daher keine nennenswerten Einschränkungen.
In Österreich musste das Bundesheer lange darben, nun will man wieder aufrüsten. Wie lange wird es dauern, bis man wieder absolut verteidigungsfähig ist?
Wir haben den Plan 2032+, da sind die Entwicklungslinien definiert, da ist die Finanzierung gesichert. In einzelnen Bereichen werden wir schon vor 2032 die entsprechenden Fähigkeiten aufgebaut haben, aber insgesamt wird es schon dauern, dass man jeden Angreifer auf Österreich nachhaltig abschrecken kann. Man kann nicht über Nacht alles aufholen. Dieser Aufbau ist zudem nicht nur Aufgabe des Bundesheeres, sondern es ist eine nationale Kraftanstrengung.
Haben Sie den Eindruck, dass die Bevölkerung für diese nationale Anstrengung bereit ist?
Es gibt ein Umdenken, ganz klar, und ich glaube, das hat erst so richtig begonnen. Die US-Wahl hat da noch einmal einen Schub gebracht. Viele sind jetzt aus ihren Träumen gerissen. Man sieht ja, dass sich die Lage rund um Russland in den vergangenen Tagen nochmals zugespitzt hat, die USA und Russland testen sich momentan gegenseitig. Jetzt dürfte das alles erst so richtig losgehen. Das sind Entwicklungen, die uns noch intensiver prägen werden, der Druck, unsere Bemühungen zu beschleunigen und zu verstärken, wird steigen.
Gehört zur Aufbauarbeit nicht auch, dass künftig wieder mehr Präsenzdiener pro Jahrgang einrücken?
Wir haben die allgemeine Wehrpflicht, damit finden wir das Auslangen. Aber natürlich ist es herausfordernd, wir müssen auch die vielen Abgänge in die Pension beim Kaderpersonal abfedern.
Generalstabschef Rudolf Striedinger hat kürzlich gefordert, dass die Wehrpflicht wieder von sechs auf acht Monate angehoben werden soll.
Das ist eine Sache, von der ich hoffe, dass sie die nächste Regierung auf die Agenda nimmt und eine vernünftige Entscheidung trifft. Denn es ist eine politische Entscheidung.
Sind Sie zuversichtlich, dass das Bewusstsein für die Wichtigkeit der militärischen Verteidigung weiter steigt und damit auch mehr Präsenzdiener zum Heer kommen?
Sicher. Es ist doch eine Identitätsfrage für die gesamte Republik. Die Landesverteidigung ist eine nationale Kraftanstrengung. Das Heer kann die jungen Menschen nicht zum Militärdienst zwingen, der Wehr- und Widerstandswille der Bevölkerung muss da sein, der Selbstbehauptungswille der Bevölkerung. Wir sind ein prosperierendes, lebenswertes Land, und wir sollten uns darauf besinnen, dass wir das auch verteidigen wollen.
Gleichzeitig gab es in der jüngeren Vergangenheit Umfragen, die zeigten, dass die Bereitschaft, das Land mit der Waffe zu verteidigen, erschreckend gering ist.
Ich glaube, dass der Wille zur Verteidigung da ist. Aber uns war lange nicht mehr bewusst, dass das auch bedeutet, man muss bereit sein, das Land auch militärisch zu verteidigen. Das ist der österreichischen Gesellschaft abgewöhnt worden, militärische Landesverteidigung wurde zum Tabu. Jetzt sind wir wieder an einem Punkt, wo man erkennt, dass es doch wichtig ist. Der Wehrwille wird da sein, da bin ich mir sicher.
Dumm nur, dass kürzlich an einem Wochenende die Eurofighter in Zeltweg wegen Personalmangels nicht abheben konnten. Für das Image des Heeres ist das nicht optimal. Hätte das in Hörsching auch passieren können?
Was genau dafür verantwortlich war, will ich nicht beurteilen. Wir haben in Hörsching auf jeden Fall alles, um jederzeit einen Flugbetrieb gewährleisten zu können.
Während der Krise im Nahen Osten konnten die Hercules Transportmaschinen nicht starten. Bei der Bevölkerung entstand da der Eindruck: Wir sind nicht gut aufgestellt. Wie geht es Ihnen da dabei?
Genau gleich. Aber das wird mit den neuen Flugzeugen anders. Die Embraer sollen ab 2028 kommen.
… als Teil eines massiven Ausbaus bei Geräten und Infrastruktur für den Fliegerhorst Vogler in Hörsching. Bei der Infrastruktur ist von 1,2 Milliarden Euro die Rede. Geht sich das mit einem angeblich jährlichen Baubudget von 50 Millionen Euro für Hörsching in relativ kurzer Zeit aus?
50 Millionen kann ich nicht bestätigen. Aber: Die 1,2 Milliarden Euro sind für den Zeitraum 2032+ geplant. Klar ist, dass während der Bauzeit der Betrieb weiterlaufen muss. Das ist eine Reparatur am laufenden Motor.
Gibt es einen klaren Zeitrahmen für den Beginn der Bauarbeiten?
Die Hangars sind alles riesige Gebäude, da braucht es genaueste Planungen. Die wurden an einen zivilen Flughafenplaner vergeben. Die Ausschreibung wollen wir im zweiten Halbjahr 2025 schaffen. Wir arbeiten auf alle Fälle auf Druck und so, dass wir 2027/28, wenn die Flugzeuge kommen, fertig sind.
Dazu gibt es Überlegungen, Jet-Trainer zu kaufen. Da heißt es, es geht nur noch um die Typenentscheidung. Man hört aber auch, es gibt eine Prioritätenliste eins bis fünf, die Jet-Trainer sind nur fünf – also weit in der Zukunft.
Das ist auch ein maßgeblicher Grund dafür, dass wir uns auf das konzentrieren, was in allen Fällen fix ist. Also: Was ist bestellt, wann kommt etwas, und das wird sein.
Kommen wir zum Personal zurück. Wie stark ist das Heer personell – und was brauchen wir abseits der technischen Ausrüstung, dass die Abschreckungsstrategie zu greifen beginnen kann?
Jetzt haben wir einen Mobilmachungsrahmen von 50.000. Rund 21.500 davon sind Berufssoldaten inklusive Zivilbedienstete. Dazu kommen die jährlich einrückenden Grundwehrdiener.
Das heißt: Berufssoldaten plus Miliz und Grundwehrdiener ergibt die Mobilmachungsstärke …
Genau.
Mit welchem Verlauf rechnen Sie beim Krieg Russlands gegen die Ukraine?
Ich gebe hier keine Einschätzungen ab. Ich glaube, dass selbst die handelnden Personen derzeit die Frage nicht beantworten können. Klar ist leider eines: Wir sind gerade in keiner guten Zeit.
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