Medienberichte 2023

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theoderich
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von theoderich »







muck hat geschrieben: Do 29. Jun 2023, 19:11
„Es muss eine wesentliche Ergänzung dabei sein, die die Rolle der Neutralen erwähnt.“
Wieso? Die Neutralen wollen doch gar keine Rolle.
Habe ich mir bei der Lektüre auch gedacht. Man will es wohl schwarz auf weiß haben, dass man als "neutraler" Staat der Ukraine keinerlei Unterstützung leisten muss.

Eine kleine verfassungsrechtliche Anmerkung meinerseits: In den Verhandlungen zum EU-Beitritt wurde seitens Österreich wiederholt betont, dass man den "acquis communautaire" vollständig akzeptieren werde:

Ansprache von Bundespräsident Dr. Thomas Klestil anläßlich der Eröffnung des Symposiums „Der Wirtschaftspartner Österreich im gemeinsamen Europa“ ( Deutscher Industrie- und Handelstag), Bonn, am 14. Dezember 1993, in: Österreichische außenpolitische Dokumentation Nr. 1/94. Februar 1994. Texte und Dokumente (Wien 1994), p. 51-55

In den Verhandlungen auf der Ebene der Botschafter angenommene Gemeinsame Erklärung zur Gemeinsamen Außen - und Sicherheitspolitik, 21. Dezember 1993, in: Österreichische außenpolitische Dokumentation Nr. 1/94. Februar 1994. Texte und Dokumente (Wien 1994), p. 56-57

https://diglib.uibk.ac.at/download/pdf/8533200.pdf

Die Bundesregierung hat dem Nationalrat im März 1994 einen Bericht über das Ergebnis der Beitrittsverhandlungen zur EU vorgelegt, in dem der "Kerngehalt der Neutralität" definiert wurde:
Kapitel 24: Außen- und Sicherheitspolitik

Die Position der Bundesregierung zu dieser Thematik war von der Überzeugung geprägt, daß gerade außen- und sicherheitspolitische Argumente für den Beitritt Österreichs zur EU sprechen. In seiner Erklärung anläßlich der Eröffnung der Verhandlungen am 1. Februar 1993 betonte AuBenminister Dr. Mock, daß die Gemeinschaft nach der Aufhebung der Ost-West-Teilung des Kontinents zum politischen
Gravitationszentrum Europas und zum Bezugspunkt für alle europäischen Staaten geworden sei. Der Beitritt zur Union biete Österreich die Möglichkeit, jene Entscheidungen mitzugestalten und mitzubestimmen, die die Zukunft Europas und damit auch die Österreichs prägen werden.

Ausgehend von diesen Überlegungen bekannte sich die Bundesregierung zu den Zielsetzungen der im Vertrag über die Europäische Union verankerten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und zur solidarischen und aktiven Mitwirkung Österreichs an dieser Politik. Diese Haltung wurde bereits im Juni 1992 den Mitgliedstaaten der Europäischen Union in einem Aide Mémoire zur Kenntnis gebracht. Sie wurde in der Folge auch vom Nationalrat mit Entschließung vom 12. November 1992 ausdrücklich gebilligt.

Gleichzeitig ging die Bundesregierung davon aus, daß zwischen den Verpflichtungen eines EU-Mitgliedstaates und den Kernelementen der Neutralität kein Widerspruch besteht, und Österreich somit der Europäischen Union als neutraler Staat beitreten wird. Durch seinen Beitritt zur Europäischen Union wird Österreich weder zur militarischen Teilnahme an Kriegen verpflichtet, noch muß es Militärbündnissen beitreten oder der Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiet zustimmen.

Ausgehend davon, daß der Beitritt zur Europäischen Union mit dem erwähnten Kerngehalt der Neutralität Österreichs vereinbar ist, sah die Bundesregierung davon ab, die Neutralität zum Thema der Beitrittsverhandlungen zu machen. Sie strebte im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik keine Ausnahmen und Sonderregelungen an, war jedoch auch nicht bereit, irgendwelche über den Maastrichter Vertrag hinausgehende Verpflichtungen einzugehen. Diese Linie beruhte auf der festen Auffassung, daß die Interpretation der osterreichischen Neutralität sich nicht als Verhandlungsgegenstand eignet, sondern ausschließlich Österreich überlassen bleiben muß.
https://www.parlament.gv.at/gegenstand/ ... dStage=100

Die Schlussakte des Beitrittsvertrags enthält ein Bekenntnis der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden, dass sie
ab dem Zeitpunkt ihres Beitritts bereit und fähig sein werden, sich in vollem Umfang und aktiv an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, so wie sie im Vertrag über die Europäische Union definiert ist, zu beteiligen
In der Regierungsvorlage zum Bundesverfassungsgesetz über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union hat die Bundesregierung 1994 folgendes angemerkt:
In diesem Zusammenhang ist ferner darauf hinzuweisen, daß Österreich anläßlich der Behandlung des Kapitels 24 ("Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik"/GASP) im Rahmen der Verhandlungen über einen Beitritt Österreichs zur Europäischen Union folgende Erklärung abgegeben hat: "Österreich geht davon aus, daß die aktive und solidarische Mitwirkung an der GASP mit seinen verfassungsrechtlichen Regelungen vereinbar sein wird. Entsprechende innerstaatliche rechtliche Anpassungen werden angesichts der geänderten politischen Rahmenbedingungen in Europa im Zusammenhang mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union vorzunehmen sein."
https://www.parlament.gv.at/dokument/XV ... 263024.pdf

Der Standpunkt, den der Bundeskanzler offiziell in Brüssel vertritt, ist völlig überschießend und auch nicht durch Art. 42 (7) EVG ("Irische Klausel") zu rechtfertigen, die sich ausschließlich auf die militärische Beistandspflicht bezieht.


  • Das neutrale Österreich driftet ins Abseits (Kommentar)
    Der EU-Gipfel vom 29. Juni 2023 könnte sich als weit in die Zukunft weisender Wendepunkt in der Sicherheitspolitik der Union erweisen. Was die Regierungschefs zur Unterstützung der Ukraine festlegten, geht prinzipiell über das hinaus, was sie im russischen Eroberungskrieg bisher an Aktionen setzten. Plötzlich ist nicht mehr (nur) von konkreten Finanzhilfen oder von Waffenlieferungen die Rede.

    In den Schlusserklärungen des Gipfels taucht das Wort "Zusagen" bzw. "Verpflichtungen" der EU und ihrer Partner für die künftige Sicherheit der Ukraine auf – im englischen Verhandlungswort "commitment". Das ist weniger als die Beistandspflicht der EU-Mitglieder gemäß den EU-Verträgen untereinander.

    Es entspricht auch nicht dem Beistandspakt der Nato-Mitglieder, von denen immerhin 22 der EU angehören (bald auch Schweden). Aber: Diese europäische "Zusage", einer freien, souveränen Ukraine im Krieg mit (fast) allen Mitteln beizustehen, bringt eine neue Qualität der Militärpolitik in Europa.

    Wer einem Drittstaat in der Nachbarschaft Sicherheit zusagt, der wird diese Verpflichtung nicht mehr so einfach los, auch wenn der Krieg noch härter wird. Die Regierungschefs mögen an Formulierungen noch herumfeilen, rhetorisch abschwächen, Bedenken der kleinen neutralen EU-Staaten berücksichtigen.

    Allein die Erklärung, die Ukraine niemals an den Aggressor Russland aufzugeben, ändert alles. Kein Wunder, wenn Vertreter aus Österreich, Zypern, Malta und Irland deswegen beinahe hysterisch reagierten.

    "Nicht mit uns!", erklärte Bundeskanzler Karl Nehammer, der sich von allen Beteiligten am weitesten vorwagte. Es könne nicht sein, dass die Neutralen über Umwege in eine verpflichtende Militärunion gezwungen werden, der sie nie ihre Zustimmung gaben. Nehammer forderte das explizite Festschreiben, dass Österreich weiter selbst entscheiden könne, ob es mitmache oder nicht.

    Die Nervosität, die aus Kanzlerworten spricht, ist verständlich. Drei Jahrzehnte nach dem EU-Beitritt des Landes wird langsam schlagend, was sich 1994 abzeichnete: Wenn die EU Ernst macht mit der Bildung einer Militärunion, geht Solidarität vor Neutralität. Zu dieser Formel hat Österreich sich damals bekannt. Der Krieg im Nachbarland führt nun zum sicherheitspolitischen Elchtest für ein Land, das gerne alle Vorteile der EU-Integration für sich in Anspruch nahm, sich aber zurückhielt, wenn es um militärische Solidarität ging.

    Der Krieg in der Ukraine wird zur Existenzfrage für die EU. Schweden und Finnland, lange Vorbilder für die Österreicher, haben daraus ihre Konsequenzen gezogen. Österreich beharrt auf einer Sonderrolle. Dagegen gibt es nichts einzuwenden. Niemand kann das Land in ein Militärbündnis zwingen. Der Kanzler will über die Neutralität nicht einmal diskutieren, weil der Großteil der Bevölkerung diese keinesfalls aufgeben will. Auch das ist völlig legitim.

    Er sollte dann aber dazusagen, was das bedeutet. Ein EU-Land, das nicht bereit ist, mit den Partnern für Frieden und Freiheit zu kämpfen, gehört nicht zum inneren Kern einer Gemeinschaft.
    2023 wird das Land von einem Kanzler und von Parteien geführt, die die Vergangenheit einfrieren wollen.
    https://www.derstandard.at/story/300000 ... ns-abseits
Zuletzt geändert von theoderich am Sa 1. Jul 2023, 16:21, insgesamt 2-mal geändert.
hakö
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von hakö »

Man sollte dem Standard erklären, daß die Ukraine mit Österreich keine gemeinsame Grenze hat und somit KEIN Nachbarland von Österreich ist, in dem ein Krieg tobt.
Wenn es stimmt, daß Lügen kurze Beine haben, dann haben Politiker Eier aus Bodenhaltung.
theoderich
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von theoderich »

Österreich will sich bei Mali-Abzug mit UNO abstimmen

https://orf.at/stories/3322265/
muck
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von muck »

hakö hat geschrieben: Fr 30. Jun 2023, 12:54 Man sollte dem Standard erklären, daß die Ukraine mit Österreich keine gemeinsame Grenze hat und somit KEIN Nachbarland von Österreich ist, in dem ein Krieg tobt.
Wenn Sie in Hausnummer 4 wohnen, zählen Sie dann nur die Bewohner der Nummern 2 und 6 zu Ihren Nachbarn? Sind nicht auch die Nummern 1 und 3 benachbart zu Ihnen?
theoderich
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von theoderich »

Sicherheitsstrategie neu: „Man sollte nicht hungrig in einen Supermarkt gehen“

https://www.diepresse.com/13437723/sich ... arkt-gehen


Note Mangelhaft für Österreichs Neutralitätspolitik

https://www.wienerzeitung.at/a/note-man ... etspolitik


Waffentransporte im Nebel durch Österreich

https://www.diepresse.com/13437995/waff ... esterreich

  • EU rüstet auf
    Ein Weg, der nicht mehr zurückführt (Leitartikel)
    Beim derzeit laufenden EU-Gipfel wird klar, dass ein Ausstieg aus diesem Szenario im Grunde nicht mehr möglich ist. Nach über einem Jahr Krieg verlangt die Ukraine Zusagen und bekommt sie auch. 18 Milliarden Euro heuer für den laufenden Betrieb der öffentlichen Hand von der EU, die Verhandlungen über weitere 50 Milliarden haben begonnen. Dazu kommen über die EU organisierte Munitionslieferungen und die Waffenkontingente direkt von den Mitgliedsländern.

    In Brüssel lässt man keinen Zweifel daran, dass am Ende des Tages für die Ukraine EU-Beitrittsverhandlungen beginnen können – manche meinen, noch heuer – und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg stellte gestern am Gipfel noch einmal klar, dass die Tür zur Nato weit offen steht – in dem Moment, in dem die Ukraine die Entscheidung als "unabhängiger, souveräner Staat" treffen könne. Soll heißen: nach dem Krieg. Russland muss jedes Interesse daran haben, diesen Krieg so lange wie möglich, wenn auch nur formal, nicht enden zu lassen.

    Sicherheitszusage mit Vorbehalt

    Neu ist nun, dass die EU offensichtlich gewillt ist, für die Zukunft weitreichende "Sicherheitsversprechen" (im englischen Original der Schlusserklärung heißt das "security commitments") zu geben. Die Wortwahl ist hier sehr wichtig, denn "Sicherheitsgarantien", wie es ursprünglich hieß, wären eine Stufe höher angesiedelt. Wichtig ist das, weil die neutralen Länder der EU – neben Österreich sind das Malta, Zypern und Irland – da nicht mitkönnen. So eine Zusage läuft nicht nur auf finanzielle, sondern auch auf langfristige militärische Unterstützung hinaus. Was für Österreich heikel ist, weil ein Großteil der EU-Länder auch Teil der Nato ist und damit kein Problem hat.

    Kanzler Karl Nehammer beruft sich auf die "Vielfalt der europäischen Länder" und auf die Neutralität, empört weist er den Vorwurf des Trittbrettfahrens von sich. Doch der Paradigmenwechsel findet statt, die Militärausgaben werden in allen Ländern erhöht, die Nato erweitert sich, der Kontinent will unabhängiger von den USA werden. Europa hat sich auf den Weg zu einer Sicherheits- und Verteidigungsunion gemacht. Russland hat uns gezeigt, dass die einst so fern scheinende Bedrohungslage von einem Tag auf den anderen Realität werden kann.

    Die Neutralität Österreichs wird in der EU nicht infrage gestellt, bei den Abstimmungen können wir uns enthalten. Aber der Tag wird kommen, an dem das nicht mehr reicht.
    https://www.kleinezeitung.at/meinung/le ... ueckfuehrt
maro-airpower
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von maro-airpower »

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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von Verweigerer »

Übung im Bunker-Museum (mit Video)

https://kaernten.orf.at/stories/3214121/
muck
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von muck »

Unter Berufung auf seine Neutralität verweigert Österreich der Ukraine europäische Sicherheitsgarantien. Selbst sucht die Regierung in Wien allerdings Schutz bei europäischen Partnern: Kanzler Nehammer will Österreich unter das von Deutschland initiierte Luftverteidigungssystem "Sky Shield" führen. (Quelle)
theoderich
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von theoderich »

Rekrutierungsproblem beim Heer

https://tvthek.orf.at/profile/Hohes-Hau ... r/15421791


"Die Schweizer Neutralität ist ein komfortabler Anachronismus"

https://rotary.de/gesellschaft/die-schw ... 22060.html


Wolfgang Schüssel: Neutralität ist kein Schutz

https://rotary.de/gesellschaft/wolfgang ... 22199.html


Schallenberg: "Sky Shield" mit Neutralität vereinbar

https://orf.at/stories/3322445/
Peter Fritz: „Die österreichische Bundesregierung hat gestern verkündet, das sich Österreich an der ,Sky Shield‘-Initiative beteiligen will. [SCHALLENBERG nickt] Also eine Initiative, die von NATO-Staaten ausgeht und im Kern eine NATO-Initiative ist. Man will also anfliegende ,feindliche Objekte‘ sag‘ ich einmal, Drohnen, Raketen, die es sein könnte, in den Griff bekommen, erkennen können – und dann auch abschießen können.

Was ist das eigentlich anderes, als ein Neutralitätsbruch? Man sagt: Wir lassen keine Stützpunkte fremder Staaten zu, wir lassen keine Stationierung fremder Truppen zu – ABER wir beteiligen uns jetzt voll und ganz an einer gemeinsamen NATO-Initiative.“

Alexander Schallenberg: „Also, das seh‘ ich völlig anders. Und das ist glaub‘ ich eine Missinterpretation dessen, was ,Sky Shield‘ sein soll! Es ist in Wirklichkeit die Kooperation, die Zusammenarbeit von einer Reihe von Staaten. Die Initiative ging ja von Deutschland aus.

Und ich stehe hier voll hinter der Verteidigungsministerin Tanner, die sehr frühzeitig gesagt hat: ,Ja, Österreich will sich daran beteiligen‘. Das ist genau das, was wir auf europäischer Ebene besprechen: Pooling and Sharing! Das heißt nicht ,Neutralitätsbruch‘. Mitnichten! Weil es wird nicht außerhalb Österreichs eine Entscheidung getroffen. Man muss die Neutralität genau als das betrachten. Wir sagen: Keine Militärallianz, keine fremden Stützpunkte auf europäischem Boden. Und in letzter Konsequenz, dass wir selber immer das letzte Wort haben müssen, was Österreich, Österreichisches Bundesheer, österreichische Sicherheit betrifft. Und das ist in diesem Fall zu hundert Prozent gewährt.

Ich find‘ es ja immer wieder erstaunlich, dass von der Opposition, von der FPÖ dann, alle paar Wochen geschrien wird: ,Die Abschaffung der Neutralität.‘ Das ist mitnichten so! Es hätte … ich würde mich wü… würde mir wünschen, dass auch die Opposition hin und wieder wieder einen realistischen Blick auf die Neutralität macht.“

Alexandra Föderl-Schmidt (DerStandard): „ABER dieses Bündnis hat tatsächlich viel mit der NATO zu tun. Deutschland – Sie haben’s erwähnt – [SCHALLENBERG nickt] hat die Initiative dazu gesetzt. Mittlerweile sind sechzehn NATO-Staaten dabei – und Schweden, was ja auch bekanntlich bald beitritt und beitreten möchte.

Wenn man jetzt auf die Website des deutschen Verteidigungsministeriums schaut, dann ist zu lesen: ,Mit dieser Initiative‘ – und ich zitiere - ,wird der europäische Pfeiler in der NATO gestärkt. Es ist beabsichtigt, die Fähigkeiten in die vom NATO-Oberbefehlshaber für Europa geführte Luftverteidigung des NATO-Gebiets einzubinden‘.

Das heißt: NATO … eine NATO-Initiative unter der … dem Oberbefehlshaber der NATO für Europa. Das geht aus diesen Sätzen hervor.“

SCHALLENBERG: „Also ganz offen: Es ist keine ,NATO-Initiative‘. Z.B. Frankreich, ein nicht unwesentlicher Staat in der NATO in Europa, ist nicht daran beteiligt. Und sieht das sogar skeptisch.
Es ist eine Zusammenarbeit von Staaten. Sie haben zum Beispiel auch Schweden erwähnt – Schweden ist immer noch nicht in der NATO. Also, das ist eine Zusammenarbeit, wo wir das machen, nämlich ,Pooling und Sharing‘.

Und wenn Sie sagen, ein wesentliches Wort ist der europäische Pfeiler. Wir haben uns ganz klar auch dazu bekannt, dass wir die Souveränität und Autonomie Europas auch stärken wollen. Auch durchaus im Verteidigungsbereich. Und das ist genau so ein Bereich. Wir machen nichts anderes, als dass wir zusammenarbeiten. Und dass wir kooperieren. Dass wir unsere Möglichkeiten hier einbringen und gleichzeitig die Sicherheit haben, dass Partner, wenn sie in ihrem Luftraum was wahrnehmen, uns mit diesem Wissen beteilen. Wir sind in der Mitte dieses Zen … dieses Kontinents! Und wir haben’s ja erlebt, wenn Drohnen durch halb Europa fahren und irgendwo abstürzen. Wir haben selber technische Möglichkeiten. Das schützt uns besser, wenn wir auch den Informationsfluss von anderen kriegen. Das ist mitnichten sozusagen, dass wir uns jetzt hier einem Militärbündnis anschließen. Das ist eine schlichte Zusammenarbeit.

Und ich kann Ihnen etwas versichern: Diese österreichische Bundesregierung – und der Bundeskanzler hat das auch immer wieder ganz klar gemacht – und auch das wird dann uns zum Vorwurf gemacht! Das ist ja spannend, das ist die andere Seite. [FRITZL: „Darauf kommen wir gleich.“]

Wir stehen bei der … zur Neutralität. Wir achten das Bundesverfassungsgesetz über die immerwährende Neutralität. Und dabei bleiben wir!

Und ich find‘ es immer spannend, dass – was immer wir beschrei … entscheiden – dass die einen da sagen: ,Jetzt wird die Neutralität abgeschafft!‘. Und die anderen sagen: ,Viel zu wenig! Warum ist Österreich immer noch neutral?‘

Das ist so in einer Demokratie, das halten wir aus. Wir fahren in … unseren Kurs. Und der entspricht der österreichischen Neutralität, entspricht dem, was die Menschen wollen.“

FÖDERL-SCHMIDT: „Aber noch mal: Es sind bisher nur NATO-Staaten, die da mitmachen [SCHALLENBERG: „Nein.“] und … [SCHALLENBERG: „Weil Österreich dabei ist!“ (lacht)] Klar, aber das ist der einzige Nicht-NATO-Staat – um das geht’s ja genau! Über das red‘ ma ja. Jetzt noch mal, ich zitiere jetzt noch mal: ,Mit dieser Initiative wird der europäische Pfeiler in der NATO gestärkt‘, heißt es da.

Und Sie selbst haben in einem Interview mit dem Deutschlandfunk mal gesagt: ,Wir wollen uns selbst keiner Verteidigungs- oder militärischen Allianz anschließen‘. [SCHALLENBERG nickt] Das ist [SCHALLENBERG schüttelt den Kopf] doch eine [SCHALLENBERG: „Nein.“] Verteidigungsallianz. Auch wenn’s kein [SCHALLENBERG: „Nein.“] Bündnis, kein formales [SCHALLENBERG: „Nein.“], ist.“

SCHALLENBERG: „Es ist es einfach nicht. Es gibt auch keine Beistandsklausel. Es gibt keinen Automatismus. Es ist einfach das, dass man Information teilt, dass man sagt: Wir … wir haben sozusagen ein Wohnhaus, wo jeder seine Wohnungen hat, und wir sagen: Gut, wir tun uns zusammen und schauen, wenn da durch die Eingangstür des Hauses was kommt, dass wir unsere Informationen teilen und vielleicht auch die Möglichkeit hier einander zu helfen.

Das ist nichts anderes! Es gibt keinen Beistand, es gibt keinen Automatismus. Jetzt würd‘ ich auch nicht eine Formulierung auch von der deutschen Homepage sozusagen minutiös hier einer Interpretation unterziehen. Uns geht’s darum: Es ist ein europäisches Projekt, dass Staaten das machen, von dem wir immer reden – auf Englisch gibt’s diesen Begriff ,Pooling und Sharing‘. Das ist es.
Es ist nicht mehr. Und es hat mitnichten etwas mit der Neutralität zu tun.“

FÖDERL-SCHMIDT: „Also diese Zitate kommen vom deutschen Bundesverteidigungsministerium. Also … [SCHALLENBERG: „Ja.“] demjenigen, der [SCHALLENBERG: „Ich sehe: ,Europäischer Pfeiler‘.“] das gestartet hat, diese Initiative. Aber was kann jetzt [SCHALLENBERG: „Noch einmal: Wir wollen …“] Österreich - wenn man sozusagen jetzt beim Konkreten bleiben. Was kann Österreich ,Pooling und Sharing‘ machen? Ich mein‘, man will in diesem Bereich setzt man sehr stark auf IRIS-T SLM - also das deutsche System, was es schon gibt. Dann auf das ,Patriot‘-System – amerikanische Abwehrwaffen. Und man will ,Arrow 3‘ aus Israel jetzt ankaufen. Heißt das, dass jetzt Österreich eben auch sich an dem Ankauf dieser Systeme beteiligt?“

SCHALLENBERG: „Also, wir haben eine sehr gute eigentlich Ausstattung, was Luftraumüberwachung betrifft, in Österreich. Und können teilweise weit über die Landesgrenzen hinaus – was logisch ist! – weit über die österreichischen Landesgrenzen hinaus Bewegungen wahrnehmen. Das ist für mich einmal das Hauptziel: Dass wir hier sozusagen [FÖDERL-SCHMIDT: „Also die Radaranlagen.“] diese … Ja! Das ist ein wesentlicher Teil von jeder Luftraumüberwachung und -verteidigung! Das ist einmal der erste Schritt!“

FRITZ: „Und die stellen wir jetzt einfach so der NATO zur Verfügung? [SCHALLENBERG: „Nein!“] Machen wir das eigentlich jetzt schon? Oder ist das dann was neues?“

SCHALLENBERG: „Also, ganz offen: Wenn Sie sagen, es geht um: ,Was wir hier beschafft?‘, ,Welche Beschaffungsvorgänge?‘, bin ich die falsche Person! Ich bin nicht der Landesverteidigungsminister – ich bin der Außenminister. Aber ich sage nur: Ich halte das – und ich find’s wieder spannend, dass diese Diskussion jetzt so geführt wird: Da haben wir … fahren wir offensichtlich den richtigen Weg.
Hier wäre gefragt, ob ich schon beiträte, andere sagen, wir machen noch viel zu wenig. Was wir hier nur machen ist, dass wir einen Informationsaustausch machen! Das machen wir in anderen Bereichen ja auch. Wir sind ja bei EU-Missionen dabei! Wir tauschen uns selbstverständlich, gottseidank über sicherheits- und militärische Aspekte mit den Partnern aus! Wir sind ja auch Partnership for Peace-Mitglied in der NATO. Was … wie andere auch!

Und das ist nicht Mitgliedschaft, das ist nicht Teilnahme an einer militärischen Allianz, sondern, dass man vernünftigst dort Informationen teilt, auch Informationen entsprechend erhält und sagt: ,Wir können kooperieren‘. Mehr ist es nicht!

Und ich glaub‘ das nützt uns. Das nützt unserer Sicherheit. Und ich finde es spannend, dass man mich fragt: ,Was heißt das jetzt konkret? Welche Waffensysteme?‘

Ganz offen: In der NATO ist es keine NATO-Politik. Frankreich nimmt nicht teil. Ich habe gehört, das wäre beim Besuch von Macron in Berlin ein großes Thema gewesen. [FÖDERL-SCHMIDT: „Der jetzt abgesagt ist.“] Das er jetzt wegen den Krawallen absagen musste. Da sieht man ja daran, dass das alles noch im Entstehen ist. Ich glaube es nur richtig, dass wir im Sinne der österreichischen Sicherheit nicht sofort ,Nein‘ bellen und einfach nicht teilnehmen, sondern sagen: ,Wo ist es vernünftig möglich? Wo ist es im Sinne unserer Neutralität möglich?‘ Und dass wir da dann auch teilnehmen. Halt‘ ich für völlig vernünftig und für den richtigen Weg dieser Regierung!“

FÖDERL-SCHMIDT: „Aber ich hab‘ noch immer nicht ganz verstanden, woran und womit teilnehmen? Also Informationsaustausch, Radarsysteme. [SCHALLENBERG: „Ich würde Sie bitten!“] Aber es sollen keine Radarsysteme beschafft werden.“

SCHALLENBERG: „Also, Beschaffungsvorgänge des Bundesheeres liegen nun einmal nicht bei mir. Da bitt‘ [FÖDERL-SCHMIDT: „Aber Sie werden wohl eingebunden sein!“] ich Sie, die Verteidigungsministerin . Wenn es dann so weit ist. Aber nicht wirklich. Ich bin Außenminister! Also dann bitt‘ ich Sie, die Verteidigungsministerin zu fragen.“
https://tvthek.orf.at/profile/Pressestu ... d/15421941
Zuletzt geändert von theoderich am So 9. Jul 2023, 05:43, insgesamt 3-mal geändert.
theoderich
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von theoderich »

„Bodengebundene Luftabwehr“: Die Stiftkaserne hat nun eine grüne Fassade

https://kurier.at/chronik/wien/bodengeb ... /402509322
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