Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Wehrtechnik & Rüstung, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
theoderich
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von theoderich »

theoderich hat geschrieben: Mi 14. Feb 2024, 20:37 Der Bundesrat rechnet mit andauernden Spannungen zwischen Russland und dem Westen und will für die Armee über 30 Milliarden Franken bereitstellen
Turbo-Aufrüstung abgesagt: Der Armeechef macht einen Schritt zurück
Nächste Woche beginnt im Bundeshaus die grosse Debatte um das Budget und den Finanzplan für die nächsten Jahre. Die Armee steht dabei im Fokus. Sie soll deutlich mehr Geld erhalten. Gleichzeitig muss der Bund sparen. Wie soll das zusammengehen?
Der grösste Lobbyist für das Militär im Bundeshaus ist der Armeechef Thomas Süssli. Gemeinsam mit Verteidigungsministerin Viola Amherd weibelt er seit dem Beginn des Ukraine-Krieges für ein grösseres Armeebudget. Er schildert dafür auch Schreckensszenarien. Im Kriegsfall wäre für die Schweizer Armee «nach ein paar Wochen Schluss», erklärte er dem «Tages-Anzeiger». Er könne die Situation bei der Armee «nicht verantworten». Auch vor den Sicherheitspolitikern trat Süssli mehrmals auf. Seine Botschaft: Die Armee brauche mehr Geld, und zwar schnell. Am liebsten hätten Süssli und die Armeebefürworter im Parlament, dass das Armeebudget bis 2030 auf 1 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) angehoben wird. Das fordern auch die Köpfe hinter dem Armee-Video.

Süsslis Gegenspielerin im Bundeshaus ist Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Sie gibt die kompromisslose Kassenwartin, die Schützerin der Schuldenbremse. Seit Monaten weist sie auf die klammen Bundesfinanzen hin. Stundenlang sitzt sie in den Sitzungen der Finanzkommissionen und nutzt die Pausen, um mit den Parlamentariern zu sprechen. Sogar Linke sagen, sie mache das «smart». Ihre Botschaft: Die Schweiz muss sparen, sparen, sparen. Es reiche auch, wenn das Armeebudget erst bis 2035 auf 1 Prozent des BIP erhöht werde.

Bislang waren die Fronten verhärtet. Doch nun, kurz vor der grossen Budgetdebatte im Parlament, zeichnet sich ein Kompromiss ab. Der Armeechef Thomas Süssli ist offenbar bereit, auf die Sparfreunde zuzugehen. Wie mehrere Parlamentarier bestätigen, habe er ihnen im Gespräch zu verstehen gegeben, dass auch eine langsamere Aufrüstung der Armee in Ordnung sei. Konkret könne er sich eine Anhebung des Armeebudgets bis 2032 vorstellen, so wie es die Finanzpolitiker des Ständerats vorschlagen. Kein Marschhalt also, aber ein etwas langsamerer Ausbau.

Süssli ist nicht der Einzige, der einen Schritt zurück zu machen scheint. Mehrere Armeebefürworter im Parlament bezweifeln, dass eine Turbo-Aufrüstung angesichts des grossen Spardrucks noch möglich ist. Der FDP-Ständerat und Sicherheitspolitiker Josef Dittli sagt: «Eine Erhöhung des Armeebudgets auf 1 Prozent des BIP bis 2030 ist zwar wünschenswert, aber kaum realistisch.» Wenn die Armee Planungssicherheit wolle, solle sie sich in erster Linie am Vorschlag des Bundesrates orientieren, der einen Ausbau bis 2035 vorsieht – und Optionen bereithalten für den Fall, dass das Parlament zusätzliches Geld spricht.

Auch der SVP-Nationalrat Lars Guggisberg sagt, die Schweiz brauche bis 2030 eine Armee, die diesen Namen verdiene. Aber: «Wir sind diskussionsbereit, wenn sich zeigen sollte, dass sich gewisse Dinge erst etwas später beschaffen lassen.» Man höre selbstverständlich auch auf die Fachleute der Armee.

Die Armee will sich auf Anfrage nicht zu der laufenden Debatte äussern.
Denn selbst wenn die Militärkasse etwas langsamer gefüllt werden sollte, stellt sich die Frage: Woher sollen die Milliarden kommen?

Die Finanzkommissionen des Ständerats und des Nationalrats haben in Vorbereitungssitzungen mehrere Tage über dieser Frage gebrütet. Manchmal glichen die Sitzungen einem Zahlenbasar. Die Kommissionen kamen dabei zu ziemlich unterschiedlichen Schlüssen. Die Finanzpolitiker des Nationalrates wollen in erster Linie sparen, um die Aufrüstung der Armee zu finanzieren. Jene des Ständerates wollen auch sparen, aber sie schlagen zusätzlich neue Einnahmequellen für die Armee vor. Auf dem Tisch liegt ein Vorstoss, der einen Teil der Einnahmen aus der OECD-Mindeststeuer in die Militärkasse umleiten will.

Die unterschiedlichen Sparbemühungen zeigen sich besonders bei der Entwicklungszusammenarbeit, einem der grössten Streitfelder. Die Finanzpolitiker des Nationalrates wollen die Auslandhilfe um 250 Millionen Franken kürzen. Jene des Ständerates um 30 Millionen. Dazwischen liegen Welten.
https://www.nzz.ch/schweiz/budget-debat ... ld.1859718
theoderich
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von theoderich »

Parlament beschliesst Eckwerte zur Ausrichtung der Armee
Der Zahlungsrahmen der Armee 2025–2028 soll um 4 auf 29,8 Milliarden Franken erhöht werden. Darin sind sich National- und Ständerat einig. Der Ständerat will nun jedoch im Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen keine Vorgaben mehr für die Kompensation der zusätzlichen Investitionen der Armee festlegen und diese aus dem Beschluss streichen. Das Geschäft geht zurück in den Nationalrat.
https://www.vbs.admin.ch/de/parlament-ab24

Dienstag, 03. Dezember 2024 09h17
Für SP-Fraktion ist das beantragte Budget nicht akzeptabel
Ihre Fraktionskollegin Tamara Funiciello (BE) kritisierte die "planlose Aufstockung" für die Armee. "Wir schmeissen der Armee Geld hinterher, ohne zu wissen wofür", sagte sie und kritisierte "absolute Planlosigkeit" und "überrissene Aufstockungen".

Stattdessen gelte es, zu überlegen, wie Konflikte vermieden werden könnten. "Frieden kann es geben, aber absolute Sicherheit nicht". Dafür brauche es gute internationale Zusammenarbeit.
https://www.parlament.ch/de/services/ne ... sd039.aspx


Dienstag, 03. Dezember 2024 09h19
Grüne kritisieren ziellose Aufrüstung bei der Armee
"Es gibt in diesem Saal zwei heilige Kühe: die Schuldenbremse und die Armee", sagte Felix Wettstein (Grüne/SO) am Dienstag bei der allgemeinen Aussprache zum Voranschlag 2025. In entscheidenden Punkten gingen die Vorschläge der Finanzkommission "genau in die falsche Richtung".

Dass die Ausgaben für Rüstungsgüter innert eines Jahres um 35 Prozent erhöht werden sollen, bezeichnete Wettstein als falsch. "Man weiss ja nicht einmal, wozu das Geld ausgegeben werden soll." Er appellierte an den Nationalrat, auf den "Pfad der Tugend" zurückzukehren.

Für die Grünen wären stattdessen Mehrausgaben für Kitas, den regionalen Personenverkehr, den Wald, die ETH, die Forschung und die Kultur angezeigt.
https://www.parlament.ch/de/services/ne ... sd040.aspx


Dienstag, 03. Dezember 2024 10h09
Keller-Sutter plädiert für weniger rasche Armeeaufstockung
Finanzministerin Karin Keller-Sutter hat zu Beginn der Budgetberatung am Dienstag im Nationalrat vor einer rascheren Aufstockung der Armee gewarnt. "Solange wir nicht wirklich wissen, wie wir das gegenfinanzieren, wird es schwierig."

Falls das Parlament die Ausgaben für die Armee bereits im Jahr 2030 und nicht erst 2035 auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) steigern wolle, gebe es finanzpolitisch keinen Handlungsspielraum mehr, sagte Keller-Sutter. "Dann müssen sie vielleicht auch über Mehreinnahmen diskutieren."

Neben der Armee würden in den kommenden Jahren auch die Ausgaben für die 13. AHV-Rente sowie voraussichtlich für das EU-Forschungsprogramm Horizon Europe und für den EU-Kohäsionsfonds steigen. Dazu kämen laufende Reformprojekte zur Abschaffung des Eigenmietwerts und zur Einführung der Individualbesteuerung. All dies müsse gegenfinanziert werden.

Keller-Sutter sprach von "schmerzhaften Kürzungen", welche die Nationalratskommission im Zuge der Armeeaufstockung beantragt habe. Insbesondere die Sparanträge bei der Internationalen Zusammenarbeit (IZA) seien "problematisch".
https://www.parlament.ch/de/services/ne ... sd053.aspx


Dienstag, 03. Dezember 2024 13h09
Nationalrat will eine halbe Milliarde Franken mehr für die Armee
Der Armee sollen nächstes Jahr 530 Millionen Franken mehr für Rüstungsinvestitionen zur Verfügung stehen als zunächst geplant. Der Nationalrat hat am Dienstag einer entsprechenden Aufstockung deutlich zugestimmt. Anträge von Links-Grün dagegen scheiterten.

Die grosse Kammer folgte damit dem Antrag ihrer Finanzkommission. Demnach soll die Armee im kommenden Jahr 2,7 Milliarden Franken für Rüstung ausgeben können. 200 Millionen Franken davon sind für das bodengestützte Luftverteidigungssystem grösserer Reichweite (Bodluv) vorgesehen.

Ziel des Nationalrats ist es, dass die Armeeausgaben bis im Jahr 2030 ein Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) erreichen. Die grosse Kammer nahm entsprechende Aufstockungen in den Finanzplanjahren 2026 bis 2028 vor.
https://www.parlament.ch/de/services/ne ... sd095.aspx
Zuletzt geändert von theoderich am Fr 6. Dez 2024, 20:20, insgesamt 2-mal geändert.
Albert
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von Albert »

theoderich hat geschrieben: So 1. Dez 2024, 20:49
Bislang waren die Fronten verhärtet. Doch nun, kurz vor der grossen Budgetdebatte im Parlament, zeichnet sich ein Kompromiss ab. Der Armeechef Thomas Süssli ist offenbar bereit, auf die Sparfreunde zuzugehen. Wie mehrere Parlamentarier bestätigen, habe er ihnen im Gespräch zu verstehen gegeben, dass auch eine langsamere Aufrüstung der Armee in Ordnung sei. Konkret könne er sich eine Anhebung des Armeebudgets bis 2032 vorstellen, so wie es die Finanzpolitiker des Ständerats vorschlagen. Kein Marschhalt also, aber ein etwas langsamerer Ausbau.

https://www.nzz.ch/schweiz/budget-debat ... ld.1859718
Der Schweizer Armeechef verhandelt hier nicht. Er kann also auch nicht auf die Sparfreunde zugehen oder einen Kompromiss akzeptieren, wie die NZZ am Sonntag insinuiert. Das Bundesbudget ist alleinige Sache des Parlaments. Die Verfassung schreibt allerdings ein ausgeglichenes Budget vor. Wenn die Armee mehr Geld erhält, muss an anderer Stelle gespart werden.

https://www.linkedin.com/posts/thomassu ... er_desktop
theoderich
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von theoderich »

Mittwoch, 04. Dezember 2024 12h41
Nationalrat will wegen Armee-Nachrüstung bei Auslandshilfe sparen

https://www.parlament.ch/de/services/ne ... sd085.aspx
theoderich
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von theoderich »

Bundesrat beschliesst Eckwerte der Sicherheitspolitischen Strategie 2025

https://www.vbs.admin.ch/de/nsb?id=103666
theoderich
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von theoderich »






theoderich
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von theoderich »

Militärhistoriker fordert: Das VBS soll sich wieder ausschliesslich auf die Verteidigung konzentrieren
Die erste Medienmitteilung von Martin Pfister mit konkreten Folgen fürs Departement liegt inzwischen vor: Im Generalsekretariat entsteht eine neue Abteilung zur Steuerung von Grossprojekten, unter der Leitung eines ehemaligen Finanzkontrolleurs. Was Pfister darüber hinaus im grössten Bundesdepartement verändern will und mit wem in seinem Stab, ist noch unklar.

«Ich würde ihm raten, Bereiche ohne Verteidigungsbezug abzugeben», sagt der Militärhistoriker Fritz Kälin. Er ist Miliz-Fachoffizier und stellvertretender Chefredaktor der «Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift». Kälin meint etwa den Bereich Sport im VBS – ein Amt, das der ehemalige Vorsteher Adolf Ogi 1997 ins Departement geholt hatte. Damals herrschte Konsens, dass ein konventioneller Landkrieg für die Schweiz kaum mehr vorstellbar wäre. In der Folge wurde die Armee mehrfach reformiert und redimensioniert. Dafür wechselte der Bevölkerungsschutz vom Eidgenössischen Justiz- ins Verteidigungsdepartement.

Pfisters Vorgängerin Viola Amherd war in ihrer Amtszeit mit grossen Herausforderungen konfrontiert: Die Covid-Pandemie führte zur grössten Mobilmachung der Schweizer Armee seit dem Zweiten Weltkrieg. 2022 griff Russland die Ukraine an, was weitreichende Folgen für die sicherheitspolitische Debatte der Schweiz hatte. Als Reaktion auf diese Ereignisse gründete Amherd das Staatssekretariat für Sicherheitspolitik (Sepos), das die sicherheitspolitischen Aktivitäten aller Departemente koordinieren soll. «Ein kluger Entscheid», so Kälin. Eine vergleichbare Stelle sei während des Kalten Kriegs hierarchisch zu schwach positioniert gewesen. Ganz unumstritten war der Schritt zum Sepos allerdings nicht. Die Finanzdelegation des Parlaments etwa bezweifelte den Nutzen eines neuen Staatssekretariats – und übte deutliche Kritik.

Kommission für die militärische Landesverteidigung

«Jeder Vorsteher hat das VBS stets nach eigenem Gutdünken umgebaut», sagt der Militärexperte Kälin. Er empfiehlt dem neuen Departementschef Pfister, für den Fokus auf Verteidigung wieder eine Kommission für die militärische Landesverteidigung ins Leben zu rufen – ein Gremium mit Tradition. Schon während und nach dem Zweiten Weltkrieg existierte eine solche Runde: Die Kader der Armeespitze sassen gemeinsam mit dem Verteidigungsminister an einem Tisch. «Das war ein typisch schweizerisches Gremium», sagt Kälin. «Alle kamen zu Wort, jeder konnte seine Anliegen einbringen.»

Für Kälin ist klar: Ein solches Gremium würde die Stimme der Miliz stärken. «Die Expertise einzelner Offiziere würde eher gehört als heute.» Er erinnert an ein Beispiel aus der Amtszeit von Ueli Maurer. Damals sollten eingelagerte Leopard-2-Panzer verkauft werden. Ein Brigadier habe den Dienstweg umgehen müssen, um dem Bundesrat seinen fachlichen Rat zu geben: Die Schweiz werde eines Tages froh sein um diese Reserve. «Diese Intervention wurde zwar nicht gerne gesehen, aber die Panzer haben wir heute noch», sagt Kälin.
Seine Vorgängerin Viola Amherd hielt vor allem engen Kontakt zum Armeechef Thomas Süssli. Kälin hinterfragt allerdings die heutige Aufgabenteilung und den Posten des Armeechefs. Dieser führt die Armee nicht nur, er vertritt sie auch gegenüber Politik und Öffentlichkeit. Früher habe es einen Generalstabschef gegeben, der sich ausschliesslich auf die Führung und Kriegstauglichkeit sowie die Auswahl der obersten Kader konzentriert habe. Zwar sei es Süssli hoch anzurechnen, dass er den Wert einer verteidigungsfähigen Armee wieder ins allgemeine Bewusstsein gerückt habe. Doch diese innenpolitische Aufgabe obliege eigentlich dem Departementsvorsteher und letztlich dem Gesamtbundesrat. Mit einer breiten Konsultation der Armeespitze, so Kälin, könne sich Martin Pfister das nötige Rüstzeug holen, um Anliegen glaubwürdig zu vertreten.
https://www.nzz.ch/schweiz/militaerhist ... ld.1881041

In Österreich hat man das Sportstaatssekretariat mit der Bundesministeriengesetz-Novelle 2009 dem BMLV zugeschlagen, um dem Ressortleiter ein Mittel zur Profilierung zu geben, während er den politischen Auftrag (Arbeitsbehelf. Bundesvoranschlag 2009. Erläuterungen zum Bundesvoranschlag) zur Zerschlagung der militärischen Landesverteidgung umsetzte.
theoderich
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von theoderich »

Offiziere fordern 4-Milliarden-Paket für Panzer
«Soldaten sollen mindestens eine faire Chance haben!»
Der Schweizer Soldat weiss, worauf er sich einlässt. Unmissverständlich verlangt der Staat von ihm, seine «Pflichten auch unter Einsatz des Lebens zu erfüllen». So ist es im Dienstreglement der Armee festgehalten. Dann muss der Bund aber auch für die nötige Ausrüstung sorgen, findet die Offiziersgesellschaft (OG) Panzer: «Es ist für eines der reichsten Länder schlichtweg unredlich, wenn es seine Soldaten nicht so ausrüstet, dass sie mindestens eine faire Chance haben!»

Und deshalb stellen die Offiziere in einer neuen Analyse auch klare Forderungen an die Politik: Satte 4 Milliarden Franken sollen in die Panzerflotte gesteckt werden, um sie wieder in Schuss zu bringen. Denn die heutigen Bestände seien nicht nur hoffnungslos veraltet, sie reichen auch nirgends hin, ist die OG Panzer überzeugt. «Für eine glaubwürdige Landesverteidigung wären weitere sechs Panzergrenadierbataillone nötig», rechnet sie vor.

«Für eine glaubwürdige Landesverteidigung»

134 Leopard-2-Kampfpanzer hat die Schweizer Armee in Betrieb. Das reicht nicht einmal, um die verbliebenen sechs Panzerbataillone vollständig auszurüsten. Weitere 71 Panzer sind an einem geheimen Ort eingemottet. Die insgesamt 205 Panzer sollen auf den neusten Stand der Technik gebracht werden. Kostenpunkt: rund 2 Milliarden Franken.

Das aber reicht den Panzeroffizieren nicht. Sechs Panzergrenadierbataillone mehr fordern sie. Diese zusätzlichen Formationen bräuchten nochmals 110 neue Kampfpanzer. Kosten: nochmals 2 Milliarden. Summa summarum: 4 Milliarden Franken.

Bisherige Pläne reichen nur fürs Allernötigste

Eine Riesensumme, das ist auch den Offizieren klar. Zum Vergleich: Die aktuelle Armeebotschaft umfasst Rüstungsprojekte für 1,5 Milliarden Franken. Darin enthalten sind bereits 255 Millionen zur Instandsetzung der 134 im Einsatz stehenden «Leos». Das reiche aber nur für das Allernötigste, findet OG-Präsident Erich Muff. So würden etwa Getriebe erneuert, was eigentlich zum normalen Unterhalt gehört. «Der Armee aber fehlt sogar dafür das Geld, weshalb sie den Posten in die Armeebotschaft aufnehmen muss. Das zeigt, wie sie fast kaputtgespart worden ist.»

Die Forderung der OG Panzer wird bei der Politik einen schweren Stand haben. Das Parlament rang schon im Dezember ums Budget. Auch, weil das Armeebudget bereits erhöht wurde – auf 30 Milliarden bis 2028, 4 Milliarden mehr als bisher. Doch noch immer ist nicht klar, woher das Geld kommen soll. Bisher scheiterten alle Vorschläge. Und der Spardruck bleibt gross.
Doch selbst das Verteidigungsdepartement vertrat bisher eine andere Haltung. Grosse Panzerschlachten blieben in der Schweiz unwahrscheinlich, argumentiert das VBS. Bis anhin geht es daher weiter von sechs Bataillonen à 28 Panzern aus, also 168 Stück. Daneben brauche es 12 Panzer zur Ausbildung sowie 25 als Reserve und für Ersatzteile. Macht die bereits vorhandenen 205 Panzer, von denen bisher allerdings nicht genügend einsatzbereit sind.

Die OG Panzer aber hält an ihrer Forderung fest. Sie sei denn auch alles andere als realitätsfern. So hatte die Schweizer Armee noch bis Anfang der 2000er-Jahre mehr mechanisierte Panzerfahrzeuge in ihrem Bestand, als die Offiziere heute fordern, betont Muff. «Die bittere Ironie: Die geforderten Fahrzeuge wären heute alle bereits vorhanden, hätte man sie nicht aus kurzfristigen finanziellen Überlegungen ins Ausland verkauft oder gleich komplett verschrottet.»
https://www.blick.ch/politik/offiziere- ... 49670.html


3 Bestandesaufnahmen: Kampf-, Schützenpanzer und Unterstützungsfahrzeuge

https://www.ogpanzer.ch/single-post/bes ... zertruppen
theoderich
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von theoderich »

Plus 100 Milliarden für die Armee
Offiziere verlangen massiv mehr Panzer – wie die Schweiz heute dasteht
Offiziere verlangen mehr Panzer als das VBS möchte

Anzahl Panzer/Panzersysteme
Ist-Bestand Planung VBS Forderung Offiziere

Schützenpanzer
186
154
550

Panzer 87
134
80
330

Artillerie
133
32
188

Panzermörser
48
48
125
Tabelle: mrue Quelle: VBS, Offiziersgesellschaft
100 Milliarden Franken für die Landesverteidigung: Mit dieser Forderung hat die Offiziersgesellschaft Panzer (OG Panzer) die Gemüter von Sicherheitspolitikerinnen und Sicherheitspolitikern bewegt. Die Offiziere fordern nicht nur mehr Geld, sondern auch eine grundlegend neue Ausrichtung der Armee – weg von der «Minimalvariante», hin zu einer ernst zu nehmenden Verteidigungsfähigkeit.

Wie gross die Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist, zeigt eine Gegenüberstellung der Zahlen: Während das Verteidigungsdepartement (VBS) ab 2030 mit einem Bestand von 80 Kampfpanzern, 154 Schützenpanzern sowie 32 Panzerhaubitzen und 48 Mörsern rechnet, fordert die OG Panzer ein Vielfaches davon – nämlich 330 Kampfpanzer, 550 Schützenpanzer sowie 188 Haubitzen und 125 Mörser. Viele Panzer haben inzwischen ihre maximale Einsatzdauer erreicht. Die grosse Diskrepanz wirft die Frage auf, wie realistisch solche Forderungen sind – politisch, finanziell und militärisch.

Oberstleutnant im Generalstab Erich Muff, Milizoffizier und Panzerbataillonskommandant, begründet die Forderung der Offiziere mit der sicherheitspolitischen Lage. Diese habe sich dramatisch verändert. «Der Krieg ist zurück. Europa rüstet auf. Es ist offensichtlich.»

Muff stützt sich bei seiner Einschätzung auch auf Leute, die professionell beurteilen – und auf Mathematik: «Potenzial mal Absicht ergibt die Bedrohung», sagt er. Die Bedrohung sei real – auch wenn sie in der politischen Debatte oft relativiert werde. Gleichzeitig seien die Missstände bei der Ausrüstung längst bekannt. Lange habe man das hingenommen, so Muff. Doch jetzt sei die Lage eine andere.

Was Muff stört, ist die politische Unverbindlichkeit in sicherheitspolitischen Fragen: «Die oberste politische Führung will Berichte, Analysen, Papier – aber übernimmt keine Verantwortung.» Dabei brauche es endlich ein klares Bekenntnis zur Landesverteidigung – «materiell, finanziell, strategisch».

SVP-Salzmann fordert 72 statt 36 Kampfjets

Der Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann ist Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission, er teilt die Einschätzung der Offiziere und erinnert daran, dass er 2017 als Erster eine Erhöhung des Armeebudgets gefordert habe – und damit im Parlament keine Chance gehabt habe.

Kritik übt Salzmann auch am Bundesrat, der seiner Verantwortung nicht gerecht werde: «Der Bundesrat macht keine Lagebeurteilung, obwohl es klare Gefahren gibt.» Neben den Bodentruppen bringt Salzmann auch die Luftwaffe ins Spiel. Die beschlossene Beschaffung von 36 Kampfflugzeugen des Typs F-35 sei die Minimalvariante, die im Bericht Air 2030 formuliert sei. «Bei der heutigen Bedrohungslage sind 72 Kampfflugzeuge angemessen». Das sei auch so im Bericht festgehalten.

Salzmann fordert nun, dass der Armee jährlich 9 Milliarden Franken zur Verfügung gestellt werden. Ziel sei die Vollausrüstung bis 2035. Dafür müsse das Geld rechtzeitig und verbindlich gesprochen werden, insbesondere für wichtige Beschaffungen.

SP-Zryd: «Russen in Schaffhausen sind unrealistisch»

Die Berner SP-Nationalrätin Andrea Zryd ist keine Armeegegnerin, wie sie betont. Trotzdem hält sie die Forderung der Offiziersgesellschaft für «völlig fehlgeleitet». Wenn Russland im Baltikum angreife, sei es nicht an der neutralen Schweiz, Panzer zu schicken, sagt Zryd. «Und bis nach Schaffhausen kommen die russischen Panzer garantiert nicht»– das sage übrigens auch das VBS. Statt auf Panzer solle man sich auf realistische Bedrohungen einstellen, am effektivsten zusammen mit der EU.

FDP-Sicherheitspolitiker Heinz Theiler (SZ) verweist auf die Berichte zur Sicherheitslage des Nachrichtendienstes. «Nach Jahren des Friedens befinden wir uns in einem hybriden Konflikt. Experten sagen, dass sich Europa in einer sogenannten Vorkriegsphase befindet», so Theiler. Er sieht deshalb Handlungsbedarf – wie die Offiziere. Und kritisiert: «Trotz der Warnungen scheint die ideologische Verklärung einigen Parlamentariern wichtiger zu sein als sachpolitische Lösungen.»

Beim VBS kommentiert man die Forderungen der Offiziere nicht. Die jährliche Planung der Armee stütze sich auf den sicherheitspolitischen Bericht des Bundesrats.
https://www.tagesanzeiger.ch/schweizer- ... 4519631164
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