Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Wehrtechnik & Rüstung, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
theoderich
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von theoderich »

theoderich hat geschrieben: Mi 14. Feb 2024, 20:37 Der Bundesrat rechnet mit andauernden Spannungen zwischen Russland und dem Westen und will für die Armee über 30 Milliarden Franken bereitstellen
Turbo-Aufrüstung abgesagt: Der Armeechef macht einen Schritt zurück
Nächste Woche beginnt im Bundeshaus die grosse Debatte um das Budget und den Finanzplan für die nächsten Jahre. Die Armee steht dabei im Fokus. Sie soll deutlich mehr Geld erhalten. Gleichzeitig muss der Bund sparen. Wie soll das zusammengehen?
Der grösste Lobbyist für das Militär im Bundeshaus ist der Armeechef Thomas Süssli. Gemeinsam mit Verteidigungsministerin Viola Amherd weibelt er seit dem Beginn des Ukraine-Krieges für ein grösseres Armeebudget. Er schildert dafür auch Schreckensszenarien. Im Kriegsfall wäre für die Schweizer Armee «nach ein paar Wochen Schluss», erklärte er dem «Tages-Anzeiger». Er könne die Situation bei der Armee «nicht verantworten». Auch vor den Sicherheitspolitikern trat Süssli mehrmals auf. Seine Botschaft: Die Armee brauche mehr Geld, und zwar schnell. Am liebsten hätten Süssli und die Armeebefürworter im Parlament, dass das Armeebudget bis 2030 auf 1 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) angehoben wird. Das fordern auch die Köpfe hinter dem Armee-Video.

Süsslis Gegenspielerin im Bundeshaus ist Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Sie gibt die kompromisslose Kassenwartin, die Schützerin der Schuldenbremse. Seit Monaten weist sie auf die klammen Bundesfinanzen hin. Stundenlang sitzt sie in den Sitzungen der Finanzkommissionen und nutzt die Pausen, um mit den Parlamentariern zu sprechen. Sogar Linke sagen, sie mache das «smart». Ihre Botschaft: Die Schweiz muss sparen, sparen, sparen. Es reiche auch, wenn das Armeebudget erst bis 2035 auf 1 Prozent des BIP erhöht werde.

Bislang waren die Fronten verhärtet. Doch nun, kurz vor der grossen Budgetdebatte im Parlament, zeichnet sich ein Kompromiss ab. Der Armeechef Thomas Süssli ist offenbar bereit, auf die Sparfreunde zuzugehen. Wie mehrere Parlamentarier bestätigen, habe er ihnen im Gespräch zu verstehen gegeben, dass auch eine langsamere Aufrüstung der Armee in Ordnung sei. Konkret könne er sich eine Anhebung des Armeebudgets bis 2032 vorstellen, so wie es die Finanzpolitiker des Ständerats vorschlagen. Kein Marschhalt also, aber ein etwas langsamerer Ausbau.

Süssli ist nicht der Einzige, der einen Schritt zurück zu machen scheint. Mehrere Armeebefürworter im Parlament bezweifeln, dass eine Turbo-Aufrüstung angesichts des grossen Spardrucks noch möglich ist. Der FDP-Ständerat und Sicherheitspolitiker Josef Dittli sagt: «Eine Erhöhung des Armeebudgets auf 1 Prozent des BIP bis 2030 ist zwar wünschenswert, aber kaum realistisch.» Wenn die Armee Planungssicherheit wolle, solle sie sich in erster Linie am Vorschlag des Bundesrates orientieren, der einen Ausbau bis 2035 vorsieht – und Optionen bereithalten für den Fall, dass das Parlament zusätzliches Geld spricht.

Auch der SVP-Nationalrat Lars Guggisberg sagt, die Schweiz brauche bis 2030 eine Armee, die diesen Namen verdiene. Aber: «Wir sind diskussionsbereit, wenn sich zeigen sollte, dass sich gewisse Dinge erst etwas später beschaffen lassen.» Man höre selbstverständlich auch auf die Fachleute der Armee.

Die Armee will sich auf Anfrage nicht zu der laufenden Debatte äussern.
Denn selbst wenn die Militärkasse etwas langsamer gefüllt werden sollte, stellt sich die Frage: Woher sollen die Milliarden kommen?

Die Finanzkommissionen des Ständerats und des Nationalrats haben in Vorbereitungssitzungen mehrere Tage über dieser Frage gebrütet. Manchmal glichen die Sitzungen einem Zahlenbasar. Die Kommissionen kamen dabei zu ziemlich unterschiedlichen Schlüssen. Die Finanzpolitiker des Nationalrates wollen in erster Linie sparen, um die Aufrüstung der Armee zu finanzieren. Jene des Ständerates wollen auch sparen, aber sie schlagen zusätzlich neue Einnahmequellen für die Armee vor. Auf dem Tisch liegt ein Vorstoss, der einen Teil der Einnahmen aus der OECD-Mindeststeuer in die Militärkasse umleiten will.

Die unterschiedlichen Sparbemühungen zeigen sich besonders bei der Entwicklungszusammenarbeit, einem der grössten Streitfelder. Die Finanzpolitiker des Nationalrates wollen die Auslandhilfe um 250 Millionen Franken kürzen. Jene des Ständerates um 30 Millionen. Dazwischen liegen Welten.
https://www.nzz.ch/schweiz/budget-debat ... ld.1859718
theoderich
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von theoderich »

Parlament beschliesst Eckwerte zur Ausrichtung der Armee
Der Zahlungsrahmen der Armee 2025–2028 soll um 4 auf 29,8 Milliarden Franken erhöht werden. Darin sind sich National- und Ständerat einig. Der Ständerat will nun jedoch im Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen keine Vorgaben mehr für die Kompensation der zusätzlichen Investitionen der Armee festlegen und diese aus dem Beschluss streichen. Das Geschäft geht zurück in den Nationalrat.
https://www.vbs.admin.ch/de/parlament-ab24

Dienstag, 03. Dezember 2024 09h17
Für SP-Fraktion ist das beantragte Budget nicht akzeptabel
Ihre Fraktionskollegin Tamara Funiciello (BE) kritisierte die "planlose Aufstockung" für die Armee. "Wir schmeissen der Armee Geld hinterher, ohne zu wissen wofür", sagte sie und kritisierte "absolute Planlosigkeit" und "überrissene Aufstockungen".

Stattdessen gelte es, zu überlegen, wie Konflikte vermieden werden könnten. "Frieden kann es geben, aber absolute Sicherheit nicht". Dafür brauche es gute internationale Zusammenarbeit.
https://www.parlament.ch/de/services/ne ... sd039.aspx


Dienstag, 03. Dezember 2024 09h19
Grüne kritisieren ziellose Aufrüstung bei der Armee
"Es gibt in diesem Saal zwei heilige Kühe: die Schuldenbremse und die Armee", sagte Felix Wettstein (Grüne/SO) am Dienstag bei der allgemeinen Aussprache zum Voranschlag 2025. In entscheidenden Punkten gingen die Vorschläge der Finanzkommission "genau in die falsche Richtung".

Dass die Ausgaben für Rüstungsgüter innert eines Jahres um 35 Prozent erhöht werden sollen, bezeichnete Wettstein als falsch. "Man weiss ja nicht einmal, wozu das Geld ausgegeben werden soll." Er appellierte an den Nationalrat, auf den "Pfad der Tugend" zurückzukehren.

Für die Grünen wären stattdessen Mehrausgaben für Kitas, den regionalen Personenverkehr, den Wald, die ETH, die Forschung und die Kultur angezeigt.
https://www.parlament.ch/de/services/ne ... sd040.aspx


Dienstag, 03. Dezember 2024 10h09
Keller-Sutter plädiert für weniger rasche Armeeaufstockung
Finanzministerin Karin Keller-Sutter hat zu Beginn der Budgetberatung am Dienstag im Nationalrat vor einer rascheren Aufstockung der Armee gewarnt. "Solange wir nicht wirklich wissen, wie wir das gegenfinanzieren, wird es schwierig."

Falls das Parlament die Ausgaben für die Armee bereits im Jahr 2030 und nicht erst 2035 auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) steigern wolle, gebe es finanzpolitisch keinen Handlungsspielraum mehr, sagte Keller-Sutter. "Dann müssen sie vielleicht auch über Mehreinnahmen diskutieren."

Neben der Armee würden in den kommenden Jahren auch die Ausgaben für die 13. AHV-Rente sowie voraussichtlich für das EU-Forschungsprogramm Horizon Europe und für den EU-Kohäsionsfonds steigen. Dazu kämen laufende Reformprojekte zur Abschaffung des Eigenmietwerts und zur Einführung der Individualbesteuerung. All dies müsse gegenfinanziert werden.

Keller-Sutter sprach von "schmerzhaften Kürzungen", welche die Nationalratskommission im Zuge der Armeeaufstockung beantragt habe. Insbesondere die Sparanträge bei der Internationalen Zusammenarbeit (IZA) seien "problematisch".
https://www.parlament.ch/de/services/ne ... sd053.aspx


Dienstag, 03. Dezember 2024 13h09
Nationalrat will eine halbe Milliarde Franken mehr für die Armee
Der Armee sollen nächstes Jahr 530 Millionen Franken mehr für Rüstungsinvestitionen zur Verfügung stehen als zunächst geplant. Der Nationalrat hat am Dienstag einer entsprechenden Aufstockung deutlich zugestimmt. Anträge von Links-Grün dagegen scheiterten.

Die grosse Kammer folgte damit dem Antrag ihrer Finanzkommission. Demnach soll die Armee im kommenden Jahr 2,7 Milliarden Franken für Rüstung ausgeben können. 200 Millionen Franken davon sind für das bodengestützte Luftverteidigungssystem grösserer Reichweite (Bodluv) vorgesehen.

Ziel des Nationalrats ist es, dass die Armeeausgaben bis im Jahr 2030 ein Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) erreichen. Die grosse Kammer nahm entsprechende Aufstockungen in den Finanzplanjahren 2026 bis 2028 vor.
https://www.parlament.ch/de/services/ne ... sd095.aspx
Zuletzt geändert von theoderich am Fr 6. Dez 2024, 20:20, insgesamt 2-mal geändert.
Albert
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von Albert »

theoderich hat geschrieben: So 1. Dez 2024, 20:49
Bislang waren die Fronten verhärtet. Doch nun, kurz vor der grossen Budgetdebatte im Parlament, zeichnet sich ein Kompromiss ab. Der Armeechef Thomas Süssli ist offenbar bereit, auf die Sparfreunde zuzugehen. Wie mehrere Parlamentarier bestätigen, habe er ihnen im Gespräch zu verstehen gegeben, dass auch eine langsamere Aufrüstung der Armee in Ordnung sei. Konkret könne er sich eine Anhebung des Armeebudgets bis 2032 vorstellen, so wie es die Finanzpolitiker des Ständerats vorschlagen. Kein Marschhalt also, aber ein etwas langsamerer Ausbau.

https://www.nzz.ch/schweiz/budget-debat ... ld.1859718
Der Schweizer Armeechef verhandelt hier nicht. Er kann also auch nicht auf die Sparfreunde zugehen oder einen Kompromiss akzeptieren, wie die NZZ am Sonntag insinuiert. Das Bundesbudget ist alleinige Sache des Parlaments. Die Verfassung schreibt allerdings ein ausgeglichenes Budget vor. Wenn die Armee mehr Geld erhält, muss an anderer Stelle gespart werden.

https://www.linkedin.com/posts/thomassu ... er_desktop
theoderich
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von theoderich »

Mittwoch, 04. Dezember 2024 12h41
Nationalrat will wegen Armee-Nachrüstung bei Auslandshilfe sparen

https://www.parlament.ch/de/services/ne ... sd085.aspx
theoderich
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von theoderich »

Bundesrat beschliesst Eckwerte der Sicherheitspolitischen Strategie 2025

https://www.vbs.admin.ch/de/nsb?id=103666
theoderich
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von theoderich »






theoderich
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Re: Schweiz: Weiterentwicklung der Armee

Beitrag von theoderich »

Militärhistoriker fordert: Das VBS soll sich wieder ausschliesslich auf die Verteidigung konzentrieren
Die erste Medienmitteilung von Martin Pfister mit konkreten Folgen fürs Departement liegt inzwischen vor: Im Generalsekretariat entsteht eine neue Abteilung zur Steuerung von Grossprojekten, unter der Leitung eines ehemaligen Finanzkontrolleurs. Was Pfister darüber hinaus im grössten Bundesdepartement verändern will und mit wem in seinem Stab, ist noch unklar.

«Ich würde ihm raten, Bereiche ohne Verteidigungsbezug abzugeben», sagt der Militärhistoriker Fritz Kälin. Er ist Miliz-Fachoffizier und stellvertretender Chefredaktor der «Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift». Kälin meint etwa den Bereich Sport im VBS – ein Amt, das der ehemalige Vorsteher Adolf Ogi 1997 ins Departement geholt hatte. Damals herrschte Konsens, dass ein konventioneller Landkrieg für die Schweiz kaum mehr vorstellbar wäre. In der Folge wurde die Armee mehrfach reformiert und redimensioniert. Dafür wechselte der Bevölkerungsschutz vom Eidgenössischen Justiz- ins Verteidigungsdepartement.

Pfisters Vorgängerin Viola Amherd war in ihrer Amtszeit mit grossen Herausforderungen konfrontiert: Die Covid-Pandemie führte zur grössten Mobilmachung der Schweizer Armee seit dem Zweiten Weltkrieg. 2022 griff Russland die Ukraine an, was weitreichende Folgen für die sicherheitspolitische Debatte der Schweiz hatte. Als Reaktion auf diese Ereignisse gründete Amherd das Staatssekretariat für Sicherheitspolitik (Sepos), das die sicherheitspolitischen Aktivitäten aller Departemente koordinieren soll. «Ein kluger Entscheid», so Kälin. Eine vergleichbare Stelle sei während des Kalten Kriegs hierarchisch zu schwach positioniert gewesen. Ganz unumstritten war der Schritt zum Sepos allerdings nicht. Die Finanzdelegation des Parlaments etwa bezweifelte den Nutzen eines neuen Staatssekretariats – und übte deutliche Kritik.

Kommission für die militärische Landesverteidigung

«Jeder Vorsteher hat das VBS stets nach eigenem Gutdünken umgebaut», sagt der Militärexperte Kälin. Er empfiehlt dem neuen Departementschef Pfister, für den Fokus auf Verteidigung wieder eine Kommission für die militärische Landesverteidigung ins Leben zu rufen – ein Gremium mit Tradition. Schon während und nach dem Zweiten Weltkrieg existierte eine solche Runde: Die Kader der Armeespitze sassen gemeinsam mit dem Verteidigungsminister an einem Tisch. «Das war ein typisch schweizerisches Gremium», sagt Kälin. «Alle kamen zu Wort, jeder konnte seine Anliegen einbringen.»

Für Kälin ist klar: Ein solches Gremium würde die Stimme der Miliz stärken. «Die Expertise einzelner Offiziere würde eher gehört als heute.» Er erinnert an ein Beispiel aus der Amtszeit von Ueli Maurer. Damals sollten eingelagerte Leopard-2-Panzer verkauft werden. Ein Brigadier habe den Dienstweg umgehen müssen, um dem Bundesrat seinen fachlichen Rat zu geben: Die Schweiz werde eines Tages froh sein um diese Reserve. «Diese Intervention wurde zwar nicht gerne gesehen, aber die Panzer haben wir heute noch», sagt Kälin.
Seine Vorgängerin Viola Amherd hielt vor allem engen Kontakt zum Armeechef Thomas Süssli. Kälin hinterfragt allerdings die heutige Aufgabenteilung und den Posten des Armeechefs. Dieser führt die Armee nicht nur, er vertritt sie auch gegenüber Politik und Öffentlichkeit. Früher habe es einen Generalstabschef gegeben, der sich ausschliesslich auf die Führung und Kriegstauglichkeit sowie die Auswahl der obersten Kader konzentriert habe. Zwar sei es Süssli hoch anzurechnen, dass er den Wert einer verteidigungsfähigen Armee wieder ins allgemeine Bewusstsein gerückt habe. Doch diese innenpolitische Aufgabe obliege eigentlich dem Departementsvorsteher und letztlich dem Gesamtbundesrat. Mit einer breiten Konsultation der Armeespitze, so Kälin, könne sich Martin Pfister das nötige Rüstzeug holen, um Anliegen glaubwürdig zu vertreten.
https://www.nzz.ch/schweiz/militaerhist ... ld.1881041

In Österreich hat man das Sportstaatssekretariat mit der Bundesministeriengesetz-Novelle 2009 dem BMLV zugeschlagen, um dem Ressortleiter ein Mittel zur Profilierung zu geben, während er den politischen Auftrag (Arbeitsbehelf. Bundesvoranschlag 2009. Erläuterungen zum Bundesvoranschlag) zur Zerschlagung der militärischen Landesverteidgung umsetzte.
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