Re: Medienberichte 2022
Verfasst: Sa 12. Mär 2022, 21:39
Rachefeldzug gegen österreichische Elitesoldaten
Kommando Türkis: Wie Tanner Heer und Ministerium umfärben soll
Salzburgs Militärkommandant zweifelt an der Neutralität Österreichs
https://www.sn.at/salzburg/politik/salz ... -118287589
https://kurier.at/chronik/oesterreich/r ... /401935678Ein afghanischer Asylwerber in Spanien hatte Fotos, Namen und Daten österreichischer Jagdkommandosoldaten. Sie könnten Ziel von Vergeltungsschlägen sein.
Sie haben in Afghanistan Hunderte Männer im Kampf gegen extremistische Gruppen wie die Taliban ausgebildet, ihnen Schießen beigebracht. Einige ihrer Schüler waren allerdings Schläfer oder haben schlicht die Seiten gewechselt.
Dass sich das Jagdkommando damit auch zum Ziel für Vergeltungsschläge gemacht hat, zeigt ein brisanter Fall: Bei einem afghanischen Asylwerber in Spanien ist kürzlich ein bedenklicher Fund gemacht worden. Der Mann hatte Fotos und die persönlichen Daten von zwei Jagdkommando-Ausbildern bei sich.
Die Österreicher zeichneten in Afghanistan im Zuge der „Resolute Support Mission“ zusammen mit anderen Nationen für die Ausbildung der einheimischen Sicherheitskräfte im Krieg gegen die Taliban verantwortlich.
Auf den Fotos sind die Österreicher unmaskiert zu sehen. Ein bedauerlicher Fehler. "Die Aufnahmen sind anscheinend in Umlauf und in die falsche Hände geraten", erklärt Jagdkommando-Kommandant Philipp Ségur-Cabanac.
Geheime Akten
Mit dem hastigen Abzug der Amerikaner im Vorjahr aus Afghanistan hat das Regime vermutlich Zugang zu allen geheimen Akten des internationalen Einsatzes bekommen. Darunter auch die Daten der Österreicher, die bei der Einreise erkennungsdienstlich behandelt wurden.
Was die Fotos und Unterlagen in Spanien anbelangt, hat die Botschaft in Madrid jedenfalls umgehend die österreichischen Behörden und das Jagdkommando informiert. Wo sich der afghanische Asylwerber aktuell befindet, ist nicht bekannt. Daher sei unklar, was der Mann genau im Schilde führe und welche Gefahr von ihm ausgeht.
Wie Ségyr-Cabanac berichtet, seien Ausbilder internationaler Einheiten in Afghanistan schon mehrmals Ziel von Anschlägen geworden. "Deshalb wurde sogar die Ausbildungstaktik angepasst." Sogenannte "Guardian Angels" wurden mit dem Finger am Abzug den Trainern zur Seite gestellt. Diese Taktik habe sich bewährt: "Damit konnten überraschende Angriffe von Afghanen auf die Ausbilder verhindert werden."
Der Vorfall aus Spanien befeuert jedenfalls die Sicherheitsdebatte rund um die Soldaten. Im Zuge einer Verhandlung am Verwaltungsgericht Wien ist das Bedrohungsszenario vor wenigen Tagen erstmals öffentlich geworden. Im Verfahren kämpfen neun Angehörige der Elitetruppe darum, einen Waffenpass zu bekommen, um sich in ihrer Freizeit schützen zu können.
20.000 Schüsse im Jahr
Bisher agierten die Behörden in der Sache restriktiv (siehe Zusatzbericht). Dem Anwalt der Soldaten fehlt dafür jegliches Verständnis. "Man findet keine besser trainierten Sicherheitskräfte im Land. Ihre Ausbildung verlangt 20.000 Schussabgaben pro Jahr unter extremen Stressbedingungen. Das sind absolute Profis", erklärt der Jurist.
Ségur-Cabanac, der als Zeuge den Fall von Spanien darlegte, tritt entschieden dafür ein, dass seine Männer endlich Zugang zu einem Waffenpass bekommen. Dem Kommandanten sei bewusst, dass die Gesellschaft danach trachte, dass möglichst wenig Schusswaffen im Umlauf seien. "Wenn, dann sollten sie aber Personen haben, die damit umgehen können. Das wäre ein Mehrwert für die Sicherheit unserer Gesellschaft."
Kommando Türkis: Wie Tanner Heer und Ministerium umfärben soll
https://www.derstandard.at/story/200013 ... erben-sollBei der geplanten Reform der Bundesheerspitze sollen laut Kritikern die engsten Berater von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner mit hochrangigen Posten versorgt werden. Sogar eine "Umfärbung" des Heeres wird befürchtet
Es sollte die größte Bundesheerreform seit dreißig Jahren werden – aber die Reorganisation läuft nicht so glatt über die Bühne, wie sich das die Führungsspitze des Verteidigungsministeriums gewünscht haben dürfte.
Wie DER STANDARD vergangene Woche berichtet hat, zeigt sich etwa die Präsidentschaftskanzlei äußerst skeptisch. Thomas Starlinger, der Adjutant von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, warnte in einer E-Mail sogar vor einer "massiven Gefährdung der Einsatzfähigkeit" des Bundesheeres, sollte Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP) die Reform durchziehen.
Aber auch intern rumort es im Heer ordentlich – aus vielerlei Gründen. Der Reformplan sieht die Schaffung dreier mächtiger Generaldirektoren vor – und deren Leitungsposition sei laut Insidern, die anonym bleiben wollen, exakt auf die drei wichtigsten Berater Tanners zugeschnitten.
Maßgeschneiderte Posten
Der wohl wichtigste Posten ist die Leitung der Generaldirektion für Landesverteidigung, der neun Direktionen unterstehen werden. Auf diese Stelle soll Rudolf Striedinger, Tanners einstiger Generalstabschef, ein Auge geworfen haben. Er leitet momentan die Gesamtstaatliche Covid-Krisenkoordination Gecko und fiel dort mit dem Tragen eines "Tarnanzugs" sowie martialischer Sprache auf. Früher war der ÖVP-nahe Generalmajor Abwehramt-Chef.
Im Verteidigungsministerium soll es in der neuen Struktur dann zwei zivile Generaldirektionen geben.
Zum einen wäre da die Generaldirektion für Präsidial- und Personalverwaltung: Hier sollte dem Vernehmen nach Tanners Generalsekretär Dieter Kandlhofer zum Zug kommen. Der Jurist arbeitete lange beim Verfassungsgerichtshof und wurde dann unter Sebastian Kurz in die Politik geholt. Der frühere Kanzler machte ihn zu seinem Generalsekretär, in dieser Funktion sei er unter anderem an der umstrittenen engeren Anbindung der Statistik Austria ans Kanzleramt beteiligt gewesen.
Vorwürfe gab es auch, weil ein Unternehmen, an dem er beteiligt war, am türkisen "Familienfest" mitverdiente, das von Ministerien bezahlt worden war. Allerdings soll der Widerstand gegen Kandlhofer, der keine militärische Erfahrung hat, so groß sein, dass das Ministerbüro nun auf der Suche nach einem ÖVP-nahen hochrangigen Militär für diese Position sei. Dafür könnte Kandlhofer in Richtung einer Position in einem Höchstgericht aufsteigen.
Reform der Reform
Im Zuge der Reform soll sich übrigens ein Problem aufgetan haben: Die angeblich für Kandlhofer geplante Stelle sei "zu gering" bewertet worden, man hätte dort also zu wenig verdient. Deshalb sei die Reform reformiert worden, sodass nun plötzlich auch nachgeordnete Stellen – denen etwa Portiere oder Reinigungskräfte zugeteilt waren – in die Direktion verschoben wurden. Plötzlich sei die Leitungsfunktion wieder so bewertet worden, dass ein fünfstelliges Gehalt möglich sei; nur müssten dafür über dreißig Paragrafen geändert werden.
Einen fünfstelligen monatlichen Betrag verdient künftig auch der Leiter der geplanten Generaldirektion für Verteidigungspolitik, für die Tanner offenbar ihren früheren Kabinettschef Arnold Kammel im Blick hat. Er war einst im ÖVP-nahen Thinktank AIES aktiv, dann Referent im Kabinett von Gernot Blümel, als dieser Kunstminister war.
Vorbild Innenministerium?
Kurzum: Im Heer und bei der Opposition fürchten einige, dass Tanner eine massive Umfärbung des Bundesheeres und des Verteidigungsministeriums plant. Für Manfred Haidinger, Präsident der Bundesheergewerkschaft, weckten die Pläne sogar Erinnerungen an den früheren Innenminister Ernst Strasser (ÖVP), der ab dem Jahr 2000 sein Ressort zur ÖVP-Bastion umbaute.
Damals in Strassers Kabinett: die heutige Verteidigungsministerin Klaudia Tanner ebenso wie der heutige Innenminister Gerhard Karner. Tanner ist auch anderweitig eng in die türkisen Strukturen eingebunden: Ihr Schwager ist Stefan Steiner, seines Zeichens Chefstratege der ÖVP und derzeit Beschuldigter in der Causa Umfragen – es gilt die Unschuldsvermutung.
Stellvertretende Kabinettschefin Tanners war Katharina Nehammer, Ehefrau des jetzigen Kanzlers. Tanner, die Nehammers und die Familie von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner waren zuletzt gemeinsam auf Skiurlaub – eine Tradition der drei Familien.
All das wird im Haus mit Argusaugen beobachtet. Personalvertreter, die der Opposition nahestehen, beklagen auch, dass erste Schritte der Reform bereits umgesetzt wurden, ohne dass dafür die rechtliche Grundlage geschaffen wurde. Das führt zu einer bizarren Situation: In der künftigen Struktur sind viele Mitarbeiter dienstrechtlich nicht mehr Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, sondern einem Generaldirektor für Landesverteidigung unterstellt. Das wird auch jetzt schon so gehandhabt, obwohl faktisch der alte Zustand herrscht. Vom Budgetplan ganz zu schweigen: Dort sind noch Stellen angeführt, die es schon jetzt gar nicht mehr gibt.
Widerstand und Ränkespiele
Die komplizierte neue Struktur kritisierte auch Starlinger, der Adjutant des Bundespräsidenten, der in der Expertenregierung Bierlein selbst Verteidigungsminister war. Er warnte vor einer "Verkomplizierung der Arbeitsbeziehungen", nun soll er laut Verteidigungsministerium in die Reform "aktiv eingebunden" werden.
Es gibt im Haus aber auch andere Stimmen, die darauf hinweisen, dass ein fließender Übergang bei einer Organisationsstruktur normal sei. Ebenso sei es zur Aufwertung mancher Bereiche gekommen; die Sanitätsangelegenheiten seien zuvor zerstreut gewesen, ebenso IKT.
Offiziell betonen Verteidigungsressort und Präsidentschaftskanzlei ohnehin, sich in konstruktiven Gesprächen zu befinden. "Das Ziel ist die Truppe zu stärken und die Verwaltung zu verschlanken", heißt es aus dem Büro von Tanner zur Reform. Man befände sich in Gesprächen mit dem BMKÖS, also dem Ministerium von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bezüglich der konkreten Neugestaltung. Das hat ein Mitspracherecht, weil dort die Agenden für öffentliche Verwaltung angesiedelt sind.
Der Ukraine-Konflikt verschärft die Dringlichkeit der Reform allerdings deutlich. So betonte Generalstabschef Robert Brieger, der derzeit de facto die Stelle des Generaldirektors für Landesverteidigung einnimmt, aber im Juni nach Brüssel wechseln wird, dass das Heer sechs bis zehn Milliarden Euro benötige. Es gebe "keinen Bereich, der keinen Modernisierungsbedarf" habe, sagte Brieger zur Nachrichtenagentur APA. Auch Tanner hielte zehn Milliarden Euro für "sehr schön". (Fabian Schmid, 12.3.2022)
Salzburgs Militärkommandant zweifelt an der Neutralität Österreichs
https://www.sn.at/salzburg/politik/salz ... -118287589
https://www.tt.com/artikel/30815198/die ... hne-bedarfDie Wunschliste des Bundesheeres: „Kein Bereich ohne Bedarf"
Flugzeuge, Panzer, Drohnen, Fliegerabwehr: Generalstabschef Robert Brieger zählt auf, wo das Bundesheer den dringendsten Investitionsbedarf hat. Jetzt verhandelt die Politik.
Wien. Es geht um mehr als 1,5 Milliarden Euro pro Jahr: Wegen des Krieges in der Ukraine hat sich zuletzt auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) dazu bekannt, das Verteidigungsbudget auf ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben. Derzeit sind es 0,6 Prozent oder 2,7 Milliarden pro Jahr - ein Prozent wären bis zu 4,5 Mrd. Euro. Derzeit verhandelt die türkis-grüne Koalition hinter verschlossenen Türen, wie das zusätzliche Geld investiert werden soll. Auch die Debatte über verpflichtende Milizübungen und damit eine Verlängerung der Wehrpflicht liegt wieder auf dem Tisch.
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) will die erste Budgettranche noch heuer. Die Generäle im Heer wüssten schon, wie sie zusätzliches Geld investieren würden. "Ausgeplanter kann man gar nicht sein", heißt es im Verteidigungsministerium. Generalmajor Thomas Starlinger, Verteidigungsminister der Übergangsregierung von Brigitte Bierlein und seither wieder Adjutant von Bundespräsident Alexander Van der bellen, ließ unter dem Motto "Bundeshere 2030" auflisten, was fehlt.
Unter dem Strich stand im dem Bericht Starlingers ein Nachrüstungsbedarf von mehr als 16 Mrd. Euro, aufgeteilt auf zehn Jahre. Tatsächlich wurde das Heeresbudget unter Nachfolgerin Tanner etwas aufgestockt. Statt zusätzlicher Milliarden gab es bislang aber nur einige 100 Millionen Euro.
Der Ukraine-Krieg ändret diese Aufstellung nun. Generalstabschef Robert Brieger, der am Papier Starlingers federführend mitgearbeitet hat, beziffert in einem Interview mit der Austria Presse Agentur den dringendsten Investitionsbedarf mit sechs bis zehn Mrd. Euro in den kommenden zehn Jahren. Es gebe beim Bundesheer "keinen bereich, wo es keinen Modernisierungsbedarf gibt".
Brieger zählt die Bereiche auf, in die er Geld stecken würde: "Wir brauchen Schutz und Beweglichkeit der Infanterie, eine Erneuerung der Hubschrauberflotte, die eingeleitet ist, aber noch ergänzt werden könnte."
Und weiter: Das Heer benötige dringend Drohnen und Drohnenabwehr, Fliegerabwehr mittlerer Reichweite, eine Revitalisierung oder eine Neuanschaffung der in die Jahre gekommenen Panzer sowie Investitionen in die passive und aktive Luftraumüberwachung sowie in moderne Munition. Denkbar wären auch Eurofighter-Zweisitzer, "um die Staffel komplett zu machen".
Und wenn genug Geld da wäre, mache eine Zweiflotten-Lösung Sinn. So könne man für das Training der Piloten von den teuren Eurofighter-Flugstunden wegkommen und würde "ein zweites Standbein für die Luftraumüberwachung schaffen".
Der General, der im Juni als Leiter des Militärausschusses der Europäischen Union (EUMC) nach Brüssel wechselt, fordert außerdem eine langfristige Absicherung der Finanzierung. Dies sei auch deshalb nötig, weil die Einführung komplexer Waffensysteme Zeit brauche. Sein Vorschlag wäre ein Streitkräfteentwicklungsgesetz, an das auch künftige Regierungen gebunden wären.
Wo und wie viel die Regierung in die Landesverteidigung investieren will, verhandeln ÖVP und Grüne hinter verschlossenen Türen. Nächste oder übernächste Woche soll der Ministerrat ein Konzept beschließen. Dem Grundsatz nach haben sich auch SPÖ, FPÖ und NEOS schon für ein höheres Heeresbudget ausgesprochen. Ob sie am Ende zustimmen, wird davon abhängen, was tatsächlich auf der Einkaufsliste steht (sabl, APA).