Der Prüfbericht für das Jahr 2024 wurde von der Kommission im März 2025 beschlossen, bisher wurde das Dokument nicht veröffentlicht. Aus dem Verteidigungsministerium heißt es, dass der Bericht nicht finalisiert sei und Stellungnahmen betroffener Abteilungen eingearbeitet würden. Danach werde er, wie üblich, im Rahmen eines parlamentarischen Prozesses im nächsten Landesverteidigungsausschuss veröffentlicht.
Vier Käufe geprüft
Die Prüfer stützen ihren Bericht auf Akten und Gespräche mit Experten des Ressorts. Sie prüften vier Projekte: den Kauf neuer Kampfstiefel und der Transportflugzeuge Embraer C-390, den geplanten Kauf der Fliegerabwehr mittlerer Reichweite im Rahmen der European Sky Shield Initiative und den Bau des Simulatorgebäudes für die Hubschrauberflotte AW-169 in Langenlebarn.
Positiv wird das Projekt in Langenlebarn beurteilt, die Beschaffung und der Gebäudebau seien „effizient“ gewesen; auf Widrigkeiten sei „rasch“ reagiert worden. Auch wurden bei den anderen drei Projekten keine persönlichen Verfehlungen oder rechtswidrigen Vorgänge festgestellt. So seien beim Kauf der Kampfschuhe „alle beteiligten Stellen bemüht“ gewesen, „den für die Truppe besten Schuh einzukaufen“. Allerdings machte die Kommission Mängel aus, die im Verteidigungsressort „Anlass zu weiteren strukturellen und prozessualen Überlegungen geben“ sollten.
Prüfung erfolge zu spät
Als Hauptproblem sieht die Kommission, dass bei Beschaffungen die Prüfung durch die Abteilung Vergabe und Einkaufsrecht im Verteidigungsressort zu spät erfolge. Diese Prüfung soll klären, was vergaberechtlich machbar und zulässig ist. Sie sollte „nicht am Ende des Planungsprozesses stehen, sondern vor den jeweiligen politischen, militärstrategischen, planerischen, technischen Entscheidungen stattfinden“.
Beim Kauf der Embraer-Transportflugzeuge seien aber „erst sehr spät vergaberechtliche Überlegungen im Rahmen eines informellen Aktenvermerks angestellt“ worden. Gleiches gelte für Österreichs Beitritt im Mai 2024 zur European Sky Shield Initiative (ESSI), der durch die Unterzeichnung eines Memorandum of Understanding durch Ministerin Tanner erfolgte. Über die Initiative wollen teilnehmende Staaten gemeinsam Waffensysteme kaufen – bei der Fliegerabwehr mittlerer Reichweite steht das deutsche System Iris-T im Fokus. Wichtige vergaberechtliche Fragen seien „einfach nicht vor dem Betritt zur ESSI geprüft“ worden, so der Bericht.
Dieses Vorgehen wird als weder effektiv noch wirtschaftlich gesehen und schafft laut der Kommission Risiken. Nämlich dann, wenn jahrelang Vorarbeiten geleistet werden, dann aber erst spät festgestellt wird, dass das Vorgehen gar nicht vergaberechtlich zulässig ist. Bei den Transportflugzeugen etwa habe sich dieses Risiko zwar nicht verwirklicht. Hätte aber etwa die Vergabeabteilung entschieden, dass das Vorgehen – im gegenständlichen Fall beschaffte Österreich seine Flugzeuge in Kooperation mit den Niederlanden – unzulässig sei, „wäre das gesamte vorgelagerte Verwaltungshandeln obsolet“ gewesen, heißt es im Bericht.
„Die vergaberechtliche Prüfung erfolgt im Verteidigungsressort in allen Fällen zum optimalen Zeitpunkt“, entgegnet Generalleutnant Harald Vodosek, Rüstungsdirektor des Militärs, auf „Presse“-Anfrage. „In annähernd allen Beschaffungsvorhaben wird zuerst eine Fähigkeit geplant, dann werden technische Leistungsbeschreibungen erstellt und schließlich wird das Vergabeverfahren geführt – in jeder Phase ergebnisoffen. Hier ist eine grundlegende Entscheidung vor der Phase der Vergabe nicht vorgesehen.“
Für die Kommission ist das Vorgehen im Ressort hingegen geeignet, „das Vergabeverfahren zu präjudizieren“, also quasi vorwegzunehmen. Bei der Fliegerabwehr und bei den Transportflugzeugen „wurden politische Entscheidungen für ein bestimmtes System öffentlichkeitswirksam kommuniziert und – wenn auch unverbindliche – völkerrechtliche Verträge geschlossen, die in beiden Fällen faktisch zur Folge haben bzw. hatten, dass der Vergabewettbewerb ausgeschlossen und nur ein bestimmtes Produkt angeschafft werden konnte bzw. kann“.
Vorgehen „wenig zweckmäßig“
Im
September 2023 gab Ministerin Tanner öffentlich bekannt, dass Österreich den Kauf von acht Stück Iris-T von Deutschland anstrebe. Danach hieß es jedoch, dass bisher keine Typenentscheidung gefallen sei. Auch Generalleutnant Vodosek hält fest, „dass es keine Festlegung des Hauses auf die Beschaffung eines bestimmten Waffensystems gibt“.
„Es ist wenig wirtschaftlich und zweckmäßig, zuerst ein Memorandum of Understanding zu unterschreiben und ESSI beizutreten, dann aber nicht Iris-T im Rahmen von ESSI als Einkaufsplattform zu beschaffen, sondern praktisch von null zu beginnen“ und die Raketenabwehr „europaweit auszuschreiben“, so die Kommission. Sie regt an, unter anderem angesichts „der in den Medien ursprünglich erfolgten Festlegung“ auf Iris-T „die Medienkommunikation und das ressortinterne Wissensmanagement“ bei Beschaffungen „zu verbessern“.
Das Memorandum of Understanding habe „nicht zur Folge, dass der Kauf eines bestimmten Produktes dadurch präjudiziert ist“, entgegnet Vodosek. Das Memorandum ziele „nicht auf ein bestimmtes Produkt ab, sondern ist immer ergebnisoffen“. „Es ist mittels der ESSI beabsichtigt, dass jeder Partner Projekte initiieren und eine zentrale Beschaffungsstelle nominieren kann. In dieser Phase der Beschaffung befindet sich das Ressort.“