Bundesheer-Prüfer: Milliarden-Deal "ohne Not" auf Leonardo-Jets zugeschnitten
Die Interne Revision des Bundesheers äußerte Kritik am Auswahlverfahren für neue Trainingsjets. Deren Leiter hält fest, dass kein Fehlverhalten moniert wurde
Die Beschaffung der neuen Trainingsjets für das Bundesheer schlägt Wellen. So zeigen bislang geheime Unterlagen aus dem Verteidigungsministerium, dass die Interne Revision mehrfach deutliche Kritik am Auswahlverfahren der Jets geäußert hat.
Wie der STANDARD berichtete, ist zu dem geplanten Milliardendeal bereits eine Anzeige eines anonymen Insiders eingegangen, zudem bringt der grüne Abgeordnete David Stögmüller parlamentarische Anfragen in der Sache ein. Für Kritik an dem Beschaffungsvorgang sorgen die hohen Kosten des Trainingsjets Leonardo M-346 FA. Zieht man den geplanten Finanzierungsrahmen heran, zahlt Österreich pro Flieger wohl deutlich mehr als andere Staaten, auch weil man auf eine voll ausgestattete Variante setzt.
Bislang nicht bekannt war, dass der Beschaffungsvorgang auch intern auf scharfe Kritik stieß. Und zwar bei der Internen Revision. Eine derartige Abteilung gibt es in jedem Ministerium. Sie ist für "objektive Prüfungs-, Kontroll- und Beratungsleistungen" zuständig und soll sicherstellen, dass die Verwaltung "sparsam und zweckmäßig" agiert. Sinngemäß heißt es in den Dokumenten der Internen Revision, durch die Vorgaben sei die Ausschreibung auf den M-346 FA des italienischen Herstellers Leonardo zugeschnitten worden. Es habe sich "ohne Not eine Monopolstellung ergeben", schreiben die Heeresprüfer.
"Problematische Einschränkung"
Sie bemängeln etwa die "problematische Einschränkung" auf Anbieter aus Europa, wodurch der US-Konzern Boeing außen vor blieb. Die Markterkundung durch das Ministerium hätte "transparent, nicht diskriminierend und neutral" erfolgen müssen. Zudem stellten die Prüfer Behauptungen der Luftzeugabteilung (LzA) im Heer infrage, etwa jene über hohe Betriebskosten des koreanischen Modells KAI 50. Eine Besprechung zwischen der Internen Revision und der LzA sei "aus terminlichen Gründen" nicht möglich gewesen, monieren die Prüfer.
https://www.derstandard.at/story/300000 ... eschnittenLuftraumüberwachung
Die Sinnhaftigkeit, neue Trainingsjets zu kaufen, ist unter Militärexperten grundsätzlich unumstritten. Trotz der hohen Anschaffungskosten werden sie im Laufe ihrer Nutzungsdauer von mehreren Jahrzehnten als Faktor zur Kostenersparnis gesehen. Denn neue Unterschall-Jets hätten im Bundesheer grundsätzlich zwei Aufgabenbereiche.
Einerseits werden sie in der Ausbildung eingesetzt: Bevor ein Militärpilot lernt, einen Eurofighter zu fliegen – als großer Überschall-Kampfjet deutlich herausfordernder in der Handhabung – wird an kleineren Flugzeugen trainiert.
Seit die veralteten Saab 105 OE als bisher letzte Bundesheer-Trainingsjets 2020 außer Dienst gestellt wurden, musste das Verteidigungsministerium diesen Teil der Schulungsphase ins Ausland auslagern – und zu hohen Kosten von befreundeten Streitkräften zukaufen. Mit eigenen Jet-Trainern soll der Großteil der Ausbildung wieder mit eigenen Mitteln in Österreich bewerkstelligt werden können, so der Plan des Ressorts.
Andererseits können die kleineren Unterschall-Jets auch bei der Luftraumüberwachung in einzelnen Fällen statt des Eurofighters eingesetzt werden, der auch im Betrieb weit teurer ist. "Wenn sich ein privates Segelflugzeug in Österreichs Luftraum verirrt, muss man dafür nicht immer ein Mehrzweck-Kampfflugzeug aufsteigen lassen, bei dem eine einzige Flugstunde mehrere Zehntausend Euro kostet", sagt ein Militär.
Im Falle eines konventionellen militärischen Angriffs auf Österreich könnten die bewaffneten Jet-Trainer zudem auch die Bodentruppen des Bundesheers unterstützen.
"Nicht schlüssig"
Leonardos M-346 FA werden von Fachleuten im In- und Ausland als moderne, vielseitig einsetzbare Jet-Trainer auf Höhe der Zeit beschrieben. An den technischen Fähigkeiten des Geräts gibt es also wenig Zweifel. Aber: Warum legte sich das Ressort frühzeitig auf das Leonardo-Modell fest, obwohl es auch mehrere Alternativen anderer Hersteller gab? Die "Herleitung der Beschaffungsgrundlagen" sei "nicht schlüssig" gewesen, moniert die Interne Revision in ihren Dokumenten.
Auf Anfrage des STANDARD hält Generalmajor Hans Hamberger, Leiter der Internen Revision, fest: "Es ist Aufgabe und Wesen einer Revision, solche großen Verfahren zu begleiten und kritische Fragen zu stellen. Genau das haben wir in mehreren Informationen, die an den Generalstab gerichtet waren, darunter eine finale Information vom Oktober 2024, gemacht. Diese Informationen stellen kein Fehlverhalten fest, sondern führen ergänzende Argumente und Empfehlungen an". Es ergebe "wenig Sinn", Zwischenberichte zu einer laufenden Kontrolle zu veröffentlichen.
Aus dem Heer heißt es, "seitens der für die Beschaffung verantwortlichen Direktion 5 – Rüstung" seien "sämtliche notwendigen Schritte und Verfahren eingehalten" worden. Der Ablauf sei folgendermaßen erfolgt: Ein Vorhabensbericht wurde erstellt, davon ausgehend entwickelte man dann konkrete Leistungsbeschreibungen. So hätten sich rund etwa "500 spezifische Anforderungen" ergeben. Anschließend wurden "Requests for Information" an Marktteilnehmer verschickt; das sei Teil einer großen Analyse, die Markt, Technologie und Verfahren abdecke. Ergebnis sei gewesen, dass nur Leonardo die Voraussetzungen erfülle.
Zwar wurde "in Übereinstimmung mit den EU-Sicherheits- bzw. verteidigungspolitischen Vorgaben" der Europäische Wirtschaftsraum herangezogen, doch habe es auch eine Anfrage an Südkorea gegeben – ohne Antwort. Boeing erfülle hingegen die Voraussetzungen nicht, da dessen Trainingsjet unbewaffnet sei. Zudem zeige eine Studie, dass bei Government-to-Government-Käufen der EWR zwingend zuerst zu untersuchen sei.
In den Deal involviert waren laut Medienberichten auch der damalige Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. "Wir wollen klar wissen, warum es Nehammer und Tanner so wichtig war, gerade mit den Italienern diesen Deal abzuschließen", sagt der Abgeordnete David Stögmüller. Mit der grünen Schwesterpartei wurden nun auch in Italien parlamentarische Anfragen eingebracht. "Es ist nicht nur für uns unverständlich, warum die Entscheidung ausgerechnet auf den Hersteller Leonardo gefallen ist. Interne Dokumente des BMLV zeigen klar, dass es keine ordentliche Ausschreibung gab und dass das Verfahren äußerst dubios verlaufen ist", so der Grüne.
https://bsky.app/profile/fabianschmid.b ... jnovnjnc27
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https://bsky.app/profile/bundesheerbaue ... jykfbir222
Cui bono? Und einen "Zwischenbericht" vom Sommer 2024 zu zitieren, ist auch nicht gerade professionell.
Beim "Eurofighter" kritisieren sogenannte "Journalisten" seit zwanzig Jahren, dass das Flugzeug nichts kann, schlecht ausgestattet ist, etc., etc. - aber wenn irgendetwas neues gekauft wird, ist es ein Skandal, dass man eine militärisch ausgestattete Version nach militärischen Anforderungen anstrebt. Schizophren².Der Standard hat geschrieben:Zieht man den geplanten Finanzierungsrahmen heran, zahlt Österreich pro Flieger wohl deutlich mehr als andere Staaten, auch weil man auf eine voll ausgestattete Variante setzt.
Welche "Medienberichte" - Plural? De facto gibt es nur einen APA-Artikel vom 28. 12. 2024:Der Standard hat geschrieben:In den Deal involviert waren laut Medienberichten auch der damalige Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.
Für Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ist die Kooperation ein Beweis für die "gute Zusammenarbeit und Freundschaft zwischen Italien und Österreich. Mein besonderer Dank gilt Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die einen wesentlichen Beitrag zum Zustandekommen dieser Vereinbarung beigetragen hat."
https://www.derstandard.at/story/300000 ... ien-kaufen(APA, 28.12.2024)
Und dass die Grünen kritisieren, "dass es keine ordentliche Ausschreibung gab", macht die Geschichte endgültig lächerlich. Waren es doch die Grünen, die Ausschreibungen von Rüstungsgütern jahrzehntelang grundsätzlich verteufelt haben.
Und weil ich die "üblichen Verdächtigen" erwähnt habe - noch so ein Fall: