Ministerialrat Karl Hofer: Man muss das so sehen: Wir haben diesen Kaufvertrag gemacht, mit Flugzeugen und einem logistischen Grundvorrat, mussten aber dann bereits 2007 gewissermaßen einen Follow-on Support, also einen Unterstützungsvertrag, tatsächlich zur Absicherung des Betriebes – Ersatzteile hauptsächlich, Leistungen wie Publikationsservices und Ähnliches und natürlich Maintenance, Repair and Overhaul von Komponenten - - Jetzt habe ich kurz den Faden verloren. Könnten Sie noch einmal - - (Abg. Bernhard: Im Wesentlichen haben Sie ...!) – Tut mir leid, ich weiß es schon wieder!
Unser Wartungskonzept ist so, dass wir die Flugzeuge gewissermaßen mit dem geringstmöglichen Aufwand an In-Service-Kosten betreiben. Geringstmöglicher Aufwand heißt, das sind Verträge, wo keine Leistungsanteile dabei sind. Das heißt, wir bestellen ein Ersatzmaterial, und das kommt neun Monate, zwölf Monate, 16 Monate später; wir liefern eine Komponente ab zur Materialerhaltung, zur Reparatur oder was immer, einen Computer, und der kommt nach neun Monaten, zwölf Monaten, 16 Monaten retour.
Die Core-Nationen, das sind die vier Nationen Italien, Spanien, England und Deutschland, haben in dem Bereich überall Leistungsverträge, hoch dotierte Leistungsverträge.
Mit diesen hoch dotierten Leistungsverträgen kriegen Sie das Material und auch die Instandsetzungen innerhalb einer definierten Durchlaufdauer zurück – das ist meistens so zwischen vier Wochen und zwei Monaten –, zahlen aber für das Gleiche das Vier- bis Fünffache, um einfach die Dauer, bis das wieder hereinkommt - -
Wir versuchen, diesem Modell nicht zu folgen. Wir würden uns diesen In-Service nicht leisten können. Für uns würde so ein Hochleistungsanteil grob bedeuten, dass wir jetzt statt diesen knapp 58, 60 Millionen €, die wir pro Jahr zahlen, noch einmal zwischen rund 20 und 25 Millionen aufdoppeln müssten, pro Jahr. Wir verzichten auf das. Dadurch, dass wir auf das verzichten, haben wir natürlich nicht diesen tollen Klarstand wie die Core-Nationen ihn haben, und zum Ausgleich müssen wir natürlich hin und wieder den Kniff anwenden, dass wir Flugzeugen, die ohnedies in der Wartung stehen, Ersatzteile entnehmen und damit andere klarmachen; das heißt, das ist nur zur Überbrückung.
Zusätzlich haben wir ein Zusammenarbeitsabkommen mit der deutschen Luftwaffe, bei der wir uns zur Milderung dieser Situation Teile ausleihen dürfen, also auf Leihbasis, das ist auf Leihbasis. Das schaut so aus – momentan, mit diesem Vertrag –, dass wir eigentlich der deutschen Luftwaffe mehr leihen, als die uns leiht, trotz dass sie Hochleistungsverträge hat. Das heißt so viel wie: Hochleistungsvertrag abschließen, viel Geld ausgeben ist gut, nur, wenn man es betriebswirtschaftlich betrachtet, wenn ich die Flugzeuge trotzdem nicht an die Flightline bringe, ist das einfach verlorenes Geld.
Daher muss man ganz einfach verstehen: Ja, wir warten hin und wieder lange, also längere Zeit auf Teile, nehmen bewusst in Kauf, dass wir ein, zwei Flugzeuge weniger Klarstand haben als der Durchschnitt der Core-Nationen, können damit aber den Betriebskostenanteil dramatisch senken und haben so einfach, sage ich einmal, eine ganz gute Lösung gefunden, um die Eurofighter zu betreiben.
Weiters haben wir, wenn ich das noch anfügen darf, die letzten Jahre mehrere Optimierungsprogramme gefahren. Optimierungsprogramm heißt, das Flugzeug hat eine Wartung, weiß ich, nach 200 Stunden, 400 Stunden, 800 Stunden, und da sind viele Aktivitäten zu machen, wofür wir 130 bis 150 Leute in Zeltweg unten haben. Wir haben diese Aktivitäten in Zusammenarbeit mit dem Hersteller derart optimiert, dass jetzt bei einer – Hausnummer – 400-Stunden-Wartung nicht mehr 500 Tasks durchgeführt werden, sondern nur mehr 300 Tasks, die anderen Tasks nach hinten verschoben wurden oder überhaupt darauf verzichtet werden konnte, ohne dass wir auf Flugsicherheit verzichten.
Das heißt im Klartext: Wenn wir eine 400-Stunden-Wartung – das ist das erste größere Wartungsereignis – in Zeltweg machen, steht das Flugzeug bei uns im Durchschnitt 62 Tage. Bei der deutschen Luftwaffe steht dieses Flugzeug neun Monate. Ich möchte damit nur darstellen: Hochleistungsverträge wären eine ganz bequeme Sache. Wenn man viel Geld hat und nicht schauen muss, wie der Steuerzahler belastet wird, dann kann man das machen, aber an diesen Beispielen sieht man, auch Hochleistungsverträge funktionieren nicht wirklich.
Man muss einfach intelligente Modelle wählen, unter Ausnützung aller Möglichkeiten, und da kann ich nur sagen – auch mein Team –: Wir haben den Eurofighter in der Erhaltung derart hinoptimiert, dass wir sagen können, wir fahren sicher den billigsten Unterhalt, einen billigeren Unterhalt gegenüber den Core-Nationen, und zwar einen dramatisch billigeren – daher eben hin und wieder diese scheinbare Notwendigkeit der Kannibalisierung und hin und wieder steht halt ein Flugzeug, aber wir haben in den letzten Jahren durchaus einen Klarstand von sechs, sieben, acht, neun Flugzeugen, und dieser Stand, diese Anzahl reicht aus, um unsere Aufgaben zu erfüllen.
Wir haben dann noch die Aufgabe, ein bestimmtes Kontingent pro Jahr zu produzieren, und das haben wir in den letzten Jahren – insgesamt die Flugstundenanzahl, die Produktion der Flugstunden – praktisch punktgenau immer hinbekommen.
Ministerialrat Karl Hofer: Die angemessene Versorgbarkeit: Ich habe zu Beginn meiner Ausführungen gesagt, wie wir unsere Logistik aufbauen. Da gibt es die Umlaufteile – das sind die Computer, das sind Starter und weiß der Teufel, was noch, also Aggregate, die im Flugzeug eingebaut sind –, und es gibt die Ersatzteile.
Für die Umlaufteile – ich nenne sie jetzt einmal Umlaufteile; Computer und Ähnliches – errechnen wir, nachdem das Materialerhaltungskonzept feststeht – Materialerhaltungskonzept heißt: Wie viel Arbeit machen wir in Österreich?, Wie viele Flugstunden brauchen wir?, Was ist das Ausfallsverhalten der einzelnen Komponenten?, Wie lange ist die Durchlaufdauer? – die Reserve, die wir brauchen, damit, wenn diese Komponente mit der Durchlaufdauer zur Industrie geht, bevor die letzte Komponente aus dem Lager verschwindet, der Durchlauf von der Firma schon wieder stattgefunden hat. Dieser Vorgang rennt bereits seit 2007.
Für die Umlaufteile war immer die angemessene Versorgbarkeit hergestellt. Wenn wir gesehen haben, dass die Durchlaufdauern zu hoch sind – Durchlaufdauer ist die Dauer vom Wegschicken bis zur Firma und wieder zu uns zurück –, haben wir auch Reserven erhöht, um das auszugleichen. Es war von Anbeginn eine ausreichende Versorgung sichergestellt. Dass es natürlich das eine oder andere Hoppala gibt, wo ein Stau bei der Firma ist und das eine nicht ganz so gut funktioniert, habe ich vorher schon erklärt; dann versuchen wir den Ausgleich über die deutsche Luftwaffe, wo wir ein Zusammenarbeitsabkommen haben, wo wir uns leihweise Dinge hereinholen.
Was die Ersatzteile betrifft, wird das ebenfalls wieder vom Materialerhaltungskonzept abgeleitet: Wie viele Stunden habe ich zu fliegen? Wie viele Wartungsereignisse einer bestimmten Kategorie habe ich bis dorthin? Dann lese ich nach, welche Tasks ich zu machen habe. Bei jedem Task hängt dabei, welches Material ich brauche – und das bevorraten wir uns ganz einfach für ungefähr zwei Jahre.
Das heißt, wir sind in dem Moment, wo wir ein Luftfahrzeug in die Luft bringen, organisatorisch richtig aufgestellt, um die Versorgbarkeit zu gewährleisten. Dass es natürlich immer wieder einen Nachsteuerungsbedarf gibt, ist schon klar, aber das ist in unserem Konzept drinnen. Bevor unsere Flugzeuge fliegen oder zum Fliegen gebracht werden, hat diese Versorgung sichergestellt zu sein.
Ich kann mir das nur so erklären: Solche Aussagen kommen deshalb, weil es eben Störungen gibt; und dann ist man dazu geneigt, dass man sagt: Bitte schaut noch einmal nach, es funktioniert noch etwas nicht!
Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Und wenn gar nichts mehr geht, kannibalisiert man andere Flugzeuge, damit man einige in der Luft halten kann, nimmt man die Ersatzteile von anderen, oder wie darf man sich das vorstellen? Auch das ist evident.
Ministerialrat Karl Hofer: Kannibalisieren – dieses schlimme Wort ist in unseren Verfahren enthalten, ist allerdings nur eine Notmaßnahme. Wir haben aber die Erfahrung gemacht, in der Anfangsphase des Eurofighters ist Kannibalisieren mehr als nur eine Notmaßnahme gewesen. Wir haben tatsächlich Flugzeuge umgebaut, die ohnedies in eine Wartung gekommen sind; aber Sie haben völlig recht, auch das ist ein Aufwand.
Wir haben aber immer darauf geachtet, dass damit die Sicherheit der Luftfahrt nicht gefährdet ist. Da ist man nämlich relativ rasch an einem Punkt angelangt - - Wenn man aus einem Flugzeug etwas herausreißt, sage ich einmal, drollig gesprochen, und es in einem anderen Flugzeug einbaut und dann wieder zurückrüstet, dann hat man hier auch ein gewaltiges Dokumentationserfordernis. Es ist durchaus auch passiert, dass man für kurze Zeit nicht mehr gewusst hat, wo was eingebaut ist, und das ist gefährlich.
Daher haben wir uns dann zum Prinzip gemacht: Wir müssen von diesem Kannibalisieren wegkommen, das ist ganz schlecht. Im Zeitablauf ist es dann auch gelungen, dass wir über diese sogenannten Reserven, von denen ich gesprochen habe, und natürlich auch die Kontakte mit den Instandsetzungsfirmen das Kannibalisieren ziemlich zurückgedrängt haben. Ich räume aber ein, es findet noch immer statt.