opticartini hat geschrieben: ↑Di 22. Jun 2021, 21:11Die USA sind in der Lage eine günstige Vertragsgestaltung und Logistik anzubieten.
Und die anderen Staaten nicht? Das bezweifle ich. Der Umfang der Konzessionen hängt allein von der Bereitschaft der beteiligten Firmen und Regierungen ab. Umso mehr man sich von dem Geschäft verspricht, umso größer wird der Druck sein, der Schweiz entgegenzukommen.
Wie tief die Töpfe sein können, aus denen die Rüstungsindustrie Regierungen Honig ums Maul zu schmieren bereit ist, hat man zuletzt wieder bei der Sturmgewehr-Ausschreibung in Deutschland gesehen, wo einem der Wettbewerber plötzlich auffiel, dass er seinen Angebotspreis mal eben fast halbieren könnte.
opticartini hat geschrieben: ↑Mi 23. Jun 2021, 00:41
Danke für den Hinweis, dass die F-35 keine TVC hat, das bestätigt meine Aussage: Performance-Dinge wie Wendigkeit sind eben tatsächlich weniger wichtig (nicht komplett unwichtig aber eben weniger wichtig). Das ist auch keine gewagte Aussage, sondern wird schon so praktiziert.
@wARLOCK hat dazu richtigerweise eingewandt:
wARLOCK hat geschrieben: ↑Di 22. Jun 2021, 21:43Eine gewagte Aussage, sind doch im Grunde Alle aktuellen bzw in planung befindlichen Fighter nach wie vor stark auf Perfomance getrimmt. Warum tun die Hersteller sowas?
Auch @doppeladlers Hinweis verdient Beachtung, dass der Steigleistung für einen Abfangeinsatz in einem solch kleinen Land wie der Schweiz höchste Bedeutung zukommen sollte. Hinzufügen könnte man noch: Warum sind die F-22 und Su-57 auf Perfomance getrimmt, obgleich auch ein Tarnkappenflugzeug?
Die Antwort lautet: Man kann es sich nur leisten, Steigleistung, Kurvenleistung und Co. geringer zu gewichten, wenn man sich auf die LO-Technologie verlassen will. Darauf ist die F-35 ausgelegt. Sie ist im Grunde ebenso ein Spezialist wie etwa die F-104, die sich auf Schnelligkeit verließ. (Die Design-Parallelen zwischen 1950er und 2000er Jahren sind erstaunlich).
Falls aber die LO-Technologie der F-35 ausgeschaltet wird – und passives Radar wird dazu wohl bald in der Lage sein –, oder sie aufgrund der Einsatzregeln nicht zum Tragen kommt, muss sich die F-35 genauso behaupten wie jedes andere Kampfflugzeug auch. Und was das anlangt, ist sie fast jedem Kampfflugzeug der Generationen 4 und 4.5 unterlegen.
Die F-35 ist langsamer, weniger wendig, mit geringerer Steigleistung, und ihre Zelle kann weniger lange Lastvielfachen widerstehen. Im konventionellen Luftkampf ist allein die moderne Cockpitarchitektur, die dem Piloten eine bessere Situational Awareness verschafft, als deutlicher Pluspunkt zu verzeichnen.
Natürlich kann man jetzt einwenden: Fein, aber wie oft wird es schon vorkommen, dass die F-35 sich nicht auf ihre Stärke verlassen kann? Allerdings lautet die Antwort darauf: in der militärischen Luftraumüberwachung, wo Ziele auf Sicht identifiziert werden müssen,
immer. Doch ließe sich auch fragen, warum die Schweiz überhaupt LO benötigt.
Ich glaube nicht, dass man dieser Aussage zustimmen kann:
opticartini hat geschrieben: ↑Di 22. Jun 2021, 21:11Was den Einsatz innerhalb Sichtweite betrifft hat F-35 keine Nachteile, [korr. (falsch): dank Schubvektorsteuerung ist das Flugzeug] das Flugzeug ist in allen Geschwindigkeits- und Höhenbereichen ausreichend wendig.
Die Leistungsparameter der F-35 sind jenen der Rafale, der Typhoon, der Gripen C/E, der Su-30er Serie sowie der J-10 unterlegen, wobei die Bandbreite von "geringfügig" bis "deutlich" reicht. Im WVR-Bereich hätte der Pilot einer F-35 ordentlich zu kämpfen, um sich gegen diese Typen zu behaupten.
opticartini hat geschrieben: ↑Di 22. Jun 2021, 21:11Moderne Lenkwaffen sind bereits seit einiger Zeit in der Lage, in alle Richtungen abgefeuert zu werden ("over the shoulder"), es ist also nicht unbedingt nötig, dass die Flugzeugnase in Richtung des Ziels zeigt. Kampfjets können hinter ihnen fliegende Objekte abschießen - abhängig von der sog. "WEZ" = weapon engagement zone.
Aber das ist doch nicht das einzige oder auch nur entscheidende Kriterium hinsichtlich der Überlebensfähigkeit im Luftkampf auf Sicht. Wenn es so wäre, könnte jede Predator-Drohne jeden Luftüberlegenheitsjäger abschießen, wenn sie nur in Waffenreichweite gelangt, ohne entdeckt zu werden.
Nebenbei: 2017 gelang es einer Su-22 der Syrer – einem wenig wendigen Erdkampfflugzeug ohne moderne Abwehrmaßnahmen –, dem Abschuss durch eine amerikanische AIM-9X zu entgehen. Erst später konnte der Pilot der US-amerikanischen Marineflieger (F/A-18E) den Abschuss mit einer AIM-120 ausführen.
opticartini hat geschrieben: ↑Di 22. Jun 2021, 21:11Dass F-35 aus technischer Sicht gut abschneidet kommt nicht überraschend
Es wird interessant sein zu sehen, ob man allgemeine Leistungsvergleiche durchgeführt hat, oder sich auf Einsatzlagen beschränkte, die für die Schweiz relevant sind. Luftfahrt-Enthusiasten überschätzen oft die Aussagefähigkeit von Vergleichsschießen und -kampagnen.
Nur zwei Beispiele dazu: Bei Frisian Flag 2008 bekamen französische Rafales von im Vergleich dazu steinalten Phantoms aus Deutschland ordentlich eins auf die Mütze (Abschussverhältnis 5:1). Und bei Red Flag 2012 erreichte die deutsche Luftwaffe mit der Typhoon ein "deutlich positives Abschussverhältnis" gegenüber der F-22.
Grund genug für die Deutschen, sich auf die Schulter zu klopfen? Mitnichten.
Im ersten Beispiel bestand die Übungseinheit aus einem Luftkampf im BVR-Bereich, wo es vor allem auf die BVRAAM und die Erfahrung des Piloten ankommt.
Im zweiten Beispiel wurde nur der Dogfight geübt, ignorierend, dass die Typhoons es in einem "scharfen" Einsatz wohl gar nicht in die Nähe der F-22 geschafft hätten.
Jedes Flugzeug kann gut abschneiden, wenn man es seine Stärken ausspielen lässt. Die Kunst besteht darin, den besten Kompromiss für das jeweilige Aufgabengebiet zu ermitteln.