Schweiz: Programm "Air2030"

Wehrtechnik & Rüstung, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
Albert
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Re: Schweiz: Programm "Air2030"

Beitrag von Albert »

Ich habe eine Erklärung geliefert, weshalb die europäischen Kampfjets in der Schweizer Evaluation wahrscheinlich auf den letzen beiden Plätzen gelandet sind. Haben Sie eine bessere Erklärung?

Welche Kriterien bewertet wurden, ist bekannt: Wirksamkeit: 55%; Produktesupport: 25%; Kooperation: 10%; Direkter Offset: 10%. Der Preis resp die Kosten kommen erst bei der Bewertung des Preis-Leistungs-Verhältnisses dazu. Ob das bei der "Rangliste" der NZZ eine Rolle spielt, wissen wir nicht.

Klar ist jedoch, dass in der Schweiz vor allem die Sensoren getestet/verifiziert wurden. Dabei hatte a) der Eurofighter mit dem mechanischen Radar sicher einen Nachteil und b) ist die Rafale mit dem Sniper Pod geflogen.

https://skynews.ch/luftwaffe/air2030-dassault-rafale/

https://skynews.ch/wp-content/uploads/2 ... 0x1000.jpg
theoderich
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Re: Schweiz: Programm "Air2030"

Beitrag von theoderich »

Albert hat geschrieben: Sa 29. Jan 2022, 15:17 Ich habe eine Erklärung geliefert, weshalb die europäischen Kampfjets in der Schweizer Evaluation wahrscheinlich auf den letzen beiden Plätzen gelandet sind. Haben Sie eine bessere Erklärung?
Das habe ich schon verstanden. Ich meine nur, dass man den Ergebnissen der Flug- und Bodenerprobung kein zu großes Gewicht beimessen sollte, da die Ausstattung und die Fähigkeiten der getesteten Flugzeuge üblicherweise nicht den Spezifikationen in den Angeboten entsprechen.

Eurofighter hat ein Flugzeug mit dem ECR-90 CAPTOR zur Flug- und Bodenerprobung geschickt, aber ein AESA-Radar CAPTOR-E angeboten, das noch nicht einmal fertig entwickelt ist.
Albert hat geschrieben: Sa 29. Jan 2022, 15:17b) ist die Rafale mit dem Sniper Pod geflogen.

https://skynews.ch/luftwaffe/air2030-dassault-rafale/

https://skynews.ch/wp-content/uploads/2 ... 0x1000.jpg
Tatsächlich. Das ist mir nicht aufgefallen.

Im Video von 2019 sieht man den Zielbehälter deutlich:

opticartini
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Re: Schweiz: Programm "Air2030"

Beitrag von opticartini »

Albert hat geschrieben: Sa 29. Jan 2022, 15:17 Klar ist jedoch, dass in der Schweiz vor allem die Sensoren getestet/verifiziert wurden. Dabei hatte a) der Eurofighter mit dem mechanischen Radar sicher einen Nachteil und b) ist die Rafale mit dem Sniper Pod geflogen.
Die Eurofighter, die an der Schweizer Evaluation teilnahmen, waren aus England. Ich bin mir fast sicher, dass das so gemacht wurde, weil diese Maschinen mit dem Mk 0 AESA-Radar ausgestattet waren, deswegen wurden keine aus Deutschland genommen, obwohl das deutlich naheliegender gewesen wäre und für die Schweizer Ausschreibung primär Deutschland zuständig war.

Die Eurofighter führten ebenso Aufklärungsbehälter mit:



Ankunft der Eurofighter zur Evaluation. Der Pilot, der im folgenden Video am Ende zu sehen ist, das ist Steve Formoso - Leitender Testpilot von BAe Systems

Zuletzt geändert von opticartini am Sa 29. Jan 2022, 17:38, insgesamt 1-mal geändert.
theoderich
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Re: Schweiz: Programm "Air2030"

Beitrag von theoderich »

opticartini hat geschrieben: Sa 29. Jan 2022, 17:20 waren aus England. Ich bin mir fast sicher, dass das so gemacht wurde, weil diese Maschinen mit dem Mk 0 AESA-Radar ausgestattet waren,
"Radar 0" steht für das Radarsystem CAESAR. Dieses Radar ist derzeit nur in die Eurofighter für Katar und Kuwait eingerüstet.
Meanwhile, Leonardo is the design authority for the Italian and UK-led ECRS Mk2 (‘Radar 2') and ECRS Mk0 (‘Radar 0'), the latter of which has been integrated onto Kuwait's and Qatar's Typhoon aircraft. Radar 0 will also form the basis of the design for Radar 1.
https://www.janes.com/defence-news/news ... many-spain

In der Schweiz wurde u.a. die ZK356 geflogen, ein Eurofighter der Tranche 3.

CAPTOR-E wurde aber mit IPA5 (ZJ700) erprobt:



Bild
https://www.facebook.com/eurofighter.ty ... 52/?type=3

Bild
https://www.eurofighter.com/multimedia/details/ghl-1636
Zuletzt geändert von theoderich am Sa 29. Jan 2022, 19:50, insgesamt 5-mal geändert.
opticartini
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Re: Schweiz: Programm "Air2030"

Beitrag von opticartini »

theoderich hat geschrieben: Sa 29. Jan 2022, 17:37 "Radar 0" steht für das Radarsystem CAESAR. Dieses Radar ist derzeit nur in die Eurofighter für Katar und Kuwait eingerüstet.
Ja, von BAe Systems, dieselben die mit ihren Testfliegern mit eingebautem Mk 0 an der Schweizer Evaluation teilnahmen. Was meinst warum die extra aus England in die Schweiz geflogen sind!?
Albert
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Re: Schweiz: Programm "Air2030"

Beitrag von Albert »

Es gibt wohl etwas Verwirrung um die Schweizer Evaluation. Die Punktezahl (336 für den F-35 und 241 für den Zweitplatzierten) stammt von der Evaluation und nicht von der 2. Offerte. Evaluiert wurden die Modelle, die in der Schweiz verifiziert werden konnten, d.h. Eurofighter mit einem mechanischen Radar. Es sollte diesmal keine Evaluation von zukünftig lieferbaren Konfigurationen gemacht werden. Damit ist die Schweiz letztes Mal auf die Nase gefallen, als sie 2009 den sogenannten "Papierflieger" Gripen E evaluiert hatte.
Aber es ist auch klar, dass insbesondere in der 2. Offerte die zukünftig zu liefernde Konfiguration angeboten wurde, d.h. Eurofighter mit AESA Mk 1 Radar.

Also Punkte und damit "Rangliste" für das 2019 vorhandene, (letzte) Offerte für die zukünftig lieferbare Konfiguration.

Man kann sich streiten, ob das gut, sinnvoll oder zielführend ist. Aber für die Schweiz, mit einem bereits verkorksten Beschaffungsversuch, ist es die richtige Vorgehensweise.
theoderich
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Re: Schweiz: Programm "Air2030"

Beitrag von theoderich »

opticartini hat geschrieben: Sa 29. Jan 2022, 17:41dieselben die mit ihren Testfliegern mit eingebautem Mk 0 an der Schweizer Evaluation teilnahmen. Was meinst warum die extra aus England in die Schweiz geflogen sind!?
Das Mk0 wurden anscheinend nicht nur in ZJ700 eingebaut, sondern auch in den italienischen ISPA 6, der am 23. Dezember 2019 seinen Erstflug hatte - acht Monate nach den Testflügen in Emmen. In der Schweiz flogen die britischen ZK356 und ZK303. Es wäre theoretisch möglich, dass es extra für die Flugversuche in der Schweiz in ein anderes Testflugzeug integriert worden ist - Belege dafür fehlen aber. Auf einer Schweizer Website wurde darüber spekuliert:
Die beiden in der Schweiz getesteten Eurofighter kamen nicht wie erwartet aus Deutschland, sondern aus England. Der Grund dafür könnte sein, dass das neue Captor-E Radar die Flugversuche 2018 bei BAE Systems erfolgreich abgeschlossen hat. Dabei hat es den Reifegrad erreicht, um in die Serienproduktion zu gehen. Vermutlich war einer der in Payerne getesteten Eurofighter (T.3?) mit diesem neuen Radar ausgerüstet.
https://dietz-photography.blogspot.com/ ... on-in.html

Flights trials of E-Scan radar begin on Eurofighter Typhoon jet (13. Juli 2016)
Flight trials of the E-Scan radar have begun following the successful completion of ground tests using a UK Eurofighter Typhoon test aircraft, clearing the path towards full integration of the radar.

The ground tests were carried out on Instrumented Production Aircraft (IPA) 5 with the detection and tracking of airborne targets at significant range.

Flight tests have now begun at BAE Systems’ site in Warton, Lancashire, where IPA5 undertook a flight of around one hour in duration on Friday 8 th July. A second test aircraft, IPA8 based in Germany, is also set to join the integration programme.
https://www.eurofighter.com/news-and-ev ... yphoon-jet

Die ersten zwei Flugzeuge mit Mk0 wurden erst am 14. Dezember 2021 geliefert - mehr als zweieinhalb Jahre nach den Erprobungsflügen in der Schweiz:

Leonardo: delivered to Kuwait the first two Eurofighter Typhoons

https://www.leonardo.com/en/press-relea ... r-typhoons
Zuletzt geändert von theoderich am Sa 29. Jan 2022, 21:13, insgesamt 2-mal geändert.
opticartini
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Re: Schweiz: Programm "Air2030"

Beitrag von opticartini »

Das Indiz ist, dass die extra aus England geflogen kamen, vom leitenden Testpiloten (!) von BAe - und das obwohl das Nachbarland Deutschland bei der Ausschreibung federführend war. Eurofighter wäre selten dumm, würden sie nicht mit dem modernsten Equipment bei einer Evaluation aufkreuzen.

Testpiloten fliegen normalerweise mit der neuesten Ausrüstung, deren Erprobung ist ihr Job. Das Radar wird in die Flieger schon eingebaut gewesen sein, es wurde zu dem Zeitpunkt bereits massenproduziert für den Export und war daher sehr wohl auch "in der Schweiz verifizierbar", nicht zuletzt weil es näher mit dem Mk1 Radar als mit dem alten CAPTOR-D gemein hat.

Mit CAPTOR-D zur Evaluation antreten und Mk1 anbieten ergibt deutlich weniger Sinn und hat deutlich mehr was von "Papierflieger" als mit Mk0 zur Evaluation antreten und dann Mk1 anbieten. Wäre Eurofighter nur CAPTOR-D zur Verfügung gestanden, hätten sie aus demselben Grund wie Gripen nicht teilnehmen dürfen.
opticartini
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Re: Schweiz: Programm "Air2030"

Beitrag von opticartini »

theoderich hat geschrieben: Sa 29. Jan 2022, 19:53 Die ersten zwei Flugzeuge mit Mk0 wurden erst am 14. Dezember 2021 geliefert - mehr als zweieinhalb Jahre nach den Erprobungsflügen in der Schweiz:
Das Radar wurde nicht speziell erst für diese Kunden neu entwickelt und gebaut, das gab es schon Jahre vorher.

Abgesehen davon sagt bei einem neuen Kunden das Auslieferungsdatum wenig aus, denn es müssen zuerst Techniker und Piloten des Kunden ausgebildet werden, dazu müssen zumindest einige Stück desselben Modells schon zur Verfügung stehen - z. B. solche die auch an Evaluationen in Schweiz und Finnland teilnehmen können.
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Re: Schweiz: Programm "Air2030"

Beitrag von theoderich »

opticartini hat geschrieben: Sa 29. Jan 2022, 21:19Das Radar wurde nicht speziell erst für diese Kunden neu entwickelt und gebaut, das gab es schon Jahre vorher.
Das ist ein Argument, ja. "Radar 1+" (Mk 0) ist schon 2014 auf IPA5 geflogen:
The E-Scan Extended Assessment Phase is taking place in parallel with the NATO Eurofighter and Tornado Management Agency (NETMA) NETMA Nations E-Scan development programme called Radar 1+. Under this programme an upgraded BAE Systems Typhoon development aircraft known as IPA5 has undergone a series of modifications as part of the ongoing E-Scan development and integration work. The aircraft made its maiden flight out of Warton earlier this year
https://www.baesystems.com/en/article/u ... ract-award

Am 12. September 2016 folgte "Radar 1+" ("Mk 0") auf IPA8:



Und in Italien wurde, wie bereits erwähnt, ISPA6 mit "Radar 1+" ausgestattet. Die AESA-Systeme können auf mit ECR-90 ausgestatteten Eurofightern nachgerüstet werden:
Air Forces Monthly (April 2021), p. 57 hat geschrieben:The ECRS Mk 0 fitted to Kuwaiti and Qatari Typhoons, and the ECRS Mk 1 being developed for the German/Spanish retrofit programme, are both derivatives of the M-scan Captor-C/D. They use the same back-end, married to a new AESA array mounted on a double swashplate re-positioner. They are collectively known as Captor-E variants.
https://www.f-16.net/forum/download/file.php?id=34919

opticartini hat geschrieben: Sa 29. Jan 2022, 21:09Mit CAPTOR-D zur Evaluation antreten und Mk1 anbieten ergibt deutlich weniger Sinn und hat deutlich mehr was von "Papierflieger" als mit Mk0 zur Evaluation antreten und dann Mk1 anbieten.
Aus Schweizer Sicht. Wenn ich da an Österreich denke, wo 1993 bis 1997 vier verschiedene Typen erprobt wurden und dann Jahre später ganz andere Konfigurationen angeboten worden sind ...
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