Ressourcen und Ausstattung im DACH-Raum
Deutsche Bundeswehr
Das im Rahmen der elektronischen Kampfführung (Definition unterscheidet sich von unseren militärischen Begriffen) eingesetzte Personal umfasst ca. 5000 Soldaten und Zivilbedienstete. Aufbauorganisatorisch sind dieser Kräfte und Mittel im Kommando Strategische Aufklärung zusammengefasst. Diese Organisation umfasst jedoch noch nicht die EW-Ressourcen der Luftwaffe und der Marine. Die EloKa-Bataillone dieses Kommandos sind dabei vollständig mit EloKa-Systemen, die das gesamte Spektrum erfassen können, ausgestattet.
Derzeit laufen in der Bundeswehr, insbesondere im neu aufzustellenden Kommando Cyber Informationsraum (CIR) gerade zahlreiche Erprobungen im Rahmen der Drohnenabwehr. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit der Behörden mit den Rüstungskonzernen wie Rheinmetall, Rohde&Schwarz sowie Plath erkennbar. Erwogen wird bei diesen Szenarien auch erstmals ein Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Es geht hier um Fähigkeiten der Bundeswehr, die bei der Exekutive bzw. Kräfte für den Einsatz im Inneren so nicht vorhanden sind. Grundsätzlich ist auch bei der Bundeswehr die Federführung für die Drohnenabwehr im elektromagnetischen Spektrum im Kommando CIR vorgesehen.
Schweizer Armee
Elektronische Kriegsführung (EKF) ist ein Mittel zur Gewinnung von sicherheitspolitischen und militärisch bedeutsamen Informationen in modernen Konfliktsituationen. Mit dieser Definition reiht sich die Schweizer Armee auch in die Definition der elektronischen Kampfführung bei der Deutschen Bundeswehr ein. Dabei arbeiten Fachspezialisten der EKF-Abteilungen mit Systemen, die das Orten und Auswerten sowie Stören fremder elektromagnetischer Emissionen gewährleisten.
Dafür unterhält die Schweizer Armee 3 EKF-Abteilungen einschließlich einer Reserveabteilung sowie zur Ausbildung dieser Kräfte die Schule EKF S 64. Das moderne integrierte Funkaufklärungs- und Sendesystem (IFASS) von einer israelischen Firma dient dafür als landesweite Infrastruktur mit seinen stationären und mobilen Komponenten.
Dieser EKF-Abteilungen sind Teil der Führungsunterstützungsbasis (FUB), in der rund 800 Personen arbeiten. Als verlängerter Arm der FUB steht die Führungsunterstützungsbrigade (FU Br 41/SKS) zur Verfügung. Sie stellt mit ihren 18 000 Angehörigen der Armee sicher, dass die Leistungen der FUB im Einsatzfall über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden können.
Im Rahmen der Drohnenabwehrfähigkeit läuft auch dort eine Zusammenarbeit der Behörden mit den Schweizer Rüstungskonzernen. Dabei wird durch Upgrading versucht, das moderne System IFASS (Integriertes Funkaufklärungs- und Sendesystem) auch zur Bekämpfung von Drohnen im EMS verwenden zu können.
Folgerungen für das ÖBH und das Kdo FüU & CD
Auch das Österreichische Bundesheer muss zur Kenntnis nehmen, dass nahezu kein Sensor, kein Effektor und schon gar kein Informationssystem ohne die Nutzung des Elektromagnetischen Spektrums (EMS) auskommt. Natürlich trifft diese Nutzung auch für alle unbemannten Luftfahrzeuge und dessen Abwehr zu. Mit dem neu aufzustellenden Kommando Cyber und Informationsraum (CIR) auf Ebene Teilstreitkraft bei der Bundeswehr hat auch unser nördlicher Nachbar auf diese neuen Herausforderungen reagiert. Zwar hat auch das ÖBH mit der Aufstellung des Kommandos Führungsunterstützung & Cyber Defence (Kdo FüU&CD) die erforderlichen Schritte eingeleitet, allerdings fehlen noch entscheidende Komponenten zur Umsetzung. Das EMS und der Cyberraum müssen wie die Dimensionen Land, Luft und See als eine einheitliche Dimension betrachtet werden, in der Operationen auch im elektromagnetischen Spektrum durchgeführt werden müssen. Historisch betrachtet war die elektronische Kampfführung in der Rolle des Unterstützers, ähnlich der Aufgabe der Informationsübertragung, daher auch der bisherige eher verhängnisvolle Name Führungsunterstützung, der uns in der Vergangenheit auch viele Missverständnisse eingebracht hat. EloKa hatte bisher immer die Aufgabe, beispielsweise taktische und operative Überlegenheit im Bereich SEAD (= Suppression Enemy Air Defence = Unterdrückung der feindlichen Luftabwehr) oder auch RCIED (RCIED = Radio-Controlled Improvised Explosive Device - funkferngesteuerte unkonventionelle Spreng- und Brandmittel) zu unterstützen. Der Bereich Drohnenabwehr zeigt nunmehr endgültig die Notwendigkeit im Cyber- und Informationsraum als Supported Command selbständig eine Operation im elektromagnetischen Spektrum (EMSO) zu führen. Die Wahrscheinlichkeit derartiger Szenarien ist gerade in Inlandseinsätzen als sehr hoch einzustufen.
Diese neu hinzugekommenen Aufgaben bedingen, neben speziellen Systemen zur Abwehr von Drohnen, im Vorfeld auch die Erkundung und Aufbereitung des elektromagnetischen Umfeldes (EMOE = Electromagnetic Operating Environment) im Interessensbereich. Nur das Wissen, welche Systeme im Normfall das Spektrum in einem bestimmten Gebiet nutzen, kann Abweichungen oder die Nutzung ganz bestimmter Frequenzen oder Frequenzgruppen erkennen lassen und für die weitere Beurteilung herangezogen werden.
Das bedeutet daher, dass für diese neu hinzugekommenen Aufgaben auch hoch spezialisierte EloKa-Kräfte erforderlich und möglichst in diesen Interessensgebieten aufzustellen sind. Sie müssen die Fähigkeit besitzen, mit geeigneten Systemen den für den elektronischen Kampf genutzten Bereich des EMS für eine eigene Nutzung sicherzustellen und bestimmten Kräften diese Nutzung zu verwehren. Dabei muss die Fähigkeit sichergestellt werden, dass eine 7/24/365 mäßige Abdeckung sowohl von Inlands- als auch für Auslandseinsätzen möglich ist. Die Aufstellung der vorhandenen EloKa-Elements im Westen Österreichs datierte aus der Bundesheerreform BH 2010 und ist lediglich für die Sicherstellung rein auslandsbezogener EloKa-Aufgaben vorgesehen.
Die aktuellen Fähigkeiten des ÖBH
Die aktuellen Fähigkeiten im EloKa-Bereich müssen aufgrund fehlender personeller, organisatorischer und materieller Ressourcen als äußerst mangelhaft und wenig bedarfsorientiert angesehen werden:
- Aktuell ist lediglich eine Minimalausstattung im Bereich EloKa vorhanden, die jedoch für echte Einsätze wenig brauchbar ist. Es gibt keine leistungsstarke [sic!] oder gehärtete [sic!] Systeme dafür aber ein Fehl an entsprechenden Schulungssystemen.
- Im Bereich der CREW-Systeme sollen in einer ersten Tranche kfz-gestützte, verlegbare und tragbare Geräte beschafft werden. Hier läuft gerade der Beschaffungsvorgang. Dieser Beschaffungsvorgang steht auch in keinem Zusammenhang mit der Fähigkeit zur Drohnenabwehr im Spektrum.
Bezüglich Drohnenabwehrfähigkeit im EMS wurden diverse Erprobungen durchgeführt, wobei erste Erfahrungen unter anderem auch im Rahmen der Airpower 2016 (siehe Beitrag "Wir fliegen auf Österreich") gesammelt werden konnten.
Notwendiger Fähigkeitenaufbau
Als Konsequenzen und Folgerungen wären folgende Forderungen für einen weiteren Fähigkeitenaufbau erforderlich:
- Die Ausbildung des Personals, das zukünftig für den Betrieb von UAS sowohl im Kommando Land, als auch vom Kommando Luft eingesetzt wird, muss auch umfassende Kenntnisse im EloKa-Bereich beinhalten.
- Die Einbindung von Führungsunterstützungs-Fachpersonal in Beschaffungsvorgänge von Drohnen und Drohnenabwehrsystemen muss sichergestellt werden.
- Drohnen müssen auch für EloKa-Systeme als Plattform verwendet werden können.
- Die Drohnenabwehr im EMS muss durch EloKa-Kräfte federführend geplant, geleitet und betrieben werden.
- Davon abgeleitet muss die Verantwortung für Operationen im elektromagnetischen Spektrum (EMOE) in eine Hand gegeben werden (Einheit der Führung).
Daraus abgeleitet wäre im Bereich der Drohnenabwehr folgende Arbeitsaufteilung zweckmäßig:
- Federführung für sämtliche Einsätze von UAS: Kommando Luft / daher Kdo FüU&CD Supporting
- Federführung bei der Abwehr von UAS im Rahmen der militärischen Landesverteidigung oder als Beitrag zum internationalen Krisenmanagement: Kommando Luft / daher Kdo FüU&CD Supporting
- Federführung bei der Abwehr von UAS im Rahmen eines sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatzes: Kräfte der FüU&CD / daher Kdo FüU&CD Supported
Das Datenmanagement
Schließlich muss in einem solchen Szenario die Bedeutung des Datenmanagements beleuchtet werden. Dabei geht es in vereinfachter Weise um den Kreislauf von gewonnenen Daten zu einem EWOSC (= Electromagnetic Operational Support Center - Unterstützungszentrum Elektronische Kampfführung) und der Bereitstellung dieser Daten für die eingesetzten Systeme in bedrohungsangepasster und systemverarbeitbarer und -lesbarer Form. Dies erfordert eine intensive und enge Zusammenarbeit der eingesetzten Teile, auch in Form persönlicher Netzwerke. Die Komplexität dieses Kreislaufes soll die Skizze oben verdeutlichen.
Als logische Konsequenz all dieser Überlegungen sollte der unverzügliche Aufbau und Betrieb zusätzlicher EloKa-Fähigkeiten, neben der im Aufbau begriffenen EloKa-Kompanie im Westen Österreichs sein. Als Produkt der letzten BH-Reform ÖBH 2010 mit Ausrichtung zu einer Unterstützung im taktischen EloKa-Bereich bei Auslandseinsätzen, ist dieses Element nicht in der Lage, auch diese Aufgaben mit zu übernehmen. Gefordert werden müsste daher als erster Schritt die Aufstellung einer EloKa-Kompanie, die zur Führung von operativen und taktischen Einsätzen im elektromagnetischen Spektrum, vornehmlich bei Einsätzen im Inland, befähigt sein sollte. Mit höchster Priorität muss dieses Element als Erstfähigkeit (Initial Capability) durch Zuführung entsprechender Systeme in der Lage sein, die Fähigkeit der Drohnenabwehr im Spektrum zu erlangen.
Doslozierung
Aufgrund nachstehender Gründe sollte dieses Element im Raum oder sogar in Wien direkt disloziert sein. Dies deshalb, weil nicht nur das vorrangige Interessensgebiet in diesem Raum liegt, sondern auch weil sich sämtliche einsatzwichtigen und einsatzrelevanten Organisationselemente in unmittelbarer Nähe befinden. Auch zivile Behörden, mit denen in diesem Fachbereich eine intensive Zusammenarbeit sicherzustellen sein wird, sind mit Masse im Großraum Wien disloziert. Wobei aber auch noch eine Reihe weiterer Argumente für den Raum Wien sprechen:
- Die logistische Anbindung sowie die fachdienstliche Führung durch das Kommando Führungsunterstützung und Cyber Defence reduzieren Versorgungswege und Befehlsübermittlungszeiten
- Auch die geografische Nähe zum Kommando Schnelle Einsätze ist von großem Vorteil, da derartige Einsätze insbesondere in das Aufgabengebiet dieses Kommandos fallen
- Auch die voraussichtliche Vielzahl von temporären Assistenzeinsatzleistungen bei Veranstaltungen im urbanen Ballungsraum WIEN (EU-Vorsitz, politische Gipfeltreffen, etc.) unterstreichen die Dislozierung in Wien
- Gerade die Aufbereitung und permanente Beobachtung des EMS in den beurteilten Gebieten erfordert die geografische Nähe dieser Elemente
- Die Fähigkeiten Cyber, EloKa und Ausbildung befinden sich an einem Ort
- Dadurch lassen sich zahlreiche Synergien ableiten
- Arbeitsprozesse können vereinfacht ablaufen
- Der Personalaustausch wäre leichter möglich
- Ein Know-How-Transfer wäre nicht notwendig, da alle Kräfte an einem Standort disloziert sind
- Zusammenführung von Dienststellen, die eng zusammenarbeiten müssen, an einem Standort und in einem gemeinsamen Verbund unter Führungsverantwortung KdoFüU&CD
- Der Arbeitsmarkt für technisches Personal kann im Raum Wien, österreichweit gesehen, als optimal beurteilt werden
- Aufgrund des Standortes und einer effizienten Rekrutensteuerung ist eine hochwertige Personalgewinnung erwartbar.
- Ablaufgesteuerte prozessgetriebene Zusammenarbeit mit relevanten Dienststellen im Raum WIEN ist leichter und effizienter möglich (HNaA, AbwA, EWO-SC, Fachabteilungen der Zentralstelle, etc)
- Eine Fachpersonalsteuerung von diesem EloKa-Element für FüUS, Kdo-FüU&CD, Ämter und Zentralstelle wäre wieder möglich.
- Bisherige Synergien für den Einsatz- und Schulbetrieb bleiben erhalten (hochwertiges Fachpersonal für Elo-Ka-Prozesse und die Lehre)
- Grundlagenarbeit und Weiterentwicklung für die FüUS durch Synergien mit den Fachabteilungen des KdoFüU&CD und den Verbänden wären wesentlich erleichtert.
- Aufgrund der immer größeren Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologie und der erwartbaren geringeren Ressourcen müssen FüU-Fähigkeiten zusammengeführt und aufgabenbezogen realisiert werden.
Die derzeit im Aufbau begriffene EloKa-Einheit wäre gemäß den Vorgaben aus BH 2010 daher zur Unterstützung als Force Provider und Multiplikator von Auslandseinsätzen erforderlich. Dabei wäre sie jedoch strukturell anzupassen, indem sogenannte LEWT (= Light Electronic Warfare Teams) zu strukturieren sind, die jederzeit zur taktischen Unterstützung bei Auslandseinsatzaufgaben herangezogen werden könnten. Darüber hinaus sollte diese Einheit auch die Fähigkeit zum Elektronischen Schutz unserer Soldaten und Systemen [sic!] besitzen. Dafür sind in dieser Einheit auch die gerade im Zulauf befindlichen Geräte und Systeme (CREW-Systeme) zu strukturieren, um aufgabenbezogen eingesetzt werden zu können.