Schützenpanzer Ulan (ASCOD)

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theoderich
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Re: Schützenpanzer Ulan (ASCOD)

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© Kurier/Juerg Christandl
Turm, Motor, Wanne. In diese drei Teile getrennt liegt der Schützenpanzer Ulan in der großen Halle in Wien-Simmering. 30 Tonnen Stahl und Elektronik, die auf eine Frischzellenkur warten. Anfang des Jahres beauftragte das Verteidigungsministerium das Unternehmen General Dynamics European Land Systems-Steyr (GDELS-Steyr) damit, alle 112 Schützenpanzer Ulan zu überholen und ihre Nutzungsdauer zu verlängern.
Alte Freunde

Der erste wird gerade zerlegt – von jemandem, der ihn vor mehr als 20 Jahren zusammengebaut hat: „Es ist, als würde man einen alten Freund wiedersehen“, lacht Panzermonteur Roman Scherhaufer.

Als das Unternehmen noch Steyr Daimler Puch Spezialfahrzeuge GmbH + Co KG hieß, war er für die Türme der damals frisch bestellten Schützenpanzer zuständig. Vor dem viereinhalb Tonnen schweren Turm ist die Panzerwanne aufgebockt, die Ketten sind bereits abmontiert. Scherhaufer führt hinein.

Neben der Besatzung von drei Mann finden dort im Einsatz bis zu acht Soldaten Platz - jetzt wird alles ausgebaut, was nicht niet- und nagelfest ist. "Wenn das erledigt ist, werden wir die Wanne auf Risse überprüfen und diese im Fall des Falles beheben", sagt Scherhaufer. Für die Rissprüfung wird eine spezielle Flüssigkeit auf die Oberflächen aufgetragen. "Bleiben davon Rückstände, ist der Riss gefunden." Bis 2029 sollen alle 112 Ulan modernisiert sein. Bis dahin gibt es viel zu tun: Jedes Fahrzeug besteht aus mehr als 10.000 Einzelteilen, in die es zerlegt werden muss.

370-Millionen-Paket

Rund 370 Millionen Euro umfasst der Auftrag des Verteidigungsministeriums, das dafür einen Qualitätsprüfer direkt im Simmeringer Werk abgestellt hat. Nachdem sie gänzlich demontiert und überprüft sind, werden die Wannen zu einer Partnerfirma in Waidhofen an der Ybbs gebracht, wo sie sandgestrahlt und neu lackiert werden. Es ist eine von vielen heimischen Firmen, die an diesem Projekt beteiligt sind. Mit den Partnerfirmen hat das Unternehmen bereits Erfahrung: Seit einigen Jahren produziert GDELS-Steyr den Radpanzer "Pandur EVO" für das österreichische Bundesheer. Derzeit beläuft sich der Auftrag auf 100 Stück - es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass weitere bestellt werden. Eine gute Planbarkeit für das Unternehmen ist damit gegeben.

Fachkräftemangel

Die Partnerfirmen werden auch vom Ulan-Auftrag profitieren: 70 Prozent macht die heimische Wertschöpfung bei der Produktion des "Pandur EVO" aus, beim Ulan soll ein ähnlicher Wert erreicht werden. Doch parallel zur Fertigung der Radpanzer die 112 Ulan zu erneuern, stellt das Unternehmen vor eine Herausforderung: "Wir benötigen zumindest 30 weitere Fachkräfte wie Schlosser, Monteure oder Logistiker", sagt Martin Reischer, Geschäftsführer von GDELS Steyr, zum KURIER.

Das Projekt umfasst die Grundüberholung und Bereinigung obsoleter Systeme, speziell in den Bereichen der Optronik - also etwa neue Wärmebildkameras - und der Elektronik. Auch ein neues Feuerleitsystem wird integriert.

Vereinfacht zusammengefasst soll der Ulan ein neues Nervensystem erhalten und bestmöglich für die zukünftige Nutzung vorbereitet werden. Die Anforderung ist vergleichbar mit jener an die 58 Leopard II A4, die noch heuer an das in München ansässige Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann übergeben und modernisiert werden sollen. Mit dem Unterschied, dass der Ulan in Wien gebaut wurde - und auch in Wien modernisiert wird.
https://kurier.at/wirtschaft/panzer-ula ... /402420974


Und das sind wohl die Partnerfirmen:

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https://www.militaeraktuell.at/pandur-e ... n-austria/
Zuletzt geändert von theoderich am Sa 22. Apr 2023, 14:01, insgesamt 2-mal geändert.
Merlin
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Re: Schützenpanzer Ulan (ASCOD)

Beitrag von Merlin »

Um die nach der Überholung der Ulan (EUR 370 Mio.) verbleibenden EUR 980 Mio. unter dem Titel "Teilerneuerung mechanisierter Kampftruppen" scheint ja annähernd eine komplett neue Flotte von "Ulan Evo" (oder vergleichbares Gerät) geplant zu sein.

Wenn man die jüngsten Beschaffungen von CV90 der Slowakei (152 Stk./1.3 Mrd. EUR) und Tschechien (210 Stk. / 2,2 Mrd EUR) bzw. die ungarische Lynx Beschaffung (218 Stk. / ca. 2 Mrd. EUR) als ungefähren Benchmark heranzieht, sollte das plus/minus für 100 Fahrzeuge in 2 Bataillonen reichen. Jetzt wird man die derzeitigen, neu modernisierten, Ulane aber wohl kaum verschrotten. Gleichzeitig ist weiterhin nur eine mechanisierte Brigade im Konzept vorgesehen. Pionierpanzer, Bergepanzer, gepanzerte Sanitätsfahrzeuge, Fla-Begleitschutz usw. sind unter separaten Posten im Aufbauprogramm aufgelistet.
Das werden ja nicht nur ausschließlich Granatwerfer-Panzer und PAL-Träger sein? Weiß jemand woran dabei gedacht ist?

https://www.czdefence.com/article/negot ... h-republic
https://www.thedefensepost.com/2022/12/ ... -slovakia/
https://www.thedefensepost.com/2021/05/ ... ikeshield/
theoderich
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Re: Schützenpanzer Ulan (ASCOD)

Beitrag von theoderich »

Merlin hat geschrieben: Sa 22. Apr 2023, 00:58Wenn man die jüngsten Beschaffungen von CV90 der Slowakei (152 Stk./1.3 Mrd. EUR) und Tschechien (210 Stk. / 2,2 Mrd EUR) bzw. die ungarische Lynx Beschaffung (218 Stk. / ca. 2 Mrd. EUR) als ungefähren Benchmark heranzieht, sollte das plus/minus für 100 Fahrzeuge in 2 Bataillonen reichen.
Hier eine Preisanalyse von IHS Jane's, basierend auf offenen Quellen:

CV90 Price Analysis Support. Non-Technical Summary, p. 6-11
From this analysis, Janes estimates that the CV90 Mk IV vehicles will be priced depending on variant in a range between EUR 5.73 million and EUR 11.21 million including VAT.

Based on open-source documents published by the Slovak government, the expected price point is within the range of what other CV90 customers have negotiated in the Janes model.

The model suggests that there may be an opportunity to adjust the price during negotiations, considering the relatively large volume of vehicles being procured by Slovakia, when compared to similar versions procured in lower numbers.
https://www.mfsr.sk/files/archiv/86/MO_ ... 221212.pdf
Merlin hat geschrieben: Sa 22. Apr 2023, 00:58Das werden ja nicht nur ausschließlich Granatwerfer-Panzer und PAL-Träger sein? Weiß jemand woran dabei gedacht ist?
Schützenpanzer mit einem neuen Turm inkl. neuer Maschinenkanone und PAL, Artilleriebeobachtungs-, Führungs-, Sanitäts-, Fernmelde- und Pionierpanzer und Granatwerferträger. So viel ich weiß, ist auch an Bergepanzer auf Basis des Ulan EVO gedacht. Insgesamt also sieben bis acht Varianten.

Die im "Aufbauplan" separat genannten "Schweren Berge- und Pionierpanzer" für 300 Mio. EUR sind die schon 2021 angekündigten "Pionier-/Bergepanzer" - allerdings in deutlich erhöhter Stückzahl. Norwegen hat vor ein paar Wochen angekündigt, acht Pionierpanzer "Wisent 2" für 69,87 Mio. EUR und drei Bergepanzer "Wisent 2" für 56,35 Mio. EUR zu kaufen. Überschlagsmäßig gerechnet sollten sich mit 300 Mio. EUR die letzten Oktober genannten zwanzig Pionier- und Bergepanzer finanzieren lassen.

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https://www.ffg-flensburg.de/de/produkt ... /wisent-2/
Zuletzt geändert von theoderich am So 23. Apr 2023, 20:03, insgesamt 6-mal geändert.
Acipenser
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Re: Schützenpanzer Ulan (ASCOD)

Beitrag von Acipenser »

Merlin hat geschrieben: Sa 22. Apr 2023, 00:58 Um die nach der Überholung der Ulan (EUR 370 Mio.) verbleibenden EUR 980 Mio. unter dem Titel "Teilerneuerung mechanisierter Kampftruppen" scheint ja annähernd eine komplett neue Flotte von "Ulan Evo" (oder vergleichbares Gerät) geplant zu sein.

Wenn man die jüngsten Beschaffungen von CV90 der Slowakei (152 Stk./1.3 Mrd. EUR) und Tschechien (210 Stk. / 2,2 Mrd EUR) bzw. die ungarische Lynx Beschaffung (218 Stk. / ca. 2 Mrd. EUR) als ungefähren Benchmark heranzieht, sollte das plus/minus für 100 Fahrzeuge in 2 Bataillonen reichen. Jetzt wird man die derzeitigen, neu modernisierten, Ulane aber wohl kaum verschrotten. Gleichzeitig ist weiterhin nur eine mechanisierte Brigade im Konzept vorgesehen. Pionierpanzer, Bergepanzer, gepanzerte Sanitätsfahrzeuge, Fla-Begleitschutz usw. sind unter separaten Posten im Aufbauprogramm aufgelistet.
Das werden ja nicht nur ausschließlich Granatwerfer-Panzer und PAL-Träger sein? Weiß jemand woran dabei gedacht ist?

https://www.czdefence.com/article/negot ... h-republic
https://www.thedefensepost.com/2022/12/ ... -slovakia/
https://www.thedefensepost.com/2021/05/ ... ikeshield/
Ich persönlich gehe davon aus das man KPE Einheiten mit neuen besser geschützten ULAN Ausrüstet wird, um diese auch Auslandsfit zu machen, (ULAN EVO ist wohl bessere Minenschutz etc.)
Die neu zulaufenden Funktions-Schützenpanzer (SAN, Pionier/Berge, Fernmelder...) sollten natürlich auch diesen umfassenden Schutz genießen
Phoenix
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Re: Schützenpanzer Ulan (ASCOD)

Beitrag von Phoenix »

Die frage ist ob ein ULAN Evo dann mehr in Richtung aktuellem Pizarro geht oder in Richtung AJAX - da ist vom Gewischt und der Panzerung doch ein erheblicher Unterschied. Die Frage ist ja auch ob man nicht in Richtung einer Panzerung ähnlich wie beim Pandur Evo gehen sollte - und dann in Richtung aktiver Schutzsysteme für RPG / PAL Abwehr
Mike
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Re: Schützenpanzer Ulan (ASCOD)

Beitrag von Mike »

Phoenix hat geschrieben: Di 25. Apr 2023, 12:28 … und dann in Richtung aktiver Schutzsysteme für RPG / PAL Abwehr
Glaubst du, dass die aktiven Systeme wirklich wirken? Ich bin das skeptisch!
theoderich
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Re: Schützenpanzer Ulan (ASCOD)

Beitrag von theoderich »

Die US Army hat vor ein paar Jahren abstandsaktive Hardkill-Schutzsysteme unterschiedlicher Hersteller erprobt. Dabei kamen das Rafael Advanced Defense Systems Trophy (Referenzen: Merkava MKIV und Namer) und das Elbit Systems Iron Fist-Light Decoupled (wird u.a. am kampfwertgesteigerten CV9035 der Koninklijke Landmacht eingesetzt und wurde heuer vom slowakischen Verteidigungsministerium ebenfalls für den CV9035 bestellt) zum Zug:

Active Protection Systems (APS) Program

https://www.dote.osd.mil/Portals/97/pub ... 115323-267

Das Rheinmetall Protection Systems StrikeShield hat bisher nur Ungarn bestellt. Australien hat lediglich eine Machbarkeitsstudie für die Boxer CRV des Programms LAND 400 Phase 2 durchgeführt.


Bild
https://www.facebook.com/bundesheer/pos ... %2CO%2CP-R
Zuletzt geändert von theoderich am So 11. Jun 2023, 00:30, insgesamt 1-mal geändert.
muck
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Re: Schützenpanzer Ulan (ASCOD)

Beitrag von muck »

Mike hat geschrieben: Fr 12. Mai 2023, 18:01
Phoenix hat geschrieben: Di 25. Apr 2023, 12:28 … und dann in Richtung aktiver Schutzsysteme für RPG / PAL Abwehr
Glaubst du, dass die aktiven Systeme wirklich wirken? Ich bin das skeptisch!
Trophy funktioniert, Testschüsse haben das klar erwiesen.
Timor
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Re: Schützenpanzer Ulan (ASCOD)

Beitrag von Timor »

Man könnte einen Teil des Geldes auch dazu verwenden, dem Ulan endlich Pal zu spendieren. Dürfte ja nicht so schwer sein, wenn die Deutschen dass sogar auf ihren Marder geschafft haben. Und würde den Kampfwert beträchtlich erhöhen. Ansonsten wäre eine Neuanschaffung Lynx oder Puma wünschenswert, dann wäre man auch in Sachen Panzerung und Minenschutz endlich mal vorne dabei...
theoderich
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Re: Schützenpanzer Ulan (ASCOD)

Beitrag von theoderich »

Timor hat geschrieben: So 14. Mai 2023, 16:11 Man könnte einen Teil des Geldes auch dazu verwenden, dem Ulan endlich Pal zu spendieren. Dürfte ja nicht so schwer sein, wenn die Deutschen dass sogar auf ihren Marder geschafft haben.
Der SP30 war nie zur Integration einer Panzerabwehrlenkwaffe ausgelegt:

viewtopic.php?p=8827#p8827

Der SPz "Marder" hat 1977/78 eine MILAN-Waffenanlage mit vier Flugkörpern an Bord erhalten. Als in Österreich der "Schützenpanzer 90" konzipiert worden ist, war noch immer das "Spezialwaffenverbot" aus dem Staatsvertrag von 1955 gültig. Dieses Verbot wurde erst im November 1990 durch eine einseitige Erklärung der Republik Österreich außer Kraft gesetzt:

Erklärung der österreichischen Bundesregierung betreffend einige Bestimmungen des Staatsvertrages, 6. November 1990, in: Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten (Hrsg.): Österreichische außenpolitische Dokumentation. Dezember 1990. Texte und Dokumente (Wien, 1990), p. 28-29, Online verfügbar unter: https://diglib.uibk.ac.at/download/pdf/8533182.pdf

Parallel sahen die Konzepte des Generalstabes (Stand: 1992) aber immer noch Einsatzgrundsätze für die kurz darauf projektierte PAL 4000 vor, die einen Einsatz vom HOT/UTM 800-Pandur aus verlangten, welche in eigene Panzerjägerkompanien bei den Panzergrenadierbrigaden eingegliedert werden sollten:

viewtopic.php?p=7554#p7554
Ab Anfang der 90er–Jahre beabsichtigte das BMLV, eine Abwehrfähigkeit gegen gepanzerte Ziele mittels Lenkwaffen mit einer Reichweite von bis zu 4.000 m — Panzerabwehrlenkwaffe 4000 — herzustellen, nachdem das Lenkwaffenverbot laut dem Staatsvertrag 1955 im Jahr 1990 für obsolet erklärt worden war. Eine Panzerabwehrlenkwaffe mit einer Reichweite bis zu 2.000 m war im Bundesheer bereits eingeführt.

Laut dem Militärischen Pflichtenheft aus 1991 war ein wesentliches Ziel eines auszuwählenden Waffensystems die Eignung zur selbständigen Kampfführung auch bei Dunkelheit und schlechter Sicht. Dies war durch Wärmebildgeräte — sie wandeln Wärmestrahlungen in sichtbares Licht um — zu gewährleisten.

Nach Erprobungen und Vergleichen mit verschiedenen gepanzerten Fahrzeugen entschloss sich das BMLV 1996, den gesamten Bedarf aus gebrauchten, von der deutschen Bundeswehr ausgesonderten Beständen des Jagdpanzers Jaguar samt Munition (Lenkflugkörper vom Typ HOT) zu decken.
https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/ ... zer_Jaguar

Diese Einsatzgrundsätze wurden auch das Panzerabwehrkonzept (1995) und in das Konzept für die mechanisierten Kampftruppen (1996) übernommen. Das erste Militärische Pflichtenheft für den "Kampfschützenpanzer 90" stammte aus dem Jahr 1984 und wurde 1995 überarbeitet. Die Technische Leistungsbeschreibung entstand 1996.
Zuletzt geändert von theoderich am So 14. Mai 2023, 20:06, insgesamt 8-mal geändert.
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