Medienberichte 2023

Landesverteidigung, Einsätze & Übungen, Sicherheitspolitik, Organisation, ...
theoderich
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von theoderich »

Österreich bekommt eine neue Sicherheitsstrategie – was bedeutet das für die Neutralität?
Frage: Was soll in der neuen Sicherheitsstrategie anders sein als in der alten?

Antwort: Jedenfalls wird die Rolle Russlands neu definiert werden. Neben dem Ukrainekrieg und der dadurch veränderten geopolitischen Situation werden sich in der neuen Sicherheitsdoktrin vor allem die Erfahrungen der Pandemie und der großen Flucht- und Migrationsbewegungen seit 2015 niederschlagen, heißt es aus dem Bundeskanzleramt zum STANDARD.

Frage: Und was wird sich noch ändern?

Antwort: Vizekanzler Kogler sprach im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auch von der Frage der "Energie- und Wirtschaftswende", die sich in der Sicherheitsstrategie abbilden solle. Weniger Abhängigkeit von importierten Rohstoffen und den Energiemärkten sei das Ziel und wäre auch ein wesentlicher Beitrag zu mehr Sicherheit. Das Kanzleramt bestätigte auf Nachfrage, dass "Versorgungssicherheit" ein größeres Thema im neuen Papier werden solle. Diese werde auch im Zusammenhang mit Cyberattacken und anderen Gefahren hybrider Kriegsführung – nicht nur durch Russland – gedacht.
Frage: Trägt die Opposition die Regierungspläne mit?

Antwort: Das wird auch davon abhängen, was genau in der neuen Doktrin stehen soll. Das Bundeskanzleramt will sie in den kommenden Monaten vorlegen. SPÖ, FPÖ und Neos haben die Regierung aber schon aufgefordert, das Parlament bei der Adaptierung einzubinden. Das Kanzleramt hat dem STANDARD bestätigt, das auch zeitnah tun zu wollen. Ohnehin ist die Sicherheitsdoktrin aber kein Gesetz, das vom Nationalrat beschlossen werden müsste. Türkis-Grün ist bei der Adaptierung also nicht auf die anderen Parlamentsparteien angewiesen.

Frage: Warum weiß in Österreich eigentlich kaum jemand, was eine Sicherheitsdoktrin ist?

Antwort: Nicht zuletzt deshalb, weil das Positions- und Strategiepapier, das zuletzt vor zehn und davor vor 22 Jahren adaptiert wurde, für aktuelle politische Entscheidungen keine gar so große Rolle spielt. Wie der selbst für Militärstrategen überraschende Ukrainekrieg gezeigt hat, können auch relativ junge Grundsatzpapiere sehr schnell nicht mehr aktuell sein. Eine deutlich zentralere Rolle spielte das Format für die US-Präsidenten mehrerer Jahrzehnte, die vor allem folgenreiche außenpolitische Doktrinen setzten.
https://www.derstandard.at/story/200014 ... s-fuer-die

theoderich
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von theoderich »

  • „Krone“-Kommentar
    Teures Bundesheer für teure Neutralität
    Stunde der Wahrheit: So teuer ist Neutralität, wenn man sie ernst nimmt. Das mag jene überraschen, die die Blockfreiheit mit einem sicherheitspolitischen Dauerrabatt und Trittbrettfahren bei der NATO verwechselt haben. Seriöse Neutrale wie die Schweiz müssen jede Waffengattung auf eigene Kosten anschaffen, denn sie können ihren Sicherheitsaufwand mit niemandem in einem Pool preisgünstig teilen. Das Bundesheer rüstet nun mit Milliardenkosten auf, darunter Militär-Jets als Unterstützung der Teurofighter, die der Schnapsidee österreichischer Westentaschen-Feldherren entsprungen waren.

    Es fehlen jetzt allerdings noch (?) zwei dringendste Anschaffungen: Abwehrraketen und Kampfdrohnen. Österreich ist wehrlos gegen Luftangriffe, und ohne Drohnen braucht man heutzutage gar nicht erst mit Landesverteidigung beginnen (Aserbaidschan trieb Armenien mit türkischen Kampfdrohnen zur Blitz-Kapitulation.).

    Die Idylle, dass das neutrale Österreich als Wirtshaus der Welt allein schon deshalb sicher ist, wiel uns alle lieb haben und wir so harmlos sind, ist gründlich geplatzt. Die Sicherheits-Koordinaten haben sich massiv verschoben angesichts des unberechenbaren Kriegsherrn im Kreml.

    Landesverteidigung beginnt mit der Erhöhung des Eintrittspreises, auf dass dieser einem Aggressor nicht in seine Kalkulation passen möge. Neutralität zum Nulltarif ist hingegen geradezu eine Einladung.
    https://www.krone.at/2973989

"Neutralität auf Prüfstand stellen": Ein Militärstratege über die geplante neue Sicherheitsdoktrin der Regierung
Walter Feichtinger, Militärstratege und Brigadier im Ruhestand, erklärt im SN-Interview, warum die aktuelle Sicherheitsdoktrin veraltet ist und dringend über die Neutralität diskutiert werden müsste.

Warum braucht Österreich eine neue Sicherheitsdoktrin?

Walter Feichtinger: Die aktuelle Sicherheitsdoktrin stammt aus dem Jahr 2013. Und seither sind sicherheitspolitisch drei große Ereignisse geschehen: die Annexion der Krim durch Russland, die Pandemie und jetzt der Angriff Russlands auf die Ukraine. Es liegt auf der Hand, dass diese Doktrin nicht mehr zeitgemäß ist und neue große Stränge in der österreichischen Sicherheitsstrategie skizziert werden, an denen sich wiederum die Strategien zur Landesverteidigung orientieren.

Was aus der Doktrin 2013 ist überholt?

Dass wir Russland damals als freundlichen Kooperationspartner eingestuft haben, hat sich selbstverständlich geändert. Auch der Ost-West-Konflikt, der damals für beendet erklärt wurde, ist zurückgekehrt. Damals ist man auch davon ausgegangen, dass sich Nordafrika und der Nahe Osten aufgrund des Arabischen Frühlings stabilisieren könnten. 2013 wurde das Hauptaugenmerk auf internationale Einsätze in Krisengebieten gelegt, aber auch hier hat uns der Abzug aus Afghanistan gezeigt, wie begrenzt die Möglichkeiten der internationalen Kriseneinsätze sind. Heute gibt es eine Trendwende. Die kollektive Verteidigung mit konventionellen Waffen dominiert die Debatte.

Was sollte in dem neuen Papier stehen?

Der wichtigste Punkt ist die Frage, welche sicherheitspolitischen Herausforderungen erwartet Österreich? Zweite Frage: Wie kann man dem begegnen? Und das ist eine Kernfrage. Denn man muss sich auch fragen, in welchem Rahmen und mit welchen Kooperationen man diese Sicherheit garantieren will. Es steht schon in der aktuellen Doktrin, dass Österreich in höchstem Maße auf die gemeinsame europäische Verteidigungspolitik setzt. Mit dem vollzogenen Nato-Beitritt Finnlands und dem bevorstehenden Beitritt Schwedens kommt allerdings hier etwas Bewegung, denn fast alle EU-Staaten sind nun bei der Nato. Was bedeutet dies also für eine gemeinsame EU-Sicherheitspolitik? Sie verliert wohl durch die Nato-Beitritte an Bedeutung. Wir müssen uns nun überlegen, was das für Österreich bedeutet.

Sollte also auch über die Neutralität debattiert werden?

Ja, die Sicherheitsdoktrin muss auch die Neutralität auf den Prüfstand stellen. Wir reduzieren die Debatte leider immer sehr auf ihre Popularität. Aber die Neutralität ist ein sicherheitspolitisches Konzept und ich muss überprüfen, ob dieses Konzept uns schützt oder ob es uns vielleicht sogar schadet.

Die Regierung hat schon klargestellt, dass die Neutralität nicht infrage gestellt wird.

Das irritiert mich nicht, wenn wirklich ein offener Diskurs über die sicherheitspolitischen Herausforderungen diskutiert wird und dann wird man sehen, ob die Neutralität noch das geeignete Konzept ist.
https://www.sn.at/politik/innenpolitik/ ... -136683820
  • Wie wird Österreich sicher? (Kommentar)
    Die Regierung kündigt eine neue Sicherheitsdoktrin an. Schon jetzt steht fest: Eine Option wird darin nicht vorkommen.

    Sicherheitsordnung im Umbruch, globale Konfliktdynamik, Ende der liberalen Weltordnung, Risiko Raketenangriffe. - Solche dramatischen Überschriften finden sich im aktuellen "Risikobild 2023" des Verteidigungsressorts. Jedes Jahr erstellen seine Experten ein solch sicherheitspolitisches Lagebild. Die Politik hingegen (an sicherheitspolitischen Fragen grundsätzlich desinteressiert, da man damit keine Wahlen gewinnt) erstellt nur rund alle zehn Jahre eine Sicherheitsstrategie, auch Sicherheitsdoktrin genannt.

    Geltende Doktrin wirkt wie aus der Zeit gefallen

    Die geltende Doktrin stammt aus dem Jahr 2013 und wirkt angesichts des Ukraine-Kriegs wie aus der Zeit gefallen: Russland wird darin in einem Atemzug mit den USA als "wesentlicher Partner" Österreichs bezeichnet. Der EU wird "zunehmende sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit" bescheinigt. Und der Ost-West-Konflikt wird für beendet erklärt, ein Angriff auf Österreich ausgeschlossen.

    Diese Doktrin wurde 2013 von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Team Stronach beschlossen und mündete in drastische Sparpakete bei der militärischen Landesverteidigung. Bald befand sich das Bundesheer nicht mehr im verfassungsmäßigen Zustand eines Milizheeres (was mittlerweile schon in zwei Regierungsprogrammen bekrittelt wurde). Österreich verfolgte stattdessen das "Konzept der unbewaffneten Neutralität", wie die Offiziersgesellschaft kürzlich sarkastisch feststellte. Mittlerweile hat sich das etwas geändert. Die Politik hat dem Bundesheer zusätzliche Budgetmittel zugestanden, um eine gewisse Nachrüstung zu ermöglichen. Nun soll - quasi im Nachzugsverfahren - auch die Sicherheitsdoktrin nachgerüstet werden.

    Bundeskanzler Karl Nehammer und Vizekanzler Werner Kogler haben die Erarbeitung einer neuen Sicherheitsstrategie angekündigt, die noch in dieser Legislaturperiode vom Parlament beschlossen werden soll. Laut dem Kanzler soll das Papier die strategische Landesverteidigung und wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit betonen. Dem Vizekanzler ist es vor allem wichtig, die Energiewende als Beitrag zur Unabhängigkeit und zu mehr Sicherheit zu betonen.

    Eine Sicherheitsdoktrin zerfällt üblicherweise in zwei Teile: in eine Analyse der Lage und in die Schlüsse, die daraus gezogen werden. Die Analyse ist die leichtere Aufgabe. Man kann sich eigentlich aus dem eingangs erwähnten "Risikobild" abschreiben und in folgende vier Punkte gliedern: 1. der russische Angriffskrieg auf die Ukraine; 2. der eskalierende Konflikt zwischen den USA und China; 3. das Nicht-Vorwärtskommen einer europäischen Sicherheitspolitik, weshalb immer mehr europäische Staaten in die Nato drängen; 4. die rasante Entwicklung der Kriegstechnik (Drohnen, Hyperschallraketen), wie sie sich in der Ukraine zeigt.

    Das Papier einer Doktrin ist geduldig

    Schwieriger als die Analyse sind die Schlussfolgerungen. Vor allem, wenn eine Schlussfolgerung von vornherein ausgeschlossen wird, nämlich der Nato-Beitritt. Sowohl der Kanzler als auch der Vizekanzler und die beiden Oppositionsparteien SPÖ und FPÖ haben bereits festgestellt, dass an der Neutralität Österreichs in dem neuen Papier nicht gerüttelt werden darf. In der ersten Stellungnahme der Freiheitlichen findet sich zu dem Thema sogar die Feststellung, dass "die Neutralität vor militärischer Einflussnahme durch die Nato-Mitgliedsländer rund um Österreich schützt".

    Die Verhandlungen im Parlament über die neue Sicherheitsstrategie dürften also nicht ganz einfach werden. Denn Sinn hat ein solches Dokument nur, wenn es von allen oder fast allen Kräften im Land mitgetragen wird. Sonst bleibt es wirkungslos. Ein Beispiel dafür ist die Sicherheitsdoktrin 2001, die nur mit den Stimmen der damaligen Regierungsparteien ÖVP und FPÖ beschlossen wurde. Sie dekretierte unter dem Titel "Von der Neutralität zur Solidarität", dass Österreich die Option eines Nato-Beitritts im Auge behalten werde. Dieses Bekenntnis blieb ohne Folgen. In der nächsten Doktrin - jener von 2013, die derzeit gilt - war von der Nato-Option keine Rede mehr. Dafür wieder von der Neutralität.

    Die Sicherheitsdoktrin 2013 kündigte auch einen entschlossenen Kampf gegen die illegale Migration an. Nur zwei Jahre später folgte die Migrationswelle 2015. Das Papier, auf dem Doktrinen geschrieben werden, ist also geduldig. Der Verhandlungsprozess, der einer neuen Sicherheitsdoktrin vorangeht (bis zur Doktrin 2013 dauerte er nicht weniger als zweieinhalb Jahre), zwingt die Parteien aber immerhin dazu, sich mit der Sicherheits- und Verteidigungspolitik auseinanderzusetzen. Was sie ansonsten, wie gesagt, nicht gerne tun.
    https://www.sn.at/politik/innenpolitik/ ... -136681381
theoderich
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von theoderich »

Sicherheitsstrategie: NEOS gegen „Denkverbote“

https://orf.at/stories/3311723/


Debatte um neue Sicherheitsstrategie: “Neutralität schützt nicht”

https://www.profil.at/oesterreich/debat ... /402392186
theoderich
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von theoderich »

Rückholaktion: Bundesheer will Ex-Piloten aus Privatwirtschaft zurück
Es ist ein besonderer Brief, den alle ehemaligen Militärpiloten, die einst vom Heer in die Privatwirtschaft gewechselt sind, erhalten sollen. Darin wird den Betroffenen angeboten in den Schoß ihres ehemaligen Arbeitgebers zurückzukehren.

Wurde bisher zwar viel über die Beschaffungsoffensive des Heeres für 36 neue Mehrzweckhubschrauber des Typs Leonardo AW169 (Kostenpunkt: 873 Millionen Euro) berichtet, blieb die Frage, wer diese fliegen soll, eher im Hintergrund.

Ausreichend Piloten für diese Hubschrauber hat man nicht. Hinzu kommt, dass die AW169 nur im Zwei-Mann-Betrieb geflogen werden dürfen. Und Flugschüler brauchen fünf bis acht Jahre, bis sie voll einsatzbereit sind.

Der Kommandant der Luftstreitkräfte, Brigadier Gerfried Promberger, bestätigt die Rückholpläne für Heerespiloten aus der Privatwirtschaft gegenüber dem KURIER so: "Ehemaligen Militärpiloten, die bei uns durch die Selektion gegangen sind und nun in der Privatwirtschaft sind, anzubieten auf Milizbasis zurückzukommen, ist ein Plan. Wann wir die Briefe abschicken, ist aber noch offen."

Laut dem Brigadier geht es um einsatzbezogene Einsätze, wie etwa beim Waldbrand in Hirschwang an der Rax. Und wenn jemand dauerhaft zurück zum Heer kommen möchte? "Dann werden wir eine Möglichkeit finden, diese Personen wieder zu reintegrieren", sagt Brigadier Promberger.

Zuckerl für Rückkehrer

Womit man die Rückkehr schmackhaft machen will, dazu hält man sich bedeckt. Nur so viel: Es gebe natürlich auch einen monetären Anreiz. Wie viele Ex-Heeres-Piloten Post erhalten sollen, bleibt ebenso schwammig. Man gehe von einer zweistelligen Zahl aus. Inoffiziell ist die Rede von rund 80.

Betont wird auch, dass der Plan bereits seit Längerem existiert und nicht in Zusammenhang mit dem Ankauf der neuen Hubschrauber stehe.

Der Abgang der Heerespiloten in die Privatwirtschaft läuft seit Jahren. Besonders Anfang der 2000er-Jahre seien laut dem Kommandanten der Luftstreitkräfte viele Piloten gewechselt. "Wir haben auch richtig gute Leute verloren", gibt Brigadier Promberger offen zu.

Aus dem Cockpit des Draken etwa zu Austrian Airlines bzw. damals noch Tyrolean. Hubschrauber-Piloten zog und zieht es vor allem zum ÖAMTC und seiner Flugrettung (Christophorus-Flotte). Besonders die Planbarkeit der Dienste mit mehr als einem Monat Vorlaufzeit ist hier ein Anreiz. "Wir haben aktuell 70 Piloten, davon sind rund ein Drittel Ex-Bondesheer-Piloten", bestätigt ÖAMTC-Sprecher Ralph Schüller. An einer erst kürzlich erfolgten Selektion für neue Piloten der Flugrettung seien aber keine Kandidaten des Bundesheeres beteiligt gewesen.

Den Plänen einer Rückholaktion steht man beim ÖAMTC gelassen gegenüber. "Jeder kann selbst entscheiden, für wen er fliegt."
https://kurier.at/chronik/wien/bundeshe ... /402392681

Zuletzt geändert von theoderich am Fr 7. Apr 2023, 11:34, insgesamt 1-mal geändert.
theoderich
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von theoderich »

ZIB 2

Do., 6.4.2023 | 22.00 Uhr
[Intro] Martin Thür: "Herzlich willkommen zur Zeit im Bild 2.

Die Regierung will eine neue Sicherheitsstrategie ausarbeiten. [Nationalrat; Überschrift: "Sicher Stellung"] Sicher-Stellung: Noch in dieser Legislaturperiode soll Österreich neue [Soldaten des Akademikerbataillons, die bei einer Übung auf einen gelandeten "Black Hawk" zulaufen] Leitlinien für Bundesheer, Polizei, aber auch die wirtschaftliche [Österreichische Flagge] Abwehrkraft des Landes erhalten. Im Studio diskutieren der frühere Verteidigungsminister Norbert Darabos und Militärexperte Franz Stefan Gady. [...]"

[Hintergrundfoto: Angetretene Soldaten bei einer Angelobung am Heldenplatz] THÜR: "Nach zehn Jahren soll Österreich eine neue Sicherheitsstrategie bekommen. Sie definiert Interessen, politische Leitlinien und Ziele, nicht nur für das Bundesheer, sondern auch für die Polizei und viele andere Bereiche des öffentlichen Lebens. Rechtlich bindend ist sie aber nicht.

Dennoch stellen sich große Fragen, die die Regierung noch bis Ende nächsten Jahres beantworten will. [Hintergrundfoto: Ukrainischer Soldat, im Hintergrund eine feuernde PzH2000] Wie soll das Land auf die veränderte Bedrohungslage in Europa reagieren? Wo fehlt es an Knowhow und an Personal? Und natürlich: Wie umgehen mit der Neutralität?

Diese eine Frage beantwortet [Hintergrundfoto: BK Nehammer und VK Kogler bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt] die Regierung aber schon jetzt: Die Neutralität bleibe wesentlicher Bestandteil - solle aber weiterentwickelt werden. Die Zeitenwende, die der deutsche Bundeskanzler schon kurz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine ausgerufen hat, sie ist nun also in Österreich angekommen. Harald Jungreuthmayer mit einem Überblick."
______________________________________________________

[Zerstörte Wohnhäuser in einer Stadt in der Ukraine] Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die [Kampfpanzer im Gefecht, im Hintergrund MG-Feuer hörbar] sicherheitspolitische Lage in Europa dramatisch verändert. [Soldaten der Bundeswehr, mit Kampfhelm und G36, während der Ausbildung, beim Kriechen unter einer Drahtbarriere] Deutschland will die Bundeswehr mit einhundert [Waffenträger "Wiesel" und Bv206 im Konvoi auf einem Truppenübungsplatz] Milliarden Euro aufrüsten. [Wehende schwedische und finnische Flaggen in Stockholm] Schweden und Finnland, [Screenshot von Twitter: "Swedish Ministry of Foreign Affairs: Congratulations Finland and thank you for the ratification of Sweden membership"] traditionell bündnisfrei, haben sich im Eiltempo für eine [Gebäude des Ulkoministeriö/Außenministeriums in Helsinki, im Hintergrund die Insel Tervasaari und der Hafen von Helsinki] NATO-Mitgliedschaft entschieden. Finnland ist [NATO-Flagge vor dem Ulkoministeriö] seit Dienstag NATO-Mitglied.

[Wehende österreichische Flagge] Und Österreich? Da kündigen Kanzler und Vizekanzler, [BK Nehammer und VK Kogler bei der Pressekonferenz im Parlament] ebenfalls am Dienstag, nach einer mehr als einjährigen Schrecksekunde, eine neue Sicherheitsstrategie an - auf Basis der Neutralität.

Karl Nehammer (Bundeskanzler, ÖVP) [Einblendung: 4.4.2023]: "[...] Die Bedrohungslagen sind hybrider geworden, vielfältig. Das heißt, wir brauchen auch eine starke militärische Landesverteidigung. Es geht aber auch um die Frage der inneren Sicherheit, es geht um die Frage der wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit [...]"

[BM Schallenberg im Europa-Gebäude in Brüssel] Außen- [BM Karner mit Polizisten bei einer Presseveranstaltung an einem Grenzübergang] und Innenminister sowie die Verteidigungsministerin [BM Tanner mit MilKdt Jawurek bei einer Presseveranstaltung, dahinter ein MTPz Pandur EVO] sollen die neue Sicherheitsstrategie federführend ausarbeiten. [Nationalratssitzung] Vor der nächsten Nationalratswahl soll sie beschlossen werden. Dass die geltende [Titelblatt der ÖSS] zehn Jahre alte Sicherheitsstrategie überarbeitet werden muss, darüber herrscht Einigkeit.

[Seite aus der ÖSS - markiert: "Russland, als strategischen Partnern"] Russland wird darin nicht als Bedrohung, sondern als Partner gesehen, [Seite aus der ÖSS - markiert: "Konventionelle Angriffe gegen Österreich sind auf absehbare Zeit unwahrscheinlich geworden."] konventionelle Angriffe auf Österreich kurzerhand als "unwahrscheinlich" abgehakt.

[Website "OFFENER BRIEF An den Bundespräsidenten, die Bundesregierung, den Nationalrat und die Bevölkerung Österreichs"] Für eine Gruppe von Sicherheitsexpertinnen, Ex-Politikern und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft greift der Ansatz der Bundesregierung zu kurz. Schon im Mai vergangenen Jahres hatten sie in einem Offenen Brief eine Debatte ohne Scheuklappen gefordert.

[Website "OFFENER BRIEF An den Bundespräsidenten, die Bundesregierung, den Nationalrat und die Bevölkerung Österreichs" I "Uns eint die Überzeugung, dass der Status quo unserer Sicherheitspolitik nicht nur unhaltbar, sondern gefährlich für unser Land ist." (Text: OFFENER BRIEF ZUR SICHERHEITSPOLITIK 8. Mai 2022)] Uns eint die Überzeugung, dass der Status quo unserer Sicherheitspolitik nicht nur unhaltbar, sondern gefährlich für unser Land ist.

[Soldaten in der Kaserne Güssing bei der Ausbildung mit dem StG77] Ob Österreich weiter neutral, stärker in die EU-Verteidigungspolitik eingebunden [MTPz Pandur A1] oder gleich NATO-Mitglied sein soll, darüber sind die UnterzeichnerInnen [Rekruten bei einer Angelobung] durchaus unterschiedlicher Ansicht. [Website "OFFENER BRIEF An den Bundespräsidenten, die Bundesregierung, den Nationalrat und die Bevölkerung Österreichs"] Was sie fordern, ist eine unvoreingenommene Analyse der aktuellen Bedrohungen und daraus abgeleitet eine Diskussion, in der alles auf den Prüfstand gestellt wird - auch die Neutralität.

Gustav Gustenau (Militärstratege, ZIB Nacht, 16. 5. 2022): "Niemand fragt, ob wir die ganzen alten Mythen auf die denn unser Selbstverständnis baut - also, dass wir alle das erste Opfer waren, dass Figl's Leber uns die Neutralität geschenkt hat, dass die Neutralität uns im Kalten Krieg aus dem heißen Krieg rausgehalten hat und dass wir jetzt gefragte Brückenbauer sind in Europa, weil wir neutral sind. Alle diese Mythen werden ja nicht hinterfragt."

[BK Nehammer bei einem Pressestatement im Bundeskanzleramt] Die Reaktion des Bundeskanzlers damals:

NEHAMMER (17. 5. 2022): "Österreich war neutral, Österreich ist neutral und Österreich bleibt neutral. [...] Und damit ist für mich die Diskussion beendet."

[Nationalratssitzung] Im Nationalrat wird ihm da kaum jemand widersprechen. Auch SPÖ und FPÖ wollen nicht an der Neutralität rütteln, fordern aber in die Entwicklung der neuen Sicherheitsstrategie eingebunden zu werden. [AbzNR Hoyos-Trauttmannsdorf bei einem Pressegespräch] Nur NEOS scheren aus.

Douglas Hoyos (Generalsekretär und Verteidigungssprecher NEOS): "Wir wollen nicht, dass - als NEOS -, dass die Neutralität automatisch abgeschafft werden soll oder mit wehenden Fahnen wir der NATO beitreten. Das ist nicht unsere Antwort darauf! Unsere Antwort darauf ist, dass all diese Fragen offen diskutiert werden sollen!"

[Nationalratssitzung] Ohne Denkverbote und mit den ExpertInnen.

Bericht: Harald Jungreuthmayer
Mitarbeit: M. Biegler/J. Paschinger
__________________________________________________

THÜR: „Und live bei mir im Studio begrüße ich nun den Militärexperten Franz-Stefan Gady vom Londoner Internationalen Institut für Strategische Studien. Schönen guten Abend!“

Franz-Stefan Gady: „Guten Abend.“

THÜR: „Und den früheren Verteidigungsminister Norbert Darabos von der SPÖ, der nun Präsident des Austrian Center for Peace auf der Burg Schlaining ist. Schönen guten Abend!“

Norbert Darabos (Präsident Austrian Center for Peace): „Guten Abend.“

THÜR: „Wir wollen es jetzt diskutieren. Herr Darabos, Sie waren bis wenige Monate vor dem Beschluss dieses Papieres, der letzten jetzt gültigen Österreichischen Sicherheitsstrategie, 2013 Verteidigungsminister. Man diesem Papier maßgeblich mitgewirkt. Das war damals zirka ein Jahr vor dem russi … vor der russischen Annexion der Krim. Damals hat man Russland noch einen ,strategischen Partner‘ genannt. Wie viel muss man denn an diesem Papier ändern?“

DARABOS: „Ja, es sind sehr viele Dinge in diesem Papier, die eigentlich fast visionär waren und vorausschauend sind, wie zum Beispiel da steht sogar ,Pandemiebekämpfung‘ drinnen, Bekämpfung des internationalen Terrorismus … Bekämpfung der organisierten Kriminalität, die Bekämpfung der Bedrohung der Infrastruktur und so weiter. Also das sind eigentlich Punkte, die heute nach wie vor Gültigkeit haben.

Aber diesen von Ihnen angesprochenen Punkt muss man natürlich korrigieren, weil damals noch nicht absehbar war, dass erstens Russland schon in Richtung Ukraine, Krim usw. vorgehen wird und dann jetzt natürlich mit diesem Angriffskrieg Russlands ist dieses Papier neu zu bewerten. Da bin ich durchaus mit dem Bundeskanzler einer Meinung.“

THÜR: „Aber sehr viel wollen Sie offenbar nicht ändern.“

DARABOS: „Also die Eckpunkte sind, aus meiner Sicht, nach wie vor gültig. Wenn man sich das Papier genau durchliest und durchschaut, dann sind diese Eckpunkte … ja, wie gesagt, noch einmal gesagt, fast hellseherisch gewesen – unter Anführungszeichen. Pandemiebekämpfung usw. Hat damals ja auch niemand wissen können, dass diese Pandemie einmal kommt.

Aber grundsätzlich halt‘ ich diese Eckpunkte dieses Papiers für gut. Man muss hier noch bedenken, dass ja dieses Papier damals in einer schwarz-roten oder rot-schwarzen Regierung beschlossen worden ist – mit den Stimmen der FPÖ übrigens! [THÜR: „Und des Team Stronach.“] Und des Team Stronach. Und ich glaube, dass das eine gute Grundlage ist, auch einige Verbesserungen jetzt noch durchzuführen.“

THÜR: „Gut, dann wollen wir inhaltlich werden: Der Herr Darabos nannte das Papier ,visionär‘ und findet jetzt gar nicht so viele Punkte, die man daran ändern muss. Würden Sie ihm da widersprechen?“

GADY: „Ich glaube ich würde widersprechen insofern, weil ich der Meinung bin, dass wir doch eine sehr ernste und offene und vor allem langfristige Debatte brauchen, was diese neue Sicherheitsstrategie wirklich beinhaltet und ohne Scheuklappen eben. Deshalb habe ich auch diesen Brief unterschrieben. Ich hab‘ diesen Brief unterschrieben, weil ich mir eine neue Sicherheitsstrategie gewünscht habe, wo aber im Vornherein mal diskutiert wird auch: Wie schaut es aus mit unseren Mythen, wie der Neutralität?

Die österreichische Interpretation zum Beispiel der Neutralität, ist eine Neutralität der Wehr-losigkeit und nicht der Wehr-haftigkeit. Und das ist für mich das fundamentale Problem an dieser gesamten Debatte, weil es wird seit Jahrzehnten innerhalb Elementen der politischen Klasse dieses Landes verwendet als Vorwand, das Bundesheer ausbluten zu lassen, finanziell. Und die Streitkräfte einfach nicht nachzurüsten.“

THÜR: „Herr Darabos, da sind Sie angesprochen. Das Verteidigungsbudget – das will ich nur gern anfügen – ist auch in Ihrer Amtszeit als Verteidigungsminister nicht dort gewesen, wo es die Militärs haben wollten. Also ,Ausbluten des Bundesheeres‘?“

DARABOS: „Nein, das seh‘ ich anders. Ich möchte auch … ich schätze Sie sehr, aber der Begriff ,Mythos Neutralität‘, dem … den halte ich für falsch. Das ist auch in dem Beitrag gekommen. Das ist kein Mythos. Die österreichische Souveränität ist auf der Neutralität aufgebaut. Da kann man nicht von einem Mythos sprechen! Österreich wäre nicht wieder erstanden, wenn wir nicht diese immerwährende Neutralität akzeptiert hätten.

Wir haben auch hineingeschrieben in das Neutralitätsgesetz: ,Aus freien Stücken‘ … Da bin ich mir nicht ganz so sicher. Also, wenn es nicht so gekommen wär … Natürlich war’s aus freien Stücken, aber dann hätte Russland beispielsweise damals dem Staatsvertrag nicht zugestimmt. [THÜR: „Gut, aber das ist jetzt einige Jahrzehnte her!“] Und das ist kein Mythos. Ja … ja, ja. Na, das muss man … Trotzdem: Ich halte diese Diskussion, was die Neutralität betrifft … da bin ich, noch einmal, mit dem Bundeskanzler einer Meinung! Die Diskussion ist erlaubt, natürlich! Aber … also ich sage vehement und hab‘ die Mehrheit der Bevölkerung da nicht nur hinter mir, sondern … insgesamt hinter der Strategie, dass die Neutralität beibehalten werden muss!

Zweite Frage, die Sie angesprochen haben: Bei mir hat’s ein Heeresbudget von 0,7 Prozent des BIP gegeben. Zu wenig. Wir haben eigentlich 1 Prozent herausverhandeln wollen. Der Druck war groß, von beiden Regierungspartnern, SPÖ, ÖVP, damals zu sparen. Es waren völlig andere Voraussetzungen. Und ich gratuliere auch der Ministerin jetzt, dass sie dieses Fenster jetzt nutzen kann, um hier auch finanzielle Ressourcen abzurufen. Ich hoffe nur, dass sie auch richtig eingesetzt werden.“

THÜR: „Herr Gady, warum muss man denn so unbedingt über die Neutralität diskutieren? Österreich ist ja nicht schlecht gefahren, in den letzten Jahrzehnten, damit.“

GADY: „Ich glaube der Hauptpunkt hier und warum ich es als Mythos bezeichne, ist, weil es oft genannt wird als ein Faktor, der uns sicherer macht. Die Neutralität, in der Hinsicht, macht uns nicht sicherer. Ich glaub‘ die Neutralität langfristig, so wie sie bei uns hier gelebt wird, weil wir eben zu wenig in unser Bundesheer, in unsere Verteidigung investieren, macht uns unsicherer.

Und wenn es geht um Mythen, glaub‘ ich, ist der Mythos der Fähigkeit des Österreichischen Bundesheers militärische Landesverteidigung zu betreiben vielleicht der größte Mythos, den es seit den 1950er-Jahren gibt in diesem Land. Und ein weiterer Punkt Mythos ad Neutralität, die uns angeblich sicherer … sicher macht: Die Idee, warum Bruno Kreisky diese aktive Neutralitätspolitik in den 70er-Jahren ins Leben gerufen hat – dass dadurch ist ja eigentlich dieser Mythos in gewisser Weise entstanden; dadurch ist ja entstanden, dass es eine Art Identität für Österreich wurde – ist auf eine einfache Prämisse quasi passiert, die wie folgt: Das heißt, wir bauen ein diplomatisches Zentrum auf in Wien. Aus diesem Grund werden weder die Amerikaner und die NATO, noch der Warschauer Pakt, im Ernstfall, wenn es zum Kriegsfall kommt, Atomwaffen in Österreich einsetzen. Nach Ende des Kalten Krieges haben herausgefunden: Nein, beide Staaten – also die NATO – beide Päkte hätten wahrscheinlich Österreich angegriffen und beide – die Vereinigten Staaten, die NATO und auch der Warschauer Pakt – hätten taktische Nuklearwaffen in Österreich eingesetzt. Die Neutralität hat uns also nicht geschützt, während des Kalten Krieges!“

THÜR: „Aber Herr Darabos, dass ein wesentliches Argument ist ja auch, dass sich Österreich da ein bisschen bequem zurücklehnt. Wir sind umgeben de facto von NATO-Staaten, bis auf die Schweiz. Das heißt, sollte ein Aggressor nach Österreich kommen wollen, müsste er zuerst durch NATO-Staaten. Die müssten dann alle quasi auch uns verteidigen. Macht sich’s Österreich da nicht ein bisschen bequem?“

DARABOS: „Nein. Ich hab‘ diese Frage erwartet und es ist … wird ja öfters noch ein bisschen pointierter dargestellt, wir seien Trittbrettfahrer. Sind wir nicht, ja. Wir sind Mitglied der Partnerschaft für den Frieden, Partnership for Peace, mit der NATO. Ich war selbst bei einigen Sitzungen und Treffen dabei. Wir sind auch Mitglied in der Europäischen …. im Sicherheits… Politik und Strategie der Europäischen Union eingebunden [THÜR: „Was bleibt …“] beispielsweise …“

THÜR: „… über dann noch, wenn wir bei [DARABOS: „Über …“] der NATO dabei sind? Und …“

DARABOS: „Nein [THÜR: „… auch …“], wir sind nicht dabei!“

THÜR: „… bei der Partnerschaft für den Frieden [DARABOS: „Ja.“] dabei sind? Bei Europäischen [DARABOS: „Das …“] Außen- und Sicherheitspolitik mit dabei sind, wie lässt sich das [DARABOS: „Das widerspricht dem Neutralitätsstatus …“] dann …“

DARABOS: „… Österreichs überhaupt nicht. Wir sind auch bei den EU Battle Groups dabei; wir haben 2012 diese auch beschickt! Allerdings nur, wenn die UNO ein Mandat hergibt.

Und wir sind ja als Österreich – und auf das bin ich auch stolz – dass wir diese Friedensmissionen im Kosovo, in Bosnien … früher in … in Syrien. Übrigens: Wär‘ ich damals noch Verteidigungsminister gewesen, wär‘ ich … hätte ich das nicht abgedreht! Ganz im Gegenteil. Weil da geht’s ja nicht um den Krieg in Syrien, sondern da geht’s um die Frage des Friedensprozesses zwischen Syrien und Israel. Aber das ist eine andere Geschichte.

Wir haben sehr viel … ich hab‘ … zu meiner Zeit waren 1600 Soldaten im Auslandseinsatz. Jetzt haben wir 780. Übrigens steht das in der Sicherheitsstrategie drinnen, dass wir das ausbauen sollen. Wir haben’s aber zurückgefahren.

Also, ich glaube, dass Österreich hier einen großen Beitrag leistet und dass damit unsere Neutralität auch abgesichert ist. Und dass wir aber nicht uns drücken vor gewissen Herausforderungen, die in der Europäischen Union oder in der UNO auch auf uns zukommen.“

THÜR: „Herr Gady, in der noch gültigen Sicherheitsstrategie steht drinnen: ,Konventionelle Angriffe gegen Österreich sind auf absehbare Zeit unwahrscheinlich geworden‘. Ist das heute auch noch so?“

GADY: „Die Chancen sind mit Sicherheit gestiegen, dass konventionelle Angriffe stattfinden, aber ich glaube die größere Debatte ist: Was wird Europa - Verzeihung! - was wird Österreich machen, wenn ein EU-Land konventionell angegriffen wird? Was wird Österreich machen? Gibt es eine militärische Antwort? Sollte zum Beispiel eines der baltischen Staaten von Russland in zehn Jahren angegriffen werden.

Das Problem – und das sehe ich auch jetzt in der Ukraine; ich komm‘ ja grad aus der Ukraine wieder zurück – ist, das was Waffenlieferungen betrifft – Waffenlieferungen sind zum Beispiel nicht alles, militärische Unterstützung ist nicht alles im Kriegsfall, aber ohne Waffenlieferungen und militärische Unterstützung ist alles nichts! Wenn man kein Land mehr hat, braucht man auch keine wirtschaftliche Hilfe zum Wiederaufbau.

Und darf ich nur einen Satz sagen zum sicher … zum Trittbrettfahrer: Das Problem für mich ist, dass Österreich ein struktureller Trittbrettfahrer ist. Aus dem einfachen Grund: Wir haben unsere konventionelle Landesverteidigung quasi ausgelagert an die NATO. Wir erwarten, dass die NATO uns quasi verteidigt, wir aber selbst nicht gewillt sind, andere Länder, inklusive NATO-Länder, zu verteidigen. Das müssen wir revidieren, glaube ich. Das ist nämlich dann für mich die Definition eines Trittbrettfahrers.

Aber ich bin auch optimistisch: Wir haben einen guten Ansatz innerhalb des Verteidigungsministeriums. Wir sind dabei jetzt da nachzurüsten. Und ich bin optimistisch, dass wir das auch schaffen, dass wir die militärische Landesverteidigung langfristig vielleicht wieder herstellen können.“

DARABOS: „Aber genau das ist ja der Punkt. Sie haben … was Sie jetzt skizziert haben, wäre die Aufgabe der Neutralität. Und da … [GADY: „Deshalb will ich ja …] ist [GADY: „… ich will eine wehrhafte Neutralität! …“] ist [GADY: „… Keine wehrlose Neutralität!“] da ist im österreichischen Parlament erstens hoff… Gottseidank keine Mehrheit zu erwarten und zweitens glaub‘ ich, dass das der falsche Ansatz wäre.“

THÜR: „Etwas, das auch in Ihre Zeit fällt, war die Volksbefragung zur Wehrpflicht. [DARABOS: „Mhm.“] Die SPÖ hat damals ihre Meinung 180 Grad geändert, vor dem … vor der Wien-Wahl und sich für ein Berufsheer ausgesprochen. Die Bevölkerung sah das dann anders und hat sich für 60 … mit 60 Prozent für die Wehrpflicht ausgesprochen [DARABOS: „Ja.“]. Sollte man darüber jetzt auch noch einmal diskutieren? Jetzt sind zehn Jahre ins Land gezogen, sind die Gemüter vielleicht etwas abgekühlt …“

DARABOS: „Also, es ist ja kein Geheimnis, dass ich ein Vertreter der Wehrpflicht war. Und dann … ja … nach Argumenten, die gekommen sind aus verschiedenen Seiten … hier einen anderen Ansatz gewählt habe. Ich glaube, dass es auch gut gewesen wäre, ein Berufsheer zu haben. Und ich glaube, bei dieser Herausforderung, die wir jetzt haben, wäre das auch eine Möglichkeit. Aber ich seh‘ da keine Chance, dass es hier eine Mehrheit geben würde und das ist …. das Volk hat damals entscheiden. Und das ist auch so zu respektieren. Und ich glaube nicht, dass das jetzt noch veränderbar ist.“

THÜR: „Ganz generell geht’s natürlich schon um die Organisation des Bundesheeres. Sie sagen Wehrpflicht und Milizsystem, wie es Österreich hat, noch zeitgemäß?“

GADY: „Glaub‘ ich schon, ja. Das große Problem ist, dass wir einfach nicht genug Zeit haben, um die Grundwehrdiener, die zum Bundesheer kommen, ausbilden. Wir müssen darüber wirklich ernsthaft debattieren, ob wir nicht wieder zwei Monate zusätzlich dranhängen an den sechs Monaten, um die Soldaten voll und ganz ausbilden zu können, um sie einberufen zu können für Übungen. Es geht nicht nur um die Ausrüstung. Es geht nicht nur um die Militärdoktrin oder um die Sicherheitsstrategie. Es geht vor allem auch um die Ausbildung der Soldaten, die eben langfristig die Einsatzfähigkeit des Österreichischen Bundesheers steigern wird. Daher müssen wir ernsthaft das debattieren, glaub‘ ich auch.“

THÜR: „Herr Darabos, noch ganz kurz eine Frage an Sie, als jemand, der den politischen Betrieb ganz gut kennt: Die letzte Sicherheitsstrategie hat mehrere Jahre zu verhandeln gedauert. Die Regierung verspricht jetzt eine fertige Sicherheitsstrategie noch in dieser Legislaturperiode, also spätestens bis zum Herbst nächsten Jahres. Kann sich das ausgehen?“

DARABOS: „Ich glaub‘ schon, dass sich das ausgehen kann. Man muss halt – aus meiner Sicht – und es wäre die Regierung sehr gut beraten, alle Partner hier im Parlament auch stark einzubinden und einen transparenten Prozess hier auch voranzutreiben. Aber ich glaube es wäre möglich, das auch in dieser Periode noch abzuschließen. Ich glaube nicht, dass es sehr viele unterschiedliche Meinungen auch auf politischer Ebene geben wird. Außer vielleicht, dass die FPÖ eine andere Einschätzung dieses Angriffskriegs Russlands hier einnehmen könnte. Hoffe ich nicht, aber möglich ist es ja, nach den Aussagen, die man in den letzten Tagen so gehört hat. Aber grundsätzlich glaub‘ ich, dass das schon möglich ist. Und … ich mein‘ ich bin jetzt nicht mehr aktiver Politiker, aber die … die Sozialdemokratie ist sicherlich bereit, hier an dieser Strategie auch mitzuarbeiten.“

THÜR: „Herr Darabos, Herr Gady, vielen Dank für den Besuch im Studio!“
https://tvthek.orf.at/profile/ZIB-2/1211/ZIB-2/14174340
Zuletzt geändert von theoderich am Do 13. Apr 2023, 21:53, insgesamt 17-mal geändert.
theoderich
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von theoderich »

Bundesheer will Piloten zurück

https://ooe.orf.at/stories/3202134/


BUNDESHEER-MINENSUCHE?
Ukraine will Hilfe - doch nicht alle sind bereit

https://www.krone.at/2974879

Zuletzt geändert von theoderich am Di 11. Apr 2023, 08:09, insgesamt 2-mal geändert.
muck
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von muck »

theoderich hat geschrieben: Fr 7. Apr 2023, 09:50 BUNDESHEER-MINENSUCHE?
Ukraine will Hilfe - doch nicht alle sind bereit

https://www.krone.at/2974879
Wer sich die Leserkommentare unter dem Artikel zu Gemüte führt, dem sollte klar sein, dass es keineswegs Sorgen um die Neutralität sind, die die Hilfsbereitschaft bremsen.
innsbronx
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von innsbronx »

Die Mehrheit der Kommentare dort ist sogar pro russisch. Richtig übel.
theoderich
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von theoderich »

Österreichs Sicherheitspolitik im Spazierschritt
Österreichs Sicherheitsstrategien waren bisher keine Erfolgsgeschichten. Kaum beschlossen, verstaubten die Papiere. Die darin enthaltenen Vorgaben wurden von der Politik ignoriert, Reformen blieben aus. So fasst der Ex-Bundesheer-Stratege Gustav Gustenau das bisherige Los der Dokumente zusammen. Dass die türkis-grüne Bundesregierung diese Woche ankündigte, eine neue Strategie erarbeiten zu wollen, begrüßt Gustenau. Doch müsse daraus auch etwas gemacht werden: „Das ist die mittlerweile dritte Chance, Österreichs Sicherheitspolitik grundsätzlich neu zu organisieren.“

An der Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin aus dem Jahr 2001 und der ihr folgenden „Österreichischen Sicherheitsstrategie“ von 2013 hat Gustenau für das Verteidigungsministerium mitgearbeitet. Die Sicherheitsstrategie hat sich mittlerweile vor allem durch den Ukraine-Krieg überholt, Russland gilt darin etwa noch als „wesentlicher Partner“ Österreichs.
„Die Politik müsste sich nun fragen: Was soll der Sinn dieses Dokuments sein?“, sagt Gustenau, der mittlerweile im Ruhestand ist. Wahrscheinlich sei, dass die Politik wieder einmal nur ein „altes Papier aktualisieren“ und nicht zu einer ernsthaften Reform der Sicherheitspolitik des Landes schreiten werde. Doch genau eine solche sei dringend notwendig, mahnt er. „Je kleiner und abhängiger ein Staat ist, je weniger Ressourcen er hat, desto vorausschauender, besser und schneller muss er planen.“ Doch Österreich habe nicht die Instrumente und Expertise dafür: „Wir sind sogar noch viel langsamer als die anderen Staaten."

Lagebild notwendig

Eine gut durchdachte Sicherheitsstrategie, die von der Politik ernst genommen und umgesetzt werde, könnte Abhilfe schaffen, sagt Gustenau. Entscheidend sei nicht, in dem Papier die Sicherheitslage und Risiken zu beschreiben und sich auf künftige Positionen festzulegen. „Dafür ist die Lage viel zu volatil und unsicher. Kein Mensch weiß, was in zwei Jahren in Russland passiert.“ In dem Dokument müsse durch den Nationalrat vielmehr dargelegt werden, wie Österreichs Sicherheitspolitik organisiert werden soll und wie sich der Staat rasch auf neue Situationen einstellen könne, so Gustenau.

So müsse Österreich endlich über ein gesamtstaatliches Lagebild über die Sicherheitslage verfügen, sagt Gustenau. Das ist bisher nicht der Fall: Derzeit gibt es nur die militärinternen Risikobilder des Bundesheeres. In die Erstellung dieser Bilder müssten sämtliche wesentlichen Akteure eingebunden werden, von Ministerien über für den Staat essentielle Unternehmen: „Die Lagebilder müssten auch regelmäßig aktualisiert, von der Politik beobachtet werden. Und darauf aufbauend müssten dann Empfehlungen für Strategien ausgesprochen werden.“

Solche Vorgaben für Reformen wurden bereits in den bisherigen Sicherheitsstrategien, die vom Nationalrat beschlossen wurden, gemacht. „Umgesetzt wurden sie aber nicht“, so Gustenau. Stattdessen gehe Österreich planlos vor. Auch rund um die Pandemie habe es dem Staat völlig an der Analysefähigkeit gefehlt. Denn nur ein Staat, der ausreichend Informationen analysiere, könne auf sich rasch verändernde Situationen reagieren und Risiken minimieren: „Die Strategie muss diese rasche Reaktionsfähigkeit schaffen.“

Kritik an Krisengesetz

Hier will das von der türkis-grünen Bundesregierung geplante Krisensicherheitsgesetz ansetzen. Es sieht vor, dass in einem gesamtstaatlichen Krisenzentrum im Innenministerium Lagebilder erstellt werden sollen. Gustenau hält das für den falschen Weg. „Welche Auswirkungen haben der USA-China-Konflikt oder die Annäherung von Saudiarabien an den Iran auf Österreich? Das will man im Innenministerium erörtern? Das hat dort überhaupt nichts verloren, auch wenn das Innenministerium nur die Räumlichkeiten dafür bereitstellen sollte“, so Gustenau.

„Das gesamtstaatliche Lagebild gehört ins Kanzleramt und sollte vom Nationalen Sicherheitsrat erstellt werden“, fordert er. Der Sicherheitsrat ist das Beratergremium der Bundesregierung, seine Bedeutung ist bisher aber überschaubar. Das Gremium sei „bewusst kleingehalten worden, damit dort ja nichts Großes entstehen kann“, beklagt Gustenau, der selbst Teil des Gremiums war. Ziel müsse sein, einen „neuen, handlungsfähigen Sicherheitsrat“ als Koordinator der gesamtstaatlichen Sicherheitspolitik zu schaffen.

Was Türkis-Grün mit dem neuen Papier plant, ließ die Regierung bisher offen. Nehammer erklärte, die Neutralität werde darin ein wesentlicher Bestandteil sein. Kogler will vor allem Fragen der Energie- und Wirtschaftswende thematisieren. „Das darf kein Papier werden, in das jeder seine ideologischen Wolkenkuckucksheim-Vorstellungen hineinschreibt. Man darf sich nicht denken: ,Jetzt schreiben wir etwas, das Jahre gelten soll, damit wir dann ja nichts mehr Neues machen müssen, wenn was passiert.‘ Das ist falsch. Es braucht genau diese Adaptivität – die Fähigkeit, rasch auf neue Situation zu reagieren“, appelliert Gustenau.
https://www.diepresse.com/6273459/oeste ... ierschritt


Strategiepapier: Als ÖVP und FPÖ die Neutralität durch ein anderes Wort ersetzten

https://kurier.at/politik/inland/neutra ... /402394166
Zuletzt geändert von theoderich am Sa 8. Apr 2023, 14:51, insgesamt 2-mal geändert.
theoderich
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Re: Medienberichte 2023

Beitrag von theoderich »

  • Eine neue Stärkung der Nato (Gastkommentar)
    Finnland wurde diese Woche in Brüssel mit einem Festakt als 31. Mitglied in die Nato aufgenommen. Das Land stärkt das westliche Militärbündnis. Es verfügt über eine moderne Armee. Dennoch hatten die Finnen nach Wladimir Putins Angriffskrieg auf die Ukraine die Sorge, die mehr als 1.300 Kilometer lange Grenze zu Russland nicht mehr alleine verteidigen zu können. Auch die Neutralität bot keinen ausreichenden Schutz mehr. Und gerade für Österreicher ist es interessant zu sehen, wie schnell sich die Finnen vom neutralen Status verabschiedet haben
    In Österreich will die Bundesregierung an der Neutralität festhalten. Anders als im Fall von Finnland und Schweden, das ebenfalls in die Nato strebt, ist freilich unsere strategische Position eine günstigere: Wir sind von Nato-Staaten sowie von der neutralen Schweiz und Liechtenstein umgeben. Wir haben für unser Bundesheer jahrzehntelang verhältnismäßig wenig an Budgetmitteln ausgegeben und konnten das so ersparte Geld in andere Bereiche investieren. Dafür müssen wir uns den Vorwurf, ein sicherheitspolitischer Trittbrettfahrer zu sein, gefallen lassen. Aber dass bis dato keine ernsthafte Debatte über Österreichs Sicherheitspolitik stattgefunden hat, ist unverständlich. Bundeskanzler Karl Nehammer hat nun nach Aufrufen von Experten, darunter auch aus der Österreichischen Offiziersgesellschaft, eine Diskussion angekündigt, aber unter der Bedingung, dass an der Neutralität nicht gerüttelt wird.

    Eines steht fest: Unsere Sicherheitsdoktrin ist veraltet. In der geltenden Version ist eine Partnerschaft mit Russland enthalten, noch aus einer Zeit, als man mit Putin gute Geschäfte machte und ihn sogar nach der Besetzung der Krim im Jahr 2014 bei Besuchen und auf Hochzeiten hofierte.
    https://www.wienerzeitung.at/meinung/ga ... o.amp.html
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