Re: Medienberichte 2022
Verfasst: Mi 17. Aug 2022, 19:31
Klaudia Tanner und ihr oberster Vertrauter
https://www.diepresse.com/6178566/klaud ... vertrauterRudolf Striedinger war schon lang ein Vertrauter von Klaudia Tanner – nun wird er offiziell ihr wichtigster militärischer Berater. Die beiden müssen künftig einige wichtige Fragen klären.
Bis zum Schluss hörte man Widersprüchliches aus dem Bundesheer: Von den einen, die sagten, Rudolf Striedinger ist der klare Favorit. Und von den anderen, die skeptischer klangen: In der ersten Reihe brauche das Heer einen Offizier, der in der Öffentlichkeit souverän auftritt. Wie könne er also nach wie vor die präferierte Nummer eins von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) sein?
Aber Striedinger wird die Nummer eins, und zwar ganz offiziell: Elf Kandidaten hatten sich im April für den Posten des Generalstabschefs beworben, am Ende wählte Tanner den bisherigen Generalstabschef-Stellvertreter aus. Ihre Wahl teilte sie am Mittwoch auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit. Er muss sie nun prüfen und Striedinger formal zum obersten Militär ernennen. Der Generalstabschef ist höchster Kommandant und Berater der Ministerin.
Es sei tatsächlich eine sehr schwere Entscheidung gewesen, heißt es aus dem Verteidigungsressort. Mehrere Tage lang habe Tanner überlegt - auch Tanners Stabschef Friedrich Schrötter und Bruno Hofbauer, Leiter der Gruppe Grundsatzplanung, seien in der engeren Auswahl gewesen. Am Ende hätten aber - unter anderem - Striedingers Erfahrungen und sein Fokus auf die Miliz den Ausschlag gegeben.
Wobei man hinzufügt: Natürlich habe das Vertrauensverhältnis auch eine Rolle gespielt. Das ist ein Punkt, der aus Tanners Sicht für Striedinger spricht. Die beiden kannten sich schon lange vor ihrer Amtszeit in der Rossauer Kaserne. Striedinger ist tief in Niederösterreich verankert und leitete das Militärkommando in dem Bundesland. Und: Er gilt als ÖVP-nahe.
Das ist ein Faktor, der aus Sicht vieler Beobachter gegen Striedinger spricht. Nicht nur bei der Opposition, auch im Heer hört man das Argument: Der ÖVP wurde in den vergangenen Wochen und Jahren immer wieder vorgeworfen, parteinahe Kandidaten in wichtige Positionen zu hieven. Und das sei nun eben wieder der Fall.
Fachlich wird Striedinger die Funktion durchaus zugetraut: Der heute 60-jährige wurde 2002 Leiter der Generalstabsabteilung - einer Schlüsselstelle im Verteidigungsministerium. Neun Jahre später wechselte er als Militärkommandant nach Niederösterreich, 2016 wurde er Chef des Abwehramtes - eines der beiden Nachrichtendienste im Heer. Striedinger leitete auch das österreichische Kontingent in Bosnien und Herzegowina, seit 20 Jahren ist er also in Führungspositionen tätig. Manche kritisieren aber, dass er kein "Mann der Truppe" ist, der in Brigaden geübt und im Einsatz gewesen sei.
Militärische Aufgaben einschränken?
Als Tanner Ministerin wurde, holte sie Striedinger als Stabschef ins Ministerium. Später wurde er Stellvertretender Generalstabschef - und Co-Leiter des Corona-Gremiums Gecko. In dieser Funktion fiel er negativ auf: Striedinger trat betont kämpferisch auf, mit Camouflage-Uniform und Kriegsrhetorik. Die Pandemie sei "Gewalt gegen unsere Gesundheit", sagte er unter anderem. Seine Medienauftritte beobachtete man auch im Verteidigungsressort kritisch, Striedinger sei in dieser Hinsicht nicht offen für Beratungen.
Für die meisten negativen Schlagzeilen sorgte Striedinger aber im Sommer 2020: Er lud ausgewählte Journalisten zu einem Hintergrundgespräch ins Wiener Tschocherl Café Bendl. Am nächsten Tag war in den Zeitungen zu lesen, dass das Bundesheer seine militärischen Aufgaben massiv einschränken möchte. Das war offenbar nicht abgesprochen, Tanner berief eine interne Krisensitzung ein. Am Mittwoch betonte Striedinger in einer Aussendung, dass er "den Fokus wieder auf die Stärkung der militärischen Landesverteidigung" legen werde.
Dass das Vertrauensverhältnis zwischen beiden noch intakt ist, erstaunt also manche. Striedinger und Tanner werden in Zukunft jedenfalls einige wichtige Entscheidungen für das Bundesheer fällen, die lange aufgeschoben wurden: Spätestens 2035 braucht es eine Nachfolge für die Eurofighter. Das klingt zwar nach ferner Zukunft, doch die Zeit drängt. Militärische Beschaffungen brauchen Zeit - nicht nur für den Entscheidungsprozess, sondern auch für die Lieferung. Die erste Herausforderung wird allerdings der Budgetpfad sein, den das Verteidigungsressort einschlagen soll: Tanner wünscht sich 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bis 2027 - und auch schon in den nächsten Jahren ein deutliches Plus.
Grüne freuen sich auf Budgetrunden
Der Koalitionspartner ist allerdings noch skeptisch, die Verhandlungen laufen. Zumindest auf die Personalentscheidung reagierten die Grünen erstaunlich positiv: "Mit Rudolf Striedinger hat sich Verteidigungsministerin Tanner für jahrelange Erfahrung und Expertise entschieden", sagt Wehrsprecher David Stögmüller. "Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit, vor allem im Hinblick auf die noch bevorstehenden Budgetverhandlungsrunden."