Das Eurofighter Typhoon Programm

Wehrtechnik & Rüstung, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
Acipenser
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Re: Das Eurofighter Typhoon Programm

Beitrag von Acipenser »

Und das alles obwohl Deutschland sich aus allen militärischen Konflikten herauszuhalten versteht, das die Nato Teilhabe in Sachen Nuklearbewaffnungsfähigkeit zum Ankauf von F 35 entscheidet ist wohl eher Abschreckung als glaubhafte BRD Politik. Und Jammer? Vielleicht zur Absicherung von Flugverbotszonen, aber mehr wird realpolitisch nie für Deutschland drinnen sein. Es gibt in Deutschland Panzerkompanien die laut Medienberichte der letzten Jahre keine Panzer mehr zum üben hatten also ist fraglich ob es je zu solchen Großinvestitionen kommen sollte, wenn es nicht "Gegengeschäfte" im Interesse der deutschen (Automobil)Industrie gibt, Stichwort USA und seine Zollpolitik
Ich erinnere mich noch an Jahre da wollte man das Tornadoprogramm auslaufen lassen und ersatzlos streichen, und für den Nahost hat man dann schnell wieder Tornados reaktiviert.
theoderich
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Re: Das Eurofighter Typhoon Programm

Beitrag von theoderich »

Acipenser hat geschrieben: Mi 16. Feb 2022, 17:48 Und das alles obwohl Deutschland sich aus allen militärischen Konflikten herauszuhalten versteht, das die Nato Teilhabe in Sachen Nuklearbewaffnungsfähigkeit zum Ankauf von F 35 entscheidet ist wohl eher Abschreckung als glaubhafte BRD Politik.
Welche "Abschreckung"? Es hat damit zu tun, dass sich Deutschland gegenüber der NATO zur Nuklearen Teilhabe (nuclear sharing) und damit zur Bereitstellung von Trägerflugzeugen für Nuklearwaffen bereit erklärt hat.
  • Weißbuch 1973/1974 zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Entwicklung der Bundeswehr
    Nuklearwaffen in Europa

    25. Bei den Gesprächen der beiden Weltmächte über die Begrenzung nuklear-strategischer Waffen hat die Sowjetunion gefordert, auch über Forward Based Systems (FBS8) zu verhandeln. Die sowjetische Regierung versteht darunter alle strategischen Systeme der USA, die nicht zu den land- und seegestützten Interkontinentalwaffen zu rechnen sind, mit denen aber Ziele auf sowjetischem Territorium erreicht werden können. Das Bündnis versteht unter Forward Based Systems die Waffensysteme, die weder zur Kategorie der atomaren Gefechtsfeldwaffen (Beispiel: Atomartillerie) gehören noch zur Kategorie der zentralen Interkontinentalsysteme (Beispiel: in den USA einsatzbereite MINUTEMAN-Raketen). Zu den Forward Based Systems gehören Flugzeuge der Typen STARFIGHTER und PHANTOM, die für nukleare Aufgaben vorgesehen sind. Diese Waffen werden auch „nichtzentrale Systeme" genannt.

    Das in die konventionellen Streitkräfte eingegliederte Nuklearpotential der NATO ist in erster Linie das Bindeglied zwischen den konventionellen Streitkräften in Europa und den strategischen Nuklearwaffen der Vereinigten Staaten. Die Sowjetunion könnte in der Ergänzung ihrer konventionellen Waffen durch taktische Nuklearwaffen eine zusätzliche Option sehen.
    Nuklearwaffen

    268. Die Kernwaffenstaaten der Allianz — USA, Großbritannien, Frankreich — und die Sowjetunion unterhalten in Europa Vorräte an nuklearen Sprengköpfen und Trägermitteln. Die Bundeswehr besitzt keine nuklearen Waffen und hat keine Verfügungsgewalt über sie. Die Bundesregierung hat wiederholt festgestellt, daß sie auch keinen Besitz und keinerlei Verfügungsgewalt anstrebt. Doch muß die Bundeswehr mit Trägermitteln für nukleare Waffen ausgerüstet sein, solange der Warschauer Pakt und die Streitkräfte der Verbündeten darüber verfügen. Die Bundesrepublik Deutschland wäre sonst nicht in der Lage, sich der Strategie des Bündnisses entsprechend an der Abwehr jeder Art von Angriffen zu beteiligen.

    Darum sind Heer und Luftwaffe mit Trägermitteln für Nuklearwaffen ausgestattet. Das Heer besitzt folgende Waffensysteme, die für nuklearen Einsatz geeignet sind:
    • Ein Teil der 155-mm- und 203-mm-Haubitzen.
    • Boden-Boden-Raketensysteme HONEST JOHN und SERGEANT, die durch das Raketensystem LANCE abgelöst werden sollen.
    Die Luftwaffe unterhält für den nuklearen Einsatz die Waffensysteme
    • PERSHING, ein Boden-Boden-Raketensystem
    • NIKE-HERCULES, ein Boden-Luft-Raketensystem, das auch als Boden-Bodensystem verwendet werden kann.
    • F-104 G STARFIGHTER in einigen Jagdbomber-Staffeln.
    Soldaten der Bundeswehr sind an den Trägerwaffen ausgebildet. Aber die nuklearen Sprengköpfe lagern in amerikanischem Gewahrsam, von amerikanischen Soldaten bewacht und kontrolliert. Die Verfügungsgewalt über die Sprengköpfe hat ausschließlich der Präsident der Vereinigten Staaten.
    https://dip.bundestag.de/drucksache/wei ... s=25&pos=5
  • Weißbuch 1975/1976 zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Entwicklung der Bundeswehr
    Auftrag der Luftwaffe

    [...]

    Für den nuklearen Einsatz hält die Luftwaffe Flugzeuge und Flugkörper als Trägermittel bereit.
    Nuklearer Kampf

    233. Die Bundeswehr hat keine Nuklearwaffen. Sie stellt nach dem strategischen Konzept der NATO für den taktisch-nuklearen Kampf Trägermittel bereit. Das sind Waffensysteme mit Reichweiten für taktische Verwendung. Sie sollen möglichst auch für den konventionellen Einsatz geeignet sein.
    https://dip.bundestag.de/drucksache/wei ... s=25&pos=4
Diese Befähigung der deutschen Bundeswehr ist sogar im Ausführungsgesetz zu Artikel 26 Abs. 2 des Grundgesetzes (Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen) festgeschrieben:
Dritter Abschnitt
Besondere Vorschriften für Atomwaffen


§ 16 Nukleare Aufgaben im Nordatlantischen Bündnis

Die Vorschriften dieses Abschnitts und die Strafvorschriften der §§ 19 bis 21 gelten, um Vorbereitung und Durchführung der nuklearen Mitwirkung im Rahmen des Nordatlantikvertrages vom 4. April 1949 oder für einen Mitgliedstaat zu gewährleisten, nur für Atomwaffen, die nicht der Verfügungsgewalt von Mitgliedstaaten dieses Vertrages unterstehen oder die nicht im Auftrag solcher Staaten entwickelt oder hergestellt werden.
Zu Artikel 3 Nr. 2 (§ 16)

§ 16 stellt klar, daß Atomwaffen ein wesentlicher Bestandteil des Verteidigungsbündnisses der NATO sind und alle Handlungen, die sich auf diesen Bereich beziehen, weder von dem Verbot noch von den Strafvorschriften erfaßt werden.

Nuklearwaffen sind und bleiben Kernelement der auf Kriegsverhinderung gerichteten Abschreckungsstrategie des Bündnisses. Sie sind entscheidender Garant der sicherheitspolitischen Stabilität, die sich in zahlreichen politischen Lagen mit unterschiedlicher Krisenintensität, zum Teil mit einem hohen Maß an Konfliktpotential, immer wieder bewäh rt hat.

Die westlichen Nuklearmächte handeln in Erfüllung dieser Strategie nicht nur im Sicherheitsinteresse der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch mit ausdrücklicher Unterstützung der Bundesregierung, wenn sie
  • Nuklearwaffen entwickeln, herstellen, verbessern, einsatzbereit und sicher halten,
  • auf deutschem Territorium lagern, verfügbar halten, transportieren und
  • im Bündnisrahmen gemeinsam mit den anderen Partnern Einsatz- und Übungskonzepte für Nuklearwaffen entwickeln.
Andererseits darf § 16 nicht dazu führen, daß die allgemeinen Genehmigungsvorschriften des Gesetzes außer Kraft gesetzt werden; daher bestimmt § 16 Satz 2, daß diese Vorschriften unberührt bleiben.
https://dip.bundestag.de/drucksache/ent ... s=25&pos=1
muck
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Re: Das Eurofighter Typhoon Programm

Beitrag von muck »

Acipenser hat geschrieben: Mi 16. Feb 2022, 17:48 Und das alles obwohl Deutschland sich aus allen militärischen Konflikten herauszuhalten versteht, das die Nato Teilhabe in Sachen Nuklearbewaffnungsfähigkeit zum Ankauf von F 35 entscheidet ist wohl eher Abschreckung als glaubhafte BRD Politik.
Ich verstehe das hier nicht ganz. Abschreckung? Glaubhafte Politik? Es geht doch gerade um Abschreckung.
Acipenser hat geschrieben: Mi 16. Feb 2022, 17:48Und Jammer? Vielleicht zur Absicherung von Flugverbotszonen, aber mehr wird realpolitisch nie für Deutschland drinnen sein.
Es geht nicht nur um Jammer, sondern um die Fähigkeit, die feindliche Luftverteidigung auszuschalten. Darin hat die deutsche Luftwaffe tatsächlich Erfahrung. 1999 beteiligte sie sich mit dem Tornado ECR am Bombardement Jugoslawiens. Während 236 Sorties kam es dabei zum Waffeneinsatz. Unlängst wurde für ähnliche Einsätze die moderne AGM-88E-Rakete angeschafft.

Deutschland hat sich verpflichtet, der Fähigkeit SEAD/DEAD für die NATO vorzuhalten, was umso bedeutsamer ist, als im europäischen Teil des Bündnisses nur Italien sie noch besitzt. Man könnte sogar argumentieren, dass diese Aufgabe wichtiger ist als die der nuklearen Abschreckung, die immerhin auch noch von mehreren anderen Staaten geleistet wird – weswegen ich den Erwerb der EA-18G einer teuren Eigenentwicklung mit ungewissem Ausgang vorgezogen hätte.
Acipenser hat geschrieben: Mi 16. Feb 2022, 17:48Es gibt in Deutschland Panzerkompanien die laut Medienberichte der letzten Jahre keine Panzer mehr zum üben hatten also ist fraglich ob es je zu solchen Großinvestitionen kommen sollte, wenn es nicht "Gegengeschäfte" im Interesse der deutschen (Automobil)Industrie gibt, Stichwort USA und seine Zollpolitik
Laut Medienberichten. Diese Berichte sind ungefähr genauso zutreffend wie das ständige Gemecker in der 'Kronenzeitung', dass Österreichs Typhoon bei Nacht nicht fliegen könnten. Ja, die Bundeswehr hat Probleme, was den Klarstand angeht. Die haben andere Streitkräfte auch, z.B. die französischen, mit teils noch schlechteren Zahlen, worüber seltsamerweise keiner redet.

Was den zweiten Punkt angeht, da bin ich absolut anderer Ansicht.

Der Tornado-Deal sollte bereits in der letzten Legislaturperiode in trockenen Tüchern sein. Als Hemmschuh erwiesen sich hier weder, wie Du meinst, die Interessen der Autoindustrie, noch auch nur die Corona-Rezession – in der es im Gegenteil für die Bundeswehr den größten Geldsegen seit ihrem Bestehen regnete – sondern Donald Trump. Dessen feindselige Rhetorik sollte nach dem Willen der damals als Juniorpartner mitregierenden SPD nicht mit Steuermilliarden belohnt werden.

"Gegengeschäfte" spielen bei deutschen Rüstungsdeals eine untergeordnete Rolle, aufgrund seines Außenhandelsüberschusses könnte Deutschland solche Forderungen auch nicht leicht platzieren. Gefordert wird meist "nur" eine Beteiligung der lokalen Industrie. Um Arbeitsplätze geht es. Auch das hat zu Verzögerungen geführt; die bayerische Landesregierung, die Gewerkschaften und die Integrationisten in SPD und Grünen forderten zugunsten weiterer Eurofighter auf ein US-Muster zu verzichten.

Bei aller berechtigten Kritik am Berliner Duckmäusertum; dass der Tornado ersetzt werden würde, stand eigentlich nicht infrage. Außer bei der Linkspartei hat das Thema bei allen im Parlament vertretenen Parteien eine Mehrheit.
Acipenser hat geschrieben: Mi 16. Feb 2022, 17:48Ich erinnere mich noch an Jahre da wollte man das Tornadoprogramm auslaufen lassen und ersatzlos streichen, und für den Nahost hat man dann schnell wieder Tornados reaktiviert.
Für "den Nahost"? "Tornadoprogramm auslaufen lassen und ersatzlos streichen"?

Beziehst Du Dich jetzt auf Deutschland oder auf andere Nutzerstaaten?

Falls es Dir um Deutschland geht, ist diese Aussage nicht korrekt. Deutschland setzt den Tornado seit 1982 ein; geplant war, das Flugzeug ab 2012 sukzessive abzulösen. Nach mehreren Upgrades in den vergangenen zwei Jahrzehnten sollte der Typ dann bis 2030 eingesetzt werden können. Technisch ist das auch durchaus machbar, nur eben zu teuer.
Acipenser
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Re: Das Eurofighter Typhoon Programm

Beitrag von Acipenser »

Betreff der Panzer: Dieser Fernsehbericht war echt von einen deutschen Panzerkommandanten den ich vor Jahren im deutschen Fernsehen gesehen habe. Er ist vor leeren Panzerhallen gestanden und hatte seit einen Jahr seine Soldaten nur auf dem Sturmgewehr ausbilden können, war als Beispiel für die Missstände in manchen Teilstreitkräften der BRD gemeint.
Nahost betraf u.a. den Syrieneinsatz der Luftwaffe bzw. IS von Türkei bzw. Inzwischen von Jordanien aus.
Die BRD hatte sich Jahrelang neutraler als das neutrale Österreich in Sachen Auslandseinsätze (UN) verhalten und zum Thema Serbien Nato Krieg: Ich hatte vor Jahren das zweifelhafte Vergnügen mit einen deutschen Luftwaffenoffizier höheren Ranges in Trogier (Kroatien) zu Tauchen und seine Sicht der Dinge bzw. der der Luftwaffe zu hören. Daraus ziehe ich so meine Schlüsse.
Die Politik der BRD war es zur Wiedervereinigung und danach Abrüstung glaubhaft insbesondere Russland gegenüber zu zelebrieren, natürlich hat spätestens die Krimannexion da ein Umdenken gebracht.
Die "Gegengeschäfte" die ich angesprochen habe sind nicht mit solchen in Österreich diskutierte vergleichbar, vielmehr muss sich Berlin mit laufenden Zollbeschränkungen seitens der USA(vsEU) beschäftigen was dann gar nicht bis ins Heer durchdringt.
Bewährte Jammer-Fluggeräte in kleiner Stückzahl zu kaufen ist sicher sinnvoller als jahrzehntelang auf Eigenentwicklungen zu warten, ähnlich wie ich ja den Kauf von P8 UBootjägern von Boeing sehr begrüßt habe, aber F 35 nur wegen der nuklearen Teilhabe zu kaufen bringt wohl eher die Friedensbewegung in Gang und auf die Straße als F 35 in die Hangars der Luftwaffe
muck
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Re: Das Eurofighter Typhoon Programm

Beitrag von muck »

Acipenser hat geschrieben: Do 17. Feb 2022, 13:01 Betreff der Panzer: Dieser Fernsehbericht war echt von einen deutschen Panzerkommandanten den ich vor Jahren im deutschen Fernsehen gesehen habe. Er ist vor leeren Panzerhallen gestanden und hatte seit einen Jahr seine Soldaten nur auf dem Sturmgewehr ausbilden können, war als Beispiel für die Missstände in manchen Teilstreitkräften der BRD gemeint.
Hier wäre der Zeitpunkt interessant. Vielleicht war damit das Panzerbataillon 414 gemeint, das in der Umgliederungsphase (jetzt der niederländischen 43. Mechanisierten Brigade unterstellt) lange ohne Panzer auskommen musste, weil die Führung die im Zuge der Reform von 2011 abgegebenen Fahrzeuge erst teuer von der Industrie zurückkaufen musste.

Aber wie dem auch sei, so ziemlich alle europäischen Armeen sind derzeit unterfinanziert. Nach einer RAND-Studie aus 2016 erging es etwa dem britischen Heer damals noch schlechter als dem deutschen. Das steht politisch bedeutsamen Investitionen jedoch nicht entgegen. Die nukleare Teilhabe ist von dieser Art, was sogar die Pazifisten in SPD und B'90/Grüne zugeben mussten, die voriges Jahr noch dem Atomwaffenverbotsvertrag hatten beitreten wollen. Sie ist Staatsräson.

Indem es zum Abschreckungspotential der NATO beiträgt, steht Deutschland nicht nur unter diesem Schutzsschirm, sondern hat auch ein Mitspracherecht dahingehend, ob und inwieweit er geöffnet wird. So kann es dazu beitragen, einen nuklearen Schlagabtausch zu verhindern, und stellt auch sicher, dass keine Atomwaffen in seiner Nähe eingesetzt werden.

Das Bündnis muss nämlich im Zweifelsfall die Interessen der Allgemeinheit über die Interessen der Einzelstaaten stellen, und so war bis 1999 der Atomwaffeneinsatz auf NATO-Gebiet als Ultima Ratio fester Bestandteil der alliierten Strategie.
Acipenser hat geschrieben: Do 17. Feb 2022, 13:01Nahost betraf u.a. den Syrieneinsatz der Luftwaffe bzw. IS von Türkei bzw. Inzwischen von Jordanien aus.
Dafür wurden die Tornados aber nicht reaktiviert, noch standen sie zuvor zur Disposition.
Acipenser hat geschrieben: Do 17. Feb 2022, 13:01Die BRD hatte sich Jahrelang neutraler als das neutrale Österreich in Sachen Auslandseinsätze (UN) verhalten
Definiere "Jahrelang". Auslandseinsätze der Bundeswehr wurden aus verfassungsrechtlichen Gründen erst nach 1994 zum regulären Bestandteil deutscher Außenpolitik. In den zwei Jahrzehnten zwischen UNOSOM II (Somalia) und dem Ende von ISAF (2014) hatte Deutschland insgesamt 300.000 Soldaten im Auslandseinsatz, einschließlich Kampfeinsätzen.

Das Thema Vereinte Nationen gehört außerdem nicht wirklich hierher. Neutrale Staaten wie Österreich, aber z.B. auch Irland und Schweden beteiligen sich traditionell häufig an Blauhelm-Missionen, was auch von der UNO und vielen Gastgeber-Staaten deutlich gewünscht wird, um ein Höchstmaß an Unparteilichkeit sicherzustellen – was bei den nicht-blockfreien Staaten, um das Wort wiederzubeleben, oder bei ehemaligen Kolonialmächten häufig nicht gegeben ist.
Acipenser hat geschrieben: Do 17. Feb 2022, 13:01und zum Thema Serbien Nato Krieg: ​Ich hatte vor Jahren das zweifelhafte Vergnügen mit einen deutschen Luftwaffenoffizier höheren Ranges in Trogier (Kroatien) zu Tauchen und seine Sicht der Dinge bzw. der der Luftwaffe zu hören. Daraus ziehe ich so meine Schlüsse.
Auch hier fehlt zur Einordnung der Zeitpunkt, und mit dunklen Andeutungen kann ich noch weniger anfangen.

​Wenn jener Offizier, wie ich annehme, dass Du andeuten willst, sich über die damalige Einsatzbereitschaft der Luftwaffe beklagt haben sollte, ändert es doch nichts daran, dass deutsche Tornados 1999 236 AGM-88B gegen jugoslawische Stellungen verschossen, die Aufgabe SEAD/DEAD also durchaus nicht nur Theorie für die Luftwaffe ist und Investitionen rechtfertigt.
Acipenser hat geschrieben: Do 17. Feb 2022, 13:01Die Politik der BRD war es zur Wiedervereinigung und danach Abrüstung glaubhaft insbesondere Russland gegenüber zu zelebrieren, natürlich hat spätestens die Krimannexion da ein Umdenken gebracht.
Das halte ich für eine eigenwillige Sichtweise.

Deutschland wollte nach 1991 vor allem die sogenannte "Friedensdividende" einfahren, was durchaus im Sinne der vierzig Jahre lang mit der Aussicht auf den dritten Weltkrieg bedrohten Bevölkerung war, aber auch nötig, um die deutsche Wiedervereinigung mitzufinanzieren. Im Rahmen von KSZE und 2+4-Vertrag war man Abrüstungsverpflichtungen eingegangen, die sich sogar positiv auswirkten, weil man hauptsächlich veraltetes Material wie z.B. M48-Panzer abstoßen konnte.

Die gegenwärtigen Probleme der Bundeswehr fingen, wie in vielen anderen Staaten, mit dem Afghanistankrieg an, als man glaubte, dass konventionelle Landkriege in Zukunft passé wären und die Streitkräfte zu einer Art Baukasten umstrukturierte, um daraus rasch und billig Kontingente für COIN- und MOOTW-Einsätze (wie eben in Afghanistan) zu generieren.

Und so sehr ich die deutsche Politik kritisieren muss, nach meiner Wahrnehmung trägt der Grund dafür, dass die Probleme fortdauern, Uniform, und nicht etwa Anzug und Krawatte. Man sieht es auch jetzt wieder, wie die Generalität der neuen Ministerin die sinnvollen Reformansätze ihrer Vorgängerin ausgeredet hat, die eben auch die Zahl der Sterneträger um ca. 40 reduziert hätte. Eine Organisation kann sich nicht effektiv selbst reformieren, niemand wird sich selber abschaffen.

Aber wie dem auch sei, seit 2014 wird ein zaghafter Kurs der Wiederaufrüstung gefahren. Dieser Kurs trägt durchaus auch Früchte (und würde noch mehr Früchte tragen, wäre da nicht der vorgenannte Hemmschuh). Letztes Jahr erhielt die Bundeswehr den höchsten Etat ihres Bestehens. Damit müsste eigentlich mehr Output möglich sein, als tatsächlich realisiert wird. Trotzdem: Verteilungskämpfe sind kein Grund, wichtige Investitionen zu unterlassen.
Acipenser hat geschrieben: Do 17. Feb 2022, 13:01Die "Gegengeschäfte" die ich angesprochen habe sind nicht mit solchen in Österreich diskutierte vergleichbar, vielmehr muss sich Berlin mit laufenden Zollbeschränkungen seitens der USA(vsEU) beschäftigen was dann gar nicht bis ins Heer durchdringt.
Gegen die US-Zölle wird auf EU-Ebene vorgegangen, in der Rüstungspolitik spielen sie eine untergeordnete Rolle. Und zwar nicht zuletzt deswegen, weil immer weniger US-Rüstungsgüter gekauft werden, da man die ITAR-Gesetze der USA als unzulässigen Eingriff in die eigene Souveränität erachtet (was eine allfällige Entscheidung pro F-35 umso bemerkenswerter macht, da dieses Flugzeug wie wohl kein anderes amerikanisches Waffensystem "nach Hause telefoniert").
Acipenser hat geschrieben: Do 17. Feb 2022, 13:01Bewährte Jammer-Fluggeräte in kleiner Stückzahl zu kaufen ist sicher sinnvoller als jahrzehntelang auf Eigenentwicklungen zu warten, ähnlich wie ich ja den Kauf von P8 UBootjägern von Boeing sehr begrüßt habe,
Na, man braucht noch ein bisschen mehr als nur einen Jammer. Hensoldt hat bereits einen potentiellen Kandidaten in der Entwicklung, aber um den sinnvoll einzusetzen, braucht es ggf. Verstärkungen der Flugzeugzelle, Änderungen an Avionik und Waffencomputer, sowie eine Zertifizierung für die neue AGM-88E. Dies gilt umso mehr für die Typhoon, da man hier nicht umhinkommen wird, auf die zweisitzige Trainervariante zurückzugreifen.
Acipenser hat geschrieben: Do 17. Feb 2022, 13:01aber F 35 nur wegen der nuklearen Teilhabe zu kaufen bringt wohl eher die Friedensbewegung in Gang und auf die Straße als F 35 in die Hangars der Luftwaffe
Die Scholz-Administration hat keine andere Wahl, als die Friedensbewegung angesichts der gegenwärtigen geopolitischen Lage zu ignorieren. Die Friedensbewegung verhält sich übrigens auch erstaunlich ruhig, was nur meine Vorbehalte gegen sie verstärkt, die ich eher anti-imperialistisch als wahrhaft pazifistisch einordne. Aber wie auch immer, ein Ersatz für den Tornado muss her, und ein zweites Flugzeugmuster ist für die Luftwaffe im Sinne der Redundanz ein Gewinn.

Natürlich kann man die F-35 auch als konventionellen Jagdbomber oder sogar für die Luftpolizei benutzen.
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Re: Das Eurofighter Typhoon Programm

Beitrag von Acipenser »

Danke für die ausführlichen Einsichten. Man sollte aber nicht vergessen das ein großer Teil der Deutschen noch Russisch als zweite Muttersprache hat und die Ausführungen aus Deutschland immer einen sehr westlichen Punkt beschreiben, ich schreibe hier aber nicht nur von der LinksPartei.
Ich möchte hier klarstellen, dass ich sehr positiv den Deutschen beistehe insbesondere der Bundesmarine
Eben für die Marine war es ein schwerer Schlag als vor vielen Jahren Ihnen die Marinetornados weggenommen wurden (die mit Anker) und in die Luftwaffe eingegliedert wurden, damals schon mit vorgehaltener Hand: "die laufen eh aus"
Und andere Armeen hatten ganz andere Probleme: Macro wollte im ersten Jahr das Militärbudget halbieren usw.
Afghanistan war für Deutschland eine....keine Schutzwesten, ungeschützte Bustransporte...Rot/Grün wenn ich mich erinnere und allen die Stadien mit vielen Hinrichtungen seitens der Taliban im Hinterkopf. Einfach nur schlimm. Die Bundeswehr war nicht vorbereitet aber die Politik hat gedrängt sehr zum Ärger vieler Offiziere die Ihre Befehle hatten (aber keine Ausrüstung)
Gut die Briten sind mit Kettenfzg gekommen und gescheitert. Minenschutz und möglichst 4 achsige gepanzerte Fzg waren die Folge. u.s.w.

zurück zu Eurofighter vs. F 35: es wird spannend wie etwa Spanien sich weiter entwickelt die F 35 zumindest vorläufig laut Regierungssprecher nicht kaufen wollen und ob eben Deutschland und wie sich entscheidet.

übrigens der EF-Zweisitzer wurde nicht als reiner Trainer konzeptiert, das Konzept war klar ein Pilot und ein Waffentechniker und die F 35 telefoniert nicht nur nach Hause(wie jede Linienmaschine laufend Daten an Fluglinie/Hersteller auch liefert) man kann von zu Hause auch ins Kampfgeschehen eingreifen! Wird spannend deutscher Pilot mit deutsche F 35 und irgendwer in Übersee löst die Waffe aus!
opticartini
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Re: Das Eurofighter Typhoon Programm

Beitrag von opticartini »

Acipenser hat geschrieben: Fr 18. Feb 2022, 09:07 übrigens der EF-Zweisitzer wurde nicht als reiner Trainer konzeptiert, das Konzept war klar ein Pilot und ein Waffentechniker
Ich habe so einige Interviews und Artikel mit Piloten, Technikern, Konstrukteuren bis hin zu zu einem ehemaligen Kommandeur der Taktischen Luftwaffengruppe "Richthofen" gehört und gelesen. Jedesmal wenn diese Frage gestellt wurde, war die Antwort ein kategorisches NEIN - der Eurofighter ist NICHT für einen Waffenoffizier konzipiert. Das war vielleicht, vielleicht mal eine kurze Überlegung in der Planungsphase vor 40 Jahren, wurde allerdings rasch fallengelassen und die Serienmaschinen sind von jeher dafür ganz klar nicht vorgesehen.

Acipenser hat geschrieben: Fr 18. Feb 2022, 09:07 und die F 35 telefoniert nicht nur nach Hause(wie jede Linienmaschine laufend Daten an Fluglinie/Hersteller auch liefert) man kann von zu Hause auch ins Kampfgeschehen eingreifen! Wird spannend deutscher Pilot mit deutsche F 35 und irgendwer in Übersee löst die Waffe aus!
Für diese Behauptung sind von dir Belege zu liefern, andernfalls sind sie als völliger Unsinn zu titulieren.
Acipenser
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Re: Das Eurofighter Typhoon Programm

Beitrag von Acipenser »

Beides Technisch möglich und auch angedacht und den Unsinn den sie oft schreiben erwähne ich gar nicht
hakö
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Re: Das Eurofighter Typhoon Programm

Beitrag von hakö »

Jaja, so sind manche Forumschreiber, von nix eine Ahnung, aber zu allem eine Meinung.
Wenn es stimmt, daß Lügen kurze Beine haben, dann haben Politiker Eier aus Bodenhaltung.
theoderich
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Re: Das Eurofighter Typhoon Programm

Beitrag von theoderich »

Acipenser hat geschrieben: Fr 18. Feb 2022, 09:07und die F 35 telefoniert nicht nur nach Hause(wie jede Linienmaschine laufend Daten an Fluglinie/Hersteller auch liefert) man kann von zu Hause auch ins Kampfgeschehen eingreifen! Wird spannend deutscher Pilot mit deutsche F 35 und irgendwer in Übersee löst die Waffe aus!
Das stimmt ganz einfach nicht. Das Autonomic Logistics Information System (ALIS) und die Programmierung und Einspielung der "Mission Data Loads" vor dem Einsatz bedeutet nicht, dass das Flugzeug "nach Hause telefoniert". Und "von zu Hause [...] ins Kampfgeschehen eingreifen" kann man schon gar nicht! Das Problem ist eher, dass die F-35 von der Vernetzung mit ALIS abhängig ist und wenn die Datenverbindung nicht funktioniert, kann das Flugzeug möglicherweise gar nicht starten.
opticartini hat geschrieben: Fr 18. Feb 2022, 15:14Jedesmal wenn diese Frage gestellt wurde, war die Antwort ein kategorisches NEIN - der Eurofighter ist NICHT für einen Waffenoffizier konzipiert. Das war vielleicht, vielleicht mal eine kurze Überlegung in der Planungsphase vor 40 Jahren, wurde allerdings rasch fallengelassen und die Serienmaschinen sind von jeher dafür ganz klar nicht vorgesehen.
Das trifft für die derzeitigen Doppelsitzer zu. Das Konzept für den ECR-Eurofighter sieht möglicherweise wieder einen Waffensystemoffizier vor:
Merkur vom 9. Januar 2022 hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 14:32Nach der Unterredung von Scholz mit Lambrecht wurden mehrere Prüfaufträge erteilt. So soll nochmals geklärt werden, ob ein Kauf des moderneren Flugzeugs F-35 eine Alternative sein könnte und ob der Eurofighter für eine zweite Aufgabe der Tornado-Flotte infrage kommt: den elektronischen Kampf.
The Eurofighter ECR and the Luftwaffe Electronic Attack concept (16. November 2019)
During the International Fighter Conference Raffael Klaschka, Head of Strategic Marketing at Eurofighter, announced the future ECR version of that aircraft, a two-seater version that is being developed by a team of companies including Hensoldt, MBDA, MTU, Premium Aerotec, Rolls Royce, BDLI, BDSV, and Airbus, the latter being the leading company of this programme.

In the company plans the Eurofighter ECR will be available in three different configurations: Electronic Attack (EA) with Stand-in Jammer, Electronic Attack (EA) with Anti-Radiation weapons, and Suppression of Enemy Air Defence/Destruction of Enemy Air Defence (SEAD/DEAD). The key element for the two EA configurations is the Escort Jammer, a pod under development by Hensoldt.
https://www.edrmagazine.eu/the-eurofigh ... ck-concept

Quadriga und ECR/SEAD Eurofighter – Neuigkeiten zum Eurofighter in der Bundesweh (8. November 2019)
Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass die komplexen ECR/SEAD Aufgaben durch einen Waffensystemoffizier übernommen werden würden, was eine zweisitzige Version des Eurofighters erfordern würde.
https://esut.de/2019/11/meldungen/ruest ... undeswehr/

Airbus Defence and Space: Eurofighter ECR. Der Eurofighter als Escort Jammer (2019)
Das Missionscockpit zeichnet sich durch eine neuartige Human-Machine-Interface (HMI)-Konfiguration für effizientes und von einander unabhängiges, aufgabenspezifisches Arbeiten der Besatzung aus.

Die neu konfigurierten Cockpits werden dominiert von einem multifunktionalen Panoramic-Touch-Display.

Die Waffen- und Sensoriksteuerung wird über ein ergonomisches Hands-On-Throttle-And-Stick-Design (HOTAS)-Design für den Combat Systems Officer oder zweiten Luftfahrzeugführer erleichtert.

Die spezielle Cockpitauslegung erlaubt eine umfängliche Bedienbarkeit der Escort-Jammer-Funktionen und weiterer Aufgaben des elektronischen Kampfes und eröffnet weitere Möglichkeiten der zentralen Missionssteuerung im Future Combat Air System im Rahmen der Eurofighter Long Term Evolution.
https://www.bdli.de/sites/default/files ... EU_web.pdf

Bild
https://www.rumaniamilitary.ro/eurofighter-ecr
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