p. XXV hat geschrieben:B. Ergänzende Überlegungen
1. Die budgetäre Herausforderung als zusätzlicher Treiber für die GSVP
Erst jüngst war zu lesen:
"Unbestritten ist ..., dass das Nebeneinander der vielen kleinen europäischen Streitkräfte ineffizient ist und selbst die größeren europäischen Mächte nicht mit in der Lage sind, im Alleingang Streitkräfte zu unterhalten, die in ausreichender Stärke die gesamte Bandbreite militärischer Fähigkeiten besitzen. Die realistischste Option für die absehbare Zukunft ist ein Modell arbeitsteiliger Verschränkungen, ...", mit der Schlussfolgerung: "Zu militärischem Handeln werden die Europäer immer häufiger nur noch im Verbund in der Lage sein."
147)
Die Aufrechterhaltung einer traditionellen, militärisch autarken Armee stellt demnach keineswegs mehr nur für Österreich
148) eine unzumutbare Belastung dar. Um gleichwohl den oben angeführten, in aller Regel globalen bzw. zumindest kontinentalen Bedrohungsszenarien ausreichend effektiv entgegentreten zu können, ist die künftige Fokussierung auf die GSVP nicht nur aus rechtlichen, sondern gerade aus budgetären Gründen unausweichlich, um für die insgesamt aufgewandten Mittel einen adäquaten Ertrag zu erhalten;
149) mit anderen Worten:
Künftig wäre nicht nur eine (quantitative wie auch qualitative) Intensivierung der österreichischen Beteiligung an der SSZ, anzustreben, sondern sogar von dieser als dem maßgeblichen Paradigma aus zu denken. 150) Dies bedeutet auch, dass jedenfalls die gerade oben (lit A) nach der GSVP angeführten Aufgaben (jedenfalls jene nach Z 2 und Z 3) gegenüber den aus der GSVP erfließenden rechtlich wie budgetär Nachrang haben müssen (auch wenn, in "dialektischem Umschlag", gerade die strikte Fokussierung auf die GSVP noch am ehesten zu einem so effektiven Mitteleinsatz führen wird, dass auch diese übrigen Aufgaben vom BMLV/BH auch noch künftig wahrgenommen werden können).
151)
2. Die verschiedenen Arten möglicher Beteiligung an der GSVP
Diese österreichische Beteiligung sollte jedoch, um maximale Effektivität aus österreichischer Perspektive zu erzielen, proaktiv gestaltet werden. Dies heißt zunächst einmal, sich bewusst zu machen, dass das "Agieren im Verbund" verschiedene Formen annehmen kann, namentlich
- nicht nur eine vollständige Aufteilung der Verantwortlichkeit auf Makroebene, also etwa nach ganzen Waffengattungen, bedeuten muss (wie etwa gegenwärtig, im Falle Österreichs, in negativer Hinsicht den gänzlichen Verzicht auf Marine oder auf Nuklearwaffen, künftig vielleicht auch auf Überschallflugzeuge 151 a)
- sondern auch etwa auch eine Kooperation, d.h. die Beisteuerung unselbständiger Elemente zu einem größeren Ganzen in Betracht kommen kann, wobei es hier wiederum, aus österreichischer Perspektive,
- um die Entsendung von bloßen Einzelpersonen, aber auch von einzelnen, für sich genommen unselbständigen Einheiten (etwa lediglich von einzelnen Bataillonen oder gar nur von Kompanien zu einer gemeinsamen Brigade) 152)
- aber auch etwa um die Zurverfügungstellung von Infrastruktur (etwa einem besonders geeigneten Flugplatz, aber auch einer militärischen Ausbildungs-/Forschungsstätte, 153) aber auch etwa lediglich des [Luft-, Land- oder Wasser-] 154) Raumes) 155) gehen kann. 156)
Um hier das aus unserer Sicht günstigste Beteiligungsmodell zu finden,
157) wären zunächst jene österreichischen Stärken zu erheben, die auch derzeit (noch) europaweit anerkannt sind und die auch künftig unsere budgetären Möglichkeiten nicht übersteigen werden; dazu könnten insbesondere gehören:
- das allgemeine Niveau unserer Offiziers-, insbesondere jedoch der (bisherigen) 158) Generalstabsausbildung,
- die Informationsverarbeitung im Rahmen der Nachrichtendienste (des Bundesheeres),
- die Luftraumüberwachung ("Goldhaube") 159)
- die militärwissenschaftliche Forschung
- besondere regionale Expertise (gerade auch mit Blick auf künftige "Missionen" nach Art 42 EUV) 160)
- aber auch, interessanterweise, die Handhabung der Panzerwaffe.
Dazu sollte eine Fokussierung auf solche Fähigkeiten treten, die wir gerne ohnedies (auch) im eigenen Land vorrätig halten möchten, wie insbesondere
- die Cyber-Abwehr, aber vielleicht (jedenfalls künftig) auch
- die Koordination von zivilen Notstandssituationen,
- die Erfahrung in Assistenzeinsätzen nach Art 79 Abs 2 Z 2 B-VG.
Zumindest in einigen der genannten Bereiche kommt wohl auch eine Abdeckung durch die Miliz (sei es durch einzelne Angehörige, sei es durch ganze Milizeineiten) in Betracht.
3. Die Bedeutung der Miliz
Während in allgemein staatspolitischer Hinsicht die dem Wesen einer "Miliz" eigene Nebenberuflichkeit helfen soll, entsprechend organisierte Institutionen unabhängig von der Art der besorgten Aufgaben
161) "in der Mitte der Gesellschaft" zu halten
162) (eine andere Formulierung ist jene vom "Staatsbürger in Uniform"
163)) liegt der zentrale organisatorische Mehrwert eines - (auch) für Österreichs Bundesheer nach dem zweiten Satz des Art 79 Abs 1 B-VG verpflichtend vorgeschriebenen
164) - "Milizsystems" - darin, lediglich temporär, ja vielleicht sogar nur sporadisch erforderliche Ressourcen nicht ständig vorrätig halten zu müssen, sondern auf diese erst im Bedarfsfall zugreifen zu können.
165) Überdies bringen Milizangehörige ihre im Zivilleben erworbenen bzw. sogar laufend aktualisierte Qualifikationen mit.
Das Milizsystem erlaubt daher geradewegs im Ausmaß seiner Anwendbarkeit eine Abschwächung des strikten 166) "Autarkieprinzips" 167) und ist daher geeignet, dem allgemeinen Kostendruck zumindest in manchen Bereichen entgegenzuwirken. 168)
Derzeit werden freilich die Kapazitäten des Milizsystems, auch
169) angesichts des de facto herrschenden Prinzips der Freiwilligkeit,
170) schon in seiner derzeitigen Dimensionierung (Abstellung lediglich auf ehemalige Rekruten) bei weitem nicht ausgeschöpft. Davon abgesehen ließen sich allerdings sogar noch deutlich mehr Kapazitäten lukrieren, wenn - wie es nach dem Prinzip der Wehrgerechtigkeit (bzw. der Vermeidung von Sonderopfern) entspräche - grundsätzlich alle Staatsbürger, ungeachtet des Tauglichkeitsgrades, aber auch des Geschlechts,
171) überdies jedoch auch österreichische juristische Personen,
172) zumal Unternehmen,
173) wehr- und sodann milizpflichtig wären. Parallel dazu könnte der zulässige Umfang von Wehr- bzw. Milizleistungen
174) bedarfsabhängig erweitert werden.
175) Die Einführung einer Milizpflicht hindert allerdings keineswegs, den Dienst in der Miliz sowohl für Menschen wie für juristische Personen auch mit möglichst subtantiellen Anreizen zu versehen.
176)
Ein derartiges Milizkonzept wäre letztlich
von Grund auf neu zu entwickeln, wobei besonderes Augenmerk einerseits auf ein möglichst hohes Qualifikationsniveau,
177) andererseits auf die jederzeitige rasche
178) und flexible - bedarfsgerechte - Mobilisierbarkeit (im Inland wie im Ausland) zu legen wäre.
179)