Acipenser hat geschrieben: ↑So 11. Jun 2023, 06:04
Der EU "Aussenminister" hat ganz klar vorgegeben, dass europäische Schiffe Flagge zeigen sollen im sich anbahnenden "West-Ost" Konflikt Taiwan-China, dass ist Auftrag genug, auch für Deutschland.
Der EU-Außenbeauftragte ist kein Außenminister. Er hat keine Exekutivbefugnis. Die Außenpolitik der EU wird vom EU-Ministerrat bestimmt. Und das zeigt sich im Tagesgeschäft, wo die EU-Staaten (mit Ausnahme der Niederlande und Litauens) alles tun, um China nicht zu verärgern. Frankreich hat sogar ausdrücklich (und zum Zorn der USA) angekündigt, sich in der Taiwan-Frage nicht festlegen zu wollen. Borrell kann viel fordern, wenn der Tag lang ist. Ob man ihm folgt, ist eine andere Frage, und zumindest Deutschland folgt ihm nicht. Das kann es auch nicht, objektiv gesprochen. 8% der deutschen Wirtschaftsleistung hängen an China.
Acipenser hat geschrieben: ↑So 11. Jun 2023, 06:04
Ad Ostsee: Die gehört den Schweden und wird vom neuen NATO Mitglied Finnland auch mitbetreut, also nur bedingt "DAS" Aufmarschgebiet Deutschland wie im Deutsch-Deutschen Konfliktjahren des Kalten Kriegs.
Nein. Gerade die finnische Marine ist eine reine Green Water Navy, die die Aufgaben nicht wahrnehmen kann, die Sie ihr übertragen wollen. Keine der Anrainer-Marinen besitzt Schiffe zur Verbandsflugabwehr, ausdauernde Überwasserkampfschiffe oder Einheiten, die Verbandsstäbe aufnehmen können. Die besonders wichtigen Minenkampfeinheiten sind zwar v.a. in Finnland vorhanden, aber mehrheitlich Küstenminenleger. Ebenso fehlen luftgestützte U-Jagd-Mittel.
Die Aufgabenverteilung innerhalb der NATO wird durch gemeinsame Übereinkünfte auf der Basis dessen festgezurrt, was die einzelnen Staaten beisteuern können und wollen. Für den Schutz der Ostsee ist nach dieser Übereinkunft Deutschland verantwortlich, für die Ostseezugänge Dänemark und Deutschland, für die Nordsee Großbritannien und Norwegen.
Acipenser hat geschrieben: ↑So 11. Jun 2023, 06:04Schon die Piraten Mission der Bundeswehr vor Somalia hat Deutschland die Notwendigkeit bewachter Seewege vor Augen geführt.
Im Hintergrund macht die (deutsche) Industrie schon mächtig Druck hinsichtlich der Halbleiterengpässe und anderer nicht mehr so "Just in time" Lieferungen aus dem asiatischen Raum. Man muss sich nur die gestiegenen Tag-täglichen Frachtflugverbindungen nach Seoul, Tokio und andere auf flightradar24 ansehen und wenn dann deutsche Arbeitsplätze in Gefahr sein werden, weil Lieferungen ausbleiben.....sind schnell Schiffe und Fernaufklärer in Marsch gesetzt (wenn man die zeitgerecht angeschafft hat)
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Land, das seinen damaligen Präsidenten Horst Köhler zur Demission gezwungen und mit fast hundert Strafanzeigen aus der Mitte der Bevölkerung wegen angeblicher Planung eines Angriffskrieges überzogen hat, als der die Annahme aussprach, es könne notwendig werden, Handelswege militärisch zu schützen. Deutschland ist kein Land, das eine proaktive Sicherheitspolitik betreibt und Schiffe und Flugzeuge "schnell" in Marsch setzen würde, um Arbeitsplätze zu schützen. Diese Darstellung geht schlicht an der Realität vorbei. Und die Planungen der Marineführung zeigen deutlich, dass man zumindest in Rostock glücklich darüber ist und sich auf das Kerngeschäft konzentrieren möchte.
Acipenser hat geschrieben: ↑So 11. Jun 2023, 06:04Ad Kehrtwende Herr muck: Sie übersehen wohl das vor Jahren bewaffnete Schnellboote in großer Zahl ersatztlos gestrichen wurden und diese Aufgaben durch die geringe Zahl an Korvetten übernommen wurden und man nun wieder Schnellboote braucht insbesondere um die Hybride Kriegsführung und mögliche Terrorakte an Bohrinseln und Kritischer Infrastruktur zur See abwenden zu können
Das übersehe ich durchaus nicht. Die Schnellboote wurden seinerzeit für entbehrlich gehalten, eine fatale Fehleinschätzung, denn es handelt sich um ideale Einheiten für die Ostsee. Das Problem ist, dass der Marineschiffbau in Deutschland ein hochsubventioniertes und selten bedarfsgerechtes Unterfangen ist. Man baut unnötig große und komplexe Schiffe, damit die Werften Arbeit haben, und nicht notwendigerweise deshalb, weil es militärisch geraten wäre.
Acipenser hat geschrieben: ↑So 11. Jun 2023, 06:04und zum Abschluss noch zum Zielbild 2035: da steht das "leichte" Konzepte wie die BW-Klasse reduziert werden soll zu Gunsten von Kampfstärkeren Einheiten: Soll heissen dass an Zerstörern getüftelt wird!
Eben. Von den F 125-Fregatten und K 130-Korvetten, die primär für Einsätze gegen Piraten, zur Überwachung von Embargos und Präsenzpatrouillen gebaut wurden, sollen bis zu fünf Schiffe vorzeitig still gelegt werden. Die Korvetten werden dabei durch leichte unbemannte (nach jetzigem Kenntnisstand optional bemannte) Boote ergänzt. Niemand hat bestritten, dass auch künftig schwere Einheiten gebaut werden sollen, aber Sie sollten auch lesen, was hier geplant wird, und warum. Aus dem Zielbild 2035:
Kernauftrag sei die Landes- und Bündnisverteidigung, alle anderen Aufgaben hätten sich dem unterzuordnen [so Bundeskanzler Scholz]. [Die] Landes- und Bündnisverteidigung bestimmen die Ausrichtung der Flotte. Dabei sind Seekriegsmittel und Führungsstrukturen, die im intensiven Gefecht bestehen können, grundsätzlich auch für Einsätze niedriger Intensität etwa im Rahmen der Vereinten Nationen oder der EU-Missionen geeignet – nicht jedoch umgekehrt.
Allerdings wirken sich langanhaltende Einsätze niedriger Intensität negativ auf Einsatzbereitschaft und Reaktionsfähigkeit für Landes- und Bündnisverteidigung aus. Marinekräfte für Einsätze im Internationalen Krisenmanagement zu verwenden, verlangt deshalb stets sorgfältiges Abwägen.
Seekriegsmittel primär auf solche Einsätze auszurichten, ist kontraproduktiv. Daher sollten bisher daraufhin optimierte Ansätze, Kosten und Mittel der Marine umgesteuert werden. Damit können die gefechtsbereiten Kräfte flexibler zur Abschreckung, Verteidigung oder wahlweise als außenpolitisches Instrument eingesetzt werden.
Ich weiß wirklich nicht, wie Sie aus solchen Zeilen herauslesen, dass Stabilisierungs- und Sicherungsaufgaben künftig noch einen hohen Stellenwert für die Deutsche Marine besäßen. Hier steht ganz klar, dass sowohl die politische als auch die militärische Führung alle anderen Aufgaben der Landes- und Bündnisverteidigung unterordnen und die Schiffe der Marine daran ausrichten wollen. Es wird sogar ausdrücklich davor gewarnt, dass Aufgaben wie die Pirateriebekämpfung die Marine schwächen und vom Kerngeschäft abhalten. Das von Ihnen skizzierte Szenar läuft künftig unter "Ferner liefen", das ist einfach so.