Möglicher US-Rückzug zwingt Europäer zur Aufrüstung
Susanne Höggerl: "Ja, es ist ganz offensichtlich: Die Weltordnung ist im Begriff sich ganz maßgeblich weiter zu verändern, seit die USA neu regiert werden."
Tobias Pötzelsberger: "Eben dadurch, dass die Trump-Administration viel weniger Wert auf Europa legt, hat viele Folgen, etwa in der Verteidigung. Der oberste europäische Militär rät zur Aufrüstung."
[Amerikanische und schwedische Piloten] Über einhunderttausend US-Soldaten [JAS-39 und F/A-18 im Formationsflug] sind derzeit in Europa stationiert. Vor allem [Landung einer F/A-18F auf einem amerikanischen Flugzeugträger] bei modernem Kriegsgerät hat man sich bislang auf Washington verlassen. Doch diese Zeit ist nun wohl vorbei.
[Spanische SPz "Pizarro" bei einer Übung in Osteuropa] Ohne die USA könnte [Dänischer "Leopard" 2A5DK] die NATO "zahnlos" werden und Europa muss aufrüsten [Kanadische LAV-25 und Leopard 2A4 bei einer Übung in Osteuropa] - und zwar alle. Laut einer Studie des Kieler Instituts muss Europa dafür rund 250 Milliarden Euro ausgeben - jährlich! Denn auch Russland rüstet auf.
[General Brieger im Gespräch mit Johannes Perterer im Bâtiment Justus Lipsius] Kann der Schutz der größten Militärmacht der Welt so leicht und schnell ersetzt werden?
Robert Brieger (General und Vorsitzender EU-Militärausschuss): "Eine konventionelle Verteidigung Europas sicherzustellen, unter der Voraussetzung, dass die Unterstützung der USA, die ja bisher gewährleistet war, nicht mehr oder nicht in dem Ausmaß erfolgt, würde Jahre in Anspruch nehmen und würde bedeuten, dass die konventionellen Streitkräfte, die Europa aufbringen muss, nahezu zu verdoppeln sind."
[Deutsche Infanteristen bei einer Übung] 4 bis 5 % der Wirtschaftsleistung könnten NATO-Staaten wie Deutschland [Deutscher Leopard 2A6 bei einer Übung] dann für die Verteidigung ausgeben müssen. [Lkw RMMV HX2 mit Bundeswehr-Lackierung auf einem Parkplatz in Peuerbach] Rüstungskonzerne wie Rheinmetall haben Rekordumsätze und stellen voll auf Waffenproduktion um. Doch: Was heißt das alles für Österreich?
BRIEGER: "Es gilt für Österreich das, was für alle europäischen Mitgliedsstaaten gilt: Nämlich mehr Investition für die eigene Sicherheit."
[Eurofighter beim Start in Zeltweg] Die Friedenspartnerschaft mit der NATO bleibe für Österreich dabei ein wichtiges Instrument, so General Brieger.
Was die Regierung neben Sparen noch vorhat: Mehr Geld fürs AMS und Steuergoodies für Unternehmer
Neue Zahlen gibt es zu Kürzungen in Ministerien
Konkret geht es um 1,1 Milliarden Euro aus der Verwaltung. So war das zumindest bei ÖVP und FPÖ paktiert – SPÖ und ÖVP haben diese Vereinbarung im Wesentlichen übernommen. Demnach soll jedes Ministerium nach einem Schlüssel zum Paket beitragen – dieser basiert auf dem Sachaufwand abzüglich der Mieten. Davon sollen 15 Prozent eingespart werden.
Der Arbeiterkammer-Experte Georg Feigl hat bereits abgeschätzt, was das bedeuten würde: [...]Am höchsten wären die Einsparungen absolut betrachtet im Verteidigungsressort, dort würden sie 166 Millionen Euro betragen.
Die Zahlen beruhen auf der Annahme, dass von den Budgets 2024 wie beschrieben 15 Prozent beim Sachaufwand weggekürzt werden. Ob dieses Sparpaket wirklich so drastisch wird, wie sich das hier abzeichnet, ist unklar. Denn die Ministerien dürften ihre Budgetvorgaben beim Sachaufwand im vergangenen Jahr um rund acht Prozent unterschritten haben, sie haben also weniger Geld ausgegeben als budgetiert. Wo genau diese Unterschreitungen stattfanden, ist noch nicht bekannt.
Regierungsprogramm: Teilnahme des Heeres am Raketenschutzschirm Sky Shield wird fortgesetzt
Die eingeleitete Nachrüstung des Bundesheeres wird laut dem Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und Neos fortgesetzt. Bis zum Jahr 2032 soll das Verteidigungsbudget für das Bundesheer auf mehr als zehn Milliarden Euro (zwei Prozent des BIP) angehoben werden. Mit dem Geld sollen unter anderem Raketenabwehrsysteme mittlerer und großer Reichweite angeschafft werden. Die Teilnahme am europäischen Raketenschutzschirm Sky Shield soll konsequent fortgesetzt werden, wird in dem Papier betont.
Bis 2033 Nachfolgemodell für Eurofighter und mehr Sold für Grundwehrdiener
Bis 2033 soll ein Nachfolgemodell für die Eurofighter angeschafft werden, schon vorher sollen neue Trainingsjets gekauft werden. Eine Verlängerung des Grundwehrdienstes kommt nicht. Stattdessen wird eine Hilfskonstruktion gewählt: Eine Bereitschaftstruppe soll aufgestellt werden, um Österreich im Kriegsfall so lange zu verteidigen, bis die ehemaligen Grundwehrdiener für den Einsatz ausgebildet worden sind. "Zur weiteren Verbesserung des Grundwehrdienstes wird ein Grundwehrdienstbeauftragter eingesetzt, dieser wird durch die Bundesministerin bzw. den Bundesminister für Landesverteidigung bestellt (Berichtspflicht
Parlament)", heißt es außerdem in dem Papier. Der Sold für Grundwehrdiener wird erhöht. Wie hoch, ist nicht bekannt. Aufgrund der zuletzt immer größeren Zahl an Untauglichen sollen außerdem die Tauglichkeitskriterien überprüft werden. Ein wichtiges Detail: Das Verteidigungsministerium soll die Personalhoheit erhalten. Damit entscheidet es selbst (und nicht mehr das Beamtenministerium) über Personaleinstufungen und Gehälter im Bundesheer. Außerdem soll der Frauenanteil erhöht werden. Dazu soll ein eigener Maßnahmenkatalog erarbeitet werden.
Neutralität nur kurz erwähnt
Ausführlich bekennt sich die Regierung zur europäischen Solidaritätsverpflichtung, die Österreich eingegangen ist. Man wolle außerdem wie bisher weiterhin an Friedensmissionen und anderen internationalen Einsätzen teilnehmen. Die Neutralität wird hingegen nur kurz erwähnt: "Österreich bekennt sich klar zur Neutralität im Einklang mit der Verfassung und setzt sich für multilaterales Engagement in der UNO und der OSZE ein. Es betrachtet dieses Engagement als aktiven Beitrag zu Sicherheit und Frieden, basierend auf den Grundsätzen der UN-Charta. Ein wichtiger Fokus der Außenpolitik bleibt die Zusammenarbeit und Solidarität innerhalb der EU."
In dem Regierungsprogramm wird außerdem darauf hingewiesen, dass Landesverteidigung und Sicherheitspolitik über das Bundesheer hinausgehen. So wird etwa das Thema Krisenvorsorge ausführlich beschrieben.
Dennoch ist es den Verhandlern gelungen, für mehrere Zielgruppen Verbesserungen ins Programm zu verhandeln. Und die meisten davon kosten nichts, zumindest nicht der öffentlichen Hand.
Wer die Gewinner, und wer die Verlierer des neuen Regierungsprogramms sein werden, zeigt ein erster, unvollständiger Überblick.
Die Gewinner
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Das Bundesheer
Trotz angespannter Budgetlage werden die geplanten Beschaffungen des Bundesheers weiter vollzogen. Darunter: das Raketen-Luftabwehrsystem Sky Shield.