Drohnengefahr: Beim Bundesheer besteht Nachholbedarf
Rebekka Salzer (ORF): "Wir berichten sehr oft über Themen, bei denen die politischen Parteien unterschiedliche Ansichten haben. Beim Nachholbedarf des Bundesheeres herrscht im Parlament hingegen weitestgehend Einigkeit. Die Bedrohungen machen es möglich. Viele Anschaffungen sind in den kommenden Jahren geplant, vieles ist bestellt, manches schon geliefert.
Eine der vielen Baustellen des Bundesheeres sind Drohnen: Aufklärungsdrohnen und Kampfdrohnen, sowie die Drohnenabwehr. Die jüngsten Ereignisse in Westeuropa machen Anschaffungen noch notwendiger. Claus Bruckmann hat sich angesehen, womit das Bundesheer in den kommenden Jahren lernen muss umzugehen."
[Militärmusik Niederösterreich bei der Übergabe der Hangarerweiterung in Langenlebarn] Ein großer Tag in der Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule [Ehrengäste, u.a. Bgdr Kraft, HR Sailer, BM Tanner und Bgdr Luttenberger] in Langenlebarn. Die Verteidigungsministerin übergibt eine neue Hubschrauberhalle und ein neues Simulatorgebäude. [BM Tanner am Podest des Simulators mit Bgdr Luttenberger, ObstdG Zmug und Bgdr Kraft] Herzstück der millionenteuren Anschaffung ist ein Hubschraubersimulator. Dieser ist weltweit der modernste und einzigartig. Das Parlamentsmagazin ,Hohes Haus' darf exklusiv, quasi beim Jungfernflug des neuen Simulators, dabei sein. [Markus Cerny (Oberstleutnant, Hubschrauberpilot): "Wir befinden uns jetzt über Wien. Und unsere Absicht ist jetzt, am Heldenplatz zu landen. So wie's dann auch wirklich am Nationalfeiertag geplant ist. [...] Die Ringstraße ist da unten derweil einmal nur generalisiert, O.K. Das wird das Rathaus sein, das wird das Burgtheater sein."; Pilot: "Touchdown."; CERNY: "O. K. Here we are!"]
[AW169B im Hangar in Langenlebarn] Die Luftstreitkräfte sind ganz gut aufgestellt. Nun gilt es bei Drohnen und Drohnenabwehr nachzurüsten. Aus dem Krieg gegen die Ukraine kann man lernen.
Gerfried Promberger (Generalmajor, Air Chief): "Wir lernen einerseits, dass Drohnen aus dem Gefechtsraum gar nicht mehr wegzudenken sind. Erstens. Zweitens: Dass Drohnen das Gefechts maßgeblich verändert haben. Drittens: Die Innovationszyklen werden immer kürzer. Früher haben wir immer in Jahrzehnten von Rüstungsgütern gedacht, jetzt sind wir bei Monaten, teilweise bei Wochen, wo sich Drohnen weiterentwickeln. Teilweise haben die Kameraden in der Ukraine in vorderster Stellung einen 3D-Drucker und drucken sich die Drohnen selber."
[BM Tanner bei der Pressekonferenz zu den Infrastrukturprojekten am 30. 9.] Was die Anschaffung von Drohnen betrifft, herrscht politisch Einigkeit.
Klaudia Tanner (Verteidigungsministerin ÖVP): "Wir bereiten uns darauf vor, im Rahmen unseres Aufbauplanes 2032+ und im Rahmen der ,Mission Vorwärts'. Das heißt, es kommen dieses Jahr noch einige hundert Drohnen mit einer Option dann auch nächstes Jahr. Wir investieren in die Fliegerabwehrlenkwaffen, wir investieren im Rahmen von ,Sky Shield' in die kurzen und mittleren Reichweiten. Wir sind hier im Plan, um eben verteidigungsfähig zu werden."
Volker Reifenberger (Obmann Verteidigungsausschuss FPÖ): "Gerade bei den Wehrsprechern im Verteidigungsausschuss ist es schon so, dass hier ein überparteilicher Konsens besteht, dass es gerade im Bereich der Drohnenabwehr einen immensen Aufholbedarf gibt. Man muss sagen: Gerade Österreich, das Österreichische Bundesheer, steckt, was Drohnenabwehr angeht, wirklich noch in absolut in den Kinderschuhen. Also hier gibt's einen Riesen-Aufholbedarf."
[Bildschirm bei Pressekonferenz "Österreichisches Bundesheer. Direktion 7 Infrastruktur. MISSION VORWÄRTS"] Es sind derzeit drei Typen von Drohnen im Beschaffungsvorgang.
Harald Vodosek (Generalleutnant, Rüstungschef): "Im Drohnensegment kann man in drei Sparten unterscheiden: Die erste Sparte ist die Aufklärungsdrohne. Die haben wir jetzt beschafft. Die ermöglicht es uns, ein klares Gefechtsbild im Rahm... im Operationsraum sicherstellen zu können. Das ist einmal auf der unterste... untersten Ebene sichergestellt.
Dann werden wir die Ebenen darüber sicherstellen: Größere Reichweite, größere Payload auf den Drohnen. Auch für die Aufklärung.
Dann - und das ist das zweite Segment - werden wir Beschaffungen vornehmen bei den sogenannten Kampfdrohnen. Das sind Drohnen großer Bauart, die wir mit Raketen bewaffnen können.
Und das dritte Segment sind Drohnen, mit denen wir andere Drohnen abfangen können. Das sind die Drohnen, die sogenannten Kollisionsdrohnen, die Drohnen ... die gegnerische Drohnen vom Himmel holen."
[Obstlt Ziegler (Heerestruppenschule/Grundlagenabteilung) beim Zusammenbau einer SurveyCopter Tracker] Die anzuschaffenden Drohnen sollen unter anderem das bisherige Spitzenprodukt des Bundesheeres ersetzen. Es ist seit 2012 im Einsatz.
Hartmuth Ziegler (Oberstleutnant, Drohnenausbilner): "Es hat eine Fluggeschwindigkeit von 60 bis 90 km/h, ist sehr windstabil durch die Starrflüglerkonzeption. Mit zwei Motoren - ist sehr ausfallssicher, weil ja immerhin einen zweiten Motor hab' wenn einer ausfällt. Und ist von uns eben hier in Allentsteig und bis in Kosovo hinunter verwendet worden."
[DJI Mavic im Flug] Derzeit werden die zukünftigen Drohnenpiloten auf kleinen Drohnen geschult. Zur Drohnenabwehr gibt es derzeit nur große, teurere Möglichkeiten.
PROMBERGER: "Einerseits können wir aktive Instrumente einsetzen, wie den Eurofighter, mit der Bordkanone und auch mit der IRIS-T. Das heißt, das ist eine Infrarotlenkwaffe. Wir können aber auch das leichte Schulflugzeug, die PC-7, entsprechend bewaffnen. Auch den OH-58, einen Hubschrauber mit einer Minigun, mit einer Gatling. 4000 Schuss - also da bringt man viel Eisen ins Ziel. Beziehungsweise auch den ,Black Hawk', der ja ausgerüstet ist mit zwei Bordmaschinengewehren. Also das heißt, wir haben hier aktive Elemente.
Wir haben aber auch eine elektronische Drohnenawher beim Jägerbataillon 8, die wir in weiterer Folge auch ausbauen werden. Also uns ist ganz wichtig, eine entsprechende qualifizierte Drohnenabwehr für das Österreichische Bundesheer."
[Flying Production Magni-X mit österreichischem Hoheitsabzeichen und Kennzeichen "1 KA-001" auf der Motorhaube eines Mitsubishi L200 in Allentsteig; im Hintergrund verschwommen zu sehen die "Tracker" auf ihren Transportbehältern] Eine große Aufgabe wird es sein, neue Drohnen in bestehende Verteidigungssysteme zu integrieren.
REIFENBERGER: "Diese Drohnen, die jetzt dabei vorgesehen werden, das ist einmal gut, dass wir diesen ersten Schritt machen. Kein Thema! Aber das sind kleine Drohnen, rein für die Aufklärung. Keine bewaffneten Drohnen! Und das sind auch keine Drohnen, die irgendwie in ein System eingebunden wären. Also wir beschaffen ja auch ein Battle Management System. Aber diese Drohnen sind hier nicht kompatibel mit diesem Battle Management System, sondern wirklich nur stand-alone einsetzbar.
Also das ist einmal gut, dass die Truppe sich an diese neue Fähigkeit gewöhnt, ein bisschen damit umgehen lernt. Aber in Wahrheit ist das noch nicht der Weisheit letzter Schluss."
ORF: "Jetzt ist Österreich ja ein bisserl spät dran, mit der Anschaffung von Drohnen. Vergleich ma's in Europa - haben wir da was verschlafen vielleicht?"
TANNER: "Nein, ich glaub' wir sind hier durchaus, so wie alle anderen Staaten auch, dabei verteidigungsfähig auch in diesem Bereich zu werden. Dass das eine neue Bedrohungslage ist, die man vor zehn Jahren noch nicht kannte, steht aber auch außer Frage."
ORF: "Die Technologie ändert sich sehr rasch. Ist nicht auch Gefahr, dass in ... wenn man jetzt Drohnen ankaufen, die in zwei Jahren geliefert werden, dann schon veraltet sind?"
TANNER: "Wie gesagt, wir bekommen dieses Jahr bereits die neuen und bilden auch daran aus schon."
ORF: "Österreich ist also nicht zu spät dran."
TANNER: "Nein, wir sind hier auf einem sehr, sehr guten Weg. Aber es ist eben ein Weg hin zur Verteidigungsfähigkeit. So wie er im Aufbauplan, im Rahmen unserer ,Mission Vorwärts' geplant ist."
[Militärmusik Niederösterreich bei der Übergabe der Hangarerweiterung in Langenlebarn] Die immerwährende Neutralität verpflichtet Österreich zu einer eigenständigen, glaubwürdigen Landesverteidigung. Doch bis dahin gibt es noch viel Nachholbedarf.
Bericht: Claus Bruckmann
Kamera: L. Grafleitner / C. Wisser
Schnitt: Roman Hörndl