mechtruppe hat geschrieben: ↑So 3. Jan 2021, 19:29
Fakt ist, das die Hauptpanzerung des Leo sehr wohl eine höhere Schutzklasse als die genannten Modelle hat.
Aber natürlich ist der Kampf zwischen Schutz und Wirkung immer ein Pendel. Momentan ist Stand der Dinge,
wer trifft zu erst?! Und vorweg, auch bei KE-Munition gibt es selbstverständlich Unterschiede...
Grundsätzlich geht es hier aber um die geplante Nutzdauerverlängerung eines sehr gut eingeführten Systems,
das prinzipiell für die angedachten Einsatzarten geeignet ist! Und dieses Vorhaben ist sehr begrüßenswert!
Ich möchte nicht behaupten, dass ein Leopard-2-Upgrade keinen Sinn mache; ein Leopard 2A7V oder ein Komplettpaket von Rheinmetall oder RUAG wären absolute Klasse. Es ist aus meiner Sicht jedoch fraglich, ob genug Gelder freigegeben werden, um wirklich eine relevante Kampfwertsteigerung durchzuführen. Nur ein paar Komponenten zu tauschen reicht in Anbetracht des Alters und des aktuellen Konstruktionsstandes des Leopard 2A4Ö nicht aus.
Klar, man kann relativ günstig bei Elbit Systems ferngesteuerte Waffenstatation, neue Computersysteme und Optiken mit hoher Wertschöpfung in Österreich (da mit ESL Advanced Information Technology GmbH eine 100%-tige Elbit-Tochter beauftragt werden könnte) in den Leopard 2 nachrüsten, doch dann hätte man eine einzigartige "Insellösung", mit welcher man nicht auf Erfahrungen und Ersatzteile von Verbündeten zurückgreifen kann und die in anderen Bereichen weiterhin hinterherhinkt.
Der Leopard 2A4Ö hat vielleicht eine höhere Schutzklasse als ein leichter Panzer auf ASCOD-Fahrgestell, aber es bleibt fraglich, inwiefern dies relevant ist. Ich frage einfach mal direkter: Gegen wen ist die Landesverteidigung ausgerichtet?
Der höhere Panzerschutz des Leopard 2A4Ös führt nicht direkt zu einer gesteigerten Überlebensfähigkeit in einer Duellsituation. Z.B. zwischen der 30-mm-Kanone vom BMP-2, BMP-3, BTR-82 und der 125-mm-Glattrohrkanone eines KPz T-72 oder T-90 klafft aktuell eine riesige Lücke im russischen Arsenal (bei anderen Staaten sieht es ähnlich aus). Gegen ein 30-mm-APDS wäre ein neuer leichter Panzer auf ASCOD/Ulan ebenso gut geschützt wie ein Leopard 2A4; gegen moderne Pfeilmunition vom T-72B3 oder T-90M ist ein leichter Panzer genauso gut geschützt wie ein Leopard 2A4Ö (nämlich gar nicht!).
Klar, ein 90-mm-Geschoss oder 105-mm-Pfeilmunition aus den frühen Achtzigern würde ein Leopard 2 standhalten, genauso wie Beschuss durch einen PT-76 oder mit alten Panzerabwehrlenkwaffen aus dem Kalten Krieg. Wie wahrscheinlich ist es allerdings, dass jemand der die EU oder Österreich direkt angegreift, nur Waffen aus einem heeresgeschichtlichen Museum mitbringt?
Einen leichten Zusatzschutz gegen Hohlladungen (als Käfigpanzerung, Reaktivpanzerung oder Beulblechpanzerung) lässt sich wahrscheinlich - mit unterschiedlich viel Aufwand - in jeden der genannten Türme für einen leichten Panzer auf ASCOD-Fahrgestell einrüsten. Wenn es im Duell wirklich nur auf "wer trifft zuerst" ankommt, braucht es ja die zusätzliche Panzerung (und das Gewicht) eines Leopard 2A4 nicht... auch wenn ich meine Zweifel an der Aussage habe (die Bundeswehr geht davon aus, dass die stärke L/55-Glattrohrkanone gegen aktuelle russische KPz nicht ausreicht).
Vorteil der vorgeschlagenen Lösung (Ersatz Leo 2 durch leichten Panzer auf ASCOD) wäre, dass man sich die Lieferkette für Ersatzteile, Ausbildung von Personal, Instandhaltung und technische Dokumentation vom Leopard 2 sparen könnte. Mögliche Kooperationspartner wären die Tschechische Republik (angeblich am ASCOD-42-Panzer interessiert) oder Italien (für Ausbildung und Ersatzteilbeschaffung, falls der HITFACT-2-Turm eingeführt werden würde). Insbesondere die Versorgung mit Ersatzteilen ist beim Leopard 2 ein Problem, dass selbst die deutsche Bundeswehr hat (viele Sonderteile werden nur noch auf Anfrage in Kleinstserien gefertigt, es soll angeblich bei bestimmten Teilen auch Bieterschlachten zwischen). Das somit gesparte Budget könnte in mehr Panzer oder eine - ebenfalls dringends notwendigen - Kampfwertsteigerung des Ulans fließen.
Es gibt natürlich auch andere Optionen, aber ich habe Bedenken, dass dem Bundesheer die nötigen Finanzmittel zur Verfügung hat (Ankauf komplett neuer Panzer, Aufrüstung auf Konstruktionsstand 2A7V) oder der politische Wille da ist (Reduktion der Panzerwaffe auf Kompaniestärke, Mischbetrieb mit Bundeswehr oder ungarischer Armee).
theoderich hat geschrieben: ↑So 3. Jan 2021, 21:00
Åkers Krutbruk und IBD haben vor zehn Jahren einen interessanten Prototypen mit einer neuen Zusatzpanzerung gebaut, den Strv 122B+. Verwendet wurde eine Variante der IBD AMAP (eine Art SLAT-Panzerung mit nanometrischem Stahl), die insgesamt lediglich 350 kg schwer war:
Da liegt ein Missvertändnis vor. Die Zusatzpanzerung erhöht das Gefechtsgewicht eines KPz Stridsvagn 122B um 350 Kilogramm; sie wiegt nicht (nur) 350 kg. Teil der Konzepts "Strv 122B+" ist der Austausch von alten Schutzmodulen (MEXAS-Panzerung aus den Neunzigern) am Turm, an der Wannenfront sowie ein Ersatz der schweren Kettenblenden (und wohl auch Segmente der leichten) durch neue AMAP-Verbundpanzerung. Zusätzlich wird die SLAT-Panzerung am Turmheck installiert. Im Text steht explizit, dass das modulare Design einen Mix aus alten und neuen Schutzmodulen ermöglicht.
Bei einem Gewicht von ca. 1,3 Tonnen für die Wannenzusatzpanzerung, 1,5 Tonnen für die Turmschutzmodule und ein paar Dutzend Kilogramm für die Kettenblenden, sollte man davon ausgehen, dass das Gewicht der Zusatzpanzerung bei 3 Tonnen liegt. Da die Panzerung wahrscheinlich auf den Grundschutz des Stridsvagn 122 optimiert wurde, ist es fraglich, ob der Leopard 2A4Ö mit ähnlicher Zusatzpanzerung ein ausreichendes Schutzniveau erreicht. Der Stridsvagn 122 wurde mit neuerer Panzerung in D-Technologie gebaut.