https://www.diepresse.com/19532572/laen ... mehr-genugLange Zeit war die Wiedereinführung von verpflichtenden Milizübungen ein Tabu, jetzt könnten die Weichen in diese Richtung gestellt werden: Demnächst wird das Verteidigungsministerium eine Kommission einsetzen, die sich mit der Zukunft des Grundwehrdienstes beschäftigt. Und das könnte auch bedeuten: Künftig müssen junge Männer wieder länger dienen (oder Zivildienst leisten).
1 Warum wird eine Änderung beim Grundwehrdienst notwendig?
Das Bundesheer hat eine Mobilmachungsstärke von 55.000 Mann. 15.000 davon sind Berufssoldaten, der Rest kommt aus der Miliz. Allerdings besteht diese Truppe, die Österreich im Ernstfall schützen muss, zum Teil nur auf dem Papier. Zur Miliz gehören jene, die sich im oder nach dem Grundwehrdienst freiwillig dazu verpflichtet haben. Dieser Personenkreis muss auch Übungen mitmachen. Aufgefüllt wird die Miliz mit den sogenannten Beorderten, Grundwehrdienern, die formal der Miliz angehören, aber keinerlei Übungen mehr machen müssen.
Militärisch gesehen ist das ein unbefriedigender Zustand: Wer nicht üben muss, ist im Ernstfall auch nicht einsatzbereit. Selbst bei einem militärisch wenig herausfordernden Einsatz wie jenem in der Coronapandemie hat sich gezeigt, dass vor einem Einsatz eine längere Einschulungsphase notwendig ist. Laut einem Rechnungshofbericht ist aber fast die Hälfte der Miliz, nämlich 45,8 Prozent, beordert.
Das war in den vergangenen Jahren nicht das große Problem. Denn erstens war man ja sogar im Bundesheer der Meinung, dass ein Verteidigungsfall absolut unwahrscheinlich ist und die Miliz vermutlich gar nicht gebraucht wird. Und zweitens hätte man gar nicht die notwendige Ausrüstung für alle 55.000 gehabt. Der Befüllungsgrad an Material liegt laut Rechnungshof bei 27 Prozent.
Beides ändert sich: Die weltpolitische Lage führt dazu, dass nicht nur in Österreich, sondern europaweit erhöhte Verteidigungsanstrengungen unternommen werden. Und auf dem Materialsektor ist die Nachrüstung, gerade auch, was die Ausrüstung für die Miliz betrifft, in vollem Gange. Somit wird der personelle Engpass zum ersten Mal spürbar.
2 Warum wurden die Milizübungen überhaupt abgeschafft?
„Sechs Monate sind genug“, lautete einst der Wahlkampfschlager von Bruno Kreisky in den 1970er-Jahren. Umgesetzt hat den erst Günther Platter im Jahr 2006. Denn die Kreisky-Regierung hat zwar formal den Grundwehrdienst verkürzt, gleichzeitig aber zwei Monate Milizübungen eingeführt. Die hat Platter als Verteidigungsminister der Schüssel-Regierung praktisch im Alleingang abgeschafft. Grundlage dafür war eine Bundesheer-Reformkommission unter Leitung des früheren Wiener Bürgermeisters Helmut Zilk, die die Weichen in Richtung des Berufsheers gestellt hat – ohne dieses aber tatsächlich einzuführen. Die Miliz blieb formal bestehen, war aber ohne Übungen ein Auslaufmodell.
3 Wer gehört der Kommission an, welches Ergebnis ist zu erwarten?
Im Herbst sollen bereits die Ergebnisse vorliegen. Dafür weiß man noch relativ wenig über die Kommission. Bekannt wurde, dass Erwin Hameseder, Raiffeisen-Generalanwalt und Milizbeauftragter des Bundesheeres, den Vorsitz führen soll – wobei auch das noch nicht fix sein soll. Hameseder hat erst kürzlich die Abschaffung der verpflichtenden Milizübungen als „gravierenden Fehler“ bezeichnet und gefordert, Österreich müsse wieder verteidigungsfähig werden. Allerdings ist auch der Raiffeisen-Manager nicht unumstritten: Die Bundesvereinigung der Milizverbände hat ihn zum Rücktritt aufgefordert, da er nach deren Ansicht die Wiedereinführung der Milizübungen bei den Koalitionsverhandlungen „sabotiert“ habe.
Als sicher gilt, dass Generalstabschef Rudolf Striedinger in der Kommission sitzen wird, ebenso Vertreter von Zivildienstorganisationen und der Wirtschaftskammer. Letztere müssen ins Boot geholt werden, wenn man der Wirtschaft Milizübungen schmackhaft machen will. Als wahrscheinlichstes Modell gilt jenes, das bis 2005 in Kraft war: sechs Monate Grundwehrdienst plus zwei Monate Milizübungen. Unklar ist aber, ob Verteidigungsministerin Klaudia Tanner eine derartige Verlängerung des Grundwehrdiensts überhaupt forcieren will. Die ÖVP-Politikerin hat sich in der Vergangenheit immer gegen eine derartige Maßnahme ausgesprochen.
4 Wäre damit das Personalproblem des Bundesheers behoben?
Nur zum Teil. Es gäbe dann zwar genügend oder sogar zu viele Rekruten, aber immer noch viel zu wenige Offiziere und Unteroffizieren. Derzeit sind bei der Miliz bei den Offizieren 42 Prozent und bei den Unteroffizieren 63 Prozent der Planposten nicht besetzt. Und die Situation verbessert sich auch nicht. Laut Landesverteidigungsbericht 2023 würden jährlich 150 neue Milizoffiziere benötigt, es absolvieren aber nur 30 die Ausbildung. Noch größer ist die Diskrepanz bei den Unteroffizieren: 50 neue kommen dazu, 610 würden benötigt. Auch bei den Berufssoldaten können nicht genügend Offiziere und Unteroffiziere ausgebildet werden.
Schiebel-Chef: "Unser Netzwerk an Zulieferern würde eine Wachstumsbewegung mittragen"
https://industriemagazin.at/news/schieb ... mittragen/SEACURE? Das von Thales geleitete Konsortium weist für Hannes Hecher eine Richtung, wie Entwicklungen in Europa künftig häufiger laufen könnten. Der österreichische Drohnenbauer erhielt im Rahmen einer Ausschreibung des Europäischen Verteidigungsfonds eine Förderzusage für unbemannte Lösungen zur U-Boot- Detektion. "Dieses Konsortium hilft uns, uns im Bereich des Camcopter S-300 entscheidend weiterzuentwickeln", sagt der Geschäftsführer von Schiebel Österreich. Es bringt dem Unternehmen vor allem eines: Tempo.
Denn in der Beschaffung seien staatliche europäische Stellen laut Hechers Erfahrungen eher langsam. Auf die Frage, ob die Zeitenwende in der militärischen Beschaffung angekommen sei, antwortet er: "Ich habe mein Telefon ständig bei mir. Anfragen, wie stark wir unsere Produktionskapazitäten steigern könnten, bleiben derzeit aus".
Derzeit fährt das Unternehmen im Werk in Wiener Neustadt im Einschichtbetrieb. Drei Schichten wären möglich. Schiebel ist in ein "hervorragendes Netzwerk an Zulieferern von Fertigungsdienstleistungen" eingebettet, das - nehmen die Auftragsvolumina zu - "eine Wachstumsbewegung mittragen würde", sagt Hecher.
Und dennoch verspürt Hecher Rückenwind der hilft, etwa regulatorischer Hürden in heimischen Entwicklung, etwas beim testweisen Flugbetrieb von unbemannten Drohnen anzugehen. "Es hilft, dass Europa konsolidiert und den politischen Willen entwickelt, sich zu schützen", sagt er. Schließlich sei die europäische Gemeinschaft immer dann erfolgreich, wenn sie Gelder in die Hand genommen und klare Rahmenbedingungen gesetzt habe, etwa in einer gemeinsamen Umweltpolitik.
"In Österreich werden wir weiterhin als Dual-Use-Anbieter agieren", sagte Eigentümer Hans Georg Schiebel kürzlich dem Magazin "Militär Aktuell".
Laut Hecher verändern sich die Marktanforderungen momentan sehr schnell. "In Europa steigen die Verteidigungsbudgets erheblich, und es ist durchaus denkbar, dass Schiebel Frankreich darauf mit entsprechenden Angeboten reagieren wird".