„Das ist die Folge, dass der Bereich so lange so unterfinanziert war.“
Ein Satz, den man Berlin (und anderen europäischen Hauptstädten!) nicht fest genug um die Ohren hauen kann.
Wer die Militärausgaben senkt, spart vielleicht im nächsten Jahreshaushalt etwas Geld ein, aber die Quittung dafür – auch finanziell – kommt früher oder später mit Sicherheit.
muck hat geschrieben: ↑Sa 17. Feb 2024, 14:15
Wenn am Ende ein ähnliches Reformpapier herauskommt wie dasjenige, das Pistorius' Vorgängerin 2021 einkassierte, kriege ich einen Schreikrampf. Oder vielleicht auch einen Lachkrampf, man wird sehen.
Als hätte ich es nicht gewusst: Pistorius greift das Zorn-Kramp-Karrenbauer-Papier mit nur geringfügigen Veränderungen auf. Die Zahl der Teilstreitkräfte und querschnittlichen militärischen Organisationsbereiche wird (Gott sei Dank) reduziert. Die Streitkräftebasis und der Zentrale Sanitätsdienst werden aufgelöst und in eine gemeinsame Struktur überführt, die nur noch wirklich streitkräftegemeinsame Aufgaben übernimmt. Als Teilstreitkräfte gelten fortan Heer, Luftwaffe, Marine, Cyber- und Informationsraum. (Quelle)
Mit dieser überfälligen Reform hätte vor drei Jahren begonnen werden können.
Streitkräftebasis und Zentraler Sanitätsdienst werden aufgelöst und in einem Unterstützungskommando auf unterer Ebene zusammengefasst
Der Cyber- und Informationsraum wird zur offiziellen vierten Teilstreitkraft
Das Heer erhält von den Binnenorganisationen zahlreiche Aufgabenfelder mit Landkrieg-Bezug zurück, z.B. ABC-Abwehr, Militärpolizei, territoriale Reserve
Die beiden hauptsächlichen Führungskommandos – Einsatzführungskommando für Auslandseinsätze, Territoriales Führungskommando für das Inland – werden zu einem einheitlichen Kommando zusammengefasst
Explizit enthalten in der Reform ist der Wiederaufbau der Strukturen zur Durchsetzung einer allgemeinen Wehrpflicht
Lindner gegen Dienstpflicht und Musterung ganzer Jahrgänge
Der FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner sieht Bedenken gegen eine allgemeine Dienstpflicht zur Stärkung der Bundeswehr nicht ausgeräumt. «Die volkswirtschaftlichen Kosten einer allgemeinen Dienstpflicht wären angesichts des Arbeitskräftemangels in einer alternden Gesellschaft sehr hoch. Auch die Musterung ganzer Jahrgänge, die dann aber gar nicht eingezogen werden, überzeugt mich nicht», sagte Lindner der dpa. Er forderte eine gestärkte militärische Reserve für die Bundeswehr.
Er forderte eine gestärkte militärische Reserve für die Bundeswehr.
Erinnert mich an Österreich, wo die ÖVP bei jeder Gelegenheit von der "Stärkung der Miliz" spricht, wenn es eigentlich nur darum geht, von Problemen abzulenken.
Pressetermin Minister verkündet Entscheidung zur neuen Grobstruktur der Streitkräfte
Bundesminister der Verteidigung, Boris Pistorius, wird am kommenden Donnerstag, den 4. April 2024, seine Entscheidung über die neue Grobstruktur der Streitkräfte bekannt geben.
Zukunft der Bundeswehr: Lindners Buchungsmagie (Kommentar)
Die gute Nachricht: Finanzminister Christian Lindner macht sich Gedanken über die Bundeswehr. Die taumelt auf einen Abgrund zu: Weil die hundert Milliarden Sonderschulden für Investitionen aufgebraucht sein werden, fehlen den Streitkräften nach der nächsten Bundestagswahl bis zu dreißig Milliarden Euro im Jahr. Während Russland seine Armee trotz großer Verluste in der Ukraine rasch aufrüstet und dafür nach westlichen Schätzungen mehr als ein Drittel des Staatshaushalts aufwendet, stagniert der deutsche Verteidigungsetat bei fünfzig Milliarden Euro.
Es ist paradox: Die Bedrohung wächst, aber die Bundeswehr schrumpft weiter, personell und materiell. Dabei wollen auch in der Ampelkoalition viele, dass Deutschland sich und das NATO-Bündnis verteidigen kann. Doch wenige sind bei SPD und Grünen bereit, dafür anderswo zu sparen. Die FDP wiederum steht auf der Schuldenbremse. Lindner hat nun entdeckt, dass man Geld generieren kann, indem alte Schulden einfach später zurückgezahlt werden.
Bis zur Erschöpfung
Neun Milliarden könnten so in die Truppe umgelenkt werden. Einen „Verrechnungstrick“ nennt das die Opposition, die allerdings auch keine Sparliste vorlegen kann oder will, etwa aus den Etats für Gesundheit oder Soziales – oder aus den Milliarden, mit denen Zehntausende wehrfähige Ukrainer hierzulande mit Bürgergeld voll alimentiert werden. Auf zurückhaltende Weise versucht Lindner, dem Stagnatismus der Ampel zu entkommen.
Noch immer ist vielen nicht klar, worum es Moskau geht. Dies zeigen auch die bevorstehenden Abgänge derer, die im Bundestag bis zur Erschöpfung versucht haben, Olaf Scholz und seine SPD für eine stärkere Unterstützung der Ukraine zu gewinnen, etwa der beiden Vorsitzenden der Ausschüsse für Verteidigung und Auswärtige Angelegenheiten, Strack-Zimmermann (FDP) und Roth (SPD). Dass der Finanzminister mit Buchungsmagie den Wehretat stärken will, ist am Ende bloß ein weiteres Armutszeugnis für eine Regierung, die sich vor der Wirklichkeit drückt.
Und sie haben die Abgabe der ABC-Truppe und der Feldjäger ans Heer rückgängig gemacht. Unfassbar. Nur weil sich irgendein General echauffiert hat, hat Pistorius nachgegeben. Es ist einfach unfassbar. Da liegt ein Empfehlungspapier vor, dessen Vorschläge als militärisch sinnvoll deklariert wurden und dessen Umsetzung wenig Geld kosten würde, und sie machen es einfach nicht, weil irgendein Trottel seinen Teakholz-Schreibtisch nicht dreingeben will.
Verteidigungsministerium will militärische Reserve aufstocken
Im Verteidigungsministerium laufen Planungen für eine deutlich verstärkte Reserve der Bundeswehr. Diese soll auch – wie im Kalten Krieg – so ausgebildet und ausgerüstet sein, dass sie die aktive Truppe im Kampf verstärken oder ersetzen kann, sagte Generalleutnant Andreas Hoppe, Stellvertreter des Generalinspekteurs und Beauftragter für Reservistenangelegenheiten, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Ziel der Militärplaner ist es, künftig bis zu 60 000 Männer und Frauen als Reservisten in einer sogenannten Grundbeorderung zu haben, die in diesem Status für eine feste Aufgabe eingeplant und befähigt sind. Hoppe sagte: „Ich bin der Überzeugung, dass wir die Reserve ganz den aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen anpassen müssen, damit sie die Bundeswehr bei der Wahrnehmung der Aufgabe Landes- und Bündnisverteidigung vernünftig unterstützen kann.“ Das Militär rechnet dabei mit gut 10 000 ausscheidenden Zeit- oder Berufssoldaten pro Jahr, die für diese Grundbeorderung gewonnen werden könnten. Rund 44 000 grundbeorderte Männer und Frauen gibt es bisher.
Wie viele könnten im Verteidigungsfall herangezogen werden?
Im Ministerium wird auch geprüft, wie groß die Zahl derer ist, die grundsätzlich im Verteidigungsfall zum Dienst („unbeorderte Reservistentätigkeit“) herangezogen und geeignet sein könnten. Dabei geht es um die Bürger, die Dienst in der Bundeswehr geleistet haben, aber nicht beordert sind. Diese Gruppe ist groß, doch schrumpft sie, seit die Wehrpflicht 2011 ausgesetzt wurde.
„Es gibt dazu unterschiedliche Zahlen. Wir gehen davon aus, dass es etwa 800 000 sind, die noch wehrrechtlich herangezogen werden können. Das sind im Prinzip alle, die irgendwann mal Dienst in der Bundeswehr geleistet haben und ausgeschieden sind und in den Altersgrenzen liegen, also auch die letzten Jahrgänge der Wehrpflichtigen“, sagte Hoppe dazu. Und: „Wenn man sich aber die Altersproblematik vor Augen führt, dann weiß man auch, dass das jedes Jahr weniger werden. Es schmilzt jedes Jahr ab. Das heißt, wir müssen gegensteuern und auch zusätzlich Personal finden und gewinnen für die Reserve. Und das machen wir auch. Stichwort Heimatschutzregimenter: Die werden im Wesentlichen aus Ungedienten gebildet, die sich da melden und eine entsprechende Ausbildung bekommen.“