Re: Medienberichte 2025
Verfasst: Do 13. Mär 2025, 19:29
- Europas Wiederbewaffnung und Österreichs verdrängter Beitrag (Kommentar)
https://www.diepresse.com/19466110/euro ... er-beitragDass Politik in Österreich nicht selten eher irrationalen Gefühlen folgt denn dem nationalen Interesse, ist ein Faktum, an dem sich Generationen von Kommentatoren abarbeiten, ohne daran im Geringsten etwas zu verändern. Das ist zum Beispiel bei der Neutralität der Fall, bei der Frage der Kernenergie oder dem ganzen Gentechnikkomplex.
Was es heißt, in einem derart verminten Terrain ökonomisch überleben zu müssen, wissen auch die heimischen Produzenten von Kriegsgerät nur allzu gut. Vor allem ihr überlebenswichtiges Exportgeschäft ist so streng reguliert wie in kaum einem anderen Land.
Womit die Unternehmen halbwegs leben könnten, kämen nicht seit geraumer Zeit weitere Hemmnisse hinzu. Einerseits dehnen sich die für Exporte notwendigen Genehmigungsverfahren immer mehr hinaus und dauern in manchen Fällen Monate, ja sogar Jahre – was eine seriöse Geschäftsbeziehung mit einem Kunden torpediert. Gleich vier Ministerien – Äußeres, Inneres, Landesverteidigung und Wirtschaft – müssen bei der Ausfuhr von Kriegsgerät zustimmen, und vor allem das Außenministerium agiert da eher bedächtig.
Andererseits stehen die Banken der Rüstungsbranche kühl gegenüber und lehnen es oft sogar ab, auch nur den Zahlungsverkehr dieser Industrie abzuwickeln. Der Grund: Sorge um die eigene Reputation, die unter derartigen Geschäftsbeziehungen angeblich leiden könnte. Solang wir in der Illusion lebten, es würde in Europa ohnehin nie wieder Krieg geben, mag diese emotional geprägte Ablehnung des Rüstungsgeschäfts noch irgendwie als austriakisches Kuriosum durchgegangen sein.
Doch spätestens seit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen jüngst zur „Wiederbewaffnung Europas“ aufgerufen hat, ist es höchste Zeit, der heimischen Rüstungsindustrie nicht mehr regulatorisch im Weg zu stehen, sondern sie zu befähigen, Teil dieser Wiederbewaffnung Europas zu sein. Dass etwa die Genehmigung eines Waffenexports in ein EU-Land Monate dauern kann, während das in Belgien oder der Schweiz in 24 Stunden erledigt ist, geht so nicht.
Österreichische Unternehmen wie der Granatenproduzent Hirtenberger, der Waffenproduzent Steyr Arms, die Unternehmen Glock (Pistolen), Schiebel (Drohnen), ESL (Waffenstationen) und andere verfügen über international wettbewerbsfähige Technologien. Deren Nutzung mühselig zu gestalten, während die Waffenindustrie in Europa einen historisch nahezu einzigartigen Boom erlebt, hieße, sich als Wirtschaftsstandort selbst ins Knie zu schießen.
Das gilt umso mehr, als andere Staaten, auch innerhalb der EU, ein wesentlich entspannteres Verhältnis zur eigenen Waffenindustrie pflegen. Mag sein, dass die seinerzeitigen kriminellen Lieferungen von GHN-45-Geschützen von einer Tochter der Voest an den damals kriegführenden Iran (und gleichzeitig den Irak) Auslöser dieser teilweise überschießenden Regulierung der Branche waren – aber das ist jetzt halt auch schon wieder fast ein halbes Jahrhundert her.
Ändert sich im Lichte der Zeitenwende nichts an dem wenig konstruktiven Verhältnis zwischen dem Staat und der Rüstungswirtschaft, wird der eine oder andere Betrieb wohl das Weite suchen und seine Produkte dann in der Slowakei oder einem anderen EU-Staat herstellen, in dem ein deutlich freundlicheres Klima herrscht. „Angesichts der Wiederaufrüstung Europas wäre es unklug und kontraproduktiv, Österreichs Waffenhersteller weiter so zu schikanieren, dass sie aus dem Land vertrieben werden“, meint der führende heimische Waffenexperte Ingo Wieser. „Vor allem die neue Außenministerin, Beate Meinl-Reisinger, sollte als Liberale mehr wirtschaftliches Verständnis haben und dafür sorgen, dass die Exportbewilligungen viel schneller erteilt werden, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu sichern.“
Das zu unterlassen, hielte ich weder für sinnvoll noch für wünschenswert, aber Argumente zählen leider wenig in Österreich, wenn die Politik der Gefühle das Geschehen dominiert. Nicht nur, wenn es um die Produktion von Waffen geht.