[Intro] Susanne Schnabl: "Wilkommen beim ,Report'. ,Das Heer ist bald pleite', sagt der Verteidigungsminister. Er ist Gast im Studio.
,Pink regieren' unter welchen Bedingungen? frage ich gleich die NEOS-Chefin.
Und ,Die Rechten' - wie schlagkräftig sind sie in Brüssel?
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Solch deutliche Worte sind von einem Regierungsmitglied selten zu hören - guten Abend, meine Damen und Herren [Einblendung im Hintergrund: GenMjr Starlinger bei seiner Ansprache beim ,Tag der Miliz' in St. Pölten.]. Die Rede ist vom neuen Verteidigungsminister Thomas Starlinger, der heute, erst zwei Wochen im Amt, vor der drohenden Pleite des Bundesheeres warnt - und dabei Klartext spricht. Schon im nächsten Jahr, wenn sich finanziell nichts ändert, so Starlinger, könne das Heer nicht einmal mehr die Stromrechnung und Wasserrechnung bezahlen. Auswirkungen habe das dann auch auf die Bevölkerung.
Was das konkret bedeutet und ob davon dann zum Beispiel auch der Katastrophenschutz beim Einsatz nach Unwettern oder bei Hochwasser beeinträchtigt ist, das frage ich den neuen Verteidigungsminister gleich live hier im ersten Fernsehinterview. Zuvor zeigen uns aber Martin Pusch, Ernst Johann Schwarz und Sophie Christin Hausberger, in welchem Zustand sich das Heer aktuell befindet und was das für den Alltag der Soldaten bedeutet."
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[Soldaten mit StG77, Helm und Rucksack beim Rennen aus dem sanierten Objekt der MTK in den Innenhof] Gardesoldaten rücken aus. [Wachtmeister der 1.GdKp, im Hintergrund ein Postbus] Die Befehle militärisch-zackig, das Transportmittel ungewöhnlich.
[Wachtmeister vor den angetretenen Soldaten: "Jetzt aufsitzen! Erstes Glied, Gepäck auf der herüberen Seite! Zwotes Glied, Gepäck auf der drüberen Seite! Danach Aufsitzen mit Waffe und Helm. Fragen? Keine. Rechts um! Reihe marsch!"; Soldaten beim Rennen zum Postbus] Wenigstens die Farbe des Postbusses passt. Schon längst muss das Bundesheer auf zivile Fahrzeuge zurückgreifen.
Martin Pusch (ORF): "Wird das jetzt für uns inszeniert oder ist das Alltag?"
Stefan Kirchebner (Gardekommandant): "Nein, das kommt bei der Garde sehr oft vor. Wir fahren im Jahr circa über 900 mal mit zivilen Reisebussen zu verschiedenen Tätigkeiten, sei es zu Ehrengestellungen [Soldaten beim Betreten des Reisebusses] beim Herrn Bundespräsidenten, aber auch zum Gefechtsdienst auf die Truppenübungsplätze in Bruck oder nach Allentsteig."
[Links: Drei abgestellte Lkw 12M18 im Vordergrund, einer davon mit beschädigtem Kühlergrill; dahinter ein Gebäude der MTK; von rechts am Gebäude vorbeimarschierende Gruppe mit Fahnen und einem Trommler] 40 Prozent aller Transportfahrzeuge sind mittlerweile aus Altersgründen verkauft oder stehen still. Aufwändige Reparaturen [Schwenk über abgestellte 12M18 und einen abgestellten Pinzgauer] rechnen sich nicht mehr. Neue Fahrzeuge sind, trotzt aller Zusicherungen, zumindest hier bei der Garde in Wien [abgestellter 12M18 mit demontiertem Heckaufbau] nicht geliefert worden [Zettel auf der Windschutzscheibe des Pinzgauer: "VG-SCHADEN!!! VG & WG KEIN ÖL MEHR!!"]. Private Anmietungen sind billiger.
[Gardesoldat marschiert rund um das Unterkunftsgebäude Am Fasangarten, Ecke Elisabethallee] Auch der Zustand so mancher Kasernen ist katastrophal. Die Mauer bröckelt, die Leitungen veraltet. Geld für Renovierungen fehlt [Soldat betritt Treppe zur Galerie an der Gebäudelängsseite]. Die dringlichsten Arbeiten werden von den Soldaten selbst erledigt - in ihrer Freizeit. Darüber reden will man lieber nicht.
PUSCH(ORF): "Ist das ein Gebäude, das überhaupt noch genutzt wird? Das schaut schon sehr verfallen aus."
Markus Matzhold (Gardeoffizier): "Also das Gebäude wird noch genutzt. Im Innenbereich befindet sich ein Vortragsraum, der für verschiedenste Vorträge für Personen von bis zu 200 Personen Platz bietet. Und auch im Innenbereich etwas hergerichtet worden ist, frisch ausgemalen worden ist. {Kamera zeigt neue Sessel und Tische hinter der völlig desolaten Eingangstür mit abbröckelndem Putz, Grafitti und abblätternder Farbe auf den Türrahmen} Ändert aber nichts an der Infrastruktur im Inneren, an den alten Leitungen"
MATZHOLD: "Auch dieser Bereich der Terrasse hier ist eigentlich ein gesperrter Bereich, weil hier an den Säulen sieht man, dass Eisengestänge herausstehen vom Beton. Da sollte eigentlich eine Granitverkleidung herum sein - die ist bereits heruntergebrochen und auch weggeräumt worden. Und auch die Decke hier ist eigentlich nur mehr bis zu einem kleinen Grad belastbar und sollte eigentlich nicht mehr viel betreten werden."
[Johann Luif beim Beschreiben einer Vortragstafel mit Zahlen:
55.000 Mob
12.500 KatH 24 Std
> 1.100 AuslE
2.200 AssE/Migr
< 400 BG => EU
~ 300 ORF NATO
~ 17.000 GWD]
Nicht zum ersten Mal steht das Heer angeblich kurz vor der Pleite. Johann Luif - er war 12 Tage lang Minister - liefert Zahlen und Erklärungen. [Martin Pusch im Büro von GenMjr Luif, während dieser die Vortragstafel beschreibt] Es klingt paradox: Der unter Minister Doskozil eingeschlagene Aufwärtstrend rächt sich heute [GenMjr Luif und Martin Pusch mit Papieren zum Budgetverbrauch; Eine davon: "Budgetverbrauchung 2019. Budget in Zahlen. Personal 1.550,7; Betrieb 570,3; Invest 267,0; Summe 2.288,0; (mit Kunasek-Paket) 2.303,0]. Zusätzliches Personal und mehr Aufgaben treiben die Kosten in die Höhe. Die dazu notwendigen Budgeterhöhungen blieben unter seinem Nachfolger aber aus.
Johann Luif (Leiter Generalstabsdirektion, Übergangsminister): "Eine Armee dieser Größenordnung in einem vergleichbaren Staat, nehmen Sie die Schweiz her, braucht 4,3 Milliarden Euro Budget. Wir haben knapp über 2 Milliarden. Dieser Spagat lässt sich nicht lange aushalten.
Wir hatten sehr viel Gerät. Das ist geduldig, das lässt sich lange strecken. Man schiebt Investitionen in die Großsysteme auf. Aber irgendwann kommt der Zeitpunkt, und der ist leider jetzt gekommen, wo viele Systeme gleichzeitig ausfallen, und dieser ... diese Stufe, die jetzt entwickelt wurde, durch die Euphorie, durch die ... das mehr Personal, das Mehr an Aufgaben, und dem was jetzt Realität ist, ist einfach schon so groß geworden, dass das Bundesheer diese Stufe alleine nicht überwinden kann."
[GenMjr Luif im Gespräch mit Martin Pusch] Das Heer fordert eine Anhebung des jährlichen Budgets von 2,2 auf 3,3 Milliarden. Und weitere 3 Milliarden für dringende Investitionen.
LUIF: "Das sind horrende Zahlen. Ich weiß das. Aber ohne dem wird man eine Armee in dieser Struktur nicht erhalten können."
ORF: "Da sind die neuen Flieger noch gar nicht mit eingerechnet."
LUIF: "Leider nicht. Nein."
[Drei Piloten beim Verlassen des Hangars am Fliegerhorst Hörsching] Fliegerhorst Hörsching [Pilot beim Einsteigen ins Cockpit einer Saab-105] in Oberösterreich. Von hier aus operiert [Techniker vor zwei Saab-105 bei der Startvorbereitung] das Geschwader der Saab-105. [Drei Saab-105OE aufgestellt vor dem Hangar] Die fast 50 Jahre alten Flieger übernehmen [Saab-105 beim Losrollen] einen Teil der Luftraumüberwachung. Von den ursprünglich 40 Maschinen [zwei Saab-105 auf dem Rollfeld] sind gerade noch 12 einsatzfähig. [Zwei Saab-105OE beim Start, im Hintergrund der zivile Flugplatz Linz-Hörsching] Der Wartungsaufwand ist groß, die Kosten steigen. Auch Fehler im System häufen sich.
Franz Six (Kommandant Überwachungsgeschwader Hörsching): "Das ist nicht gefährlich, dieses Flugzeug zu betreiben, aber der Betrieb wird natürlich sehr aufwändig. Für die Technik, ja."
ORF: "Wie merkt man das?"
SIX: "Ja, es gibt natürlich in ... während der Durchführung von Flügen dann, wie sag' ..., technische Fehlfunktionen, die jetzt einen Abbruch der Mission bedingen. Das heißt, die Mission kann nicht fortgesetzt werden und die Piloten müssen aus Sicherheitsgründen zum Heimatflugplatz zurückkehren."
[Zwei gelandete Saab-105 mit sich öffnender Cockpithaube; Detail: Pilot beim Lösen der Sicherheitsgurte] Die Tage der Saab-105 sind gezählt. Spätestens Ende 2020 [Steyr-Traktor beim Abschleppen einer Saab-105] müssen sie für immer am Boden bleiben. Eine Entscheidung über ihre Nachfolger und auch die Zukunft der Eurofighter [Saab-105 beim Landen] wurde immer wieder hinausgezögert. Schließlich geht es um Milliardeninvestitionen. [Techniker beim Begutachten einer gelandeten Saab-105] Doch die Zeit drängt.
SIX: "Wenn der Kaufvertrag unterzeichnet ist, die Lieferfirma entsprechend liefern kann. Von österreichischer Seite war es bis dato möglich, ein solches Flugzeug innerhalb eines Jahres betrieblich einzuführen."
ORF: "Also, wenn sofort eine Entscheidung kommt, könnt' es sich noch ausgehen."
SIX: "Könnte es sich unter Umständen noch ausgehen, ja."
[ChGStb Brieger und BM Starlinger bei der Angelobung in St. Pölten; Kdt: "Herr Bundesminister, zum Festakt angetreten!" STARLINGER: "Vielen Dank. Mit dem Festakt bitte beginnen." Kdt: "Jawohl, mit dem Festakt beginnen."] Die Frage der Luftraumüberwachung will der neue Verteidigungsminister seinem Nachfolger überlassen. Thomas Starlinger, Berufsoffizier und zuletzt Adjutant des Bundespräsidenten, hat andere Sorgen. Er muss dem Heer ein Sparpaket verordnen.
[Sitzung des Nationalrates; Fotografen und Kameraleute auf der Besuchergalerie im Sitzungssaal in der Hofburg] Und Starlinger hat sehr schnell die Widrigkeiten des politischen Alltags [BM Starlinger bei der Antrittsrede] kennenlernen dürfen. [AbgzNR Fuchs, AbgzNR Hofer, AbgzNR Rosenkranz und AbgzNR Kitzmüller mit ausdruckslosen Gesichtern während der Sitzung] Aus Budgetgründen wollte der Übergangsminister die Sicherheitsschule in Wiener Neustadt schließen [Kamera schwenkt von Starlinger zu den FPÖ-Abgeordneten]. Ein Prestigeprojekt seines Vorgängers. ÖVP, FPÖ und SPÖ [Burg Wiener Neustadt] machten Druck - Starlinger musste nachgeben. Die Schule [BM Starlinger bei der Antrittsrede] geht in Betrieb.
[Regierung Bierlein am Ballhausplatz auf dem Weg zur Angelobung in die Hofburg] Deutlich zurückhaltender verhält sich bisher Wolfgang Peschorn - neuer Innenminister. [GenSekr Goldgruber bei der Amtsübergabe an BM Peschorn] Öffentliche Auftritte und Interviews hat Peschorn bisher [Rennwegkaserne] vermieden. Dabei gibt es auch in seinem Ressort [Überwachungskameras an einem Gebäude] eine große Baustelle. [Foto von GenSekr Goldgruber; Foto von Direktor Gridling] Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. [Foto von BM Kickl] Seit der spektakulären Razzia unter Minister Kickl sind [Überwachungskamera] nahezu alle Ermittlungen [Ampel, in der sich Einfahrtstor zur Rennwegkaserne spiegelt] gegen die Beschuldigten eingestellt worden. [Sich öffnende Eingangstüre] Was bleibt, ist ein internationaler Schaden.
[em. Univ. Prof. Dr. Beer im Gespräch mit einem Journalisten des ORF] Siegfried Beer, Geheimdienstexperte, sieht Wolfgang Peschorn gefordert. Das Vertrauen in den einzigen zivilen Nachrichtendienst müsse rasch wieder hergestellt werden.
Siegfried Beer (Geheimdienstexperte): "Ich glaube, dass es jetzt einen Vertrauensverlust gab. Was heißt das? Das heißt, wenn ich im ganz konkreten Arbeiten, dass bestimmte Geheimnisse eben nicht vermittelt werden. Weil sie zu sensibel sind, für den Dienst der sie erarbeitet hat. Und das ist ein Problem mit dem ...! Wir sind abhängig! Wir brauchen die Großen, um sozusagen den vernetzten Terrorismus zum Beispiel irgendwie in den Griff zu kriegen."
[Dunkle Limousine und Geländewagen in einer schwach beleucheten Tiefgarage fahrend] Neben dem BVT leistet sich Österreich zwei weitere Dienste [Heller Minivan in dunkler Tiefgarage]. Zwei militärische: Einen für's Inland [Minivan bleibt neben Limousine stehen; Fenster werden heruntergelassen], einen für's Ausland. [Ein Arm reicht einem anderen eine Transcend 1GB-CompactFlash Speicherkarte] Diskussionen über eine Zusammenlegung endeten in der Vergangenheit sehr früh.
BEER: "Man könnte zusammenlegen wie in der Schweiz. Und die Schweizer sind damit gut gefahren. Aber die Schweiz ist ja doch eben ein bisserl kleiner, die Schweiz hat ganz andere Traditionen, die Schweiz ist viel ... freudiger, sozusagen experimentierfreudiger, vielleicht auch mutiger. Dort hat's geklappt!"
[Österreichische Soldaten auf einem MTPz Pandur bei KFOR, gefolgt von einem RdSpz 93 der Schweizer Armee] Gespart werden soll hingegen bei den Auslandseinsätzen des Bundesheeres. Derzeit befinden sich 1.100 Soldaten [Soldaten bei einer Fußpatrouille in einem kosovarischen Dorf] etwa auf dem Balkan, im Nahen Osten oder in [Fahrer eines MTPz Pandur aus der Luke des Panzers schauend, davor SB-Rollen] Afrika. [MTPz Pandur auf einer Straße im Kosovo stehend, daneben Passanten] Missionen, aus denen sich Österreich schrittweise [Soldaten auf einem fahrenden MTPz Pandur im Kosovo] zurückziehen will. [Probenraum einer Militärmusik, Tür mit Leuchtschrift "Achtung Probe"] Die Musi spielt jedenfalls weiter. [Gardesoldat geht links neben der Kamera vorbei auf die Türe zu und öffnet sie] Auch in Krisenzeiten. Schon einmal hat ein Minister versucht, die [Gardemusik beim Proben] Militärmusik einzusparen. Und ist fulminant gescheitert.
Bericht: Martin Pusch, Ernst Johann Schwarz
Mitarbeit: Sophie-Kristin Hausberger
Kamera: W. Veits, N. Aistleitner, B. Schreiber
Schnitt: Kerstin Bohland
Sprecher: Alexander Rossi
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SCHNABL: "Aber wie lange spielt die Militärmusik noch, wenn das Bundesheer wortwörtlich ,vor der Pleite steht'. Das sagt kein geringerer, als der neue Verteidigungsminister, Thomas Starlinger, den ich jetzt live im Studio begrüße. Guten Abend, Herr Minister!"
STARLINGER: "Guten Abend, Frau Schnabl!"
SCHNABL: "Herr Minister, das war heute sehr dramatisch, was Sie gesagt haben ,Das Heer steht bald vor der Pleite'. Solche Aussagen kennen wir in den vergangenen 17 Monaten von Ihrem FPÖ-Vorgänger Kunasek nicht. Haben wir so eigentlich noch nie gehört. Hat er die Lage unterschätzt oder übertreiben Sie jetzt?"
Thomas Starlinger (Verteidigungsminister): "Ich würde mal sagen, ich hab' als ersten Schritt in meiner Verwendung einen Kassasturz gemacht und dabei festgestellt, dass die Situation sehr dramatisch ist. Wenn ich vielleicht ein Beispiel bringen darf: Ich fühl' mich wie ein Familienvater, wo das Familieneinkommen Schritt für Schritt von 2000 auf 1000 Euro gesunken ist und der jetzt vor einer leeren Vorratskammer steht, der nicht weiß wie er den Strom bezahlt und auch nicht weiß, wie er jetzt das Auto zur Pickerlüberprüfung kommt. Und da bin ich jetzt beim Bundesheer: Ich werd' heuer im Herbst Lkws in der Kaserne stehen lassen müssen, weil ich nicht mehr das Geld hab' für Pickerlüberprüfung."
SCHNABL: "Aber dann ist die Frage: Hat Ihr Vorgänger und auch aktuell jetzt die Parteien, namentlich ÖVP, FPÖ und SPÖ, setzen die falsche Prioritäten? Wenn es zum Beispiel um die Eröffnung der Heeres-Sicherheitsschule geht, haben Sie gesagt, die würden Sie aus Spargründen gar nicht eröffnen. Da haben Sie gespürt wie groß der Druck ist und Sie haben nachgeben müssen. Die sperrt im Herbst auf."
STARLINGER: "Ich würd' nicht sagen, dass ich nachgeben hab' müssen. Mir ging's darum, dass dieses Investment in die Infrastruktur nicht aus dem sehr schwer angeschlagenen Heeresbudget kommt. Das wurde mir einmal zugesagt. Und unter diesen Bedingungen war ich bereit, diese Übergangslösung, nämlich eine zwei- bis dreijährige Nutzung militärischer Unterkünfte zu gewähren."
SCHNABL: "Jetzt gehören Sie einer Beamtenregierung an, aber haben Sie den politischen ... sagen wir Einfluss, in solchen Entscheidungen unterschätzt?"
STARLINGER: "Nein, gar nicht! Im Gegenteil - ich war natürlich beeindruckt von der ... von dem Parlamentarismus, dem neuen, aber den gilt's ganz einfach umzusetzen und ich glaub' auch das ist für beide Seiten, für die Regierung, als auch für die Abgeordneten, neues Terrain, dass ein Aufeinander-Zugehen und Zuhören ... Und ich hab' bis jetzt ganz gute Erfahrungen damit gemacht."
SCHNABL: "Das führt uns, Herr Minister, zur Grundsatzfrage: Wie gesagt, diese Regierung soll verwalten - die Maxime hat auch die Bundeskanzlerin ausgegeben. Angesichts aber dieser dramatischen finanziellen Lage des Bundesheeres werden Sie Entscheidungen treffen müssen. Sie haben den Kassasturz schon angesprochen. Wie viel Spielraum haben Sie da? Können Sie - Verzeihung! - dem Heer ein Sparpaket verordnen oder werden Sie das machen?"
STARLINGER: "Nein. Das kann ich absolut nicht, weil die Regierung ja auch keinen Budgetrahmen fasst. Aber was ich machen kann - und das passiert grade: Bis Ende September werden wir einerseits einen Zustandsbericht erstellen, der ungeschminkt einmal den IST-Stand feststellt, aber auch die entsprechenden Folgerungen stellt, wie viel Fähigkeiten - damit auch wie viel Ressourcen - bedarf es, um auch in Zukunft Schutz und Hilfe für die österreichische Bevölkerung zu gewähren."
SCHNABL: "Das heißt, Entscheidungen wie Kasernenschließungen oder vielleicht das Aus - wir haben's gerade gehört - der Militärmusik wurde oft diskutiert ... Unter Ihnen als Minister wird's das nicht geben."
STARLINGER: "Nein, kann es auch nicht, weil - Sie haben's ja angesprochen - das sind schon sehr hochbrisante politische Entscheidungen. Mir geht's darum für die nächste Regierung die Grundlagenarbeit zu machen, wenn Sie wollen, die Hausarbeit zu leisten und die Situation des Bundesheeres und auch die Fähigkeiten die notwendig sind entsprechend darzustellen."
SCHNABL: "Aber wie soll sich das ausgehen, Herr Minister? Sie brauchen mehr Geld ... wie viel eigentlich, um den Betrieb aufrecht zu erhalten, in den nächsten Jahren?"
STARLINGER: "Na das wird eine der Folgerungen sein: Wie viel Geld ... Vielleicht ein anderes Beispiel: Ich hab' zuerst den ... den Hausmann oder den Familienvater angeführt. Wenn Sie entscheiden, eine Haushaltsversicherung zu machen, dann schätzen Sie ab wie viel Geld will ich einzahlen, um einem Risiko zu entgegnen - und zwar das Risiko, wenn meine Wohnung abbrennt, wie viel will ich eingezahlt haben, um ganz einfach entsprechend entschädigt zu werden. Und genau so verhält sich's mit dem Bundesheer! Wir sagen: Welche Fähigkeiten sind erforderlich? Und der Regierung obliegt es dann, das Risiko zu tragen, im Sinne von: Wir geben ... wir zahlen eine höhere Versicherungssumme oder wir zahlen weniger. Das ist eine Entscheidung der Politik. Wir zeigen auf, welche Fähigkeiten notwendig sind."
SCHNABL: "Aber Sie haben ja Zahlen am Tisch. Der Generalstab hat das ja schon vorgerechnet. Da ist zum Beispiel von einem Investitionsstau von 3 Milliarden die Rede. Brauchen Sie 3 Milliarden?"
STARLINGER: "Das muss man jetzt relativieren: Diese 3 Milliarden waren gedacht für die gesamte Periode der letzten Legislative. Mit diesen 3 Milliarden hätt'ma geschafft, halbwegs die Fähigkeiten die wir NOCH haben, zum Beispiel bei Katastropheneinsätzen entsprechend zu helfen, zu gewährleisten. Das waren diese 3 ... 3 Milliarden mit einem ... wir nennen das Fähigkeitserhalt.
Zur Wiederherstellung eines verfassungskonformen Zustandes, wie es zum Beispiel auch der Bundespräsident zum Jahreswechsel erwähnt hat, da sprechen wir von Summen zwischen 10 und 12 Milliarden Euro! Die haben sich auch jetzt nicht in den letzten Jahren angesammelt. Wir können sagen in den letzten 20 Jahren hätte das Bundesheer immer einen Budgetrahmen von ca. 1 % des Bruttoinlandsprodukts gebraucht - das haben wir nicht bekommen. Und so hat sich das aufsummiert."
SCHNABL: "Gut. So schnell wird's dieses Geld nicht geben [STARLINGER nickt], denn das Budget im Herbst - da wird's noch keine neue Regierung geben - soll laut Bundeskanzler Bierlein fortgeschrieben werden. Was heißt das dann - Sie haben heute sehr drastisch, und das war neu, geschildert - für die Bevölkerung? Nämlich wenn's um den Katastrophenschutz geht. Kann man den noch aufrecht erhalten, in diesem Ausmaß?"
STARLINGER: "Das kommt immer auf den ... auf das Ausmaß der Katastrophe an."
SCHNABL: "Wenn wir den heurigen Schnee im Winter hernehmen."
STARLINGER: "Das wer' ma gerade noch, wenn das im nächsten Winter zutrifft, gewährleisten können. Wenn wir aber an andere Szenarien denken, zum Beispiel an flächenartigen Stromausfall, wie'mas gerade in Argentinien gehabt haben, der mehrere Tage andauert, und Sie die Infrastruktur gemeinsam mit dem Innenministerium schützen müssen - da geht uns jetzt schon die Luft aus! Das können wir jetzt schon nicht mehr gewährleisten."
SCHNABL: "Aber jetzt stehen ja Entscheidungen an, die nicht getroffen wurden und Sie wollen sie auch nicht treffen. Wenn wir die Luftraumüberwachung anschauen, das ist der Kernauftrag - die Landesverteidigung eben - des Bundesheeres. Die alten Saab 105-Flieger, die sollen ausgemustert werden. Die können eigentlich nur noch bis Ende nächsten Jahres fliegen. Da müsste schon dieses Jahr eine Entscheidung getroffen werden. Das ist sehr fraglich bzw. eigentlich nicht möglich - eine neue Regierung wird nicht als erstes diese Entscheidung treffen. [STARLINGER: "Möch ..."] Welche Vorbereitungen würden Sie da treffen?"
STARLINGER: "Möchte ich ein bisschen relativieren. Diese Entscheidungen, eine Flugzeugtype zu kaufen und dergleichen, sind wirklich politische Entscheidungen. Was wir machen können, ist wieder die Grundlagenarbeit zu leisten. Grade was die Luftraumüberwachung betrifft gab's schon mehrere Arbeitsgruppen.
Wir werden jetzt da eine ordentliche Zusammenfassung machen, damit der neue Minister, wenn er ins Amt kommt, jetzt nicht eine vierte Arbeitsgruppe etablieren muss, sondern sofort in diese Entscheidungslinie gehen kann. Das heißt in eine Ausschreibung und dergleichen.
Er braucht aber auch u diesem Zeitpunkt dann eine entsprechende budgetäre Unterlegung, die derzeit nicht da ist."
SCHNABL: "Also Sie können nur Optionen vorrechnen [STARLINGER: "Genau so ist es."] oder ableiten. Genau.
Aber jetzt sind Sie sehr zurückhaltend, Herr Minister, es ist auch verständlich. Diese Regierung soll, wie schon angesprochen, verwalten. Sie könnten aber auch dieses Zeitfenster historisch nutzen. Sie haben den Oberbefehlshaber auf Ihrer Seite, Bundespräsident Van der Bellen. Sie haben auch den Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz auf Ihrer Seite, Peter Kaiser, der sagt, man soll nämlich nicht warten - Zitat - ,die Beamtenregierung' - also Sie - ,soll budgetäre Vorkehrungen treffen'.
Sie könnten ja an alle Wehrsprecher im Parlament appellieren, eine Mehrheit für mehr Geld zu finden."
STARLINGER: "Na, worin wir übereingekommen sind - ich hab' ja letzten Freitag ein Meeting mit den Wehrsprechern gehabt - ist, dass wir mal diesen Zustandsbericht festlegen, weil ... ist auch eine seriöse Geschichte. Wenn wir mal die Fakten auf den Tisch legen - Was braucht das Bundesheer wirklich? Welche Fähigkeiten sind erforderlich? - lässt sich auch ganz klar eine entsprechende budgetäre Unterlegung ablegen ... ableiten."
SCHNABL: "Mit dem geben Sie sich zufrieden? Weil es wird dann mehr oder weniger ab 1. Jänner nicht mehr Geld geben."
STARLINGER: "Ich würd' mir natürlich wünschen, jetzt eine große Bankomatkarte zu haben und zum nächsten Geldautomaten zu gehen und das Geld abzuheben, aber das gibt es halt nicht in dieser Regierung. Sie haben schon gesagt: Wir haben nächst... nicht einmal für das nächste Jahr ein neues Budget, wir müssen mit dem alten Budget quasi fortfahren. Also da sind meine Hände wirklich gebunden."
SCHNABL: "Gut. Im wahrsten Sinne des Wortes: Sie verwalten den Ist-Zustand des Heeres. Danke, Herr Minister, für Ihr Kommen."
STARLINGER: "Bitte sehr!"