maro-airpower hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2024, 20:01Beim Drakennachfolger wars ausgeschrieben, hat nicht geklappt
Eigentlich nicht. Bei der "Draken"-Nachfolge war ein "Luftraumüberwachungsflugzeug" gefordert, das nahezu ausschließlich diesem Zweck dienen sollte. Der Luft-Boden-Einsatz war zwar als MUSS-Kriterium im Militärischen Pflichtenheft (1998, 2000) enthalten, wurde dann aber in der Leistungsbeschreibung und im Bewertungskatalog auf SOLL herabgestuft und hat bei der Angebotsbewertung letztendlich überhaupt keine Rolle mehr gespielt (Bericht des Rechnungshofes. Vorbereitung der Nachfolgebeschaffung von Luftraumüberwachungsflugzeugen, Oktober 2002:
"Auch folgten die Leistungsbestimmungen nicht systematisch dem Pflichtenheft und wichen inhaltlich ab, so dass ein schlüssiger Vergleich der Leistungsanforderungen beider Dokumente nicht möglich war."):
- Untersuchungsausschussprotokoll (1/GO) 7. Sitzung, 15. und 16.12.2006 - öffentlicher Teil (44/KOMM)
Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Wie wurde die Luft-Boden-Kampffähigkeit in der Leistungsbewertung berücksichtigt?
GenMjr Mag. Erich Wolf: Ich möchte das etwas ausführlicher behandeln und hier das Verständnis für diesen Punkt aus meiner Sicht darstellen. In den Grundlagendokumenten „Konzept zum Einsatz des österreichischen Bundesheeres“ und „Konzept zum Einsatz der Luftstreitkräfte“ ist ein Konflikt, wie er ja auch in den neunziger Jahren absehbar war, umfassend dargestellt worden. Wie ich schon erwähnt habe, hat das eben die Möglichkeiten Luftverteidigung, Luftraumsicherung und Luftraumüberwachung umfasst. Selbstverständlich umfasst aus militärfachlicher Sicht eine Luftverteidigung und Luftraumsicherung auch die Fähigkeit, in den gegnerischen Luftraum einzudringen, um dort Aufklärungsinformationen zu bekommen und selbstverständlich auch die Möglichkeit zu haben, wie man militärisch sagt, den „Feind an der Wurzel zu packen“ und effizient-ökonomisch die Absprungbasen oder wesentliche Einrichtungen des Gegners zu bekämpfen.
Aus dieser Sicht – und das gehört nicht nur zur Phase Luftverteidigung, sondern bis zu einem gewissen Grad auch zur Luftraumsicherung, was umfassen würde, wenn man sich das vorstellt, eine Teilbedrohung Österreichs, so wie es im Jugoslawien-Konflikt war, wo in einem Teil eben Luftverteidigung gemacht wird und in dem anderen Teil Luftraumüberwachung fortgesetzt wird – hat man diese Möglichkeit beleuchtet, Aufklärung und in einem gewissen Maß auch Luftunterstützung zu betreiben.
Dafür wurde releviert die Fähigkeit zur Luftunterstützung, also Luft-Boden-Kampffähigkeit.
[...]
Um das zu prüfen, um letzten Endes auch einen Beweis für diese Multi-Role-Fähigkeit zu haben, wurden diese Anteile in, so wie ich das geschildert habe, umfassend in ... – Jedenfalls waren sie im militärischen Pflichtenheft enthalten und entsprechend der politischen Absicht, was dann konkret zu beschaffen ist, auf dieses notwendige Maß reduziert, um zu erkennen und den Beweis zu haben, ob diese Multi-Role-Fähigkeit auch wirklich vorhanden ist, denn nur dann, wenn eine verpflichtende Erklärung im Angebot enthalten ist, kann man sich auch darauf berufen. Das war unsere Absicht dabei – und logischerweise auch mit einem gewissen Blickwinkel darauf, wie ich einführend auch schon gesagt habe, dass ja das System 30 bis 50 Jahre in Betrieb sein wird und nicht ausgeschlossen ist, dass dieses Flugzeugsystem auch einen Wandel in seiner Rolle einmal einnehmen wird, wie ich gesagt habe: im europäischen Kontext eben.
Und um das nicht völlig außer Acht zu lassen, ist auch dieser Anteil Luft-Boden-Fähigkeit aufgenommen worden, aber auch maßvoll reduziert, nämlich nicht mehr ein Muss-, sondern ein Soll-Kriterium, das dann entsprechend zu bewerten war. Das maximal mögliche Gewicht im Bewertungskatalog war etwa 0,13 von tausend möglichen Punkten; also etwa ein Tausendstel.
GenMjr Mag. Erich Wolf: [...]
Ich kann aber aus meinem Wissensstand bestätigen, dass die Luft-Boden-Fähigkeit in einigen Punkten der Leistungsbeschreibung enthalten war beziehungsweise dann auch in der Bewertung – und auch bewertet worden ist. Aber in Form von Soll-Merkmalen im militärischen Pflichtenheft, wo ja die umfassende Betrachtung und Beschreibung der Systeme waren, unter Einschluss der Luftverteidigung, Luftraumsicherung, Luftraumüberwachung, waren Anteile davon auch noch als Muss gekennzeichnet, wurden aber auf Grund der Gründe, die ich schon einleitend erwähnt habe, und auch wegen der Zweckorientierung des zu beschaffenden Nachfolgesystems Draken einheitlich auf Soll herabgestuft.
https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXIII/KOMM/44
Einziges Merkmal eines Mehrzweckkampfflugzeugs war die Forderung nach
Trägern für "Aufklärungseinrichtungen" für lediglich vier Flugzeuge - ohne diese "Aufklärungseinrichtungen" ins Paket aufzunehmen. Anfangs sollten auch vier (!) Mittelstrecken-Luft-Luft-Lenkwaffen beschafft werden.
Das geht auch aus den Arms Sales Notifications der DSCA hervor - ausschließlich Luft-Luft-Lenkwaffen kurzer und mittlerer Reichweite. Zielbehälter (SNIPER XR/
PANTERA bzw. LITENING II) waren überhaupt nur im Angebot für gebrauchte F-16A/B enthalten:
Die Pylone für die Lenkwaffen am Eurofighter,
ALDERU,
AHDERU und
Integrated Tip Stub Pylon Launcher bzw.
Multi-Function Rail Launcher [Forward Detent Assembly] stammen vom italienischen Hersteller
AEREA bzw. von der deutschen
ACMA, einer Tochtergesellschaft von AEREA. ACMA produziert auch die Tank Ejecting Unit, die an der Unterseite des Rumpfes angebracht ist. Der für die Mittelstreckenlenkwaffen genutzte Missile Eject Launcher/MEL am Rumpf wird von
EATON gefertigt. Der MEL ist an den österreichischen Eurofighter seitens der Herstellerfirma deaktiviert worden und somit funktionsunfähig.
https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/ ... ighter.pdf
https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/ ... haefte.pdf
Beim Marketing für den Eurofighter im Vorfeld des Vergabeverfahrens waren Luft-Boden-Waffen vollkommen ausgeblendet:
qsglx hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2024, 18:37
Was wird jetzt also laut den Anforderungen zur Luft-Boden Bekämpfung beschafft?
Das ist noch völlig unbekannt. Und nach österreichischem Muster wird man es auch nicht "an die große Glocke hängen".
maro-airpower hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2024, 17:24In einem Mitteleuropaszenario wird ein Luft/Boden-Einsatz mit Unterschall unter mind. 50km standoff nicht darstellbar sein. Besser wär 100km zu veranschlagen und wenn eine Gegner Kampfflugzeuge einsetzt muss man noch weiter draussen bleiben.
Wenn man es "ernsthaft" und anhand der Erfahrungen aus der Ukraine angeht und nicht bloß ein bisschen Munition "zum Üben" beschaffen will, wird man weitreichende Munition benötigen - nicht nur Freifall- oder Lenkbomben. Die aktuellste verfügbare
Broschüre zur M-346FA (die auch schon vier Jahre alt ist - Datierung: 9. April 2020), spricht als einziger "weitreichender" Munition von
Small Diameter Bomb und
SPICE (SPICE 250 wird von Rafael Advanced Defense Systems offiziell nicht mehr angeboten, obwohl man nach wie vor eine ältere
Broschüre zu diesem System auf der Website findet.). Die MBDA SPEAR ist noch nicht fertig entwickelt und auch nicht in die M-346FA integriert:
MBDA discloses development of SPEAR variants (18. April 2019)
MBDA in the UK has disclosed details on the development of two prospective air-launched missile variants evolved from its baseline SPEAR stand-off, air-to-surface developmental weapon system: SPEAR-EW (electronic warfare) and SPEAR-Glide.
Still in its development phase, the SPEAR weapon is MBDA’s solution for the UK Ministry of Defence’s (MoD’s) 100 kg class Selective Precision Effects At Range Capability 3 (SPEAR Cap 3) requirement.
SPEAR is a long-range missile powered by a Pratt & Whitney TJ-130 turbojet engine to deliver a given range of over 140 km, according to MBDA. Designed to operate as an all-weather capability, SPEAR introduces a significant evolution of the terminal guidance seeker package developed for the Brimstone missile, featuring a combined radio frequency (RF) imaging sensor and a semi-active laser (SAL) seeker with an enhanced algorithm and processing capability that enables the missile to ‘see’ and record images of the target area through the RF imaging element of the seeker.
Navigation is delivered through anti-jam GPS combined with a Micro-Electro-Mechanical Systems (MEMS)-based inertial measurement unit sourced from UTC Aerospace Systems. The missile also features an insensitive munition-compliant multieffects warhead – sourced from TDW – with multiple fusing options that provides a low collateral footprint and allows for tunable effects to the target; and a two-way datalink.
https://www.janes.com/defence-news/news ... r-variants
In der Türkei wird von Baykar Technology unter der Bezeichnung
KEMANKEŞ eine vergleichbare Munition entwickelt.