VBS hat geschrieben:Wie sollen die Ausgaben für die Armee erhöht werden?
Der Krieg in der Ukraine führte zu Forderungen nach einer Erhöhung der Finanzmittel für die Armee. Das Parlament hat Motionen der Sicherheitspolitischen Kommissionen überwiesen, wonach ab 2023 die Armeeausgaben schrittweise erhöht werden sollen, sodass diese spätestens bis 2030 mindestens 1% des BIP betragen.
Der Bundesrat will die Ausgaben der Armee schrittweise erhöhen. Er beurteilt die Erhöhungen laufend mit den Möglichkeiten im Bundeshaushalt. Damit sollen auch die anderen Aufgabenbereiche angemessen entwickelt werden können. Eine kurzfristige und starke Erhöhung wäre für den Bundeshaushalt nicht verkraftbar. Entsprechend hat der Bundesrat im Januar 2023 Vorentscheide für einen ausgeglichenen Voranschlag 2024 gefällt. Die Armeeausgaben sollen langsamer wachsen als im Finanzplan 2024–2026 vorgesehen. Für das Jahr 2024 sieht der Bundesrat ein Armeebudget von 5,6 Mrd. CHF vor; für die Finanzplanjahre 2025-2026 plant er ein reales Wachstum von 3% pro Jahr. Dies ist mehr als eine Verdoppelung im Vergleich zum aktuellen Wachstum. Wichtige beschaffungsreife Vorhaben können damit finanziert werden.
Das Parlament beschloss im Dezember 2023 mit dem Voranschlag 2024 und dem Integrierten Aufgaben- und Finanzplan 2025–2027 ein reales Wachstum der Armeeausgaben von 3% in den Jahren 2025 und 2026 und von 5,1% 2027. Damit soll die Modernisierung der Mittel der Armee vorangetrieben und die Verteidigungsfähigkeit gestärkt werden.
Das Armeebudget betrug 2022 5,3 Mrd. CHF, 2023 beträgt es 5,5 Mrd. CHF (Gruppe Verteidigung inklusive armasuisse Immobilien und exklusive Covid-Kredit).
Kann das Parlament auf seinen Entscheid zurückkommen?
Der Bundeshaushalt weist in den kommenden Finanzplanjahren hohe Defizite aus. Der Bundesrat wird im Frühling 2024 eine Aussprache zur langfristigen Haushaltssanierung führen. Er wird dem Parlament einen Entwurf zum Voranschlag 2025 vorlegen, der die Kriterien der Schuldenbremse erfüllt. Korrekturen im Finanzplan 2025–2027 werden unumgänglich sein. Das Parlament kann zudem für nicht vorhersehbare und dringliche Ausgaben Nachträge zum Voranschlag 2024 beschliessen.
Der Bundesrat wird dem Parlament mit der Armeebotschaft 2024 die Eckwerte zur Ausrichtung der Armee bis 2035, den Zahlungsrahmen der Armee für die Jahre 2025–2028 sowie Verpflichtungskredite für konkrete Beschaffungen unterbreiten. Das Parlament kann auch in diesem Zusammenhang auf seine Entscheide zurückkommen.
Ist die Finanzierung der Armee für das Jahr 2024 gewährleistet?
Die Armee ist liquide und kann ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen.
Bei dem in den Medien genannten Betrag von 1,4 Mrd. CHF, handelt es sich um die Summe, welche die Armee gegenüber den bisherigen Planungen bereinigen muss.
Die Finanzierung für das Jahr 2024 ist nach Verschiebung von Verpflichtungen im Umfang von 800 Mio. CHF in die Folgejahre gewährleistet. Zusätzlich hat die Armeeführung im Betrieb Sparmassnahmen ergriffen (Reduktion Beratungsaufwand und externe Dienstleistungen, Spesen usw.).
Musste die Armee bereits Projekte verschieben?
Bis anhin mussten seitens Armee noch keine bereits bewilligten Rüstungsprojekte verschoben oder verzögert werden. Dies ist aber insbesondere für das Jahr 2025 nicht auszuschliessen.
Warum hat die Armee Großanläss abgesagt?
Die Absage von Grossanlässen der Armee ist ein Beitrag zur Reduktion der finanziellen Verpflichtungen. Zudem werden mit der Absage personelle Ressourcen frei. Diese werden für die Bereitschaft und für andere Projekte zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit dringend benötigt.
Was führte zur finanziellen Belastung der Armee?
Die finanzielle Belastung der Armee kommt daher, dass aufgrund des Ukrainekrieges zwecks Stärkung der Verteidigungsfähigkeit gegenüber der früheren Planung grössere Rüstungsprogramme aufgelegt wurden. Dies auf der Basis der ursprünglichen Finanzvorgabe von 1% BIP bis 2030. Damit die Schuldenbremse eingehalten werden konnte, musste die Erreichung des Zieles eines Armeebudgets von 1% BIP auf 2035 verschoben werden. Diese Verzögerung sowie zusätzlich eine Reduktion des Armeebudgets in den Jahren 2024–2027 um rund 2 Mrd. CHF sind die Hauptgründe für die heutigen Finanzprobleme.
In den betreffenden Jahren sind seitens Armee Verpflichtungen zu bezahlen, die mit vergangenen Rüstungsprogrammen (z.B. F-35A, Patriot, zusätzliche Mörser 16 oder Panzer für Panzersappeure) eingegangen wurden. Die Reduktion des Armeebudgets und die offenen Verpflichtungen führen zu finanziellen Engpässen bei der Armee.
Warum müssen die Betriebsausgaben stabilisiert werden?
Die Betriebsausgaben müssen stabilisiert werden, damit genügend finanzielle Mittel für Investitionen in Rüstungsgüter oder Immobilien zur Verfügung stehen. Investitionen sind sowohl für das Erhalten bzw. Erlangen von Fähigkeiten der Armee als auch für den Ersatz veralteter Systeme, die hohe Betriebskosten verursachen, notwendig. Die Armeeführung legt ein besonderes Gewicht auf die Entwicklung der Betriebsausgaben. Diese werden bei jeder grösseren Investition sowie im jährlich wiederkehrenden Budgetprozess gesondert betrachtet. Die Stabilisierung der Betriebsausgaben ist zudem ein Anliegen des Bundesrates (siehe Armeebericht 2010, Programm Air2030 usw.).
Was sind die Gründe für den Anstieg der Betriebsausgaben?
Die Armee verfügt heute über zahlreiche sehr alte Systeme (Panzer, Artillerie, Kampfflugzeuge F-5 und F/A-18, Transporthelikopter usw.), die demnächst an ihr Nutzungsende gelangen. Je älter diese Systeme sind, desto kostenintensiver ist der Betrieb. Als Konsequenz daraus, dass die Systeme der Schweizer Armee über lange Zeit im Einsatz stehen (z.B. Schützenpanzer M113 aus dem Jahr 1963, Kampfflugzeug F-5 Tiger aus dem Jahr 1978, Kampfpanzer Leopard 2 aus dem Jahr 1987 usw.), sind die Betriebsausgaben laufend angestiegen. Hinzu kommen die Teuerung und die gestiegene Mehrwertsteuer. Es gilt dabei zu beachten, dass der Ersatz von Systemen von den jeweils zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln abhängig ist.
Die Betriebsausgaben steigen aufgrund der hohen Anzahl an alten Systemen (Panzer, Artillerie, Kampfflugzeuge F-5 und F/A-18, Transporthelikopter usw.). Je älter diese Systeme sind, desto kostenintensiver sind diese im Betrieb. Deshalb wollte die Armee beispielsweise den F-5 (Kampflugzeug ohne verbleibenden Mehrwert für die Verteidigungsfähigkeit) ausser Dienst stellen, was aber vom Parlament abgelehnt wurde.
Zudem steigen die Betriebsausgaben der Armee ausfolgenden Gründen:
- Ein Teil der Teuerung musste selbst getragen werden (hohe Teuerungsraten auf Treibstoffe, Energie oder Rohstoffe für Rüstungsgüter).
- Die massiv ansteigende Nachfrage nach Rüstungsgütern, verteuert diese zusätzlich, da die Angebotsseite noch nicht im gleichen Umfang gewachsen ist.
- Modernere Waffensysteme haben heute einen grossen Anteil an IKT-Komponenten, was zu rascheren Erneuerungszyklen und komplexeren sowie teureren Unterhaltsarbeiten führt.
- Die zahlreichen sehr alten Systeme der Armee (Panzer, Artillerie, Fliegerabwehr, Kampflugzeuge F-5 und F/A-18, Transporthelikopter usw.) verursachen hohe Betriebsausgaben, da je älter das System ist, desto kostenintensiver der Unterhalt.
- Die massiv gestiegenen Anforderungen an die Sicherheit führen dazu, dass IKT Systeme heute viel stärker geschützt werden müssen (Cyber, Robustheit, Durchhaltefähigkeit, Verfügbarkeit, Datenintegrität usw.).
- Die Infrastruktur wird sowohl investiv, als auch betrieblich unter anderem aufgrund der Teuerung (Baumaterialien, Rostoffen und Energie), verschärften Härtungsmassnahmen oder Umweltschutzvorschriften kostenintensiver. Zudem wurde in der Vergangenheit (1%) im Vergleich zur zivilen Infrastruktur (2-3%) weniger investiert, folglich besteht ein erheblicher Nachholbedarf im Unterhalt der Immobilien.
- Die dringend zu erreichende Verteidigungsfähigkeit führt auch zu steigenden Betriebskosten:
- Grössere Systempalette und somit mehr Unterhalt;
- Bevorratung für Jahre und nicht für wenige Tage (Munition, Treibstoffe, Rohstoffe, Ersatzteile usw.);
- Notwendigkeit von grösseren und auch geschützten (unterirdisch, Kavernen usw.) Lagerkapazitäten;
- Höhere Kosten für die Lagerung von Munition (TNT-Vorschriften);
- Höhere Kosten zwecks Dezentralisierung von Logistik und Standorten (mehr Standorte, logistische Bewirtschaftung usw.).
Warum besteht bei der Armee ein so großer Nachholbedarf an Investitionen?
Die Armee musste immer priorisieren, kürzen und dabei bei Beschaffungen die geplanten Stückzahlen verringern.
Im Zielbild und Strategie für die Armee der Zukunft wurde transparent dargelegt, dass der Nachholbedarf für die Erreichung der Verteidigungsfähigkeit enorm ist. Dies als Folge der seit 1990 anhaltenden Sparbeschlüsse zum Budget der Armee. Sie hat so in den letzten 30 Jahren rund 40 Mrd. CHF zum Wachstum des Bundeshaushalts in anderen Aufgabengebieten und zur Gesundung der Staatsfinanzen beigetragen (Friedensdividende).
Folglich hat die Armee über Jahrzehnte an der Substanz gezehrt und aus den vorhandenen Mitteln das Möglichste herausgeholt. Dieser Umstand führt auch zur aktuellen Situation.
In welchem Umfang muss die Armee die bisherigen Planungen bereinigen?
Bei dem in den Medien genannten Betrag von 1,4 Mrd. CHF, handelt es sich um die Summe, welche die Armee gegenüber den bisherigen Planungen bereinigen muss. Dementsprechend muss die Armee nun ihre Planung überarbeiten. Dabei gibt es folgenden Anpassungsbedarf:
- Für 2025 wurde in den Rüstungsprogrammen mit insgesamt rund 2,1 Mrd. CHF geplant. Die Armee rechnet aktuell mit einem verfügbaren Budget von rund 1,3 Mrd CHF.
- Für 2026 wurde in den Rüstungsprogrammen mit insgesamt rund 2,0 Mrd. CHF geplant. Die Armee rechnet aktuell mit einem verfügbaren Budget von rund 1,6 Mrd CHF.
- Für 2027 wurde in den Rüstungsprogrammen mit insgesamt rund 2,1 Mrd. CHF geplant. Die Armee rechnet aktuell mit einem verfügbaren Budget von rund 1,9 Mrd CHF.
Was für Sparmaßnahmen werden nun getroffen, um die Armee in den Jahren 2025-2027 zu finanzieren?
Nachdem per Ende 2023 erfolgten Entscheid des Parlaments, den Anstieg des Armeebudgets auf 1% BIP erst bis 2035 umzusetzen, ist es noch zu früh hierzu definitive Aussagen zu machen. Die diesbezüglichen Planungsarbeiten wurden von der Armee lanciert. Es könnte dabei in Richtung Ausserdienststellung von Grosssystemen oder verminderte Einsatzbereitschaft gehen; mindestens aber müssen die geplanten Projekte auf der Zeitachse verschoben werden und die laufenden Kosten gesenkt werden. Zu den kostensenkenden Massnahmen gehört auch die Absage von Grossanlässen.
Es gilt auch zu beachten, dass Verzögerungen von Projekten aufgrund bestehender Verträge zu Mehrkosten führen können.
Was geschieht, wenn das Armeebudget nicht wie geplant per 2035 auf 1 % des BIP anwächst?
Ohne die Erhöhung des Armeebudgets auf 1% BIP im Jahr 2035 kann die zur Sicherheit der Schweiz notwendige Verteidigungsfähigkeit nicht erreicht werden.
Entstehen aufgrund der Finanzsituation bei der Armee Fähigkeitslücken?
Aufgrund der Tatsache, dass in den nächsten Jahren mehrere Systeme des Heeres das Lebensende erreichen und ausser Dienst gestellt werden müssen, sowie aufgrund der aktuellen Finanzplanung, mit der die Mittel für deren Erneuerung erst in den 2030er Jahren zur Verfügung stehen, ist mit Fähigkeitslücken zu rechnen. Als Konsequenz kann gesagt werden, dass die Armee für eine bestimmte Zeit das Heer verliert.