Krieg in der Ukraine

Wehrtechnik & Rüstung, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
theoderich
Beiträge: 20367
Registriert: So 29. Apr 2018, 18:13

Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von theoderich »

Als "geheim" eingestuft
Der wahre Grund, warum Scholz keine Taurus liefert
Es war die wohl eindrücklichste Szene in der Taurus-Debatte diese Woche im Bundestag: Kanzler Olaf Scholz (SPD), sichtlich angefasst, geht CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen persönlich an, nachdem dieser eine Frage zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine gestellt hat.

"Was mich aber ärgert, sehr geehrter Abgeordneter, lieber Norbert, dass du alles weißt, und eine öffentliche Kommunikation betreibst, die darauf baut, dass dein Wissen kein öffentliches Wissen ist. Ich glaube, das sollte in der Demokratie nicht der Fall sein", so Scholz zu Röttgen.

Nicht nur die Anwesenden und Zuschauer des Livestreams im Netz fragten sich hinterher, was der Kanzler gemeint haben könnte.
Welches Geheimwissen meint der Kanzler?

Im Kern geht es Scholz darum, die Kontrolle über die Zielführung des Marschflugkörpers zu behalten, der über 500 Kilometer weit fliegen kann, und damit – theoretisch – bis nach Moskau. Um die Kontrolle zu behalten, sei wiederum eine Beteiligung deutscher Soldaten nötig, weswegen eine Lieferung des Taurus ausgeschlossen sei. "Das ist eine Grenze, die ich als Kanzler nicht überschreiten will", bekräftigte Scholz am Mittwoch sein Nein.

Scholz handelte sich damit den Vorwurf ein, er würde der Ukraine nicht vertrauen. Röttgen bestritt zudem tags darauf in einem ARD-Interview, ein "Sonderwissen" zu haben und warf dem Kanzler vor, er nutze Angst "als Mittel und Instrument seiner Durchsetzung".

Doch der Verweis auf die Kontrolle durch Deutschland ist offenbar nur ein Teil der Wahrheit. Nach Informationen von t-online gibt es einen weiteren wichtigen Faktor, der beim Taurus-Nein des Kanzlers eine Rolle spielt. Mit seinem Vorwurf an Röttgen, dieser besitze eine Art Geheimwissen, hat Scholz selbst angedeutet, worum es sich handeln könnte. Es geht um als geheim eingestufte Informationen, die dem Verteidigungsausschuss des Bundestags erstmals zugänglich gemacht wurden, dem Röttgen, als Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, allerdings nicht angehört.

"Habe zum ersten Mal Zweifel"

Entscheidendes passierte laut t-online-Informationen in der Sondersitzung des Verteidigungsausschusses am Montag. Im ersten Teil befragten die Ausschussmitglieder zunächst den vorgeladenen Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius zur Abhöraffäre der Luftwaffe. In einem zweiten, geheimen Teil ging es um Taurus, dort wurden erstmals sensible Details über den Marschflugkörper mit Abgeordneten eines Fachausschusses des Bundestags geteilt.

Der ebenfalls geladene Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, hielt demnach ein 20-minütiges Referat über die wichtigsten Fakten zum Taurus: Neben Einsatzfähigkeit und Stückzahl (die Luftwaffe verfügt nach Schätzungen über rund 600 Taurus) soll Breuer auch über besondere Risiken einer Lieferung für die Sicherheitsinteressen Deutschlands gesprochen haben.

Eine mit dem Vorgang vertraute Person berichtet t-online, dass manchen Abgeordneten dabei "die Kinnladen heruntergeklappt" sei. "Nach Breuers Vortrag war erst mal Stille im Raum. Selbst diejenigen, die sonst laut Forderungen stellen, hatten keine Fragen mehr." Ein Ausschussmitglied und Taurus-Befürworter sagte nach der Sitzung zu t-online, dass er "zum ersten Mal Zweifel bekommen" habe und seine Position zu einer Lieferung überdenken wolle.

Zielprogrammierung komplizierter als bekannt

Auch im Interview, das der verteidigungspolitische Sprecher von CDU/CSU, Florian Hahn, im Anschluss der Sitzung der ARD gab, ist davon etwas zu spüren. Hahn, der den Kanzler in der Taurus-Frage gerne mit markigen Worten antreibt, spricht ruhig, differenziert, fast so, als müsste er seine Gedanken neu ordnen.

Was hatte Breuer gesagt?

Der Generalinspekteur informierte die Abgeordneten offenbar im Detail darüber, dass der Einsatz des Taurus komplizierter ist, als bisher von vielen angenommen wurde. Um den Marschflugkörper sinnvoll einzusetzen, seien demnach enorme Mengen an Daten notwendig.

Dass die Zielprogrammierung der Taurus-Waffen kompliziert ist, war bereits bekannt. Die "zentrale Missionsplanung" (ZMP), das technische und operative Verfahren der Zieleingabe und Routenführung, besteht aus zahlreichen unterschiedlichen Quelldaten wie Höhenmesspunkten, Vektordaten, Satellitenbildern und Rasterkarten, um dem Taurus eine möglichst präzise Flugroute zu ermöglichen. Das ZMP-System wurde von der deutschen Firma ESG entwickelt, die Ende 2023 in der Rüstungselektronikfirma Hensoldt aufging.

"Einsatzfähigkeit der deutschen Streitkräfte" stehe auf dem Spiel

Es handle sich nicht um Giga- oder Terabyte, sondern um extrem hohe und komplexe Datenmengen, die offenbar von speziellen technischen Systemen aufbereitet werden müssen. Diese technischen Anlagen allerdings gebe es nur in begrenztem Maße, heißt es. Würden diese bei einer Taurus-Lieferung ebenfalls an die Ukraine transferiert, stünden sie der Bundeswehr nicht mehr zur Verfügung. Eine Fähigkeitslücke entstünde, die die "Einsatzfähigkeit der deutschen Streitkräfte" empfindlich beeinträchtigen würde, so eine mit der Angelegenheit vertraute Person.

Um welche Art von Anlagen es sich handeln soll, ist unklar. Weder der Taurus-Hersteller MBDA noch das Bundesverteidigungsministerium möchten sich auf Anfrage dazu äußern. Auch in welcher Stückzahl diese Anlagen vorhanden sind, wie lange es dauert, diese zu ersetzen, und warum sie so schwer nachzubeschaffen sind, ist fraglich. Es handle sich um eine "technische Engstelle", die für eine lange Zeit nicht ersetzt werden könne, so eine mit der Angelegenheit vertraute Person. "Wenn wir diese Fähigkeit liefern, dann gibt es sie für uns nicht mehr."
"Die Taurus gehören zu unseren wirkmächtigsten Waffen im Luft-Boden-Bereich, die nahezu an strategische Fähigkeiten heranreichen." Es gehe um "elementare Fragen der nationalen Sicherheit", heißt es, so eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Den Abgeordneten sei in Breuers Vortrag ein "Preisschild" für die Sicherheit der Bundesrepublik mitgegeben worden, das nun allen Beteiligten bewusst sein müsse.

Taurus in zwei Varianten

Ein entscheidender Faktor dabei ist offenbar, wie der Taurus eingesetzt wird: in seiner "abgespeckten", datenärmeren Variante oder in seiner vorgesehenen Form mit allen Zusatzfeatures. Spielt der Taurus all seine Vorteile aus, kann er etwa in den Tiefflug auf bis zu 15 Metern Höhe heruntergehen, wo er feindliche Luftverteidigungsstellungen besser um- oder unterfliegen kann.

Für diese präzise Navigation mittels vier verschiedener Systeme und die Modellierung der Route sowie des exakten Ziels (bis auf wenige Meter genau) brauche es jedoch besagte Anlagen, heißt es.

So könnte man den Taurus zwar ohne Zusatzfähigkeit an die Ukraine schicken inklusive einer kürzeren Ausbildungszeit für ukrainische Soldaten. Doch dann hätte der Taurus eher den Zweck, als Nachschub für die weniger leistungsfähigen britischen Marschflugkörper Storm Shadow zu dienen. Beide Varianten seien möglich, mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen.
Hinweise im Luftwaffen-Leak

Hinweise auf die komplexe Missionsplanung wie auch auf den unterschiedlichen Einsatz des Taurus lassen sich auch in dem geleakten Gespräch zwischen hochrangigen Offizieren der Luftwaffe finden. Ein Oberstleutnant spricht etwa von "Zieldaten, die idealerweise mit Satellitenbildern kommen", weil damit die höchste Präzision, nämlich unterhalb von drei Metern, erreicht werden könne. "Die [Zieldaten] müssen wir verarbeiten im ersten Set in Büchel", wo die Luftwaffe einen Fliegerhorst unterhält.

An anderer Stelle erklärt der Offizier, dass sich die Berechnungszeit der Modellierung auf zwölf Stunden verdoppelt, wenn man die präziseren Satellitendaten einspeist, und dass dies eine Datenleitung erfordert, "die das leisten kann".
https://www.t-online.de/nachrichten/deu ... raine.html

muck hat geschrieben: So 17. Mär 2024, 00:51wenn man sie nicht streng wortwörtlich auf das "außenpolitisch[e] Konzept" im Sinne eines Schriftstücks, der außenpolitischen Leitlinien der Russischen Föderation, bezieht.

Denn in außenpolitischen Konzepten Russlands taucht die Ukraine natürlich schon vorher auf.
Genau so meinte ich es. In verschriftlichter Form. Natürlich hat man ab 2009 versucht, die Ukraine zunächst auf wirtschaftlichem Weg unter Druck zu setzen - mit einer damals offenbar schon traditionellen Strategie:

PIRANI Simon/Jonathan STERN/Katja YAFIMAVA: The Russo-Ukrainian gas dispute of January 2009: a comprehensive assessment (Februar 2009)
A cycle of problems between Russia and Ukraine persisted through the 1990s: large-scale deliveries to Ukraine of gas at prices which probably did not even cover costs of delivery; accumulation of Ukrainian debts to Russia, linked to domestic non-payment; theft of gas from the transit system; and Russian pressure on Ukraine to exchange equity in the transit network and storage facilities for gas debts. The resulting disputes led Russia to cut off supplies to Ukraine on several occasions during the 1990s.
https://www.oxfordenergy.org/wpcms/wp-c ... a-2009.pdf


Was von diesen Dokumenten zu halten ist, sieht man daran, dass 2014 die Krim mit Gewalt annektiert worden ist und man im Dezember 2016 auf dem Papier das Bestreben zu einer "diplomatischen Lösung" kundgetan hat:
theoderich hat geschrieben: Sa 16. Mär 2024, 23:01Russia undertakes to make every effort to promote political and diplomatic settlement of the internal conflict in Ukraine in cooperation with all the interested States and international agencies.
Berni88
Beiträge: 632
Registriert: So 29. Apr 2018, 19:40

Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Berni88 »

Russland setzt auf "Maskirowka" (sprich - tarnen und täuschen)

Ähnliches hat man schon im 2.WK und im KK gemacht!!!

https://orf.at/#/stories/3352138/

Aufgrund der heutigen Technik, wie Hochauflösende Kameras, Wärmebild, Radar, Drohnen wird man sich aber was besseres einfallen lassen müssen.
Die Ukrainer bauen ja zB. IRIS-T TEL's nach und es gibt ja die Firmen die die aufblasbaren Panzer, SPz usw. machen!
theoderich
Beiträge: 20367
Registriert: So 29. Apr 2018, 18:13

Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von theoderich »

theoderich hat geschrieben: Mo 23. Okt 2023, 22:10Increased production capacity for shells
theoderich hat geschrieben: Mo 23. Okt 2023, 22:10Increased production capacity for missiles
theoderich hat geschrieben: Mo 23. Okt 2023, 22:10Increased production capacity for explosives with strong focus on reduction of lead production time
theoderich hat geschrieben: Mo 23. Okt 2023, 22:10Increased production capacity for explosives with strong focus on elimination of bottlenecks and cross-border cooperation
theoderich hat geschrieben: Mo 23. Okt 2023, 22:10Increased production capacity for powders with strong focus on reduction of lead production time
theoderich hat geschrieben: Mo 23. Okt 2023, 22:10Increased production capacity for powders with strong focus on elimination of bottlenecks and cross-border cooperation
ASAP Results Factsheet (15. März 2024)

https://defence-industry-space.ec.europ ... n_en#files

theoderich
Beiträge: 20367
Registriert: So 29. Apr 2018, 18:13

Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von theoderich »

General Dynamics European Land Systems
15.734 Follower:innen

16 Min.

The Spanish Ministry of Defense has chosen GDELS Santa Bárbara Sistemas for the overhaul and commissioning in operational condition of 19 of #Leopard2A4 main combat vehicles, which will be sent to #Ukraine and will join the ten operational units in the area to strengthen its defensive capability against the Russian invasion.

At our factory in Alcalá de Guadaira (Seville), work will be carried out to determine the condition of these vehicles, which come from the Spanish Army facilities. Each unit will be subjected to a thorough overhaul, component disassembly, replacement of defective parts and assembly of systems, ensuring its full operation and effectiveness on the battlefield.
https://es.linkedin.com/posts/gdels_leo ... 08321-dXsF


Und KNDS wird eine Tochterfirma in der Ukraine gründen:

theoderich
Beiträge: 20367
Registriert: So 29. Apr 2018, 18:13

Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von theoderich »


muck
Beiträge: 1269
Registriert: Do 9. Jul 2020, 05:10

Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von muck »

Der ukrainische Geheimdienst SBU hat vergangene Nacht einen offenbar sehr erfolgreichen Angriff auf den russischen Fliegerhorst Morosowsk in der Oblast Rostow durchgeführt. Aufnahmen auf r/UkraineWarVideoRoom zeigen zahlreiche Sekundärexplosionen. Nach ukrainischen Angaben wurden sechs Flugzeuge zerstört und acht beschädigt. Morosowsk ist Heimat des mit modernen Jagdbombern vom Typ Suchoi Su-34 ausgestatteten 559. Kampffliegerregiments. (Quelle)

Nachtrag:

Bei der gestrigen Operation wurden auch der Fliegerhorst Engels-2 in der Oblast Saratow und der Armeeflugplatz Jejsk in der Region Krasnodar angegriffen. Dabei wurden nach ukrainischen Angaben drei strategische Bomber vom Typ Tupolew Tu-95 beschädigt und zwei Erdkampfflugzeuge Suchoi Su-25 zerstört. (Quelle)

Für den Angriff auf Engels-2 konnte ich keine Videos oder Bilder finden, die die Angaben bestätigen. Allerdings wurde der Fliegerhorst schon in der Vergangenheit erfolgreich angegriffen. Der Umfang der Operation muss erheblich gewesen sein, Russland erklärte, 59 Drohnen abgeschossen zu haben.

Kleines Schmankerl:



Unglaublich.
theoderich
Beiträge: 20367
Registriert: So 29. Apr 2018, 18:13

Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von theoderich »

No Major Damage Seen At Russian Air Base After Drone Attack
Morozovsk Air Base, which is home to dozens of tactical jets, namely Su-34 Fullback fighter-bombers, came under a large-scale Ukrainian drone attack two evenings ago.
A flurry of subsequent claims of destruction followed, with outlets reporting multiple aircraft destroyed and a high price in life and other property lost. Meanwhile, Russian sources, including officials, said the drone attack was rebuffed by air defenses. We now have high-resolution satellite imagery to check those claims.
The day before the attack, 29 jets were visible in parking areas across the facility. In the imagery obtained from Planet Labs, which was taken today, we can count the same number of aircraft, with no major damage being visible to them or to the base's infrastructure.
Bild

Bild

Bild

Bild

Bild
Two small changes between the April 4th and April 6th images are a pair of craters/scarred areas near a maintenance apron. This would indicate that some sort of aerial attack did take place, although they could be the result of wayward interceptors responding to such an attack.
https://www.twz.com/news-features/no-ma ... one-attack
Zuletzt geändert von theoderich am Mo 8. Apr 2024, 05:07, insgesamt 1-mal geändert.
muck
Beiträge: 1269
Registriert: Do 9. Jul 2020, 05:10

Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von muck »

Interessant. Was ist dann da so erheblich explodiert?
Lazarus
Beiträge: 108
Registriert: So 10. Sep 2023, 14:21

Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Lazarus »

Ich freue mich über jeden Erfolg der Ukraine, aber beide Seiten, die Russen genauso wie die Ukrainer, sind voll im Information War. Glauben kannst weder der einen noch der anderen Seite. Es zählen nur Beweise (Video etc., wobei da muss man in Zukunft auch sehr aufpassen - Deep Fake und AI sei hier erwähnt).
Berni88
Beiträge: 632
Registriert: So 29. Apr 2018, 19:40

Re: Krieg in der Ukraine

Beitrag von Berni88 »

Weitere 20 SPz Marder für die Ukraine:

https://esut.de/2024/04/meldungen/48794 ... zenpanzer/
Antworten