Medienberichte 2024

Landesverteidigung, Einsätze & Übungen, Sicherheitspolitik, Organisation, ...
theoderich
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Re: Medienberichte 2024

Beitrag von theoderich »

Kritik an Büroturm in Rossauer Kaserne

https://wien.orf.at/stories/3242824/




"Kriegsfähig"? Wie es um die Verteidigung der EU steht
Österreich müsse „kriegsfähig“ werden, stellte Generalmajor Günter Hofbauer am Montag auf der Sicherheitspolitischen Jahresvorschau des Verteidigungsministeriums fest. Eine Forderung, die von vielen Seiten auch an die Europäische Union gestellt wird. Der KURIER sprach mit General Robert Brieger, dem Vorsitzenden des EU-Militärausschusses und damit höchstem General in der Europäischen Union. Zur Kriegstauglichkeit einzelner EU-Staaten will sich Brieger nicht äußern, es sei jedoch wichtig, „die europäischen Streitkräfte tatsächlich wieder personell und materiell so zu verstärken, dass sie in der Lage sind, robuste Operationen zu bewältigen“.

Rasche Reaktionskraft

Im kommenden Jahr soll etwa die Rapid Deployment Capacity (RDC), eine schnelle Eingreiftruppe, gebildet werden: 5.000 Soldaten sollen im Radius von 6.000 Kilometern um Europa rasch in den Einsatz gehen können. „Etwa, wenn es um eine Evakuierung von Personen aus einer umkämpften Stadt geht, einen Flughafen freizukämpfen oder die Zufuhr humanitärer Güter zu erzwingen“, sagt Brieger. In diesem Radius läge etwa die sudanesische Hauptstadt Khartoum. Eine Evakuierung von EU-Bürgern – hätte es die RDC bereits vergangenen Frühling gegeben – wäre laut Brieger ein potenzieller Einsatz gewesen.

Im Unterschied zu den bisherigen Battle Groups wird die RDC nicht nur mehr Soldaten umfassen, sondern auch besser unterstützt werden: „Etwa von See- und Luftstreitkräften bis hin zu Weltraumkapazitäten, sodass sie ein umfassendes Spektrum an Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung haben“.

Innerhalb von fünf Tagen ab Alarmierung soll die RDC einsatzfähig sein, allerdings müssen zuvor die 27 EU-Mitgliedsstaaten zugestimmt haben.

Strategischer Kompass

Die RDC ist – wie General Brieger sagt – ein Leuchtturmprojekt des „Strategischen Kompasses“ der EU. Vor knapp zwei Jahren aus der Taufe gehoben, soll er gemeinsame strategische Ziele der EU und ihrer Mitgliedstaaten definieren: „Die wesentlichen Handlungsstränge sind Krisenmanagement, Resilienz, Investition und Partnerschaft. All das beruht auf einem einstimmigen Ratsbeschluss, der zum Ziel hat, die EU zu einem glaubwürdigen Sicherheitsakteur zu machen“, sagt Brieger.

Als große Herausforderung sieht der General das Thema gemeinsame Investitionen: „Zwischen 2014 und 2022 sind die europäischen Verteidigungsausgaben um 40 Prozent gestiegen, seither um weitere zwölf. Aber nur 18 Prozent sind gemeinsame Projekte von Mitgliedsstaaten. Die Zielsetzung ist es, diesen Prozentsatz auf mindestens 35 Prozent zu erhöhen, mehr gemeinsame Projekte aufzusetzen, weniger im Ausland anzuschaffen und auch die Typenvielfalt deutlich zu reduzieren.“

Polen kauft in Südkorea

So kauft etwa Polen große Mengen an südkoreanischen Panzern und Haubitzen, da diese laut ehemaliger Regierung am raschsten verfügbar waren. „Es wird eben aus Gründen der Verfügbarkeit und Preisgestaltung viel im Ausland beschafft. In diesem Bereich wollen wir die europäische verteidigungsindustrielle Basis verbreitern und verstärken“, sagt Brieger.

So wurden im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds Anreize geschafft, gemeinsame Beschaffungsprojekte zu ermöglichen. „Beispielsweise durch das Gesetz zur Unterstützung der Munitionsproduktion. In erster Linie zu Unterstützung der Ukraine, aber auch, um die eigenen Munitionsdepots wieder aufzufüllen“, sagt Brieger.

Doch warum schaffte es die EU nicht, die zugesagte Million Artilleriegeschosse binnen eines Jahres zu produzieren? „Es hat sich natürlich in der Zeit nach dem Kalten Krieg eine Reduktion der Kapazität und der Produktion ergeben. Das hat sich mit dem Ukrainekrieg schlagartig geändert, und es ist auch gelungen, die Produktionskapazitäten der europäischen Rüstungsindustrie zu steigern. Allerdings nicht in einem so rasanten Umfang, als dass diese Million bis April zu erreichen wäre.“

Keine Kriegswirtschaft

Dabei ginge es nicht nur um die 155-Millimeter-Granaten, sondern auch um Munition für andere Waffensysteme, Flugkörper oder die Drohnenabwehr. „Die Problematik wurde erkannt, die Umstellung auf eine Kriegswirtschaft ist natürlich nicht in vollem Maße erfolgt“, sagt Brieger. Eine verstärkte Zusammenarbeit stünde aber im „ureigensten Sicherheitsinteresse.“

Und somit würden die Bemühungen, die Kapazitäten zu steigern, fortgesetzt. Auch für die Unterstützung der Ukraine. „Wir haben bisher 40.000 ukrainische Soldaten auf europäischem Boden ausgebildet – in diesem Jahr dürfte die Zahl auf 60.000 erhöht werden. Das ist ein Beitrag, den niemand sonst leisten kann.“

Nicht nur materiell, auch personell gibt es große Herausforderungen in europäischen Streitkräften – ein Problem, das auch Brieger beschäftigt: „Es wird notwendig sein, die Attraktivität des Militärdienstes zu erhöhen – etwa durch entsprechend attraktive Arbeitsbedingungen und gerechte Bezahlung. Auch müssen wir uns als Teil der Gesellschaft präsentieren und so auf lange Sicht das Bewusstsein fördern, dass dieser Berufszweig wichtig ist und einen Schutzschirm über die verschiedenen Teile der Gesellschaft spannt.“
https://kurier.at/politik/ausland/krieg ... /402761029
Zuletzt geändert von theoderich am Mi 31. Jan 2024, 21:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Medienberichte 2024

Beitrag von theoderich »

Wie Hessel die Sicherheitslage sieht

https://vorarlberg.orf.at/stories/3242977/

Zuletzt geändert von theoderich am Fr 2. Feb 2024, 01:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Medienberichte 2024

Beitrag von theoderich »

theoderich
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Re: Medienberichte 2024

Beitrag von theoderich »

  • Neutralität: Die Trittbrettfahrer (Leitartikel)
    Die Bedrohungen rundum wachsen – und Österreich übt sich in seiner Lieblingstätigkeit: Kopf einziehen, wir sind ja neutral

    Die Welt rundum ist schlecht, und die Aussichten auf Besserung sind nicht trüb – sie sind einfach nicht da.

    Um nicht missverstanden zu werden: Es geht uns gut in Österreich. Wir haben im Europa- und Weltvergleich exorbitante Standards in Sachen Soziales, Sicherheit, Wohlstand. In Umfragen bestätigen die Österreicher ihre Zufriedenheit – nur in Wahlumfragen klammern sie sich an falsche Propheten, die Österreich totjammern.

    Aber der russische Krieg gegen die Ukraine samt der nicht gestillten Lust des Kriegsverbrechers Putin, es der (westlichen) Welt zu zeigen; der Terror der Hamas und anderer Islamisten auf ihrem und des Irans Vernichtungsfeldzug gegen Israel und die (westliche) Welt; die Dominanz Chinas für seine Interessen; die Allianz neuer anti-aufklärerischer Akteure; die drohende Sedisvakanz der USA als verlässlicher Player auf der Weltbühne: Das alles verheißt nichts Gutes.

    Diese Woche hat eine Studie des Bundesheeres vor den Umwälzungen in der Geopolitik bzw. den Folgen gewarnt, die an Österreich nicht vorbeigehen werden: „Krieg als Dimension der Politik ist zurück“, heißt es da, nicht nur in Form von Panzern und Drohnen, sondern in Form von Terror, Cyberwar, Desinformation, Spionage und hybrider Kriegsführung.

    Stimmt schon: Das Bundesheer warnt auch in eigener Sache. Obwohl das Verteidigungsbudget noch nie so gut dotiert war wie jetzt. Österreich kauft Ausrüstung, Nachrüstung, Aufrüstung, was das Zeug hält. Aber im Ernstfall wird das Zeug nicht halten, wird Österreich gegen einen massiven Angriff allein nicht bestehen können.

    Und wer hilft uns im Fall des Falles? Die UNO, die seit je an der „Wahrung des Weltfriedens“ (Charta) scheitert, sich gerade in beschämender Einseitigkeit gegen Israel stemmt, jahrzehntelang Terrorumtrieben in einer ihrer Organisationen (UNRWA) zugesehen hat und sich ins Out bugsiert?

    Die NATO, die uns territorial fast umschließt (mit diesem Argument dodelte ein gewisser Alfred Gusenbauer als Kanzler einst die Eurofighter runter)?

    Oder unsere Rolle als in der Welt geliebter Vermittler (wann jemals?) und die immerwährende Neutralität (die seinerzeit schon in sowjetischen Aufmarschplänen in den Boden gestampft wurde)?

    Nein, die Frage, ob die Neutralität nicht gefährliche Folklore ist, wird so bald leider nicht angerührt werden (anders als in Schweden und Finnland). Jetzt sind Wahlen. Dann wird – wer weiß, wie lang – eine Regierung gesucht. Die FPÖ (einst wortreicher NATO-Beitrittsbefürworter!!) hebt das Liebkind der Österreicher auf den Selbstbetrugsaltar. Auch sonst traut sich niemand, das Kind beim Namen zu nennen: Trittbrettfahrer kommen im Fall des Falles schneller unter die Räder, als sie schauen können.
    https://kurier.at/meinung/leitartikel/n ... /402764488


Türkiser Wankelmut bei EU-Armee

https://www.derstandard.at/story/300000 ... i-eu-armee

Man merkt wieder einmal: Die Europawahl naht! Da muss dieses Märchengebilde immer hervorgeholt werden ...

Und dann auch noch dieser Absatz:
Der Standard hat geschrieben:Und wie sieht der neue EU-Spitzenkandidat der ÖVP, Reinhold Lopatka – der übrigens auch selbst am Parteiprogramm von 2015 mitwirkte und darauf drängte, die EU-Armee als Zielsetzung hineinzuschreiben –, heute das Thema?

[...]

Österreich sei zudem über die "Partnerschaft für den Frieden" auch als neutraler Staat mit der Nato verbunden, habe zu Nato-Missionen mit 20.000 heimischen Soldaten im Einsatz beigetragen, und werde durch die EU-Beistandspflicht von Nato-Mitgliedern geschützt.
muck
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Re: Medienberichte 2024

Beitrag von muck »

Es ist ermutigend zu lesen, dass Journalisten Kritik an der neutralistischen Haltung v.a. der Rechten üben. Was ich nicht verstehe, ist, warum niemand die zwischen beiden Polen schwankende ÖVP darauf anspricht, wie sie sich diesen Gratisschutz denn vorstellt, von dem schon Karl Nehammer fabulierte? Wissen Österreichs Nachbarn überhaupt von ihrem Glück?

Freilich, Österreich ist von befreundeten Staaten umgeben und wäre nicht das erste Angriffsziel des einzigen realistischen Aggressors, insofern ist es indirekt geschützt. Aber: Würde sich Österreich im Falle einer solchen Aggression so lange auf seine Neutralität berufen, bis das eigene Territorium bedroht ist, könnte es selber keinen Beistand erwarten.

Denn Solidarität ist keine Einbahnstraße. Ohne das wenigstens implizite gegenseitige Verständnis, dass die rot-weiß-rote Neutralität in dem Moment endet, wenn ein Angriff auf EU-Nachbarn bzw. den europäischen Teil der NATO erfolgt, werden jene Österreich nicht zur Hilfe kommen. Es wäre der innenpolitische Selbstmord jeder ausländischen Regierung, und obendrein vielleicht sogar militärisch unmöglich, wenn begrenzte Kräfte anderswo gebraucht werden.
theoderich
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Re: Medienberichte 2024

Beitrag von theoderich »

Schieder: „Das Heer kaputtsparen, ist gefährlich“

https://www.kleinezeitung.at/politik/in ... efaehrlich

Sagt einer, der wie kaum ein anderer aktiver Politiker am "Kaputtsparen des Heeres" beteiligt gewesen ist:
Politische Mandate/Funktionen

Abgeordneter zum Nationalrat (XXV.-XXVI. GP), SPÖ
29.10.2013-01.07.2019

Abgeordneter zum Nationalrat (XXIV. GP), SPÖ
28.10.2008-02.12.2008

Abgeordneter zum Nationalrat (XXIII. GP), SPÖ
30.10.2006-02.07.2008

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen
02.12.2008-16.12.2013

Staatssekretär im Bundeskanzleramt
01.07.2008-02.12.2008
https://www.parlament.gv.at/person/35504
anastasius
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Re: Medienberichte 2024

Beitrag von anastasius »

theoderich hat geschrieben: Fr 2. Feb 2024, 06:47 Schieder: „Das Heer kaputtsparen, ist gefährlich“

Sagt einer, der wie kaum ein anderer aktiver Politiker am "Kaputtsparen des Heeres" beteiligt gewesen ist:
Sagt einer der seine Weste reinwaschen will.
theoderich
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Re: Medienberichte 2024

Beitrag von theoderich »

Ist das Bundesheer kriegstauglich?

https://www.servustv.com/aktuelles/v/aa ... ruqg25hul/




Grundwehrdienst: Bundesheer pocht auf acht Monate
Mit weniger als acht Monaten Ausbildung soll kein Soldat in den Einsatz gehen, heißt es im neuen Risikobericht des Bundesheeres. Das heizt die Debatte über die Wehrdienstdauer an.

Sechs Monate? Acht Monate? Seit der Verkürzung des Grundwehrdienstes vor knapp 20 Jahren reißt diese Debatte nicht ab. Durch den russischen Überfall auf die Ukraine hat sie neue Brisanz erhalten. Die FPÖ fordert die Rückkehr zum alten System, bei dem auf sechs Monate Grundwehrdienst in den Folgejahren zwei Monate verpflichtende Truppenübungen folgten. Auch die meisten Wehrexperten hielten das für die vernünftigste Lösung, weil nur so ein starkes Milizheer, wie es eigentlich von der Verfassung vorgeschrieben wäre, möglich wird.

"Einsatz von Soldatinnen und Soldaten mit weniger als acht Monaten Ausbildung ist im Falle der militärischen Landesverteidigung nicht vorzusehen"

ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer will davon jedoch, wie er jüngst in einem SN-Interview sagte, nichts wissen. Sein Argument: Angesichts des Arbeitskräftemangels sei der Wirtschaft ein längerer Wehrdienst nicht zuzumuten.

In diese Debatte platzt nun eine bemerkenswerte Festlegung im soeben präsentierten Bericht des Bundesheeres über die sicherheitspolitischen Risiken 2024. In diesem offiziellen, von der ÖVP-Verteidigungsministerin präsentierten Papier legt das Bundesheer klipp und klar fest, dass Soldaten mit weniger als acht Monaten Ausbildung unmöglich in einen Kampfeinsatz geschickt werden können. Wörtlich heißt es in dem Beitrag des stellvertretenden Generalstabschefs und Planungschefs des Bundesheeres, Generalmajor Bruno Hofbauer: "Der Einsatz von Soldatinnen und Soldaten mit weniger als acht Monaten Ausbildung ist im Falle der militärischen Landesverteidigung nicht vorzusehen."

Bereitschaftsgruppe aus Zeit- und Berufssoldaten

Da eine entsprechende Verlängerung des Wehrdienstes aber politisch nicht in Sicht ist (Hofbauer schreibt von "aktuell fehlenden Truppenübungen"), skizziert der Risikobericht des Bundesheeres folgende Hilfskonstruktion: Im Ernstfall sollen die ehemaligen Sechs-Monate-Grundwehrdiener mobilgemacht (also zum Militärdienst eingezogen) werden und dann eine Einsatzvorbereitung von mindestens acht Wochen durchlaufen. "Diese Phase", schreibt Hofbauer, "ist durch eine Bereitschaftstruppe zu überbrücken, um die Zeit für die Einsatzvorbereitung der Masse des Bundesheeres zu erkämpfen."

Diese Bereitschaftstruppe soll also acht Wochen lang allein das Land verteidigen, bis die Masse der ehemaligen Sechs-Monate-Diener so weit ausgebildet ist, dass auch sie an der Verteidigung teilnehmen kann. Bestehen soll die Bereitschaftstruppe aus Zeit- und Berufssoldaten, die über entsprechende militärische Ausbildung verfügen. Um solche Soldaten in ausreichender Anzahl ans Bundesheer binden zu können, werden aber umfassende Maßnahmen im Personalbereich nötig sein, um sie in Konkurrenz mit der Privatwirtschaft anwerben zu können, wie es in dem Bericht des Heeres heißt.

Mobilmachung von 55.000 Mann werde nicht ausreichen

An anderer Stelle des Papiers heißt es, dass der derzeitige Mobilmachungsrahmen von - theoretisch - 55.000 Mann nicht ausreichen werde, um einen flächendeckenden Einsatz des Bundesheeres im gesamten Bundesgebiet zu erlauben. Es gehe daher im Ernstfall darum, mit mobilen Kräften zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.

In den 70er- und 80er-Jahren, zur Hoch-Zeit des Milizsystems, war der Mobilmachungsrahmen bei - theoretisch - 300.000 Mann gelegen. Der Präsident der Milizverbände, Bernd Huber, drängt vehement darauf, an diese Zeit der verpflichtenden Truppenübungen anzuknüpfen. Über die Äußerungen des Kanzlers zeigt er sich enttäuscht. Wenn Nehammer, der selbst Milizoffizier sei, Milizübungen als Schaden für die Wirtschaft betrachte, drohe Österreich noch mehr zum sicherheitspolitischen Vakuum zu werden, als es ohnehin schon sei, warnt Huber.
https://www.sn.at/politik/innenpolitik/ ... -152695828


Österreich / An der Neutralität wird nicht gerüttelt – trotz „sehr hohem“ Risiko eines Krieges mit Russland
Österreich hält einen Krieg zwischen der EU und Russland zwar für wahrscheinlich und betrachtet die Neutralität nicht wirklich als Schutz. Das Bundesheer soll daher „kriegsfähig“ werden. Aber die NATO bleibt ein Tabu.

Selten reden die Strategen des Wiener Verteidigungsministeriums derart Klartext wie in diesen Tagen. Gerade haben sie ein düsteres „Risikobild 2024 – Welt aus den Fugen“ entworfen. Derart pessimistisch war die Lageeinschätzung nicht einmal in den frostigsten Zeiten des Kalten Krieges. Generalmajor Peter Vorhofer, einer der Autoren dieser sicherheitspolitischen Studie, schätzt das Risiko eines Krieges der EU, also auch Österreichs, mit Russland als „sehr hoch“ ein. Denn: „Die aktuellen Konflikte verdeutlichen, dass die aus der Vergangenheit bekannte, ‚regulierte Weltordnung‘ nicht mehr länger existiert.“ Dies bedeute, „dass wir 2024 mit einer hohen Wahrscheinlichkeit hybride Kriegsführung erleben“. Österreich rechnet mit weiteren Störungen von Lieferketten, Cyberangriffen, Desinformationskampagnen. Externe Akteure würden zudem versuchen, die europäische Integration „durch gezielte Angriffe und Zwangsausübung“ zu schwächen. Deren Ziel: die Entwicklung der Europäischen Union zu einem wesentlichen sicherheits- und außenpolitischen Akteur verhindern.

„Noch nicht Krieg …“

Beklemmend ist die leider realistische Lagebeurteilung durch den Experten: „Wir sind in einer Phase, in der es noch nicht Krieg, aber auch nicht mehr Frieden ist.“ Das muss Konsequenzen haben. Und auch in diesem Zusammenhang fallen Begriffe, die man in Wien so nicht kennt: Das Bundesheer müsse „wieder kriegsfähig“ gemacht werden, sagt Generalmajor Bruno Günter Hofbauer. Das passt so gar nicht zur liebgewonnenen Wahrnehmung des Heeres, das seine Existenzberechtigung jahrzehntelang aus dem Bewerben seiner Funktion als Katastrophen- oder Grenzschutztruppe ableiten musste, weil die Bürger und die verantwortlichen Politiker das Militärische am Militär auszublenden gewohnt waren.

Wladimir Putin hat mit seinem Angriff auf die Ukraine auch in Wien einen Paradigmenwechsel ausgelöst. Das schon vor 1989, aber erst recht nach dem Fall des Eisernen Vorhanges kaputt gesparte Bundesheer wird jetzt ohne großes Polit-Hickhack großzügig mit mehr Geld ausgestattet. Mehr als 16 Milliarden Euro bis 2032 sieht der von der türkis-grünen Koalition beschlossene Aufbauplan an Investitionen in das Heer vor. Das klingt viel, ist aber gemessen an den Versäumnissen der Vergangenheit noch immer wenig. Auch am von Deutschland initiierten Raketenschutzschirm „Sky Shield“ wird sich Österreich beteiligen. Denn: „Russland könnte jederzeit auch eine Drohne bis zu uns schicken“, warnt Oberst Markus Reisner, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung an der Theresianischen Militärakademie.

„Sky Shield“ markiert allerdings auch das innenpolitische Glatteis, auf dem sich die Bundesregierung sicherheitspolitisch bewegt. Denn die FPÖ wird in diesem Superwahljahr ganz groß das Thema Neutralität trommeln. Und je länger sich der Krieg in der Ukraine hinzieht und je weniger die Wirtschaftssanktionen den erhofften Effekt auf Russland zeigen, desto mehr Zustimmung könnte der neutralistische Kurs der Rechtspopulisten bekommen. Sich herauszuhalten aus allen Wirrnissen der Welt und wieder die „Insel der Seligen“ zu sein, entspricht nämlich einer tiefen, wenn auch trügerischen Sehnsucht vieler Österreicher. Die Beteiligung an einem Raketenschutzschirm brandmarkt die FPÖ so wie schon die Beteiligung an den Russland-Sanktionen als Abkehr von der Neutralität.

Ewig neutral

Dass die ihren sicherheitspolitischen Wert längst verloren hat, sofern sie überhaupt jemals einen hatte, sagen die Strategen im Ministerium auch in aller Deutlichkeit. „Es ist ein Faktum, dass die Neutralität uns letzten Endes nicht schützt“, meint der verteidigungspolitische Ministerialdirektor Arnold Kammel. Für Oberst Reisner steht fest, dass die Neutralität Österreich auch im Kalten Krieg nur scheinbar geschützt habe. Wäre es zu einer Eskalation gekommen, so hätte diese auch vor Österreich nicht haltgemacht. Das zeigten die heute in den Archiven in Washington und Moskau einsehbaren Militärplanungen ganz klar.

Über eine Abkehr von der Neutralität wagt aber kein Politiker laut nachzudenken. Ein NATO-Beitritt ist das Tabu-Thema der österreichischen Politik, ähnlich ausgeschlossen wie der Bau eines Atomkraftwerkes. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat deshalb auch schon klargestellt, was in keiner sicherheitspolitischen Debatte zur Diskussion steht: die Neutralität. Wie sich Österreich seine sicherheitspolitische Zukunft aber konkret vorstellt, steht in den Sternen. Denn eine neue Sicherheitsdoktrin lässt auf sich warten. In der gültigen aus dem Jahr 2011 wird Russland noch als „strategischer Partner“ bezeichnet …
https://www.tageblatt.lu/headlines/an-d ... -russland/
Zuletzt geändert von theoderich am Do 29. Feb 2024, 15:32, insgesamt 2-mal geändert.
muck
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Re: Medienberichte 2024

Beitrag von muck »

Man könnte den sogenannten Schaden für die Wirtschaft (will die etwa nicht mit geschützt werden?) natürlich auch staatlicherseits kompensieren, z.B. durch Steuererleichterungen. Es ist für so vieles Geld da, warum nicht auch dafür.

Nachtrag zu dem Artikel oben, wann war die FPÖ denn für den Nato-Beitritt?
theoderich
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Re: Medienberichte 2024

Beitrag von theoderich »

Ende der 1990er war die FPÖ einem NATO-Beitritt zumindest nicht abgeneigt. In der Originalfassung des Parteiprogramms 1997 dürfte dieser enthalten gewesen sein.

Parteiprogramm der FPÖ 1997 mit den 2005 beschlossenen Änderungen
KAPITEL VII Selbstbewußte Außenpolitik - gemeinsame Sicherhe

[...]

Artikel 2

Die Neutralität hat sich als dominierende Handlungsmaxime der österreichischen Außenpolitik seit 1955 bewährt und wirkt identitätsstiftend für die 2. Republik. Mit dem EU Beitritt 1995 wurde die Neutralität in Österreich zunehmend weiter ausgehöhlt und droht innenpolitisch als bloßes Alibi mißbraucht zu werden.

1. Der Status der "dauernden Neutralität" Österreichs wurde 1955 von der Sowjet-Union zur Bedingung für den Abschluß des Staatsvertrages gemacht ("Moskauer Memorandum"). Die Neutralität war
damals das Mittel zum Zweck für die Erreichung der vollen Souveränität und Freiheit Österreichs. Dies zeigt den großen historischen Wert der Neutralität. Im weiteren wurde die Neutralität Österreichs zum bestimmenden und erfolgreichen Faktor der österreichischen Außenpolitik.

2. Gerade die sich ändernde weltpolitische Lage und die vorhandenen Konfliktfelder insbesondere im nahen und mittleren Osten machen neutrale und anerkannte
Friedensvermittler notwendig. Diese von Österreich seit 1955 erfolgreich eingenommene Rolle soll nicht nur beibehalten sondern ausgebaut werden.

Artikel 3

Die veränderte geopolitische Lage Österreichs in Europa macht unmittelbare militärische Bedrohungen
zunehmend unwahrscheinlicher. An die Stelle der unmittelbaren militärischen Bedrohungen sind Konflikte an den Randbereichen der EU und der internationale Terrorismus getreten. Diese Bedrohungsbilder können am effizientesten durch Solidarität innerhalb der EU bewältigt werden.

Wir bekennen uns daher zu einer ge- meinsamen europäischen Sicher- heits- und Verteidigungspolitik. 1.

Wir bekennen uns zu einer Bei- standspflicht im Falle einer Aggres- sion gegen Mitglieder der EU und zu Einsätzen außerhalb der EU im Sinne der Petersburger Beschlüsse. Diese Einsätze dürfen nicht automatisiert vorgenommen werden und dürfen nur mit ausdrücklicher vorheriger Zustimmung des österreichischen Nationalrates erfolgen.

2. Als neutraler Staat und im Hinblick auf die Sicherheitsinteressen Österreichs lehnen wir eine Mitgliedschaft in einem nichteuropäischen Bündnis mit militärischem Charakter ab.
https://www.fbi-politikschule.at/blaues ... programme/
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