Medienberichte 2022

Landesverteidigung, Einsätze & Übungen, Sicherheitspolitik, Organisation, ...
theoderich
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Re: Medienberichte 2022

Beitrag von theoderich »

  • Koste es, was es wolle? (Leitartikel)
    Und schließlich gibt es auch erste Schritte in Richtung Neugestaltung der Verteidigungspolitik. Die finanzielle Dimension ist da noch um einiges größer: Wird das Budget für das Bundesheer tatsächlich auf 1,5 Prozent des BIPs aufgestockt, kostet uns das sechs Milliarden Euro im Jahr – 3,3 Milliarden mehr als derzeit.
    https://www.diepresse.com/6141969/koste-es-was-es-wolle
theoderich
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Re: Medienberichte 2022

Beitrag von theoderich »

Plassnik plädiert für neue Sicherheitsdoktrin

https://orf.at/stories/3266898/

https://www.kleinezeitung.at/politik/in ... itsdoktrin


Österreich, die Schweiz und der gemeinsame Mythos Neutralität

https://www.tt.com/artikel/30820766/oes ... utralitaet
Zuletzt geändert von theoderich am Fr 20. Mai 2022, 23:54, insgesamt 2-mal geändert.
öbh
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Re: Medienberichte 2022

Beitrag von öbh »

die abgehalfterte Ex-Ministerin Plassnik glaubt auch die Weisheit mit dem Löffel gegessen zu haben und will ihren unnötigen Senf dazu geben. Bis jetzt haben die ÖVP-Politiker und schwarzen Exgranden dieser Partei für ein starkes Bundesheer nichts zu Wege gebracht. Es soll jetzt endlich mehr Geld für ein starkes und zeitgemäß gerüstetes Bundesheer zur Verfügung gestellt werden, als sinnlose Beitrittsgelüste zur NATO zu schwafeln - mit dem österreichischen Wunsch dort auch mit minderen Budgetmittel für unser Heer als Trittbrettfahrer zu fungieren.
theoderich
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Re: Medienberichte 2022

Beitrag von theoderich »




WKStA-Ermittlungen gegen Ex-Minister Kunasek eingestellt

https://steiermark.orf.at/stories/3157245/


Laut Militärexpertin
Österreichs Neutralität ist bereits "gelockert"

https://www.krone.at/2713414
theoderich
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Re: Medienberichte 2022

Beitrag von theoderich »

Soll Österreich neutral bleiben?

https://www.diepresse.com/6142584/soll- ... al-bleiben


Die „sicherheitspolitische Wüste“ in Österreich

https://www.diepresse.com/6142672/die-s ... esterreich

Desantnik
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Re: Medienberichte 2022

Beitrag von Desantnik »

Was mir gerade jetzt auffällt, ist die Fülle an Paywall-Artikeln zu dem ganzen Thema. Einerseits fordert man eine "breite Diskussion", andererseits versteckt man aus Profitgier informative Artikel hinter der Paywall und macht diese für die breite Bevölkerung unzugänglich. Wie soll man sich da über ein Thema ausreichend informieren um am Diskurs teilzunehmen?

https://kurier.at/politik/inland/intern ... /402013050
In einer veränderten geopolitischen Lage muss sie glaubhaft untermauert werden. Darüber, wie das geschehen kann und was Österreich zur Sicherheit in Europa beiträgt, muss breit diskutiert werden.
theoderich
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Re: Medienberichte 2022

Beitrag von theoderich »

Verteidigungsministerium will Dienststellen in Bundesländer verlegen

https://profil.at/oesterreich/verteidig ... /402015840
  • Schafft die Regierung das? (Leitartikel)
    Denn schwerer als die Kette von Detailpannen wiegt die veritable Leerstelle: Wo ist sie denn, die große Vision, wie Österreich mit der Ukraine-Zeitenwende umzugehen gedenkt? Despot Putin führt Krieg. Millionen Menschen flüchten. Die Inflation klettert auf immer neue Höhen. Energiepreise explodieren. Der größte Wohlstandsverlust seit 1955 droht. Corona ist auch nicht vorbei. Multiple Krisen überlappen und befeuern einander. Da wäre es reichlich tröstlich, zu wissen, dass eine Regierung am Werk ist, die Führung signalisiert und vermittelt, zumindest in Konturen einen Masterplan zu haben und diesen entschlossen umzusetzen.

    Die Begründung, die Mehrheit Österreichs wolle keine Veränderung bei der Neutralität, ist, mit Verlaub, dämlich

    Leider begibt sich das Gegenteil: Die sicherheitspolitische Debatte, ob Österreichs heimelige Neutralität nach dem russischen Angriff auf die Ukraine noch zeitgemäß ist, will vom Kanzler abwärts niemand führen – weil die Mehrheit Österreichs keine Veränderung will. Das ist, mit Verlaub, eine dämliche Begründung. Erstens will die Mehrheit Österreichs auch vieles andere nicht, zum Beispiel hohe Steuern auf Arbeit zahlen, ohne dass das die Politik kümmert. Zweitens schafft sich jede Regierung, die ausschließlich der Mehrheit folgt, selbst ab – denn dann reichen wirklich Meinungsumfragen, dann braucht es keine Politik mehr. Wohlgemerkt: Es ist durchaus möglich, dass ein NATO-Beitritt keine gute Option für Österreich ist – aber zu der Schlussfolgerung sollte man nach ausgiebiger Debatte kommen und nicht durch plumpe Verhängung eines Diskussionsverbots. Politik bedeutet auch den Wettstreit der Argumente, um damit Mehrheiten zu gewinnen. Wer das verweigert, verengt den Handlungsspielraum.
    Zweieinhalb Jahre regiert Türkis-Grün. Mit dem dritten Kanzler, mit dem dritten Gesundheitsminister, mit sieben Regierungsumbildungen und 20 Regierungserklärungen im Parlament. Jetzt, nach den erfolgreich absolvierten Parteitagen bei ÖVP und Grünen und vor den nächsten Wahlen, hat die Koalition ein Zeitfenster. Sie wäre gut beraten, es zu nützen. Sonst schafft sie die Krisen nie.
    https://www.profil.at/meinung/eva-linsi ... /402015969
Zuletzt geändert von theoderich am Mo 6. Jun 2022, 12:07, insgesamt 2-mal geändert.
theoderich
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Re: Medienberichte 2022

Beitrag von theoderich »

Ungarn- Experte: "Neutralität Österreichs de facto beendet"

https://www.diepresse.com/6143047/ungar ... to-beendet


Viele Zugeständnisse
Experte: Österreich verlor de facto Neutralität

https://www.krone.at/2714639
theoderich
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Re: Medienberichte 2022

Beitrag von theoderich »

Österreich bleibt neutral – aber dafür schutzlos?
Das wehrlose Österreich müsse aufrüsten und die Neutralität aufgeben, statt Trittbrettfahrer zu spielen: Das schließen Kritiker aus dem Ukraine-Krieg. Doch sind die Annahmen dahinter haltbar? Fünf Thesen im Gegencheck
These 1: Das Bundesheer ist praktisch wehrlos

Es ist ein Dokument des Verfalls: Im politischen Vakuum zwischen Ibiza und Neuwahlen 2019 legte der damalige parteifreie und damit schonungslose Verteidigungsminister Thomas Starlinger einen Bericht über den Zustand des Bundesheeres vor. Seine Conclusio fiel vernichtend aus: Fehlende Investitionen hätten die Fähigkeiten der Armee massiv erodieren lassen, der Schutz der Bevölkerung sei nur mehr sehr eingeschränkt gewährleistet.

Schier endlos ist die Mängelliste. Ohne moderne Aufklärungsmittel wie Drohnen oder Nachtsichtgeräte ließen sich Feinde nicht kennen, die Soldaten stünden mangels tauglicher Schutzausrüstung auf verlorenem Posten. Der Schutz gegen Bedrohungen aus der Luft scheitere an moderner Fliegerabwehr ebenso wie an der einsparungsbedingten Flugunfähigkeit der Abfangjäger bei Nacht. Die Möglichkeiten der Logistik, medizinischen Behandlung und Selbstversorgung seien so schlecht, dass die Armee in einer Krise zur Belastung statt zum Helfer zu werden drohe. Und so weiter.

Sämtliche Parlamentsparteien sind deshalb dafür, ins Heer zu investieren. Wie viel, hängt maßgeblich davon ab, von welchen Gefahren der Staat ausgeht. Der Starlinger-Bericht rechnete nicht mit einer konventionellen Bedrohung, sprich: einem direkten Angriff eines anderen Staates. Wahrscheinlicher seien Nachbarschaftskonflikte oder Anschläge auf das Computernetzwerk, die Strom- und Wasserversorgung.

Um für derlei gerüstet zu sein, sollte das Verteidigungsbudget laut Bericht von derzeit etwa 0,7 auf ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes steigen. Will sich Österreich hingegen auch konventionell wappnen, müssten es zwei Prozent sein. Das Verteidigungsministerium peilt 1,5 Prozent an.

These 2: Auch Österreich muss mit Angriffen rechnen

Es war das Ende des Kalten Krieges, das den klassischen Angriff einer feindlichen Armee in Europa als eine Gefahr der Vergangenheit erscheinen ließ. Als größte Bedrohungen galten fortan Terrorismus, Cyberangriffe oder schleichende Destabilisierung von der Propagandaoffensive bis zur Sabotage der Infrastruktur. Doch seit dem Ukraine-Krieg müssten die Strategiekonzepte umgeschrieben werden, sagt der Militäranalyst und Ex-Offizier Walter Feichtinger, eine der warnenden Stimmen: "Der konventionelle Krieg ist in Europa zurück."

Es sei nicht damit zu rechnen, dass morgen Panzer über die heimische Grenze rollten, doch niemand könne abschätzen, wie weit westlich die Russen in der Ukraine zu stehen kommen. Und wer wisse, ob die EU und die Staaten östlich von Österreich stets stabil blieben? "Die Lehre aus der Ukraine ist, immer auch an das Schlimmste zu denken", sagt Feichtinger.

Andere beurteilen die Lage entspannter. Österreich zählt nicht zum historischen Einflussgebiet Russlands – warum sollte Putin da angreifen? "Die Bedrohungslage hat sich nicht geändert", glaubt der Politologe Heinz Gärtner und lässt diesen Befund selbst für die nordischen Staaten gelten, die zu Land (Finnland) und zu Wasser (Schweden) Russland viel näher sind. Dass beide Länder den von den mächtigen USA dominierten Verteidigungsbündnis Nato beitreten wollen, liege daran, dass starke Profraktionen die Stimmungslage ausgenützt hätten. "Direkte Bedrohung hat es nicht gegeben. Dazu hätte Russland gar nicht die Kapazität."

Wo Gärtner Feichtinger recht gibt: Die Lage in ferner Zukunft sei schwer abzusehen. Österreich müsse sich besser rüsten, sagt auch er. Unter welchem Status, daran scheiden sich aber die Geister.

These 3: Die Neutralität bietet uns keinen Schutz

Was kein Politiker zu sagen wagt, spricht der Stratege Feichtinger ungerührt aus: "Österreich setzt seine Neutralität mit Unverwundbarkeit gleich, doch dieser Status an sich schützt in der Regel nicht vor Kriegen. Das hängt allein von den Zielen eines Aggressors ab." Die letzten 67 Jahre lässt er als Gegenbeleg nicht gelten. Abgesehen vom gewaltsamen Zerfall Jugoslawiens seien ja auch alle anderen Staaten Europas verschont geblieben. Nicht die Neutralität, sondern die Pattsituation des Kalten Krieges habe dazu geführt.

Gerade der Angriff auf die Ukraine zeige, dass Bündnisfreiheit keinen Despoten beeindruckt. Aus gutem Grund seien Finnland und Schweden ins Verteidigungsbündnis der Nato geflüchtet.

Da für Österreich ein Nato-Beitritt mangels Volkswillen aber utopisch sei, schlägt Feichtinger als Alternative Allianzfreiheit vor: Dann ließen sich flexibel Partner suchen, wenn Konflikte drohten.

Gegenpol Gärtner deutet den Sachverhalt umgekehrt. Putin habe seine Aggressionen im postsowjetischen Raum stets mit Warnungen vor der Nato-Expansion verbunden. So wenig er diese Argumentation teile, sei dies wohl der wichtigste Invasionsgrund: "Hätte die Ukraine eine glaubwürdige Neutralität gelebt, wäre der Krieg wahrscheinlich zu verhindern gewesen." Doch stattdessen habe es die Avancen an die Nato gegeben.

Auch den nordischen Ländern werde der Beitritt weniger Sicherheit bringen, glaubt Gärtner. Finnland etwa werde zum "Frontstaat" mit näher rückenden russischen Atomwaffen und drohenden Grenzscharmützeln. "Ich sehe nicht ein, warum die Neutralität für Österreich keine gute Garantie sein soll", sagt er, allerdings müsse diese "bewaffnet" sein: mit viel besserer Ausstattung des Bundesheeres.

These 4: Österreich spielt den Trittbrettfahrer

Das ist die moralische Komponente der Neutralitätskritik: Österreich sei sicherheitspolitischer "Trittbrettfahrer", stellen Experten und Kommentatoren mehr oder minder vorwurfsvoll fest. Gemeint ist, dass Österreich fast ausschließlich von Nato-Staaten umgeben ist und somit fremden Schutz genieße. Die Republik profitiere also vom Verteidigungsbündnis, trage aber nichts dazu.

Auch wenn man wie Kanzler Karl Nehammer die in der EU verankerte Beistandspflicht für verlässlichen Schutz hält (was aus mehreren Gründen fragwürdig ist), ergibt sich der Verdacht des Trittbrettfahrertums. Den laut Völkerrechtsexperten seien die anderen EU-Staaten Österreich im Ernstfall zur Hilfe verpflichtet, umgekehrt könnten wir uns als Neutrale aber raushalten.

Entgegnen lässt sich, dass Sicherheitspolitik nicht nur aus nackter Waffengewalt bestehe. Österreich setze sich auf anderem Weg für eine stabilere Welt ein, wenden Verteidiger der Neutralität ein – etwa bei Friedensmissionen und der Vermittlung in Konflikten.

Doch bringt Österreich da wirklich viel ein? Nicht nur Feichtinger kann keinen adäquaten Mehrwert erkennen. Selbst Michel Reimon, Mandatar der neutralitätsfreundlichen Grünen, vertritt die Trittbrettfahrerthese. Österreich müsse mehr leisten als bisher, sagte er auf Ö1 – sonst falle dies dem Land, wenn es einmal Unterstützung brauche, auf den Kopf.

Gärtner sieht im T-Wort hingegen eine "Missachtung" jener heimischen Truppen, die an internationalen Missionen für Friedenssicherung, humanitäre Hilfe oder Katastrophenschutz teilnehmen. In 13 Einsätzen engagiert sich das Bundesheer derzeit, von Mali bis zum Kosovo, vom Libanon bis Bosnien-Herzegowina, wo Österreich seit Jahren das Kommando hat.

Ja, Nato-Staaten sind ebenso dabei, aber Neutrale spielten eine spezielle Rolle. "Sie demonstrieren glaubhaft, dass sie nicht zu Großmächten gehören", sagt Gärtner. Deshalb würden als Kommandeure oft Vertreter neutraler Staaten eingesetzt. Das Gleiche gelte für internationale Konferenzen: Dass der Atomstreit mit dem Iran in Wien verhandelt werde, sei kein Zufall.

These 5: Wenn der Russ’ kommt, können wir eh nix tun

"Wenn Russland und China zusamm’ marschiern, muss Österreich kapituliern!", dichtete der Komponist und Sänger Georg Kreisler schon in den Sechzigern. Der Kern des Reims spielt auch in der aktuellen Debatte eine Rolle. So stark könne die Republik gar nicht aufrüsten, lautet eine landläufige Meinung, um als kleines Land gegen einen Angreifer über der Dimension von Ungarn bestehen zu können. Warum also groß wehren, wenn das außer vielen Toten nichts bringe?

Gut, die Ukraine beweist gerade, dass auch ein an Truppenstärke unterlegener Gegner Paroli bieten kann. Doch das riesige Land hat fünfmal so viele Einwohner wie Österreich und gab schon vor dem Krieg einen zwei- bis dreimal so großen Anteil des Bruttoinlandsproduktes für Militär aus, wie das heimische Verteidigungsministerium als Maximalziel anvisiert.

Auf Widerspruch stößt das Bild des zwangsläufig wehrlosen Österreich zu allererst in Heereskreisen. Sollte es jemals zu einer Invasion kommen, dann am ehesten im Zuge eines umfassenden Krieges, bei dem das Land nicht allein angegriffen werde, sagt der Militärexperte Gerald Karner, einst Offizier beim Bundesheer: Ein etwaiger Aggressor der Marke Russlands könne sich also wohl kaum allein auf Österreich konzentrieren.

Selbst riesige Panzerverbände könnten nicht nebeneinander – "und schon gar nicht übereinander" – durch die Täler in den Zentralraum einrollen. Das biete den Verteidigern Chancen – sofern diese gut ausgerüstet sind, etwa mit Drohen. Vor allem aber sei im Fall, dass sich Österreich entschlossen wehre, Hilfe von anderen Staaten zu erwarten, kalkuliert Karner: "Sind wir hingegen faul genug, um unsere über Jahrzehnte aufgebaute Lebensweise nicht zu verteidigen, wird das hinfällig sein." (Gerald John, 22.5.2022)
https://www.derstandard.de/story/200013 ... -schutzlos
  • Ein Plädoyer für eine aktive Neutralitätspolitik (Gastkommentar, Martin Senn)
    Schweden und Finnland wollen der Nato beitreten, die Schweiz erwärmt sich für eine Annäherung an das Bündnis und trägt Sanktionen gegen Russland mit. Während also in anderen Staaten über den Wert und die Weiterentwicklung der Bündnisfreiheit und Neutralität diskutiert wird, herrscht in Österreich – zumindest in der politischen Arena – Stille. Wenn die Neutralität aber jenseits der Innenpolitik und der Identitätsstiftung wieder einen Mehrwert für Österreichs Außenpolitik und Sicherheitspolitik haben soll, dann muss die Neutralitätspolitik reaktiviert werden.

    "Überlebte" Neutralität

    Österreichs Neutralität wurde nach dem Ende des Ost-West-Konflikts in ihrem Geltungsbereich eingeschränkt, entwickelte sich also von einer "umfassenden" zu einer "differenziellen" Neutralität. Dieser Wandel ist weder außergewöhnlich – auch die Schweiz hat ihre Neutralität mehrfach angepasst – noch per se problematisch. Problematisch ist vielmehr, dass die Neutralität im Laufe der Zeit depolitisiert wurde. Sie ist also nicht mehr Gegenstand politischer Auseinandersetzung und Gestaltung. Kurz gesagt: Österreichs Neutralität wird nicht belebt und gelebt – sie überlebt durch ihre Rechtsform und den Rückhalt in der Bevölkerung.

    Eine Reaktivierung der Neutralitätspolitik müsste sich zuerst dem Spannungsverhältnis zwischen Neutralität und Solidarität widmen. Österreich ist durch seine Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen Teil eines Systems kollektiver Sicherheit. Im Fall eines Angriffs dürfte es, auch als neutraler Staat, andere Staaten um Unterstützung bitten und solche erhalten. Durch die Mitgliedschaft in der Europäischen Union könnte sich Österreich zudem auf die Beistandspflicht in Artikel 42/7 des EU-Vertrags berufen.

    Solidarität und Schutz

    Aber Solidarität ist keine Einbahnstraße. Wenn man sich im Ernstfall Solidarität erwartet, muss man auch bereit sein, im Ernstfall Solidarität zu leisten. Zwar zeigt sich Österreich im Rahmen der Vereinten Nationen durchaus solidarisch, indem es seit 1960 zu Friedensmissionen beiträgt, hält sich bei der europäischen Verteidigung aber bedeckt. Dabei müsste sich die Regierung intensiv mit der Frage beschäftigen, welchen Beitrag man im europäischen Beistandsfall nach einem konventionellen Angriff auf einen EU-Staat leisten wollen würde und zu leisten im Stande wäre. Die rechtliche Basis, auch für militärischen Beistand, legt bereits der Artikel 23j des Bundesverfassungsgesetzes.

    Dies führt zum zweiten Punkt einer Reaktivierung der Neutralitätspolitik: der Zukunft des Bundesheeres. Die Regierung muss das Bundesheer strukturell und finanziell in eine Richtung entwickeln, die es Österreich erlaubt, sich im Rahmen einer europäischen Verteidigung solidarisch und sinnvoll einzubringen. Gleichzeitig muss das Bundesheer in die Lage versetzt werden, realistischen Bedrohungen für Österreichs Sicherheit entgegentreten zu können. Bevor Ausgaben getätigt werden, muss die Politik also festlegen, welche Aufgaben Österreichs Bundesheer im Verbund mit anderen und allein übernehmen soll.

    Dabei muss auch über die Wehrpflicht gesprochen werden, denn die Finanzierung allein wird die Misere der militärischen Landesverteidigung nicht lösen – auch wenn Verteidigungsministerin Klaudia Tanner diesen Eindruck (wohl aus wahltaktischen Erwägungen) erweckt. Will man Wehrpflichtige tatsächlich auf einen Einsatzfall vorbereiten, den Wehrwillen der Bevölkerung stärken und den gesellschaftlichen Stellenwert des Bundesheeres verbessern, wird man nicht umhinkommen, den Wehrdienst zu verlängern und – vor allem – attraktiver zu gestalten. Auch ein Wehrdienst für Frauen sollte im 21. Jahrhundert kein Tabuthema mehr sein.
    https://www.derstandard.at/story/200013 ... etspolitik
theoderich
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Re: Medienberichte 2022

Beitrag von theoderich »


IM ZENTRUM
Immerwährende Neutralität - heilig oder scheinheilig?


22.05., 22:14 Uhr

https://tv.orf.at/program/orf2/imzentrum216.html

Zuletzt geändert von theoderich am So 5. Jun 2022, 23:35, insgesamt 1-mal geändert.
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