Entwicklungen Luftraumüberwachung

Flächenflugzeuge, Hubschrauber, Großgerät, Fliegerhorste, ...
propellix
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Re: Entwicklungen Luftraumüberwachung

Beitrag von propellix »

Manchmal kommt mir echt vor, dass es selbst hier kein staatsrechtliches Wissen über die österr. Neutralität gibt:
EIN Kernpunkt der österr. Neutralität ist, dass Ö kriegsführenden Parteien die Nutzung des österr. Luftraumes als neutraler Staat verwehren MUSS. Und da man vom Boden aus einem unidentifizierten Lfz seine Herkunft so schlecht ansieht, MÜSSEN wir selber Nachschau halten. Und das geht im Verbund nicht, denn dann könnte ein solcher Flug einfach durchgeschleust werden, wenn der z. B.: aus D kommt und gemäß Übereinkommen von D für Ö identifiziert werden müsste und D diesen Flug gern geheim halten möchte.
Und von wegen Verbund in die andere Richtung: WIR sollten Slowenien überwachen? Den Luftraum eines NATO-Staates? Da hört sich ja wohl alles auf; WIR sollen die NATO möglicherweise bei einem Angriff auf ein anderes Land, wie den Irak unterstützen? Das kann nicht Euer Ernst sein!
Aktuell dürfte Ö kein russisches Staatsluftfahrzeug überfliegen lassen. Sogar zivile Lfz könnten militärische Güter transportieren und müssten daher bei Verdacht aus dem österr. Luftraum eskortiert werden.
innsbronx
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Re: Entwicklungen Luftraumüberwachung

Beitrag von innsbronx »

Noch einmal, das steht nicht im Neutralitätsgesetz und dieses kann ohnedies jederzeit durch den NR geändert werden, weil es eine rein österreichische Angelegenheit ist. Schon durch den UN-Beitritt wurde diese Neutralität noch einmal massiv verändert, da wir nun in einem System der kollektiven Sicherheit eingebunden sind. Noch weiter verändert wurde sie durch den EU-Beitritt und den EU-Vertrag. Du lebst offenbar in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und nicht der Gegenwart.
https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassu ... r=10000267

Österreich MUSS gar nichts, sofern es sich nicht völkerrechtlich dazu verpflichtet hat. Das hat es sich mit der aus freien Stücken gewählten und durch spätere Rechtsakte massiv veränderten "Neutralität" nicht. Wir haben uns deshalb auch dem Wirtschaftskrieg gegen RU angeschlossen - zurecht sind wir hier nicht neutral, das erlaubt die UN Charta überhaupt nicht.

Wir können jederzeit Abkommen über die gemeinsame Überwachung des Luftraumes mit wem auch immer schließen. Niemand kann uns daran hindern. Genauso wie wir eine Beistandsverpflichtung mit dem EU-V, die in Österreich übrigens Verfassungsrang hat, eingegangen sind. Auch daran hat und konnte uns niemand hindern.
Albert
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Re: Entwicklungen Luftraumüberwachung

Beitrag von Albert »

Im Haager Abkommen von 1907 sind die Rechte und Pflichten von neutralen Staaten festgelegt. Dieses Abkommen ist weder überholt noch obsolet.

Die Neutralitätspolitik kann unterschiedlich ausgestaltet sein. Aus rechtlicher Sicht kommt die Neutralität in einem Kriegsfall zwischen Staaten zum Tragen. Es ist aber auch klar: Wer im Frieden in einem militärischen Bündnis ist, kann im Krieg nicht neutral sein.

Luftpolizeidienste, die durch einen Drittstaat erfolgen, sind wohl noch kein militärisches Bündnis. Aber was passiert, wenn daraus ein Luftverteidigungsfall resultiert? Wenn die "drittstaatliche" Luftpolizei Patrouille angegriffen wird, wenn sie einen Gegner abschiesst oder selbst abgeschossen wird? Die Lufthoheit nötigenfalls mit Gewalt durchzusetzen, gehört zum Luftpolizeidienst.
theoderich
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Re: Entwicklungen Luftraumüberwachung

Beitrag von theoderich »

innsbronx hat geschrieben: Mo 4. Apr 2022, 15:59Noch einmal: In Friedenszeiten hat das Air Policing sowieso nichts mit der "Neutralität" zu tun.
Das stimmt. Aber nationale und völkerrechtliche Vorschriften, die in Friedenszeiten Gültigkeit haben, und die aktive LRÜ verlangen, gibt es sehr wohl:
innsbronx hat geschrieben: Mo 4. Apr 2022, 15:59Die gibt es, wenn man hier schon Haager Abkommen zitiert, nur im Kriegsfall bzw. betrifft keinen der zwei Punkte im österreichischen Neutralitätsgesetz.
Das V. Übereinkommen der II. Haager Friedenskonferenz ist seit 1907 unverändert in Kraft! Und es gilt, wenn ein kriegführender Staat mit Militärflugzeugen österreichisches Hoheitsgebiet überfliegen will bzw. in österreichischen Luftraum eindringt.
An diesen Konflikten beteiligte NATO-Staaten verwende(te)n dabei v.a. ihre Luftstreitkräfte als Kampfmittel. In den meisten dieser Auseinandersetzungen erschien bzw. erscheint es zumindest zweifelhaft, ob eine Berufung auf Ausnahmen vom Gewaltverbot im Rahmen der UNO oder im Sinne der GASP der EU legitim war bzw. ist. Österreich hat diesem Umstand wiederholt Rechnung getragen, sich auf seine Neutralität berufen und den betroffenen Konfliktparteien Überflüge von Militärflugzeugen verboten. Beispiele dafür sind die Angriffe von NATO-(Luft-)Streitkräften auf Serbien 1999 und den Irak 2003.
Bruch neutralitätsrechtlicher Verpflichtungen

Aus den Erfahrungen der Vergangenheit geht somit hervor, dass ausländische Mächte durchaus nennenswerte militärische Interessen an der Nutzung des österreichischen Luftraumes haben. Angesichts aktueller militärischer Konflikte, in welche NATO-Staaten verwickelt sind, hat sich diese Interessenlage nicht wesentlich geändert. Damit ist Österreich verpflichtet, (auch) die aktive militärische Luftraumüberwachung rund um die Uhr aufrechtzuerhalten. Überflüge fremder Luftstreitkräfte sind jederzeit zu verhindern bzw. ist im Vorfeld glaubhaft die Bereitschaft zur Verhinderung zu bekunden.
https://volksanwaltschaft.gv.at/downloa ... 01%000%007
innsbronx hat geschrieben: Mo 4. Apr 2022, 16:24Wir haben uns deshalb auch dem Wirtschaftskrieg gegen RU angeschlossen - zurecht sind wir hier nicht neutral, das erlaubt die UN Charta überhaupt nicht.
Das gesamte Kapitel VII der UN-Charta ist totes Recht. Dass Österreich EU-Sanktionen gegen Russland mitträgt, hat mit der UN überhaupt nichts zu tun.
innsbronx hat geschrieben: Mo 4. Apr 2022, 16:24Genauso wie wir eine Beistandsverpflichtung mit dem EU-V, die in Österreich übrigens Verfassungsrang hat, eingegangen sind. Auch daran hat und konnte uns niemand hindern.
Die mit dem Vertrag von Lissabon eingeführte militärische Beistandsklausel wurde aber auch nur deshalb von Österreich angenommen, weil sie durch die "Irische Klausel" eine "Opt-out"-Möglichkeit bietet.

Vertrag von Lissabon - ("Reformvertrag") (206/BNR)

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XX ... ndex.shtml

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (417 d.B.): Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft samt Protokollen, Anhang und Schlussakte der Regierungskonferenz einschließlich der dieser beigefügten Erklärungen („Reformvertrag“)
  • Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates schulden die anderen Mitgliedstaaten im Einklang mit Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung. Aufgrund seiner verfassungsrechtlich verankerten Neutralität wurde von österreichischer Seite besonderes Augenmerk auf diese Bestimmung gelegt. Letztlich gewährleistet die Formulierung, dass die Hilfeleistungspflicht den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Mitgliedstaaten unberührt lässt, dass die Verpflichtung Österreichs aus dem Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs, BGBl. Nr. 1955/211, respektiert wird und die österreichische Neutralität auch durch den Vertrag von Lissabon gewahrt bleibt. Österreich wird auch in Zukunft selbst darüber entscheiden können, ob sowie auf welche Weise Unterstützung geleistet wird.
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XX ... ndex.shtml
Milizler
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Re: Entwicklungen Luftraumüberwachung

Beitrag von Milizler »

Lasst uns doch den Exkurs ins Thema Neutralität an dieser Stelle beenden, die bisherigen Beiträge waren durchwegs wertvoll, aber ich denke es ist genug Material geliefert worden um jemanden der sich damit genauer beschäftigen will die Möglichkeit zu geben das Thema für sich noch zu vertiefen. Alternativ sollten wir einen eigenen Thread genau zu diesem Thema öffnen.
innsbronx
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Re: Entwicklungen Luftraumüberwachung

Beitrag von innsbronx »

Einverstanden. Ich möchte zum Thema Luftraumüberwachung klarstellen, dass ich nie gefordert habe, Österreich solle aktive LRÜ aufgeben oder auslagern. Die sehr ungünstige Geografie Österreichs, etwa im Vergleich zur Schweiz oder auch Deutschland, verlangt meiner Meinung nach drei Standorte für Abfangjäger. Für Tirol und Vorarlberg bräuchte es einen eigenen Standort (wohl Innsbruck). Das ist aus verschiedenen Gründen aber höchst unrealistisch (Abfangjäger, Piloten, Kosten, Widerstände der Bevölkerung). Also muss man sich für den Westen des Landes eine pragmatische Lösung einfallen lassen.

Die einzigen realistischen Möglichkeiten sind mMn:
a) den Luftraum im Westen weiterhin ungeschützt lassen
b) mit einem Nachbarland kooperieren - auch wenn das verschiedene Einschränkungen mit sich bringt
c) tertium non datur.
theoderich
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Re: Entwicklungen Luftraumüberwachung

Beitrag von theoderich »

Was das Bundesheer gern kaufen würde
Tatsächlich hat der Generalstab für jede Waffengattung eigene Pakete geschnürt, mit denen das Bundesheer "auf den Stand gebracht werden sollte, den wir auf dem Papier eigentlich haben sollten", wie es aus dem Ministerium heißt.

Welche davon politisch umsetzbar sind, ist dabei weitgehend offen.

Eurofighter zurück in den Originalzustand

Das sogenannte Luftpaket für eine umfassende Neuaufstellung der Luftstreitkräfte müsste eine Nachrüstung der Eurofighter-Flotte auf jenen Stand beinhalten, der ursprünglich bestellt worden war – inklusive Bedrohungsbibliotheken, die ein Erkennen fremder Flugzeuge auch bei Nacht ohne Sichtkontakt ermöglichen. Dazu kämen neue Jet-Trainingsflugzeuge mit Boden-Luft-Kampf-Fähigkeit und Nachrüstungen für die PC-7 Turbotrainer. Kostenschätzung von 2019: 1030 Millionen Euro. Zwei weitere zweisitzige Eurofighter zu Ausbildungszwecken stehen zusätzlich im "Luftpaket".
https://www.derstandard.at/story/200013 ... fen-wuerde
alps_spirit
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Registriert: Mi 1. Aug 2018, 07:36

Re: Entwicklungen Luftraumüberwachung

Beitrag von alps_spirit »

Interessanter Artikel, angenommen das würde tatsächlich so umgesetzt frage ich mich:

1. Findet ihr nicht, dass 2 EF-Twins, die ja nicht nur zum Training eingesetzt werden können, zu wenig? Wobei 2 besser wären als nichts.
2. Bei Trainingsjets mit solchen Fähigkeiten denke ich mehr an M-346 als M-345. Oder gäbe es da andere Alternativen?
3. Mich würde interessieren, ob eine geringer Anzahl neuer PC 7 MK II wirklich viel teurer wäre als ein umfassendes MLU. Die PC 9 wird nicht mehr produziert.
4. Von einer Herc-Nachfolge steht nix dabei.
Wolfgang
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Re: Entwicklungen Luftraumüberwachung

Beitrag von Wolfgang »

Also wenn die 15 Eufis modernisiert werden und wir DREI Doppelsitzer und ein neues Trainingsflugzeug mit Erdkampffähigkeit bekommen, na hallo. Aber drei Doppelsitzer ist das Minimum (Wartung, Einsatz und so weiter). Mehr brauchen wir aber auch nicht, da wir auch nicht so viele Piloten ausbilden. Übrigens beide sind Luft/Boden tauglich die M346 als auch die M345 (begrenzt).
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Doppeladler
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Re: Entwicklungen Luftraumüberwachung

Beitrag von Doppeladler »

Ich frage mich ob es nicht sinnvoller ist mehr EF Doppelsitzer zu beschaffen als Jet-Trainer. Nur Abfangjäger sind einsatztauglich im Sinne der Luftraumüberwachung & -sicherung und wir haben zu wenige davon. Auch ein M346 kann das nicht. Da helfen dann geringere Flugstundenkosten auch nicht, wenn die Leistung nicht erbracht wird.
Der Betrieb eines zweiten Jet-Systems kostet auch Geld - von der Schraube über das Personal bis zum Simulator. Die Anmietung der relevanten Trainingskurse im Ausland könnte im Jet-Trainer Bereich die vernünftigere Lösung sein.
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